TE Vwgh Erkenntnis 2007/12/14 2007/02/0273

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Veröffentlicht am 14.12.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

ASchG 1994 §130 Abs1 Z19;
ASchG 1994 §60 Abs1;
B-VG Art18 Abs1;
MRK Art7;
VStG §1 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2007/02/0274 E 14. Dezember 2007 2007/02/0272 E 14. Dezember 2007

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des Dipl. Ing. HS in N, vertreten durch Dr. Erhard Hackl, Dr. Karl Hatak und Mag. Markus Weixlbaumer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Hofgasse 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 31. Juli 2007, Zl. VwSen- 280930/17/Kl/Pe, betreffend Übertretung des ASchG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 31. Juli 2007 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der V.-GesmbH mit Sitz in L. zu vertreten: Am 29. Juli 2005 habe diese GesmbH als Arbeitgeber in einer örtlich umschriebenen Arbeitsstätte nicht dafür gesorgt, dass folgender Arbeitsvorgang so "durchgeführt" worden sei, dass ein wirksamer Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht worden sei.

Nach näherer Beschreibung dieses "Arbeitsvorganges" wurde im Spruch (gemäß § 44a Z. 1 VStG) schließlich näher ausgeführt, in welcher Art und Weise der Arbeitsvorgang "durchzuführen" gewesen wäre.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß "den §§ 130 Abs. 1 Z. 19, 60 Abs. 1" ASchG begangen; es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt u.a. vor, die ihm vorgeworfene Tat sei nicht dem § 130 Abs. 1 Z. 19 ASchG zu subsumieren. Er ist damit im Recht:

§ 60 Abs. 1 ASchG lautet:

"Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, dass Arbeitsvorgänge so vorbereitet, gestaltet und durchgeführt werden, dass ein wirksamer Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erreicht wird."

Gemäß § 130 Abs. 1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer

"19. die Verpflichtungen betreffend die Gestaltung von Arbeitsvorgängen oder die Gestaltung oder Einrichtung von Arbeitsplätzen verletzt".

Der im Beschwerdefall wesentliche erste Halbsatz des § 130 Abs. 1 Z. 19 ASchG normiert daher als Verwaltungsübertretung (die zu bestrafen ist) nur die Verletzung der Verpflichtungen betreffend die "Gestaltung" von Arbeitsvorgängen. Eine Sanktion wegen der Verletzung von solchen Verpflichtungen in Hinsicht auf die "Durchführung" von Arbeitsvorgängen - wie dem Beschwerdeführer vorgeworfen - findet sich sohin in § 130 Abs. 1 Z. 19 ASchG (im Übrigen ebenso wie in Hinsicht auf die "Vorbereitung") nicht.

Dass unter "Gestaltung" insoweit nicht etwa auch die "Durchführung" von Arbeitsvorgängen gemeint sein kann, ergibt sich schon daraus, dass dem Gesetzgeber überflüssige bzw. inhaltsleere Aussagen - wie hier die Verwendung der Worte "vorbereitet" und "durchgeführt" neben dem Wort "gestaltet" in § 60 Abs. 1 ASchG - im Zweifel nicht zu unterstellen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 2001, Zl. 98/02/0292).

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Übrigen in ständiger Rechtsprechung ausführt, verlangt das Bestimmtheitsgebot des Art. 18 Abs. 1 B-VG für Strafbestimmungen - aus dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses - eine besonders genaue gesetzliche Determinierung des unter Strafe gestellten Verhaltens. Ferner ist für Strafbestimmungen auf dem Boden des Art. 7 EMRK im Zusammenhalt mit § 1 Abs. 1 VStG der Grundsatz zu beachten, dass eine Tat nur bestraft werden darf, wenn sie gesetzlich vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war, und strafgesetzliche Vorschriften das strafbare Verhalten unmissverständlich und klar erkennen lassen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2005, Zlen. 2004/02/0284, 0285).

Die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat der Verletzung der Verpflichtung betreffend die Art der "Durchführung" eines Arbeitsvorganges bildet daher nach der von der belangten Behörde herangezogenen Vorschrift des § 130 Abs. 1 Z. 19 ASchG keine Verwaltungsübertretung.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass in das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 14. Dezember 2007

Schlagworte

Besondere RechtsgebieteAuslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Auslegung Diverses VwRallg3/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007020273.X00

Im RIS seit

16.01.2008

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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