TE OGH 2008/11/19 3Ob230/08g

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Veröffentlicht am 19.11.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Nathalie L*****, geboren am 16. Februar 1994, und Florian L*****, geboren am 21. Dezember 1995, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Mutter Manuela P*****, vertreten durch Dr. Martin Leys, Rechtsanwalt in Imst als Verfahrenshelfer, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 25. Juni 2008, GZ 52 R 46/08h, 57/08a-800, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Reutte vom 30. Jänner 2008, GZ 1 P 37/02d-688, bestätigt sowie der Beschluss des Bezirksgerichts Reutte vom 15. Februar 2008, GZ 1 P 37/02d-708, teilweise bestätigt und der Rekurs der Mutter gegen diesen teilweise zurückgewiesen wurden, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Das Revisionsrekursverfahren vor dem Obersten Gerichtshof wird bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Ablehnung der Richter des Landesgerichts Innsbruck Dr. Silvia K***** und Dr. Elisabeth B***** (ON 817, 819 und 834 des erstgerichtlichen Aktes) unterbrochen.

2. Die Akten werden dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, sie erst nach Rechtskraft der förmlichen Entscheidung über diesen Ablehnungsantrag der Mutter wieder dem Obersten Gerichtshof vorzulegen.

Text

Begründung:

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs ON 817 gegen die aufhebende Entscheidung zweiter Instanz ON 801 machte die Mutter ua als „Mangelhaftigkeit des Verfahrens" geltend, die an der angefochtenen Entscheidung mitwirkenden Richter seien wegen freundschaftlich-kollegialer Beziehungen zum Erstrichter befangen. Dieses Rechtsmittel wurde erstmals am 27. August 2008 ab 18:04 Uhr mit Telefax dem Erstgericht übermittelt.

Das Erstgericht legte - ohne dass eine Behandlung dieser Ablehnung aus der mitübersendeten Aktenkopie ersichtlich wäre - auch den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter ON 818 gegen den Beschluss ON 800, an dem zwei der beiden abgelehnten Richter mitgewirkt hatten, dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

Eine solche kann jedoch vor Entscheidung des nach § 23 JN zuständigen Senats des Rekursgerichts über die im Rechtsmittel der Mutter gegen dessen Beschluss ON 801 enthaltene Ablehnung der an diesem mitwirkenden Richter nicht ergehen. Zwar enthält dieses Rechtsmittel keine Ablehnung, es wurde aber am 27. August 2008 ab 18:13 Uhr (Empfangsbericht) mittels Telefax beim Erstgericht eingebracht (und in der Folge mit ON 820 und 835 verbessert). Das Rechtsmittel wurde daher - selbst wenn man nach der exakten Zeit der Übertragung der Fernkopie zu entscheiden hätte - jedenfalls nach dem die Ablehnung enthaltenden vom selben Tag ON 817 (in der Folge verbessert mit ON 819 und 834) eingebracht. Somit kann nicht gesagt werden, die Mutter hätte in Ansehung der hier angefochtenen Entscheidung ihr Ablehnungsrecht iSd § 21 Abs 2 JN verwirkt, weil sie, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, einen (Rechtsmittel-)Antrag (RIS-Justiz RS0045986) gestellt hätte. Zwar kann die Ablehnung von Richtern auch nach einer Entscheidung im Rechtsmittel dagegen erklärt werden (1 Ob 199/99t uva; RIS-Justiz RS0041933; RS0042028), ein gesonderter Schriftsatz wird aber vom Gesetz nirgendwo ausgeschlossen (s besonders § 22 Abs 1 JN; aber auch nicht notwendig: 1 Ob 26/02h). Das Hauptverfahren ist auch keineswegs rechtskräftig beendet, was ebenfalls einer Sachentscheidung über die Ablehnung entgegenstünde (RIS-Justiz RS0045978).Eine solche kann jedoch vor Entscheidung des nach Paragraph 23, JN zuständigen Senats des Rekursgerichts über die im Rechtsmittel der Mutter gegen dessen Beschluss ON 801 enthaltene Ablehnung der an diesem mitwirkenden Richter nicht ergehen. Zwar enthält dieses Rechtsmittel keine Ablehnung, es wurde aber am 27. August 2008 ab 18:13 Uhr (Empfangsbericht) mittels Telefax beim Erstgericht eingebracht (und in der Folge mit ON 820 und 835 verbessert). Das Rechtsmittel wurde daher - selbst wenn man nach der exakten Zeit der Übertragung der Fernkopie zu entscheiden hätte - jedenfalls nach dem die Ablehnung enthaltenden vom selben Tag ON 817 (in der Folge verbessert mit ON 819 und 834) eingebracht. Somit kann nicht gesagt werden, die Mutter hätte in Ansehung der hier angefochtenen Entscheidung ihr Ablehnungsrecht iSd Paragraph 21, Absatz 2, JN verwirkt, weil sie, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, einen (Rechtsmittel-)Antrag (RIS-Justiz RS0045986) gestellt hätte. Zwar kann die Ablehnung von Richtern auch nach einer Entscheidung im Rechtsmittel dagegen erklärt werden (1 Ob 199/99t uva; RIS-Justiz RS0041933; RS0042028), ein gesonderter Schriftsatz wird aber vom Gesetz nirgendwo ausgeschlossen (s besonders Paragraph 22, Absatz eins, JN; aber auch nicht notwendig: 1 Ob 26/02h). Das Hauptverfahren ist auch keineswegs rechtskräftig beendet, was ebenfalls einer Sachentscheidung über die Ablehnung entgegenstünde (RIS-Justiz RS0045978).

Zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag ist gemäß § 23 JN nicht der Oberste Gerichtshof, sondern das Gericht zweiter Instanz berufen, das dann, wenn der Ablehnung stattgegeben wird, erforderlichenfalls auch die vom abgelehnten Richter vorgenommene Prozesshandlung aufzuheben hat (§ 25 JN letzter Satz). Dies gilt auch, wenn die Ablehnung in einem Rechtsmittel erfolgt ist (Mayr in Rechberger³ § 21 JN Rz 3; zuletzt 6 Ob 308/04v mwN; 3 Ob 281/04a). Im Fall einer erfolgreichen Ablehnung wäre die angefochtene Entscheidung zwar nicht wie im Zivilprozess nichtig (1 Ob 31/03w), wohl aber nach § 66 Abs 1 Z 1 iVm § 58 Abs 4 Z 1 AußStrG mit einem derart schweren Verfahrensmangel behaftet, dass der angefochtene Beschluss jedenfalls aufgehoben werden müsste. Eine sofortige Entscheidung des Rechtsmittelgerichts wäre nur in den hier nicht vorliegenden Fällen zulässig, dass keine konkreten Befangenheitsgründe ins Treffen geführt werden (1 Ob 623/92) oder die Ablehnung offenkundig rechtsmissbräuchlich erfolgt (EvBl 1989/18; 6 Ob 308/04v). Konkrete, auf die Person der abgelehnten Rechtsmittelrichter bezogene Gründe wurden hier gerade noch ausreichend unter mit einem Aktenzeichen konkretisiertem Hinweis auf eine angeblich bereits einmal vom nunmehrigen Rekursgericht angenommene Befangenheit geltend gemacht; ob sie geeignet sind, dessen Befangenheit zu begründen, ist vom zuständigen Senat zu beurteilen.Zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag ist gemäß Paragraph 23, JN nicht der Oberste Gerichtshof, sondern das Gericht zweiter Instanz berufen, das dann, wenn der Ablehnung stattgegeben wird, erforderlichenfalls auch die vom abgelehnten Richter vorgenommene Prozesshandlung aufzuheben hat (Paragraph 25, JN letzter Satz). Dies gilt auch, wenn die Ablehnung in einem Rechtsmittel erfolgt ist (Mayr in Rechberger³ Paragraph 21, JN Rz 3; zuletzt 6 Ob 308/04v mwN; 3 Ob 281/04a). Im Fall einer erfolgreichen Ablehnung wäre die angefochtene Entscheidung zwar nicht wie im Zivilprozess nichtig (1 Ob 31/03w), wohl aber nach Paragraph 66, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Paragraph 58, Absatz 4, Ziffer eins, AußStrG mit einem derart schweren Verfahrensmangel behaftet, dass der angefochtene Beschluss jedenfalls aufgehoben werden müsste. Eine sofortige Entscheidung des Rechtsmittelgerichts wäre nur in den hier nicht vorliegenden Fällen zulässig, dass keine konkreten Befangenheitsgründe ins Treffen geführt werden (1 Ob 623/92) oder die Ablehnung offenkundig rechtsmissbräuchlich erfolgt (EvBl 1989/18; 6 Ob 308/04v). Konkrete, auf die Person der abgelehnten Rechtsmittelrichter bezogene Gründe wurden hier gerade noch ausreichend unter mit einem Aktenzeichen konkretisiertem Hinweis auf eine angeblich bereits einmal vom nunmehrigen Rekursgericht angenommene Befangenheit geltend gemacht; ob sie geeignet sind, dessen Befangenheit zu begründen, ist vom zuständigen Senat zu beurteilen.

Bis zur Entscheidung über die behauptete Befangenheit ist bei einer Ablehnung von Richtern der Vorinstanzen im Rechtsmittel das Verfahren darüber zu unterbrechen (1 Ob 31/03w; 3 Ob 281/04a; RIS-Justiz RS0042028 [T1]). Nichts anderes kann aber bei einer gesonderten Ablehnung in einem anderen Schriftsatz während des Rechtsmittelverfahrens gelten (vgl 9 Ob 26/00i; 4 Ob 124/03v).Bis zur Entscheidung über die behauptete Befangenheit ist bei einer Ablehnung von Richtern der Vorinstanzen im Rechtsmittel das Verfahren darüber zu unterbrechen (1 Ob 31/03w; 3 Ob 281/04a; RIS-Justiz RS0042028 [T1]). Nichts anderes kann aber bei einer gesonderten Ablehnung in einem anderen Schriftsatz während des Rechtsmittelverfahrens gelten vergleiche 9 Ob 26/00i; 4 Ob 124/03v).

Textnummer

E89096

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0030OB00230.08G.1119.000

Im RIS seit

19.12.2008

Zuletzt aktualisiert am

20.06.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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