TE Vwgh Erkenntnis 2007/12/12 2007/04/0115

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Veröffentlicht am 12.12.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
95/08 Sonstige Angelegenheiten der Technik;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
IngG 2006 §2 Z1;
IngG 2006 §2;
IngG 2006 §3 Abs4;
IngGDV 2006 §1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schenk, über die Beschwerde des ET in E, vertreten durch Dr. Ferdinand Rankl und Dr. Herbert Hubinger, Rechtsanwälte in 4563 Micheldorf, Hauptstraße 12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 12. April 2007, GZ: 91.508/049154- I/3/07, betreffend Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. April 2007 wies der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit den auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" gerichteten Antrag des Beschwerdeführers vom 28. November 2006 mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 2 Z. 1 Ingenieurgesetz 2006, BGBl. I Nr. 120, ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus (Hervorhebungen jeweils im Original), dem Antrag und den beigeschlossenen Unterlagen des Beschwerdeführers sei zu entnehmen, dass dieser am 17. Oktober 2003 die Reife- und Diplomprüfung an einer Höheren Technischen Lehranstalt (Kolleg) auf dem Fachgebiet "Möbeldesign" abgelegt" habe. Welche Lehranstalten als höhere technische Lehranstalten im Sinne des Ingenieurgesetzes 2006 anzusehen seien, ergebe sich aus § 1 der Ingenieurgesetz-Durchführungsverordnung 2006, BGBl. II Nr. 39/2007 (IGDV 2006). Aus dieser folge, dass nur das Absolvieren der in der Verordnung genannten Fachbereiche zur Verleihung der Standesbezeichnung "Ingenieur" nach dem Ingenieurgesetz führen könne. In der angeführten Verordnung sei die vom Beschwerdeführer absolvierte höhere Lehranstalt für Möbeldesign jedoch nicht angeführt, weil es sich bei dieser "nicht um eine Höhere Technische Lehranstalt im Sinne des Ingenieurgesetzes 2006" handle, weshalb der Antrag - ohne Feststellungen in Bezug auf die berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers - abzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Beschwerdeführer replizierte auf diese Gegenschrift, die belangte Behörde gab dazu eine weitere Äußerung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Ingenieurgesetzes 2006, BGBl. I Nr. 120/2006 lauten:

"Voraussetzungen für die Verleihung

§ 2. Die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung 'Ingenieur' ist Personen zu verleihen, die

1. a) die Reife- und Diplomprüfung nach dem Lehrplan inländischer höherer technischer und gewerblicher ... Lehranstalten erfolgreich abgelegt ...

b) ... haben, ...

Höhere Lehranstalten

§ 3. (1) Höhere technische und gewerbliche Lehranstalten im Sinne des § 2 Z 1 sind die Lehranstalten, die dem Erwerb höherer technischer Bildung dienen, und deren Sonderformen. Diplomprüfungen, durch die solche Sonderformen abgeschlossen werden, sind der Reifeprüfung gleichzuhalten.

...

(3) Durch Verordnung hat zu bestimmen:

1. der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die höheren technischen und gewerblichen Lehranstalten gemäß § 2 Z 1 und die Tätigkeiten, die als Praxis auf technischem Gebiet anzurechnen sind ...

...

(4) In den Verordnungen gemäß Abs. 3 ist auch die zusammenfassende Bezeichnung der Lehranstalten nach Fachbereichen auch ohne Nennung einzelner Lehranstalten zulässig."

§ 1 der Ingenieurgesetzdurchführungsverordnung 2006 - IGDV 2006, BGBl. II Nr. 39/2007 lautet (auszugsweise):

"§ 1. Die Lehranstalten folgender Fachbereiche sind höhere technische und gewerbliche Lehranstalten gemäß § 3 Abs. 1 des Ingenieurgesetzes 2006:

...

2. Innenraumgestaltung und Holztechnik, Holztechnik, Möbelbau und Innenausbau, Holzwirtschaft,

...

18. die in § 1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Durchführung des Ingenieurgesetzes 1990, BGBl. Nr. 244, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 273/1998, angeführten Lehranstalten."

§ 1 der Verordnung zur Durchführung des Ingenieurgesetzes 1990, BGBl. Nr. 244/1990 idF BGBl. II Nr. 273/1998, lautet (auszugsweise):

"§ 1. Folgende Lehranstalten sind höhere technische Lehranstalten gemäß § 5, erster Satz, des Ingenieurgesetzes 1990:

...

Höhere Lehranstalt - Aufbaulehrgang Möbeldesign

..."

