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L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol;Norm
B-VG Art12 Abs1 Z5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des SM in S, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 16, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 4. November 2004, Zl. U-13.712/14, betreffend Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung für eine Kleinwasserkraftanlage im Instanzenzug gemäß § 7 Abs. 1 lit. a und b, Abs. 2 lit. a Z 1 iVm § 27 Abs. 6 Tir NatSchG 1997 abgewiesen. Der Antrag betrifft die Errichtung und den Betrieb einer Kleinwasserkraftanlage am Märzenbach, Gemeinde St, mit einer Generatorengpassleistung von ca. 1.880 kW und einer Ausbauwassermenge von 1.500 l/s.
Im naturschutzrechtlichen Verfahren wurden Gutachten der Amtssachverständigen für Gewässerökologie, Naturkunde, Wasserbautechnik und Wasserwirtschaft sowie Geologie eingeholt und eine mündliche Verhandlung mit Lokalaugenschein durchgeführt. Begründend führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nach Wiedergabe der wesentlichen Daten des beantragten Projekts und der Feststellungen der eingeholten Gutachten aus, dass die sich aus den Gutachten ergebenden Feststellungen als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens unbestritten geblieben seien. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 7 Abs. 1 und des § 7 Abs. 2 lit. a Z 1 und 2 Tiroler Naturschutzgesetz 1997 aus, dass zunächst zu prüfen gewesen sei, ob und gegebenenfalls wie stark die Naturschutzinteressen gemäß § 1 Abs. 1 Tir NatSchG durch die Ausführung des gegenständlichen Vorhabens beeinträchtigt würden. Erst wenn Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes und gegebenenfalls deren Ausmaß feststünden, sei in weiterer Folge zu prüfen, ob öffentliche Interessen an der Verwirklichung des Vorhabens bestünden, welches Gewicht diesen öffentlichen Interessen zukomme und letztlich, ob diese öffentlichen Interessen die öffentlichen Interessen des Naturschutzes überwögen.
Die beabsichtigten Maßnahmen umfassten die Entnahme von Wasser aus dem Märzenbach zum Zwecke der Erzeugung elektrischer Energie, die Errichtung der hiefür erforderlichen baulichen Anlagen im Gewässer und dessen Uferschutzbereich sowie Hangsicherungsmaßnahmen entlang der Druckrohrleitung.
In gewässerökologischer Hinsicht stelle der Märzenbach ein bereits durch die Wildbachstaffelstrecken beeinträchtigtes Gewässer dar. Die Abgabe einer adäquaten, die gewässerökologische Funktionsfähigkeit wahrenden Pflichtwassermenge erscheine möglich, sodass in dieser Hinsicht nicht mit gravierenden Beeinträchtigungen des Gewässers zu rechnen sei.
Anders stelle sich jedoch die Entnahme für das Landschaftsbild und den Erholungswert dar, da der Märzenbach im fraglichen Bereich ein prägendes Landschaftsbildelement bilde, welches einen großen Teil dieser Funktion durch die Wasserentnahme verlieren würde. Die gravierendsten Beeinträchtigungen ergäben sich allerdings im konkreten Fall aus den schwierigen geologischen Verhältnissen, welche umfangreiche Hang- und Böschungssicherungsmaßnahmen erforderlich machten. In diesem Zusammenhang wäre das Projekt ergänzungsbedürftig geblieben, von der Nachforderung der (kostenaufwändigen) Unterlagen sei angesichts des Verfahrensergebnisses Abstand genommen worden. Bei den zu sichernden Hängen handle es sich um steile, unzugängliche, bemooste und auch mit Gehölzen bestockte Schluchteinhänge, welche neben dem Märzenbach ein weiteres wesentliches prägendes Landschaftselement des Märzengrundes bildeten. Eine Absicherung dieser Hänge mit Betonmauern, Spritzbetonwänden oder Krainerwänden bis in eine Höhe von 20 m bis möglicherweise 200 m sei je nach deren Ausmaß als starke und irreversible Beeinträchtigung zu bewerten.
