TE OGH 2008/10/22 7Ob214/08h

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Veröffentlicht am 22.10.2008
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichthofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann A*****, vertreten durch Dr. Bernd Schmidinger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei S***** Gesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Herbst Vavrovsky Kinsky Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 72.366,72 EUR (sA), über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 17. Juli 2008, GZ 1 R 85/08p-30, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 502 Abs 1 ZPO).Die Revision ist nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (Paragraph 502, Absatz eins, ZPO).

Eine derartige Rechtsfrage wird vom Revisionswerber nicht aufgezeigt. Er macht in der Zulassungsbeschwerde geltend, das Berufungsgericht sei hinsichtlich der Übergabe durch Besitzanweisung und betreffend die Anwendung ergänzender Vertragsauslegung von oberstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen. Er führt aber nicht aus, von welchen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs abgewichen worden sein soll, sondern behauptet lediglich, weder sei eine Besitzanweisung festgestellt worden, noch seien die Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung gegeben.

Der Einwand, eine Besitzanweisung sei nicht festgestellt worden, negiert die Feststellung der Vereinbarung zwischen den Streitteilen und der Tochter des Klägers (als Geschäftsführerin der T***** GmbH), dass die an den Kläger verkauften Fahrzeuge, die in ganz Europa unterwegs waren, erst nach und nach - ohne Mitwirkung der Beklagten - zum Kläger gebracht werden (also zunächst weiter im Besitz der T***** GmbH verbleiben) sollten. Dies bedeutete die Vereinbarung der Übergabe der Sattelauflieger mittels Besitzanweisung: Bei der Besitzanweisung erklärt der Übergeber (hier die Beklagte), für den ein Dritter (hier die T***** GmbH) die Sache entweder als bloßer Inhaber oder als Rechtsbesitzer innehat, dieser solle die Sache ab einem bestimmten Zeitpunkt beziehungsweise bei Eintritt einer Bedingung für den Übernehmer innehaben (stRsp; 4 Ob 517/82, EvBl 1982/137 ua). Davon, dass dem Berufungsgericht bezüglich der Frage der Besitzanweisung eine aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre und daher ein tauglicher Grund für die Zulassung der außerordentlichen Revision vorläge, kann daher keine Rede sein.

Keine erhebliche Rechtsfrage wird vom Revisionswerber auch hinsichtlich der Problematik der Vertragsergänzung aufgezeigt: Ob und inwieweit eine Vertragsergänzung nach dem hypothetischen Parteiwillen („ergänzende Vertragsauslegung") stattzufinden hat, ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsklauseln und der von den Parteien erkennbar verfolgten Interessen zu beurteilen (1 Ob 21/03z ua). Zufolge dieser Einzelfallabhängigkeit kann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nach ständiger Rechtsprechung nur dann vorliegen, wenn das Berufungsgericht unbestrittene Auslegungsgrundsätze unrichtig angewendet hat oder ihm sonst eine Fehlbeurteilung vorzuwerfen ist (1 Ob 256/03h mwN uva). Dies ist hier nicht der Fall:Keine erhebliche Rechtsfrage wird vom Revisionswerber auch hinsichtlich der Problematik der Vertragsergänzung aufgezeigt: Ob und inwieweit eine Vertragsergänzung nach dem hypothetischen Parteiwillen („ergänzende Vertragsauslegung") stattzufinden hat, ist nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsklauseln und der von den Parteien erkennbar verfolgten Interessen zu beurteilen (1 Ob 21/03z ua). Zufolge dieser Einzelfallabhängigkeit kann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nach ständiger Rechtsprechung nur dann vorliegen, wenn das Berufungsgericht unbestrittene Auslegungsgrundsätze unrichtig angewendet hat oder ihm sonst eine Fehlbeurteilung vorzuwerfen ist (1 Ob 256/03h mwN uva). Dies ist hier nicht der Fall:

