TE OGH 2008/10/22 7Ob151/08v

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Veröffentlicht am 22.10.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Klaus S*****, vertreten durch Neumayr, Walter & Haslinger Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei U*****versicherung AG, *****, vertreten durch Mag. Martin Paar, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 10.160 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. März 2008, GZ 4 R 210/07t-17, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 29. August 2007, GZ 27 Cg 208/06b-12, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften über den vom Obersten Gerichtshof am 23. April 2008 in der Rechtssache 7 Ob 26/08m gestellten Antrag auf Vorabentscheidung unterbrochen.

Nach Einlangen der Vorabentscheidung wird das Revisionsverfahren von Amts wegen fortgesetzt werden.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt mit seinen Haupt- und Eventualbegehren im Wesentlichen Rechtsschutzdeckung bei freier Anwaltswahl für die gerichtliche Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im Hinblick auf einen Vermögensverwaltungsvertrag (A***** Depot) und die Feststellung der Unwirksamkeit der Beschränkung der freien Anwaltswahl bei Masseschäden nach Art 6.7.3 ARB.Der Kläger begehrt mit seinen Haupt- und Eventualbegehren im Wesentlichen Rechtsschutzdeckung bei freier Anwaltswahl für die gerichtliche Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im Hinblick auf einen Vermögensverwaltungsvertrag (A***** Depot) und die Feststellung der Unwirksamkeit der Beschränkung der freien Anwaltswahl bei Masseschäden nach Artikel 6 Punkt 7 Punkt 3, ARB.

Das Erstgericht stellte fest, dass die Beklagte dem Kläger Rechtsschutzdeckung mit der Berechtigung zur freien Wahl einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person zu gewähren habe und die Beschränkung der freien Anwaltswahl in Art 6.7.3 ARB unwirksam sei.Das Erstgericht stellte fest, dass die Beklagte dem Kläger Rechtsschutzdeckung mit der Berechtigung zur freien Wahl einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person zu gewähren habe und die Beschränkung der freien Anwaltswahl in Artikel 6 Punkt 7 Punkt 3, ARB unwirksam sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung im ersten Punkt, im zweiten Punkt stellte es die Unwirksamkeit des Art 6.7.3 ARB im Bereich der Vertretung in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren fest, und im dritten Punkt wies es das Mehrbegehren hinsichtlich der außergerichtlichen Wahrnehmung der rechtlichen Interessen ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung im ersten Punkt, im zweiten Punkt stellte es die Unwirksamkeit des Artikel 6 Punkt 7 Punkt 3, ARB im Bereich der Vertretung in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren fest, und im dritten Punkt wies es das Mehrbegehren hinsichtlich der außergerichtlichen Wahrnehmung der rechtlichen Interessen ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 23. April 2008 zu 7 Ob 26/08m in einem Deckungsprozess eines anderen durch „A*****" geschädigten Anlegers gegen seinen Rechtsschutzversicherer dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 23. April 2008 zu 7 Ob 26/08m in einem Deckungsprozess eines anderen durch „A*****" geschädigten Anlegers gegen seinen Rechtsschutzversicherer dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Artikel 234, EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

„1. Ist Art 4 (1) der Richtlinie 87/344/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung vom 22. Juni 1987 dahin auszulegen, dass ihm eine in Allgemeinen Versicherungsbedingungen eines Rechtsschutzversicherers enthaltene Klausel, die den Versicherer in Versicherungsfällen, in denen eine größere Anzahl von Versicherungsnehmern durch dasselbe Ereignis (etwa die Insolvenz eines Wertpapier- dienstleistungsunternehmens) geschädigt wird, zur Auswahl eines Rechtsvertreters berechtigt und damit das Recht des einzelnen Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl beschränkt (sogenannte ,Massenschadenklausel'), widerspricht?„1. Ist Artikel 4, (1) der Richtlinie 87/344/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung vom 22. Juni 1987 dahin auszulegen, dass ihm eine in Allgemeinen Versicherungsbedingungen eines Rechtsschutzversicherers enthaltene Klausel, die den Versicherer in Versicherungsfällen, in denen eine größere Anzahl von Versicherungsnehmern durch dasselbe Ereignis (etwa die Insolvenz eines Wertpapier- dienstleistungsunternehmens) geschädigt wird, zur Auswahl eines Rechtsvertreters berechtigt und damit das Recht des einzelnen Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl beschränkt (sogenannte ,Massenschadenklausel'), widerspricht?

2. Im Fall der Verneinung von Frage 1.:

Unter welchen Voraussetzungen liegt ein ,Massenschaden' vor, der es im Sinn (beziehungsweise in Ergänzung) der genannten Richtlinie gestattet, dem Versicherer anstelle des Versicherungsnehmers das Recht der Auswahl des rechtsfreundlichen Vertreters einzuräumen?" und das dortige Verfahren bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gemäß § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.Unter welchen Voraussetzungen liegt ein ,Massenschaden' vor, der es im Sinn (beziehungsweise in Ergänzung) der genannten Richtlinie gestattet, dem Versicherer anstelle des Versicherungsnehmers das Recht der Auswahl des rechtsfreundlichen Vertreters einzuräumen?" und das dortige Verfahren bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gemäß Paragraph 90 a, Absatz eins, GOG ausgesetzt.

Die zu 7 Ob 26/08m gestellte Vorlagefrage ist auch für den hier zu beurteilenden Fall maßgeblich, weshalb es zweckmäßig und geboten ist, mit der Entscheidung bis zu jener des Europäischen Gerichtshofs über das gestellte Vorabentscheidungsersuchen zuzuwarten und das Verfahren zu unterbrechen. Der Oberste Gerichtshof hat auch in Rechtssachen, in denen er nicht unmittelbar Anlassfallgericht ist, von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs auszugehen und diese daher auch auf andere Fälle als den unmittelbaren Anlassfall anzuwenden (7 Ob 70/08g; RIS-Justiz RS0110583).

Anmerkung

E888817Ob151.08v

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0070OB00151.08V.1022.000

Zuletzt aktualisiert am

09.01.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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