TE OGH 2008/11/25 10ObS150/08v

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Veröffentlicht am 25.11.2008
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Peter Ladislav (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Hikmet D*****, Hausfrau, *****, Türkei, vertreten durch Eleni Diamanti, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich- Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Josef Milchram und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Abfindung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. April 2008, GZ 8 Rs 20/08g-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 3. September 2007, GZ 6 Cgs 34/07v-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Sozialrechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der am 6. 8. 2005 verstorbene Ehegatte der Klägerin, Ahmet D*****, hat im Jahr 1965 insgesamt acht Beitragsmonate der Pflichtversicherung in der österreichischen Pensionsversicherung erworben.

Mit rechtskräftigem Bescheid der beklagten Partei vom 12. 9. 2006 wurde der Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Witwenpension nach ihrem verstorbenen Ehegatten mit der Begründung abgelehnt, dass (nach dem Abkommen über soziale Sicherheit mit der Republik Türkei) eine Pension vom Versicherungsträger eines Vertragsstaats nur gewährt werden könne, wenn nach den Rechtsvorschriften dieses Staats mindestens zwölf Versicherungsmonate für die Berechnung der Pension zu berücksichtigen seien. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, weil der verstorbene Ehegatte der Klägerin in der österreichischen Pensionsversicherung insgesamt nur acht Versicherungsmonate erworben habe.

Mit einem unstrittig als Bescheid zu wertenden Schreiben vom 2. 1. 2007 lehnte die beklagte Partei auch den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Abfindung gemäß § 269 ASVG mit der Begründung ab, dass die Klägerin in der Türkei eine Witwenpension erhalte und die acht österreichischen Versicherungsmonate daher in die türkische Versicherungslast fielen.

