TE Vwgh Erkenntnis 2007/12/14 2005/10/0066

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Veröffentlicht am 14.12.2007
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Index

L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §68 Abs1;
SHG Wr 1973 §13 Abs4;
SHV Richtsätze Wr 1973 §5 Abs2 idF 2001/142;
SHV Richtsätze Wr 1973 §5 Abs2 idF 2004/027;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der M C in Wien, vertreten durch Dr. Michael Mathes, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Marc Aurel-Straße 6, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 21. Dezember 2004, Zl. MA 15-II-2- 8877/2004, betreffend Mietbeihilfe nach dem Wiener Sozialhilfegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 4. Dezember 2002 wurde der Beschwerdeführerin eine monatliche Mietbeihilfe für den Zeitraum von 1. April 2001 bis 31. Dezember 2001 in Höhe von EUR 231,60, vom 1. Jänner 2002 bis 31. März 2002 in Höhe von EUR 229,70, vom 1. April 2002 bis 30. April 2002 in Höhe von EUR 230,-- und ab 1. Mai 2002 in Höhe von EUR 193,40, "auf die Dauer unveränderter Verhältnisse" zuerkannt. Bei der Berechnung wurde der erhöhte Richtsatz gemäß § 13 Abs. 4 WSHG iVm § 4 Abs. 1 und 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung über die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe (Richtsatzverordnung) berücksichtigt. Die von der Beschwerdeführerin bezogene Pension entsprach unter Berücksichtigung der Ausgleichszulage jeweils dem erhöhten Richtsatz. Es wurde der Anspruchsermittlung der tatsächlich aufgewendete Mietzins zugrunde gelegt und davon der durchschnittliche Mietbedarf gemäß § 4 Abs. 4 der jeweils in Geltung stehenden Richtsatzverordnung abgezogen und jeweils der sogenannte "Mietenmehrbedarf" gewährt.

Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Mietbeihilfe "neu bemessen und ab 1. Oktober 2004 vorbehaltlich einer Änderung der Sach- und Rechtslage mit monatlich EUR 182,50 festgesetzt". Diesem Bescheid lag der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlängerung der Mietbeihilfe vom 5. August 2004 zugrunde. Die belangte Behörde führte nach Darstellung der Rechtslage begründend aus, die Beschwerdeführerin lebe allein in einer Mietwohnung (59,45 m2). Die Gesamtmiete betrage EUR 305,53. Die Beschwerdeführerin erhalte eine monatliche Wohnbeihilfe in Höhe von EUR 43,50. Sie beziehe ab 1.1.2004 ein anrechenbares monatliches Einkommen (Pension) in Höhe von EUR 624,78. Als Richtsatz komme für die Berufungswerberin als Pensionistin gemäß § 4 der Richtsatzverordnung der erhöhte Richtsatz für Alleinunterstützte von EUR 624,78 in Betracht, die anrechenbare Miete betrage nach § 5 der Richtsatzverordnung EUR 249,36. Es errechne sich daher die Mietbeihilfe wie folgt:

(erhöhter) Richtsatz für einen Alleinunterstützten von EUR 624,78 zuzüglich der anrechenbaren Miete von EUR 249,36, abzüglich des durchschnittlichen Mietbedarfes gemäß § 4 Abs. 4 Richtsatzverordnung (Selbstbehalt), abzüglich des anrechenbaren Eigeneinkommens von EUR 624,78, sodass sich der Betrag von EUR 182,50 ergebe. Auf Grund der mit LGBl. für Wien Nr. 27/2004 vorgenommenen Novellierung des § 5 der Richtsatzverordnung habe die Berufungswerberin einen Anspruch auf Mietbeihilfe in Höhe von EUR 182,50.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 5 Abs. 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe (Richtsatzverordnung) in der Fassung Wr. LGBl. Nr. 142/2001 lautete:

"(2) Der Mietbedarf ist durch eine Mietbeihilfe zu decken. Die Mietbeihilfe ist alleinunterstützten oder hauptunterstützten Sozialhilfebeziehern in der Höhe des tatsächlichen Mietzinses zu gewähren, soweit die Wohnung des Sozialhilfebeziehers einen angemessenen Wohnraumbedarf nicht übersteigt, und nur im Ausmaß des auf den einzelnen Sozialhilfebezieher entfallenden Mietzinsanteiles. Als angemessener Wohnraumbedarf ist in der Regel

für ein bis zwei Personen eine Wohnungsgröße bis inklusive 50 m2,

für drei bis vier Personen eine Wohnungsgröße bis inklusive 70 m2,

für fünf bis sechs Personen eine Wohnungsgröße bis inklusive 90 m2 und ab sieben Personen auch eine Wohnungsgröße über 90 m2 anzusehen."

