Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Walter K*****, vertreten durch Neumayer, Walter & Haslinger Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei A*****versicherungs-AG, *****, vertreten durch Mag. Martin Paar, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 12.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. März 2008, GZ 4 R 193/07t-20, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 9. Juli 2007, GZ 26 Cg 105/06y-14, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften über den vom Obersten Gerichtshof am 23. April 2008 in der Rechtssache 7 Ob 26/08m gestellten Antrag auf Vorabentscheidung unterbrochen.
Nach Einlangen der Vorabentscheidung wird das Revisionsverfahren von Amts wegen fortgesetzt werden.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrt im Wesentlichen die Feststellung, dass ihm die Beklagte Rechtsschutzdeckung durch Kostenübernahme für die Rechtsvertretung betreffend die Schadenersatzanspruchsdurchsetzung aus einem Vermögensverwaltungsvertrag (A***** Depot) zu gewähren habe und dass die Vereinbarung der Beschränkung der freien Anwaltswahl in Punkt 6.7.3 ARB gegenüber dem Kläger rechtsunwirksam sei. Das Erstgericht gab dem Rechtsschutzdeckungsbegehren abgesehen von der Kostenübernahme für die außergerichtliche Rechtsvertretung statt und wies das auf die außergerichtliche Vertretung gerichtete Begehren und das Begehren auf Feststellung, dass die Vereinbarung der Beschränkung der freien Anwaltswahl unwirksam sei, ab. Das Berufungsgericht änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahingehend ab, dass es auch feststellte, dass aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrags der Kläger zur Wahl einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person ohne Einschränkung der freien Anwaltswahl gemäß Art 6.7.3 ARB berechtigt sei. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision zulässig sei.Der Kläger begehrt im Wesentlichen die Feststellung, dass ihm die Beklagte Rechtsschutzdeckung durch Kostenübernahme für die Rechtsvertretung betreffend die Schadenersatzanspruchsdurchsetzung aus einem Vermögensverwaltungsvertrag (A***** Depot) zu gewähren habe und dass die Vereinbarung der Beschränkung der freien Anwaltswahl in Punkt 6.7.3 ARB gegenüber dem Kläger rechtsunwirksam sei. Das Erstgericht gab dem Rechtsschutzdeckungsbegehren abgesehen von der Kostenübernahme für die außergerichtliche Rechtsvertretung statt und wies das auf die außergerichtliche Vertretung gerichtete Begehren und das Begehren auf Feststellung, dass die Vereinbarung der Beschränkung der freien Anwaltswahl unwirksam sei, ab. Das Berufungsgericht änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahingehend ab, dass es auch feststellte, dass aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrags der Kläger zur Wahl einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person ohne Einschränkung der freien Anwaltswahl gemäß Artikel 6 Punkt 7 Punkt 3, ARB berechtigt sei. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 23. April 2008 zu 7 Ob 26/08m in einem Deckungsprozess eines durch „A*****" geschädigten Anlegers gegen seinen Rechtsschutzversicherer dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 23. April 2008 zu 7 Ob 26/08m in einem Deckungsprozess eines durch „A*****" geschädigten Anlegers gegen seinen Rechtsschutzversicherer dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Artikel 234, EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
„1. Ist Art 4 (1) der Richtlinie 87/344/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung vom 22. Juni 1987 dahin auszulegen, dass ihm eine in Allgemeinen Versicherungsbedingungen eines Rechtsschutzversicherers enthaltene Klausel, die den Versicherer in Versicherungsfällen, in denen eine größere Anzahl von Versicherungsnehmern durch dasselbe Ereignis (etwa die Insolvenz eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens) geschädigt wird, zur Auswahl eines Rechtsvertreters berechtigt und damit das Recht des einzelnen Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl beschränkt (sogenannte ,Massenschadenklausel'), widerspricht?„1. Ist Artikel 4, (1) der Richtlinie 87/344/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung vom 22. Juni 1987 dahin auszulegen, dass ihm eine in Allgemeinen Versicherungsbedingungen eines Rechtsschutzversicherers enthaltene Klausel, die den Versicherer in Versicherungsfällen, in denen eine größere Anzahl von Versicherungsnehmern durch dasselbe Ereignis (etwa die Insolvenz eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens) geschädigt wird, zur Auswahl eines Rechtsvertreters berechtigt und damit das Recht des einzelnen Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl beschränkt (sogenannte ,Massenschadenklausel'), widerspricht?
2. Im Fall der Verneinung von Frage 1.:
Unter welchen Voraussetzungen liegt ein ,Massenschaden' vor, der es im Sinn (beziehungsweise in Ergänzung) der genannten Richtlinie gestattet, dem Versicherer anstelle des Versicherungsnehmers das Recht der Auswahl des rechtsfreundlichen Vertreters einzuräumen?" und das dortige Verfahren bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gemäß § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.Unter welchen Voraussetzungen liegt ein ,Massenschaden' vor, der es im Sinn (beziehungsweise in Ergänzung) der genannten Richtlinie gestattet, dem Versicherer anstelle des Versicherungsnehmers das Recht der Auswahl des rechtsfreundlichen Vertreters einzuräumen?" und das dortige Verfahren bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gemäß Paragraph 90 a, Absatz eins, GOG ausgesetzt.
Die zu 7 Ob 26/08m gestellte Vorlagefrage ist auch für den hier zu beurteilenden Fall maßgeblich, weshalb es zweckmäßig und geboten ist, mit der Entscheidung bis zu jener des Europäischen Gerichtshofs über das gestellte Vorabentscheidungsersuchen zuzuwarten und das Verfahren zu unterbrechen. Der Oberste Gerichtshof hat auch in Rechtssachen, in denen er nicht unmittelbar Anlassfallgericht ist, von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs auszugehen und diese daher auch auf andere Fälle als den unmittelbaren Anlassfall anzuwenden (7 Ob 70/08g; RIS-Justiz RS0110583).
Anmerkung
E888777Ob145.08mEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2008:0070OB00145.08M.1022.000Zuletzt aktualisiert am
09.01.2009