Dazu komme, dass sich Art und Ausmaß der notwendigen Sicherungsmaßnahmen vorab gar nicht abschätzen ließen und somit auch die Gefahr bestehe, dass nachträglich laufend zusätzliche Sicherungsmaßnahmen notwendig würden. Insgesamt sei daher bei Verwirklichung des gegenständlichen Projekts von schweren Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes auszugehen, weshalb in weiterer Folge zu prüfen sei, ob langfristige öffentliche Interessen an der Verwirklichung des gegenständlichen Vorhabens bestünden und welches Gewicht diesen Interessen zukomme.
Das Ökostromgesetz, BGBl. I Nr. 149/2002, habe gemäß § 4 zum Ziel, im Interesse des Klima- und Umweltschutzes den Anteil der Erzeugung von elektrischer Energie auf Basis erneuerbarer Energieträger zu erhöhen und eine Anhebung des Anteils der Stromerzeugung durch Wasserkraftwerke mit einer Engpassleistung bis einschließlich 10 MW, für die eine Abnahme- und Vergütungspflicht festgelegt sei, bis zum Jahr 2008 auf mindestens 9 % zu erreichen. Die Zielsetzung des Ökostromgesetzes sei zweifellos als langfristiges öffentliches Interesse zu bewerten. Die gegenständliche Anlage sei grundsätzlich geeignet, dieser Zielsetzung zu entsprechen. Allerdings werde durch die Anlage bei voller Ausbauwassermenge (1.500 l/s), welche nur in fünf Monaten des Jahres genutzt werden könne, lediglich eine Leistung von ca. 1,8 MW erzielt. In den wasserärmeren Monaten, insbesondere von November bis April, liege die verfügbare mittlere Wassermenge bei einem Drittel bis einem Zehntel der Ausbauwassermenge, was eine entsprechend verminderte Leistung in diesen Monaten bedinge.
Bei Gegenüberstellung der Leistung des Kraftwerks mit den zu erwartenden Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes erscheine die Inkaufnahme dieser Beeinträchtigungen, auch unter Bedachtnahme auf derzeit noch nicht kalkulierbare geologisch bedingte Risiken, in hohem Maße unverhältnismäßig gegenüber dem relativ geringen Beitrag, den die Anlage zur öffentlichen Energieversorgung und zur Erreichung der im Ökostromgesetz angeführten Zielsetzungen zu leisten in der Lage sei. Die naturschutzrechtliche Bewilligung sei daher zu versagen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer bekämpft insbesondere die von der Behörde vorgenommene Interessensabwägung und beruft sich darauf, dass die von der belangten Behörde berücksichtigten Hangsicherungsmaßnahmen auch ohne das Projekt erforderlich wären.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 des im Beschwerdefall anzuwendenden Tiroler Naturschutzgesetzes 1997 (Tir NatSchG) hat dieses Gesetz zum Ziel, die Natur als Lebensgrundlage des Menschen so zu erhalten und zu pflegen, dass
a)
ihre Vielfalt, Eigenart und Schönheit,
b)
ihr Erholungswert,
c)
der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume und
d) ein möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt
bewahrt und nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt werden. Die Erhaltung und die Pflege der Natur erstrecken sich auf alle ihre Erscheinungsformen, insbesondere auch auf die Landschaft, und zwar unabhängig davon, ob sie sich in ihrem ursprünglichen Zustand befindet oder durch den Menschen gestaltet wurde. Der ökologisch orientierten land- und forstwirtschaftlichen Nutzung kommt dabei besondere Bedeutung zu. Die Natur darf nur soweit in Anspruch genommen werden, dass ihr Wert auch für die nachfolgenden Generationen erhalten bleibt.