Dagegen erhob die Klägerin rechtzeitig Klage und machte geltend, ihr verstorbener Ehegatte habe in Österreich und in der Türkei insgesamt 72 Versicherungsmonate erworben.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, „der Klägerin gemäß § 269 Abs 1 Z 1 und 2 ASVG eine Abfindung im gesetzlichen Ausmaß auf Basis des Sechsfachen der Bemessungsgrundlage (§ 269 Abs 2 iVm § 238 ASVG) zu zahlen". In rechtlicher Hinsicht führte es aus, die Witwe habe im Fall des Todes des Versicherten gemäß § 269 Abs 1 Z 1 ASVG Anspruch auf Abfindung, sofern eine Hinterbliebenenpension nur mangels Erfüllung der Wartezeit nicht gebühre. Die in Österreich erworbenen acht Versicherungsmonate seien zwar nach Art 18 Abs 2 des Abk SozSi-Türkei in der Türkei für den Erwerb eines Leistungsanspruchs sowie dessen Ausmaß so zu berücksichtigen, als wären es nach den türkischen Rechtsvorschriften zurückgelegte Versicherungszeiten. Dieser Umstand schließe jedoch einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Abfindung nach § 269 Abs 1 Z 1 ASVG nicht aus. Auch wenn die nach den österreichischen Rechtsvorschriften zu berücksichtigenden Versicherungszeiten insgesamt nicht zwölf Monate erreicht hätten und deshalb grundsätzlich keine Leistung nach den österreichischen Rechtsvorschriften zu gewähren sei (Art 18 Abs 1 erster Satz des Abkommens), gelte diese Rechtslage nicht, wenn nach den österreichischen Rechtsvorschriften ein Leistungsanspruch allein aufgrund der österreichischen Versicherungszeiten bestehe (Art 18 Abs 1 zweiter Satz des Abkommens). Diese Voraussetzung liege hier vor, weil der Ehegatte der Klägerin in der österreichischen Pensionsversicherung insgesamt acht Pflichtversicherungsmonate erworben habe und die Klägerin daher die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung einer Abfindung nach § 269 Abs 1 Z 1 ASVG erfülle. Nach dem innerstaatlichen Recht gebührende Leistungsansprüche dürften durch zwischenstaatliche Regelungen nicht gemindert werden. Die Klägerin habe daher Anspruch auf Abfindung in Höhe des Sechsfachen der Bemessungsgrundlage (§ 238 ASVG), wobei die Leistung ausschließlich aufgrund der nach den österreichischen Rechtsvorschriften zu berücksichtigenden Versicherungszeiten festzustellen sei.Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, „der Klägerin gemäß § 269 Abs 1 Z 1 und 2 ASVG eine Abfindung im gesetzlichen Ausmaß auf Basis des Sechsfachen der Bemessungsgrundlage (§ 269 Abs 2 in Verbindung mit § 238 ASVG) zu zahlen". In rechtlicher Hinsicht führte es aus, die Witwe habe im Fall des Todes des Versicherten gemäß § 269 Abs 1 Z 1 ASVG Anspruch auf Abfindung, sofern eine Hinterbliebenenpension nur mangels Erfüllung der Wartezeit nicht gebühre. Die in Österreich erworbenen acht Versicherungsmonate seien zwar nach Art 18 Abs 2 des Abk SozSi-Türkei in der Türkei für den Erwerb eines Leistungsanspruchs sowie dessen Ausmaß so zu berücksichtigen, als wären es nach den türkischen Rechtsvorschriften zurückgelegte Versicherungszeiten. Dieser Umstand schließe jedoch einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Abfindung nach § 269 Abs 1 Z 1 ASVG nicht aus. Auch wenn die nach den österreichischen Rechtsvorschriften zu berücksichtigenden Versicherungszeiten insgesamt nicht zwölf Monate erreicht hätten und deshalb grundsätzlich keine Leistung nach den österreichischen Rechtsvorschriften zu gewähren sei (Art 18 Abs 1 erster Satz des Abkommens), gelte diese Rechtslage nicht, wenn nach den österreichischen Rechtsvorschriften ein Leistungsanspruch allein aufgrund der österreichischen Versicherungszeiten bestehe (Art 18 Abs 1 zweiter Satz des Abkommens). Diese Voraussetzung liege hier vor, weil der Ehegatte der Klägerin in der österreichischen Pensionsversicherung insgesamt acht Pflichtversicherungsmonate erworben habe und die Klägerin daher die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung einer Abfindung nach § 269 Abs 1 Z 1 ASVG erfülle. Nach dem innerstaatlichen Recht gebührende Leistungsansprüche dürften durch zwischenstaatliche Regelungen nicht gemindert werden. Die Klägerin habe daher Anspruch auf Abfindung in Höhe des Sechsfachen der Bemessungsgrundlage (§ 238 ASVG), wobei die Leistung ausschließlich aufgrund der nach den österreichischen Rechtsvorschriften zu berücksichtigenden Versicherungszeiten festzustellen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei keine Folge und schloss sich im Wesentlichen der Rechtsansicht des Erstgerichts an. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil, soweit überblickbar, noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Sachverhalt vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil, soweit überblickbar, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob nach den Bestimmungen des Abk SozSi-Türkei die Gewährung einer Witwenpension durch den türkischen Versicherungsträger dem Anspruch der Witwe auf Gewährung einer Abfindung nach § 269 Abs 1 Z 1 ASVG entgegenstehe, nicht vorliegt. Sie ist im Ergebnis im Sinne der beschlossenen Aufhebung auch berechtigt.

Die beklagte Partei macht in ihren Revisionsausführungen im Wesentlichen geltend, der türkische Versicherungsträger habe die in Österreich erworbenen Versicherungszeiten so zu berücksichtigen, als wären es in der Türkei erworbene Versicherungszeiten. Durch diesen im Abkommen geregelten „Transfer" der österreichischen Versicherungszeiten in die Türkei und das Entstehen eines Leistungsanspruchs in diesem Vertragsstaat blieben die österreichischen Versicherungszeiten nicht unberücksichtigt und würden einem Leistungsanspruch zugrunde gelegt. Diese in den türkischen Versicherungsverlauf übertragenen Versicherungszeiten stünden daher für den Anspruch auf Abfindung gemäß § 269 Abs 1 ASVG nicht mehr zur Verfügung. Ein Anspruch auf Abfindung nach dieser Gesetzesstelle setze nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung voraus, dass eine Hinterbliebenenpension nicht gebühre. Im vorliegenden Fall gebühre jedoch - wenn auch nach Übertragung der österreichischen Versicherungszeiten in den türkischen Versicherungsverlauf und Mitberücksichtigung dieser Zeiten durch den türkischen Versicherungsträger - eine Hinterbliebenenpension. Die Bestimmung des § 269 ASVG könne nicht losgelöst von zwischenstaatlichen Regelungen gesehen werden.