§ 5 Abs. 2 der Richtsatzverordnung in der Fassung Wr. LGBl. Nr. 27/2004 lautet:

"(2) Der Mietbedarf ist durch eine Mietbeihilfe zu decken. Die Mietbeihilfe ist alleinunterstützten oder hauptunterstützten Sozialhilfebeziehern in der Höhe des aufzuwendenden Mietzinses zu gewähren, soweit die Wohnung des Sozialhilfebeziehers einen angemessenen Wohnraumbedarf nicht übersteigt, und nur im Ausmaß des auf den einzelnen Sozialhilfebezieher entfallenen Mietzinsanteiles.

Überschreitet der aufzuwendende Mietzins die in Abs. 4 angeführten Mietbeihilfeobergrenzen, so ist bei der Berechnung der zu gewährenden Mietbeihilfe von den in Abs. 4 angeführten Mietbeihilfeobergrenzen auszugehen.

Als angemessener Wohnraumbedarf ist für ein bis zwei Personen

eine Wohnungsgröße bis inklusive 50 m2, für drei bis vier Personen

eine Wohnungsgröße bis inklusive 70 m2, für fünf bis sechs Personen eine Wohnungsgröße bis inklusive 90 m2 und ab sieben Personen auch eine Wohnungsgröße über 90 m2 anzusehen."

§ 5 Abs. 3 der Richtsatzverordnung in der zuletzt genannten Fassung lautet:

"(3) In der Regel darf die Mietbeihilfe

für eine Wohnungsgröße bis inkl. 50 m2 einen Betrag von 249,36 Euro,

für eine Wohnungsgröße bis inkl. 70 m2 einen Betrag von 264,07 Euro,

für eine Wohnungsgröße bis inkl. 90 m2 einen Betrag von 288,07 Euro und

für eine Wohnungsgröße ab 90 m2 einen Betrag von 312,08 Euro nicht überschreiten."

Die Beschwerdeführerin bringt zusammengefasst vor, mit Bescheid vom 4.12.2002 sei ihr ab 1.5.2002 auf die Dauer unveränderter Verhältnisse eine monatliche Mietbeihilfe in Höhe von EUR 193,40 zuerkannt worden. Dabei sei von der tatsächlich zu bezahlenden Miete ausgegangen worden. Es liege im Ermessen der belangten Behörde, bei höheren tatsächlichen Wohnkosten auch eine höhere Mietbeihilfe zu gewähren, wenn der Antragsteller darlege, auf Grund welcher konkreten Umstände in persönlicher oder familiärer Hinsicht bei ihm eine Situation vorliege, die sich von der im Allgemeinen bestehenden Bedarfslage anderer Hilfe Suchender deutlich unterscheide und solch einen erhöhten Wohnbedarf begründe. Die Beschwerdeführerin habe in ihrem, dem Bescheid vom 4.12.2002 zugrunde liegenden Antrag bereits ausreichend begründet gehabt, weshalb dies bei ihr zutreffe, es habe sich an diesen Verhältnissen auch nichts geändert. Indem die belangte Behörde trotz gleich gebliebenen Sachverhaltes nun eine niedrigere Mietbeihilfe gewährt und dies in keiner Weise konkret begründet habe, mache sie von ihrem Ermessen in einer Weise Gebrauch, die fast an Willkür grenze. Die Neubemessung der Mietbeihilfe sei darüber hinaus ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 WSHG iVm § 12 WSHG, da bereits mit der mit Bescheid vom 4.12.2002 gewährten Mietbeihilfe gerade noch der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin habe gedeckt werden können. Auf Grund der bereits in der Berufung genannten Teuerungen und der nunmehrigen Minderung der Mietbeihilfe bei gleichzeitiger Erhöhung ihres Mietzinses sei es der Beschwerdeführerin zwar möglich, mit den ihr zur Verfügung stehenden Geldmitteln ihren monatlichen Bedarf von Nahrung, Beleuchtung, Beheizung, Bekleidung, Körperpflege und Wäschereinigung zu decken, keinesfalls werde jedoch der Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben gedeckt. Mit den ihr zur Verfügung stehenden Geldmitteln sei die Beschwerdeführerin insbesondere vom kulturellen Leben fast völlig ausgeschlossen, bedenke man die Preise für Theaterkarten, für Ausstellungen und dergleichen. Darüber hinaus sei auch der alterstypische Bedarf an kostenintensiven und von der Krankenkasse nicht abgedeckten großen Zahnreparaturen nicht gedeckt.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Richtsatzverordnung LGBl. Nr. 27/2004, die mit 1. Juli 2004 in Kraft trat, in ihrem § 5 Abs. 2 in Abänderung des bisher geltenden Verordnungswortlautes anordnete, dass für den Fall, dass der aufzuwendende Mietzins die in Abs. 4 angeführten Mietbeihilfenobergrenzen überschreite, bei der Berechnung der zu gewährenden Mietbeihilfe von den in Abs. 4 angeführten Mietbeihilfenobergrenzen auszugehen sei. Da die Beschwerdeführerin eine monatliche Miete von EUR 305,53 aufzuwenden hat, als angemessener Wohnraumbedarf für ein bis zwei Personen eine Wohnungsgröße bis inklusive 50 m2 anzusehen ist (§ 5 Abs. 2 letzter Satz der Richtsatzverordnung idF Wr. LGBl. Nr. 27/2004), hat die belangte Behörde rechtsrichtig den in der Richtsatzverordnung als Obergrenze genannten Betrag von EUR 249,36 ihren Berechnungen zugrunde gelegt.