Gemäß § 7 Abs. 1 Tir NatSchG bedürfen außerhalb geschlossener Ortschaften im Bereich von fließenden natürlichen Gewässern und von stehenden Gewässern mit einer Wasserfläche von mehr als 2.000 m2 die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen (lit. b) sowie die Ableitung und die Entnahme von Wasser zum Betrieb von Stromerzeugungsanlagen (lit. c) einer naturschutzrechtlichen Bewilligung.
Gemäß § 7 Abs. 2 Tir NatSchG bedürfen außerhalb geschlossener Ortschaften im Bereich der Uferböschung von fließenden natürlichen Gewässern und eines 5 m breiten, von der Uferböschungskrone landeinwärts zu messenden Geländestreifens (lit. a)
1.
die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen und
2.
Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen außerhalb eingefriedeter bebauter Grundstücke
einer naturschutzrechtlichen Bewilligung.
Gemäß § 27 Abs. 2 lit. a Tir NatSchG darf eine naturschutzrechtliche Bewilligung u.a. für Vorhaben nach den §§ 7 Abs. 1 und 2, 8 und 9 nur erteilt werden, wenn das Vorhaben die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt (Z 1), oder wenn langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen (Z 2; vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. November 2005, Zl. 2002/10/0165, oder vom 26. Februar 2007, Zl. 2005/10/0009).
Wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung nicht vorliegen, ist sie gemäß § 27 Abs. 6 Tir NatSchG zu versagen.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Bewilligungsbedürftigkeit des Vorhabens im Sinne des § 27 Abs. 2 Tir NatSchG unbestritten.
Die belangte Behörde hat zutreffend hervorgehoben, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, dass im Verfahren über eine Bewilligung gemäß § 27 Abs. 2 Tir NatSchG in einem ersten Schritt zu prüfen sei, welches Gewicht der Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 Tir NatSchG (Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur, Erholungswert, Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume, möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt) durch das Vorhaben zukomme. Dem sind die langfristigen öffentlichen Interessen, denen die Verwirklichung des Vorhabens dienen sollen, gegenüberzustellen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2006, Zl. 2005/10/0023, und die dort zitierte Vorjudikatur, oder das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2007, Zl. 2005/10/0009).
Betreffend die im erwähnten ersten Schritt zu beurteilende Frage, ob und inwieweit es durch das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes im Sinne des § 1 Abs. 1 Tir NatSchG kommt, liegt dem angefochtenen Bescheid die auf sachverständiger Basis gewonnene Auffassung zu Grunde, durch die Wasserentnahme werde in das Landschaftsbild und den Erholungswert eingegriffen, da der Märzenbach im fraglichen Bereich ein prägendes Landschaftsbildelement darstelle, welches einen großen Teil dieser Funktion durch die Wasserentnahme verlieren würde. Darüber hinaus machten die schwierigen geologischen Verhältnisse umfangreiche Hang- und Böschungssicherungsmaßnahmen erforderlich. Die Absicherung der Hänge mit Betonmauern, Spritzbetonwänden oder Krainerwänden würde zu starken und irreversiblen Beeinträchtigungen führen.
Im Hinblick auf diese Beeinträchtigungen ist die belangte Behörde in die Interessenabwägung gemäß § 27 Abs. 2 lit. a Z 2 Tir NatSchG eingetreten. Dabei hat sie anerkannt, dass das geplante Kraftwerk den Interessen des Ökostromgesetzes, BGBl. I Nr. 149/2002, Rechnung trage und insoweit durchaus einem langfristigen öffentlichen Interesse diene. Im Hinblick auf die lediglich bei voller Ausbauwassermenge von 1.500 l/s zu erreichenden 1,8 MW Leistung, welche nur in fünf Monaten des Jahres genützt werden könnte, kam die belangte Behörde jedoch zum Schluss, dass die zu erwartenden Beeinträchtigungen in keinem vertretbaren Verhältnis zur Förderung der langfristigen öffentlichen Interessen stünden, insbesondere wenn man auch das derzeit noch nicht kalkulierbare geologisch bedingte Risiko in Rechnung stelle.
Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, dass die naturschutzrechtliche Bewilligung für ein Kleinkraftwerk nicht wegen Auswirkungen verweigert werden dürfte, die bei jedem Kleinkraftwerk unvermeidlich seien, dass die belangte Behörde den Beitrag des projektierten Kraftwerks zu den Zielsetzungen des Ökostromgesetzes zu gering angesetzt habe und die durch die Errichtung des Kraftwerks zu erreichende Ersetzung von Kraftwerken, die Energie auf kalorische Weise erzeugen, ebenfalls zu gering angesetzt worden sei. Darüber hinaus seien die von der belangten Behörde bei der Abwägung als zentral angenommenen Hangsicherungsmaßnahmen auch ohne die Errichtung des Kraftwerks erforderlich.
Mit diesem Vorbringen zeigt die beschwerdeführende Partei keine Rechtswidrigkeit der vorgenommenen Interessenabwägung auf. Die beschwerdeführende Partei übersieht, dass die von der belangten Behörde in die Abwägung einbezogenen Hangsicherungsmaßnahmen solche sind, die von den Sachverständigen für den Fall der Verlegung der projektierten Druckrohrleitung als erforderlich angesehen wurden. Die von den Sachverständigen als erforderlich bezeichneten Sicherungsmaßnahmen wie Betonkrainerwände, Stahlbetonträger oder Betonwände beziehen sich auf die Sicherungserfordernisse, die sich aus der Verlegung der Druckrohrleitung in der Wegtrasse ergeben. Die belangte Behörde durfte daher bei der Abwägung auf diese, durch das Projekt hervorgerufenen Maßnahmen, Bedacht nehmen.
Soweit in der Beschwerde die Vermutung angestellt wird, dass die belangte Behörde bei ihrer Abwägung auch dann zu einer Unzulässigkeit des Projekts gekommen wäre, wenn die erforderlichen Hangsicherungsmaßnahmen nicht in die Interessenabwägung einbezogen worden wären, geht dieses Vorbringen schon im Hinblick darauf, dass der Bescheidinhalt keine Grundlage für eine derartige Vermutung bietet, ins Leere. Der Vorwurf, die belangte Behörde hätte Auswirkungen in die Abwägung einbezogen, "die bei jedem Kleinkraftwerk unvermeidlich" seien, ist insoweit unberechtigt. Sofern mit dem diesbezüglichen Vorbringen jedoch zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass die Behörde gehindert wäre, die mit dem Kraftwerk verbundenen Eingriffe in das Landschaftsbild und den Erholungswert der Landschaft in die Beurteilung einzubeziehen, weil mit jedem Kraftwerk Eingriffe in das Landschaftsbild und den Erholungswert der Landschaft verbunden seien, so geht dieses Vorbringen an der Rechtslage vorbei. Die Bedachtnahme auf diese Auswirkungen ist der Behörde vom Gesetzgeber aufgetragen. Die Einbeziehung in die Abwägung ist daher nicht gesetzwidrig. Wenn in der Beschwerde in diesem Zusammenhang auf das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (des Bundes) verwiesen wird, ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass im naturschutzrechtlichen Verfahren zwar auf öffentliche Interessen, die durch andere Gesetze verfolgt werden, Bedacht zu nehmen ist, dass diesen anderen Gesetzen jedoch - entgegen der ausdrücklich in der Beschwerde vertretenen Auffassung - kein Vorrang oder gar eine derogatorische Kraft gegenüber dem NatSchG zukommt (vgl. im Übrigen §§ 1 Abs. 3 in Verbindung mit § 5 Tiroler Elektrizitätsgesetz 2003, LGBl. Nr. 88/2003, insbesondere § 5 Abs. 1 lit. c Tir. Elektrizitätsgesetz 2003). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die energierechtlichen Bestimmungen in ihren "Wertungen" auf EU-Recht beruhen. Es genügt in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass weder das Gemeinschaftsrecht Vorgaben für die Umsetzung der Zielsetzung der Erhöhung des Anteils an erneuerbarer Energie enthält, noch sich aus einer derart allgemeinen Zielsetzung eine Durchbrechung der innerstaatlichen Kompetenzverteilung oder die grundsätzliche Zurückdrängung naturschutzrechtlicher Zielsetzungen ergibt (vgl. zur Berücksichtigung des vom Bundesgesetzgeber verfolgten elektrizitätsrechtlichen Interesses und den vom Naturschutzgesetzgeber bzw. von der Naturschutzbehörde im Einzelfall zu beachtenden verfassungsrechtlichen Grenzen im Übrigen die hg. Erkenntnisse vom 28. Februar 2005, Zl. 2001/10/0101, und vom 2. Oktober 2007, Zl. 2006/10/0116).