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, "anderen Absolventenkollegen" habe die belangte Behörde die Berechtigung zur Führung des Ingenieurstitel bei vergleichbaren Voraussetzungen erteilt. Dies allein begründe "infolge Ermessensüberschreitung" die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Diesem Vorbringen genügt es zu entgegnen, dass es sich bei der Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" nicht um eine Ermessensentscheidung der belangten Behörde handelt, diese vielmehr bei Vorliegen der im Gesetz genannten Voraussetzungen zur Verleihung der Berechtigung verpflichtet ist (arg. "ist" in § 2 Ingenieurgesetz 2006).

Des Weiteren macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde greife offenbar auf "den Kunstgriff" zurück, "dass zunächst ein neues Fachgebiet 'Möbeldesign', welches in § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 39/2007 (IDGV 2006) nicht ausdrücklich angeführt ist, angenommen wird und sodann aus der nicht ausdrücklichen Nennung des Fachgebietes 'Möbeldesign' bzw. aus der Nichtnennung der höheren Lehranstalt für Möbeldesign der Schluss gezogen wird, dass es sich bei der vom Beschwerdeführer absolvierten Schule nicht um eine Höhere Technische Lehranstalt im Sinne des Ingenieurgesetzes 2006" handelt." Dies sei unzulässig und widerspreche dem klaren Gesetzeswortlaut. Zum einen lasse sich der "Aufbaulehrgang für Möbeldesign" unschwer unter den genannten Fachbereich des § 1 Z. 2 IGDV 2006, insbesondere unter "Innenraumgestaltung und Holztechnik" bzw. "Möbelausbau und Innenausbau" subsumieren, zum anderen seien gemäß § 1 Z. 18 IGDV 2006 auch die in § 1 der Verordnung zur Durchführung des Ingenieurgesetzes 1990, BGBl. 244/1991, angeführten Lehranstalten "Höhere technische Lehranstalten" im Sinne der IDGV 2006. In der Verordnung aus 1991 sei der "Aufbaulehrgang Möbeldesign" sogar ausdrücklich genannt. Insoweit liege eine "Legaldefinition des Begriffes 'Höhere Technische Lehranstalt' im Sinne des § 3 Abs. 1 Ingenieurgesetz 2006 vor", in welchem ausdrücklich auch die Sonderformen der entsprechenden Lehranstalten genannt und diese daher jedenfalls mitumfasst seien. Daher könne kein Zweifel daran bestehen, dass dem Beschwerdeführer die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" zu verleihen sei.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die belangte Behörde stützt sich in ihrer Begründung unter anderem darauf, dass nur das Absolvieren der in der IGDV 2006 genannten Fachbereiche zur Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" führen kann. In weiterer Folge legt sie jedoch das Gewicht für die Antragsabweisung darauf, dass die "Höhere Technische Lehranstalt für Möbeldesign" nicht (ausdrücklich) in der IGDV 2006 angeführt sei, "da es sich dabei nicht um eine Höhere Technische Lehranstalt im Sinne des Ingenieurgesetzes 2006" handle. Dabei übersieht sie jedoch, dass gemäß § 3 Abs. 4 Ingenieurgesetz 2006 in den Verordnungen des Bundesministers auch die zusammenfassende Bezeichnung der Lehranstalten nach Fachbereichen, ohne Nennung einzelner Lehranstalten zulässig ist. Demnach kann das alleinige Abstellen auf die Nichtanführung der vom Beschwerdeführer absolvierten Lehranstalt in der IGDV 2006 nicht zu einer Antragsabweisung führen. Die belangte Behörde hätte vielmehr darzulegen gehabt, aus welchen Gründen diese Lehranstalt keinem der in der IGDV 2006 genannten Fachbereiche zurechenbar ist, zumal der Begriff "Möbeldesign" nicht von vornherein eine Subsumtion unter § 1 Z. 2 IGDV 2006 ausschließt. Dass die vom Beschwerdeführer absolvierte Lehranstalt "eher" eine kunstgewerbliche Fachrichtung mit einem das Technische eindeutig überwiegenden, gestaltenden Element darstelle und daher keine Höhere Technische Lehranstalt sei, bringt die belangte Behörde (erst) in ihrer Gegenschrift vor. Begründungselemente können jedoch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2004, Zl. 2004/17/0087) in der Gegenschrift nicht nachgetragen werden. Eine Auseinandersetzung mit der Tragfähigkeit dieses Argumentes erübrigt sich daher.

Da die belangte Behörde auf Grund einer unrichtigen Rechtsauffassung Ermittlungen und Feststellungen zum tatsächlichen Inhalt der Ausbildung des Beschwerdeführers unterlassen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 12. Dezember 2007

Schlagworte

Ermessen VwRallg8Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007040115.X00

Im RIS seit

04.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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