TE OGH 2008/10/21 5Ob207/08i

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Veröffentlicht am 21.10.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshof Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Valentina S*****, geboren am *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter Dr. Elisabeth T*****-S*****, vertreten durch Dr. Heinrich Nagl und Mag. Timo Ruisinger, Rechtsanwälte in Horn, gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems als Rekursgericht vom 14. August 2008, GZ 2 R 78/08w-70, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG zurückgewiesen (Paragraph 71, Absatz 3, AußStrG).

Text

Begründung:

1.1. Die Mutter macht in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs gegen die Zuerkennung der vorläufigen Obsorge an den Vater geltend, dass eine Sofortmaßnahme im Sinn einer vorläufigen Obsorgezuteilung (§ 176 Abs 1 ABGB iVm § 107 Abs 2 AußStrG) eine konkrete Gefährdung des Kindes in der bisherigen Umgebung voraussetze, die hier nicht vorliege. Das Rekursgericht berücksichtige auch nicht, dass sich das Kind - entgegen der bisherigen Vereinbarung eines „Haushaltswechsels" des Kindes etwa alle drei Tage - bereits seit 28. April 2008 (= Entscheidung des Erstgerichts zugunsten einer vorläufigen Obsorge der Mutter) „hauptsächlich" bei der Mutter aufgehalten habe.1.1. Die Mutter macht in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs gegen die Zuerkennung der vorläufigen Obsorge an den Vater geltend, dass eine Sofortmaßnahme im Sinn einer vorläufigen Obsorgezuteilung (Paragraph 176, Absatz eins, ABGB in Verbindung mit Paragraph 107, Absatz 2, AußStrG) eine konkrete Gefährdung des Kindes in der bisherigen Umgebung voraussetze, die hier nicht vorliege. Das Rekursgericht berücksichtige auch nicht, dass sich das Kind - entgegen der bisherigen Vereinbarung eines „Haushaltswechsels" des Kindes etwa alle drei Tage - bereits seit 28. April 2008 (= Entscheidung des Erstgerichts zugunsten einer vorläufigen Obsorge der Mutter) „hauptsächlich" bei der Mutter aufgehalten habe.

Rechtliche Beurteilung

1.2. Nach § 107 Abs 2 AußStrG kann das Gericht bis zur endgültigen Entscheidung auch vorläufige Regelungen hinsichtlich der Obsorge treffen, wenn wegen einer Kindeswohlgefährdung sofortige und rasche Maßnahmen erforderlich sind. Diese Maßnahmen setzen grundsätzlich eine akute Gefährdung des - ausschließlich relevanten (RIS-Justiz RS0048632) - Kindeswohls voraus. Eine solche Gefährdung liegt vor, wenn die Obsorgepflichten objektiv nicht erfüllt oder subjektiv gröblich vernachlässigt worden sind, oder wenn die Obsorgepflichtigen durch ihr Gesamtverhalten schutzwürdige Interessen des Minderjährigen ernstlich und konkret gefährden (Hopf in KBB², § 176 ABGB Rz 2 mwN; RIS-Justiz RS0007035). Die Erlassung einer vorläufigen Maßnahme hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, der keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zuerkannt werden kann, es sei denn, dass bei dieser Entscheidung das Wohl des Kindes nicht ausreichend bedacht worden wäre (vgl RIS-Justiz RS0007101; RS0115719).1.2. Nach Paragraph 107, Absatz 2, AußStrG kann das Gericht bis zur endgültigen Entscheidung auch vorläufige Regelungen hinsichtlich der Obsorge treffen, wenn wegen einer Kindeswohlgefährdung sofortige und rasche Maßnahmen erforderlich sind. Diese Maßnahmen setzen grundsätzlich eine akute Gefährdung des - ausschließlich relevanten (RIS-Justiz RS0048632) - Kindeswohls voraus. Eine solche Gefährdung liegt vor, wenn die Obsorgepflichten objektiv nicht erfüllt oder subjektiv gröblich vernachlässigt worden sind, oder wenn die Obsorgepflichtigen durch ihr Gesamtverhalten schutzwürdige Interessen des Minderjährigen ernstlich und konkret gefährden (Hopf in KBB², Paragraph 176, ABGB Rz 2 mwN; RIS-Justiz RS0007035). Die Erlassung einer vorläufigen Maßnahme hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, der keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG zuerkannt werden kann, es sei denn, dass bei dieser Entscheidung das Wohl des Kindes nicht ausreichend bedacht worden wäre vergleiche RIS-Justiz RS0007101; RS0115719).

1.3. Das Rekursgericht ist davon ausgegangen, dass der ständige, nach wenigen Tagen erfolgende Wechsel des Aufenthalts des Kindes bei einem der (getrennt lebenden) Elternteile bei dem - am 30. 7. 2004 - geborenen Mädchen zu dessen starker Verunsicherung, zu fehlender Orientierung, zur psychischen Dauerbelastung und bereits - nach von der Mutter selbst (in ON 44) vorgelegten Berichten (AS 503 ff) - zu psychosomatischen Reaktionen geführt hat. Wenn das Rekursgericht bei dieser Sachlage einen - im dargestellten Sinn - akuten Änderungsbedarf erkannte, so liegt darin keine aufzugreifende Verkennung des Kindeswohls.