Durch diese Vorgehensweise wurde auch nicht in die Rechtskraft des Bescheides der belangten Behörde vom 4. Dezember 2002 eingegriffen, weil die Rechtskraft einer Entscheidung mit einem datumsmäßig nicht befristeten Abspruch lediglich bis zu einer maßgeblichen Änderung der Rechtslage andauert (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. April 2006, Zl. 2005/10/0022). Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Höhe der zu gewährenden Mietbeihilfe auf Grund der geänderten Rechtslage neu ermittelt.

Richtig weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass der Verwaltungsgerichtshof aus der Formulierung in § 5 Abs. 3 der Richtsatzverordnung, dass "in der Regel" die Mietbeihilfe bei der in Rede stehenden Wohnfläche einen bestimmten Betrag nicht übersteigen "darf", ableitet, dass die Gewährung einer höheren Mietbeihilfe auch bei höheren tatsächlichen Wohnkosten möglich ist; es wird allerdings weiters davon ausgegangen, dass dies einen Ausnahmefall darstellt. Es ist daher Sache des Antragstellers, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht darzulegen, auf Grund welcher konkreten Umstände in persönlicher oder familiärer Hinsicht bei ihm eine Situation vorliegt, die sich von der im Allgemeinen bestehenden Bedarfslage anderer Hilfe Suchender deutlich unterscheidet und solcherart einen erhöhten Wohnbedarf begründet (vgl. z.B. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2006, Zl. 2005/10/0081).

Weder dem Verwaltungsverfahren noch der Beschwerde sind bei der Beschwerdeführerin vorliegende Umstände in persönlicher oder familiärer Hinsicht zu entnehmen, die sich von der im Allgemeinen bestehenden Bedarfslage anderer Hilfe Suchender deutlich unterschieden und solcherart einen erhöhten Wohnbedarf begründeten. Derartiges wurde - entgegen dem Beschwerdevorbringen -

auch nicht in dem dem Bescheid vom 4. Dezember 2002 zugrunde liegenden Antrag vorgebracht. Im Verfahren zur Erlassung des Berufungsbescheides der belangten Behörde vom 4. Dezember 2002 war viel mehr der Zeitpunkt, ab dem die Mietbeihilfe zu gewähren war, die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Rechtsfrage. Da somit von der Beschwerdeführerin bei ihr vorliegende Umstände, die die Gewährung höherer Wohnkosten als jene der Obergrenze des § 5 Abs. 3 der Richtsatzverordnung, rechtfertigen würden, nicht dargetan wurden, ist es nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde ihrer Berechnung die in der Richtsatzverordnung genannte im Beschwerdefall anwendbare Obergrenze zugrunde legte.

Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, mit den der Beschwerdeführerin zur Verfügung stehenden Geldmitteln sei der Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben sowie für kostenintensive Zahnreparaturen nicht gedeckt, war derartiges nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird damit nicht aufgezeigt.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 14. Dezember 2007

Schlagworte

Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005100066.X00

Im RIS seit

04.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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