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

Nach § 269 Abs 1 Z 1 ASVG haben im Falle des Todes des Versicherten die Witwe und zu gleichen Teilen die Kinder Anspruch auf Abfindung, sofern Hinterbliebenenpensionen nur mangels Erfüllung der Wartezeit (§ 236 ASVG) nicht gebühren, jedoch mindestens ein Beitragsmonat vorliegt. Die Abfindung beträgt in diesem Fall das Sechsfache der Bemessungsgrundlage (§ 238 ASVG); liegen weniger als sechs Versicherungsmonate vor, beträgt die Abfindung die Summe der Monatsbeitragsgrundlagen (§ 242 Abs 1 ASVG) in diesen Versicherungsmonaten (§ 269 Abs 2 erster Satz ASVG). Die Abfindung ist als einmalige Geldleistung dazu bestimmt, für die Hinterbliebenen den Übergang in die durch den Tod des Versicherten eingetretene neue Situation zu erleichtern (vgl 10 ObS 9/05d).Nach § 269 Abs 1 Z 1 ASVG haben im Falle des Todes des Versicherten die Witwe und zu gleichen Teilen die Kinder Anspruch auf Abfindung, sofern Hinterbliebenenpensionen nur mangels Erfüllung der Wartezeit (§ 236 ASVG) nicht gebühren, jedoch mindestens ein Beitragsmonat vorliegt. Die Abfindung beträgt in diesem Fall das Sechsfache der Bemessungsgrundlage (§ 238 ASVG); liegen weniger als sechs Versicherungsmonate vor, beträgt die Abfindung die Summe der Monatsbeitragsgrundlagen (§ 242 Abs 1 ASVG) in diesen Versicherungsmonaten (§ 269 Abs 2 erster Satz ASVG). Die Abfindung ist als einmalige Geldleistung dazu bestimmt, für die Hinterbliebenen den Übergang in die durch den Tod des Versicherten eingetretene neue Situation zu erleichtern vergleiche 10 ObS 9/05d).

Im vorliegenden Fall ist weiters unstrittig das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit vom 28. 10. 1999, BGBl III 2000/219 (im Folgenden: Abkommen), anzuwenden. Der sachliche Geltungsbereich dieses Abkommens umfasst gemäß dessen Art 2 Abs 1 Z 1 lit c unter anderem die österreichischen Rechtsvorschriften über die Pensionsversicherung. Dazu gehören auch die Regelungen über die Leistungen bei Tod des Versicherten, somit auch der Anspruch auf Abfindung nach § 269 ASVG. Für Leistungen aus dem Versicherungsfall des Alters, der geminderten Arbeitsfähigkeit bzw Erwerbsunfähigkeit und des Todes sieht Art 17 des Abkommens die Zusammenrechnung der österreichischen und türkischen Versicherungszeiten - soweit sie nicht auf denselben Zeitraum entfallen - vor. In Ausführung dieser allgemeinen Zusammenrechnungsbestimmung, aufgrund der die österreichischen Versicherungszeiten mit den türkischen Versicherungszeiten einen einheitlichen Versicherungsverlauf bilden, sehen Art 19 und 21 des Abkommens vor, dass der zuständige österreichische oder türkische Träger nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften festzustellen hat, ob unter Berücksichtigung dieser Zusammenrechnung Anspruch auf die begehrte Leistung besteht.

Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und zur Vermeidung von Kleinstrenten enthalten die von Österreich abgeschlossenen Abkommen über soziale Sicherheit auch jeweils eine Bestimmung, wonach bei Vorliegen einer Versicherungszeit von weniger als zwölf Versicherungsmonaten in einem Vertragsstaat nach den Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaats keine Leistung gebührt, die betreffende Versicherungszeit aber grundsätzlich in der Versicherung des anderen Vertragsstaats sowohl für den Anspruch als auch für die Bemessung der Leistung zu berücksichtigen ist. Erreichen also die Versicherungszeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats zu berücksichtigen sind, insgesamt nicht 12 Monate für die Berechnung der Leistung, so wird nach dem hier anzuwendenden Art 18 Abs 1 erster Satz des Abkommens nach diesen Rechtsvorschriften keine Leistung gewährt. Diese Versicherungszeiten sind von dem Träger des anderen Vertragsstaats für den Erwerb, die Aufrechterhaltung und das Wiederaufleben eines Leistungsanspruchs sowie dessen Ausmaß so zu berücksichtigen, als wären es nach den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften zurückgelegte Versicherungszeiten (vgl Art 18 Abs 2 des Abkommens). Eine solche Leistungsfreistellung tritt jedoch auch bei Versicherungszeiten von weniger als zwölf Versicherungsmonaten nur dann ein, wenn diese nach den Rechtsvorschriften des jeweiligen Vertragsstaats keinen eigenständigen Leistungsanspruch (dh ohne Berücksichtigung der im anderen Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten) begründen. In diesem Sinne sieht Art 18 Abs 1 zweiter Satz des Abkommens vor, dass der im ersten Satz dieser Gesetzesstelle normierte Grundsatz, wonach bei Vorliegen einer Versicherungszeit von weniger als zwölf Versicherungsmonaten in einem Vertragsstaat nach den Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaats keine Leistung gebührt, nicht gilt, wenn nach den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats ein Leistungsanspruch allein aufgrund dieser Versicherungszeiten besteht. Diese Regelung trägt somit dem im Abkommensrecht über soziale Sicherheit im Bereich der Pensionsversicherung nunmehr allgemein normierten Grundsatz Rechnung, wonach innerstaatlich gebührende Leistungsansprüche durch zwischenstaatliche Regelungen nicht gemindert werden dürfen. Dem hier anzuwendenden Abkommen ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass sich diese Bestimmung des Art 18 Abs 1 zweiter Satz des Abkommens, wie die Revisionswerberin meint, nur auf die leistungsrechtlichen Sonderregelungen des Entfalls (Versicherungsfall als Folge eines Arbeitsunfalls - vgl § 235 Abs 3 lit a ASVG) oder der Minderung der Wartezeit (Eintritt des Versicherungsfalls vor Vollendung des 27. Lebensjahres - vgl § 236 Abs 4 Z 3 ASVG) und nicht auch auf die Regelungen betreffend den Anspruch auf Abfindung (§ 269 ASVG) beziehen soll.Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und zur Vermeidung von Kleinstrenten enthalten die von Österreich abgeschlossenen Abkommen über soziale Sicherheit auch jeweils eine Bestimmung, wonach bei Vorliegen einer Versicherungszeit von weniger als zwölf Versicherungsmonaten in einem Vertragsstaat nach den Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaats keine Leistung gebührt, die betreffende Versicherungszeit aber grundsätzlich in der Versicherung des anderen Vertragsstaats sowohl für den Anspruch als auch für die Bemessung der Leistung zu berücksichtigen ist. Erreichen also die Versicherungszeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats zu berücksichtigen sind, insgesamt nicht 12 Monate für die Berechnung der Leistung, so wird nach dem hier anzuwendenden Art 18 Abs 1 erster Satz des Abkommens nach diesen Rechtsvorschriften keine Leistung gewährt. Diese Versicherungszeiten sind von dem Träger des anderen Vertragsstaats für den Erwerb, die Aufrechterhaltung und das Wiederaufleben eines Leistungsanspruchs sowie dessen Ausmaß so zu berücksichtigen, als wären es nach den von ihm anzuwendenden Rechtsvorschriften zurückgelegte Versicherungszeiten vergleiche Art 18 Abs 2 des Abkommens). Eine solche Leistungsfreistellung tritt jedoch auch bei Versicherungszeiten von weniger als zwölf Versicherungsmonaten nur dann ein, wenn diese nach den Rechtsvorschriften des jeweiligen Vertragsstaats keinen eigenständigen Leistungsanspruch (dh ohne Berücksichtigung der im anderen Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten) begründen. In diesem Sinne sieht Art 18 Abs 1 zweiter Satz des Abkommens vor, dass der im ersten Satz dieser Gesetzesstelle normierte Grundsatz, wonach bei Vorliegen einer Versicherungszeit von weniger als zwölf Versicherungsmonaten in einem Vertragsstaat nach den Rechtsvorschriften dieses Vertragsstaats keine Leistung gebührt, nicht gilt, wenn nach den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats ein Leistungsanspruch allein aufgrund dieser Versicherungszeiten besteht. Diese Regelung trägt somit dem im Abkommensrecht über soziale Sicherheit im Bereich der Pensionsversicherung nunmehr allgemein normierten Grundsatz Rechnung, wonach innerstaatlich gebührende Leistungsansprüche durch zwischenstaatliche Regelungen nicht gemindert werden dürfen. Dem hier anzuwendenden Abkommen ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass sich diese Bestimmung des Art 18 Abs 1 zweiter Satz des Abkommens, wie die Revisionswerberin meint, nur auf die leistungsrechtlichen Sonderregelungen des Entfalls (Versicherungsfall als Folge eines Arbeitsunfalls - vergleiche § 235 Abs 3 lit a ASVG) oder der Minderung der Wartezeit (Eintritt des Versicherungsfalls vor Vollendung des 27. Lebensjahres - vergleiche § 236 Abs 4 Z 3 ASVG) und nicht auch auf die Regelungen betreffend den Anspruch auf Abfindung (§ 269 ASVG) beziehen soll.