1.4. Soweit die Mutter behauptet, das Kind habe sich seit 28. April 2008 (= Entscheidung des Erstgerichts) „hauptsächlich" bei ihr aufgehalten, so indiziert dieser verhältnismäßig kurze Zeitraum eines allenfalls überdurschnittlichen Kontakts des Kindes zur Mutter noch dazu in der Zeit des zwischen den Eltern (vehement) ausgetragenen Scheidungsstreits keine wirkliche psychische Entlastung und keine eindeutige Orientierungsmöglichkeit des Kindes.

2. Die Mutter behauptet ihren (grundsätzlichen) Vorrang bei Zuteilung der Obsorge für ein Kleinkind im Fall von zumindest annähernd gleichen Pflege- und Erziehungsverhältnissen bei beiden Elternteilen. Entgegen dieser Ansicht besteht kein (grundsätzliches) Vorrecht der Mutter auf die Pflege und Erziehung des Kindes, doch mag es bei gleicher Eignung der Eltern bei Kleinkindern häufig dem Kindeswohl entsprechen, der Mutter den Vorzug zu geben (vgl 8 Ob 32/03v; RIS-Justiz RS0047830; RIS-Justiz RS0047839). Die gegenteilige Vorgangsweise des Rekursgerichts ist in casu allerdings deshalb nicht zu beanstanden, bestehen doch hier vorrangige Bindungswünsche des Kindes an den Vater und eine intensivere Interaktionssituation zwischen diesen.2. Die Mutter behauptet ihren (grundsätzlichen) Vorrang bei Zuteilung der Obsorge für ein Kleinkind im Fall von zumindest annähernd gleichen Pflege- und Erziehungsverhältnissen bei beiden Elternteilen. Entgegen dieser Ansicht besteht kein (grundsätzliches) Vorrecht der Mutter auf die Pflege und Erziehung des Kindes, doch mag es bei gleicher Eignung der Eltern bei Kleinkindern häufig dem Kindeswohl entsprechen, der Mutter den Vorzug zu geben vergleiche 8 Ob 32/03v; RIS-Justiz RS0047830; RIS-Justiz RS0047839). Die gegenteilige Vorgangsweise des Rekursgerichts ist in casu allerdings deshalb nicht zu beanstanden, bestehen doch hier vorrangige Bindungswünsche des Kindes an den Vater und eine intensivere Interaktionssituation zwischen diesen.

3. Die Mutter trägt vor, es sei das Verhalten des Vaters unberücksichtigt geblieben, wonach dieser versuche, sie als nicht erziehungstauglich darzustellen, und auch aus dem zwischenzeitig vorliegenden Scheidungsurteil betreffend die Ehe der Eltern ergebe sich die problematische Persönlichkeit des Vaters. Diesen Rechtsmittelausführungen der Mutter ist allerdings kein konkretes Substrat für ein das Wohl des Kindes beeinträchtigendes Verhalten des Vaters zu entnehmen.

4. Behauptungen der Mutter, dem Vater fehle ein Personenkreis, der diesen bei Betreuungs- und Erziehungsaufgaben unterstütze, und das Kind werde zu dafür untauglichen Personen abgeschoben, sind nach Ansicht der Vorinstanzen durch die bislang vorliegenden Erhebungsergebnisse nicht untermauert; diese gehen vielmehr davon aus, dass der Vater neben dem Kindergarten weitgehend ohne fremde Hilfe zur Betreuung des Kindes in der Lage ist (Rekursentscheidung S 5).

5. Schließlich bezweifelt die Mutter das Gutachten der beigezogenen Sachverständigen, weil diese das Kind nur in einer Ausnahmesituation beobachten habe können und die Funktion der Mutter als Hauptbezugsperson nicht berücksichtigt habe. Diese Behauptungen betreffen die vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfende Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen (vgl RIS-Justiz RS0043163).5. Schließlich bezweifelt die Mutter das Gutachten der beigezogenen Sachverständigen, weil diese das Kind nur in einer Ausnahmesituation beobachten habe können und die Funktion der Mutter als Hauptbezugsperson nicht berücksichtigt habe. Diese Behauptungen betreffen die vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfende Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen vergleiche RIS-Justiz RS0043163).

Es liegen somit insgesamt die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht vor, was zur Zurückweisung des Revisionsrekurses der Mutter führen muss.Es liegen somit insgesamt die Voraussetzungen des Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG nicht vor, was zur Zurückweisung des Revisionsrekurses der Mutter führen muss.

Textnummer

E88850

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0050OB00207.08I.1021.000

Im RIS seit

20.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

21.06.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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