Notwendige Voraussetzung einer ergänzenden Auslegung ist das Vorliegen einer sogenannten „Vertragslücke", dass also im Vertrag für bestimmte Problemfälle keine Regelung getroffen wurde. Zwar greift auch in einem solchen Fall, in dem eine Regelung notwendig ist, primär das dispositive Recht ein (3 Ob 146/01v JBl 2002, 455). Dies gilt aber nach ständiger Rechtsprechung dann nicht, wenn die Parteien die gesetzliche Lösung jedenfalls nicht wollten oder diese nicht sachgerecht wäre (Bollenberger in KBB2 § 914 Rz 2 mwN). Diese Ausnahme trifft hier zu. Die Streitteile haben nicht bloß den Verkauf der Fahrzeuge durch die Beklagte an den Kläger beabsichtigt, sondern es ging bei dem Geschäft insbesondere darum, die T***** GmbH von ihrer Zahlungs- und Herausgabepflicht gegenüber der Beklagten zu befreien, was wiederum Voraussetzung für das vom Kläger verfolgte Ziel war, der T***** GmbH ein Weiterarbeiten zu ermöglichen. Der Kläger ging zunächst offenbar auch selbst davon aus, dass das Risiko eines allfälligen Fehlens eines oder mehrerer der 25 Fahrzeuge nicht die Beklagte treffe, hat er sich doch nach den Feststellungen der Vorinstanzen, als er feststellte, dass drei Fahrzeuge fehlten, nicht an die Beklagte, sondern an seine Tochter (Geschäftsführerin der T***** GmbH bzw C***** GmbH) gewandt und auch erreicht, dass ihm zum Ausgleich der fehlenden und der beschädigten Sattelanhänger drei im Eigentum der T***** GmbH bzw C***** GmbH stehende andere Sattelanhänger ins Eigentum übertragen wurden. Erst als die T*****GmbH insolvent wurde und er die drei Sattelanhänger über Anfechtung durch den Masseverwalter herausgeben musste, forderte er eine Preisreduzierung von der Beklagten. Unter diesen Umständen kann in der Ansicht des Berufungsgerichts, nach der hypothetischen Parteienabsicht habe die Risikotragung für fehlende und beschädigte LKWs den Kläger getroffen, keine Fehlbeurteilung erblickt werden.Notwendige Voraussetzung einer ergänzenden Auslegung ist das Vorliegen einer sogenannten „Vertragslücke", dass also im Vertrag für bestimmte Problemfälle keine Regelung getroffen wurde. Zwar greift auch in einem solchen Fall, in dem eine Regelung notwendig ist, primär das dispositive Recht ein (3 Ob 146/01v JBl 2002, 455). Dies gilt aber nach ständiger Rechtsprechung dann nicht, wenn die Parteien die gesetzliche Lösung jedenfalls nicht wollten oder diese nicht sachgerecht wäre (Bollenberger in KBB2 Paragraph 914, Rz 2 mwN). Diese Ausnahme trifft hier zu. Die Streitteile haben nicht bloß den Verkauf der Fahrzeuge durch die Beklagte an den Kläger beabsichtigt, sondern es ging bei dem Geschäft insbesondere darum, die T***** GmbH von ihrer Zahlungs- und Herausgabepflicht gegenüber der Beklagten zu befreien, was wiederum Voraussetzung für das vom Kläger verfolgte Ziel war, der T***** GmbH ein Weiterarbeiten zu ermöglichen. Der Kläger ging zunächst offenbar auch selbst davon aus, dass das Risiko eines allfälligen Fehlens eines oder mehrerer der 25 Fahrzeuge nicht die Beklagte treffe, hat er sich doch nach den Feststellungen der Vorinstanzen, als er feststellte, dass drei Fahrzeuge fehlten, nicht an die Beklagte, sondern an seine Tochter (Geschäftsführerin der T***** GmbH bzw C***** GmbH) gewandt und auch erreicht, dass ihm zum Ausgleich der fehlenden und der beschädigten Sattelanhänger drei im Eigentum der T***** GmbH bzw C***** GmbH stehende andere Sattelanhänger ins Eigentum übertragen wurden. Erst als die T*****GmbH insolvent wurde und er die drei Sattelanhänger über Anfechtung durch den Masseverwalter herausgeben musste, forderte er eine Preisreduzierung von der Beklagten. Unter diesen Umständen kann in der Ansicht des Berufungsgerichts, nach der hypothetischen Parteienabsicht habe die Risikotragung für fehlende und beschädigte LKWs den Kläger getroffen, keine Fehlbeurteilung erblickt werden.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Textnummer

E88898

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0070OB00214.08H.1022.000

Im RIS seit

21.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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