Die Gewährung der Abfindung nach § 269 Abs 1 Z 1 ASVG setzt voraus, dass die Wartezeit nicht erfüllt ist. Ist in diesem Fall die Wartezeit unter Zusammenrechnung mit den fremdstaatlichen Versicherungszeiten erfüllt, kommt die Gewährung einer Abfindung nicht in Betracht (vgl Siedl/Spiegel, Zwischenst SVLfg Bd 2 Allg Teil 80). Es ist im vorliegenden Fall nicht strittig, dass die Wartezeit (§ 236 ASVG) auch unter Berücksichtigung der vom verstorbenen Ehegatten der Klägerin in der Türkei erworbenen Versicherungszeiten nicht erfüllt ist, sodass die Gewährung einer Abfindung an die Klägerin nach § 269 Abs 1 Z 1 ASVG grundsätzlich in Betracht kommt. Aufgrund der zitierten Bestimmung des Art 18 des Abkommens kommt bei Vorliegen einer österreichischen Versicherungszeit von - wie im vorliegenden Fall - weniger als zwölf Versicherungsmonaten ein Anspruch auf eine österreichische Leistung grundsätzlich nicht zustande, es sei denn, dass - wie im vorliegenden Fall - nach den österreichischen Rechtsvorschriften ein Anspruch auf Gewährung einer Abfindung nach § 269 Abs 1 Z 1 ASVG allein aufgrund der österreichischen Versicherungszeiten besteht. Die gleichzeitige Zuerkennung einer Hinterbliebenenpension aus der Versicherung des Vertragsstaats (Türkei) schließt die Gewährung der Abfindung nach dieser Gesetzesstelle nicht aus (vgl Siedl/Spiegel aaO Zwischenst SVLfg Bd 2 Allg Teil 80). Auch eine allfällige Berücksichtigung der österreichischen Versicherungszeiten durch den türkischen Versicherungsträger darf nämlich nicht zu einer Kürzung der sich aus der Anwendung der österreichischen Rechtsvorschriften ergebenden Ansprüche führen.Die Gewährung der Abfindung nach § 269 Abs 1 Z 1 ASVG setzt voraus, dass die Wartezeit nicht erfüllt ist. Ist in diesem Fall die Wartezeit unter Zusammenrechnung mit den fremdstaatlichen Versicherungszeiten erfüllt, kommt die Gewährung einer Abfindung nicht in Betracht vergleiche Siedl/Spiegel, Zwischenst SVLfg Bd 2 Allg Teil 80). Es ist im vorliegenden Fall nicht strittig, dass die Wartezeit (§ 236 ASVG) auch unter Berücksichtigung der vom verstorbenen Ehegatten der Klägerin in der Türkei erworbenen Versicherungszeiten nicht erfüllt ist, sodass die Gewährung einer Abfindung an die Klägerin nach § 269 Abs 1 Z 1 ASVG grundsätzlich in Betracht kommt. Aufgrund der zitierten Bestimmung des Art 18 des Abkommens kommt bei Vorliegen einer österreichischen Versicherungszeit von - wie im vorliegenden Fall - weniger als zwölf Versicherungsmonaten ein Anspruch auf eine österreichische Leistung grundsätzlich nicht zustande, es sei denn, dass - wie im vorliegenden Fall - nach den österreichischen Rechtsvorschriften ein Anspruch auf Gewährung einer Abfindung nach § 269 Abs 1 Z 1 ASVG allein aufgrund der österreichischen Versicherungszeiten besteht. Die gleichzeitige Zuerkennung einer Hinterbliebenenpension aus der Versicherung des Vertragsstaats (Türkei) schließt die Gewährung der Abfindung nach dieser Gesetzesstelle nicht aus vergleiche Siedl/Spiegel aaO Zwischenst SVLfg Bd 2 Allg Teil 80). Auch eine allfällige Berücksichtigung der österreichischen Versicherungszeiten durch den türkischen Versicherungsträger darf nämlich nicht zu einer Kürzung der sich aus der Anwendung der österreichischen Rechtsvorschriften ergebenden Ansprüche führen.