Soweit in der Beschwerde moniert wird, dass die positiven Auswirkungen des projektierten Kraftwerks bzw. die Funktion des Kraftwerks als Ersatz für kalorische Kraftwerke zu gering angesetzt worden seien, ist darauf hinzuweisen, dass die beschwerdeführende Partei den Annahmen der belangten Behörde hinsichtlich der Leistung des projektierten Kraftwerks nicht entgegengetreten ist. Auf der Basis dieser Feststellungen kann es jedoch nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde von einer Unverhältnismäßigkeit der Beeinträchtigungen im Vergleich zu dem vom Betrieb des Kraftwerks zu erwartenden Beitrag zur Erreichung der Ziele des Ökostromgesetzes und somit den für die Errichtung und den Betrieb sprechenden Interessen ausgegangen ist.
An diesem Ergebnis ändern auch nichts die Beschwerdeausführungen hinsichtlich der Möglichkeit der Einsparung von 1.500 t Heizöl durch die Errichtung des gegenständlichen Kraftwerks bzw. die rhetorische Frage, inwiefern die belangte Behörde glaube, dass Österreich die CO2-Emissionen auf das Kyoto-Ziel senken könne und gleichzeitig auf den Ausbau der Wasserkraft weitgehend verzichten könnte.
Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften wird schließlich auch gerügt, dass die belangte Behörde nicht mit der Entscheidung zugewartet habe, bis die Frage geklärt gewesen sei, ob eine Nutzung der unterhalb der geplanten Entnahmestrecke liegenden Schlucht technisch möglich sei. Es sei somit ungeklärt geblieben, ob das beantragte Kraftwerk in wasserbautechnischer Hinsicht im öffentlichen Interesse liege oder als unzureichende Ausnutzung der Wasserkraft des Märzenbaches einzustufen wäre. Hätte die belangte Behörde diesen Punkt geklärt, wäre sie zum selben Ergebnis gekommen wie die Wasserrechtsbehörde, die inzwischen mit Bescheid vom 6. Dezember 2004 das Kraftwerk wasserrechtlich genehmigt hätte.
Zu diesem Vorbringen ist zu sagen, dass die belangte Behörde bei ihrer Abwägung nicht vom Vorliegen einer unzureichenden Ausnutzung der Wasserkraft des Märzenbaches ausgegangen ist. Da dieser Aspekt jedoch allenfalls ein weiterer Gesichtspunkt wäre, der gegen die Erteilung der Genehmigung spräche, nicht jedoch das langfristige öffentliche Interesse an der Errichtung eines Kleinwasserkraftwerkes verstärken würde, wenn kein weiterer Ausbau des Märzenbaches möglich wäre, war die Frage für die Entscheidung der belangten Behörde nicht erheblich. Die Unterlassung weiterer Feststellungen zur Nutzung der Wasserkraft am Märzenbach stellt insoweit keinen Verfahrensmangel des vorliegenden Verfahrens dar.
Das Beschwerdevorbringen ist daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 14. Dezember 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004100228.X00Im RIS seit
14.02.2008Zuletzt aktualisiert am
24.06.2009