Der erkennende Senat teilt daher die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass der Klägerin gemäß § 269 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ASVG ein Anspruch auf Abfindung in Höhe der sechsfachen Bemessungsgrundlage als einmalige Geldleistung zusteht. Dennoch ist die vorliegende Sozialrechtssache damit noch nicht entscheidungsreif im Sinne einer Bestätigung des angefochtenen Berufungsurteils. Es ist zwar gemäß § 82 Abs 3 Z 1 ASGG insbesondere nicht erforderlich, dass das von einem Versicherten erhobene Klagebegehren einen bestimmten Geldbetrag anführt, wenn es auf eine Leistung gerichtet ist. Insoweit hat daher der Oberste Gerichtshof beispielsweise ein auf Leistungszuschuss „im gesetz- und satzungs- bzw richtlinienmäßigen Umfang" gerichtetes Leistungsbegehren nicht beanstandet. Die Zulässigkeit eines solchen unbestimmten Klagebegehrens enthebt das Gericht jedoch nicht von der Verpflichtung, den Zuspruch im Urteil ziffernmäßig zu bestimmen und damit einen exekutionsfähigen Titel zu schaffen, soweit - wie im vorliegenden Fall - die von § 89 Abs 2 ASGG gebotene Möglichkeit nicht in Betracht kommt, das Klagebegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend zu erkennen und eine vorläufige Zahlung aufzutragen (Neumayr in ZellKomm § 82 ASGG Rz 10 mwN). Es werden daher die für die Höhe der der Klägerin zustehenden Abfindung erforderlichen Voraussetzungen mit den Parteien zu erörtern und sodann entsprechend genau festzustellen sein. Dazu bedarf es aber einer Verhandlung in erster Instanz. Es waren daher die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Textnummer

E89464

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:010OBS00150.08V.1125.000

Im RIS seit

25.12.2008

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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