Index
72/13 Studienförderung;Norm
StudFG 1992 §27 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2006/10/0155Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerden des LS in Linz, vertreten durch Dr. Bruno Binder, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Wischerstraße 30, 1.) gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 9. August 2005, Zl. BMBWK-54.019/0045-VII/8b/2005, und 2.) gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 9. Februar 2006, Zl. BMBWK-54.019/0004-VII/8a/2006, jeweils betreffend Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 763,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.)
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 9. August 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 18. November 2004 auf Gewährung einer Studienbeihilfe abgewiesen und ausgesprochen, dass ihm kein Studienzuschuss zuerkannt werde. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer studiere seit dem Wintersemester 2003/04 an der Universität Linz im Doktoratsstudium der Technischen Wissenschaften. Für dieses Studium habe er am 18. November 2004 die Gewährung einer Studienbeihilfe beantragt und gleichzeitig mitgeteilt, dass er in der Zeit vom 1. Oktober 2004 bis 30. September 2005 den Zivildienst ableiste. Die aus dem Einkommen seiner Eltern errechnete zumutbare Unterhaltsleistung übersteige die für ihn höchstmögliche Höchststudienbeihilfe und auch die Grenze für einen Studienzuschuss. Der Antrag des Beschwerdeführers sei daher mangels sozialer Bedürftigkeit abzuweisen gewesen. Daran vermöge der von ihm geltend gemachte Umstand, dass seine Eltern während der Zivildienstleistung nicht verpflichtet seien, ihm Unterhalt zu leisten, nichts zu ändern. Auf das Bestehen einer tatsächlichen zivilrechtlichen Unterhaltsverpflichtung im Antragszeitpunkt komme es nämlich nicht an.
Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 6. Juni 2006, B 2769/05 u.a., abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten und zur hg. Zl. 2006/10/0154 protokolliert.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
2.)
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 9. Februar 2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 29. Juni 2005 auf Gewährung einer Studienbeihilfe abgewiesen und ausgesprochen, dass ihm kein Studienzuschuss zuerkannt werde. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen wie unter 1.) ausgeführt, der Antrag sei mangels sozialer Bedürftigkeit des Beschwerdeführers abzuweisen gewesen, weil die aus dem Einkommen seiner Eltern errechnete zumutbare Unterhaltsleistung die für ihn höchstmögliche Höchststudienbeihilfe und auch die Grenze für einen Studienzuschuss übersteige.
Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 6. Juni 2006, B 2769/05 u.a., abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten und zur hg. Zl. 2006/10/0155 protokolliert.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
3.)
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:
Gemäß § 6 Z. 1 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG) ist Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe, dass der Studierende sozial bedürftig ist.
Maßgebend für die soziale Bedürftigkeit des Studierenden ist gemäß § 7 Abs. 1 StudFG 1. Einkommen, 2. Familienstand und
3. Familiengröße des Studierenden, seiner Eltern und seines Ehegatten.
Für die Beurteilung von Einkommen, Familienstand und Familiengröße ist gemäß § 7 Abs. 2 StudFG der Zeitpunkt der Antragstellung entscheidend.
Für die Höhe der Studienbeihilfe ist gemäß § 30 Abs. 1 StudFG das Ausmaß der sozialen Bedürftigkeit maßgebend.
Die Studienbeihilfe ist gemäß § 30 Abs. 2 StudFG zu berechnen, indem die jährlich jeweils mögliche Höchststudienbeihilfe u.a. um die zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern (§ 31 Abs. 1) oder den geringeren Unterhaltsbetrag (§ 31 Abs. 2) verringert wird (Z. 1).
Für Selbsterhalter, das ist gemäß § 27 Abs. 1 StudFG, wer sich vor der ersten Zuerkennung von Studienbeihilfe durch Einkünfte im Sinne dieses Bundesgesetzes mindestens vier Jahre zur Gänze selbst erhalten hat, ist gemäß § 30 Abs. 3 StudFG die Höchststudienbeihilfe nicht um die zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern zu vermindern.
Die zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern wird in § 31 Abs. 1 StudFG mit bestimmten Prozentsätzen der Bemessungsgrundlage bestimmt.
Von einer geringeren zumutbaren Unterhaltsleistung ist gemäß § 31 Abs. 2 StudFG auszugehen, wenn der Studierende nachweist, dass der ihm von einem Elternteil geleistete Unterhalt nicht die sich aus Abs. 1 ergebende Höhe erreicht, obwohl auf Grund der Eignung des Studierenden für das gewählte Studium grundsätzlich ein Unterhaltsanspruch besteht. Der Nachweis ist nur erbracht, wenn das zuständige Gericht dem Studierenden trotz ausdrücklichem Antrag einen niedrigeren Unterhalt als nach den obigen Sätzen zugesprochen hat oder der Studierende den Unterhalt trotz einer zur Hereinbringung der laufenden Unterhaltsbeträge geführten Exekution auf wiederkehrende Leistungen, die künftig fällig werden (§ 291c der Exekutionsordnung), gegebenenfalls einer Exekution zur Sicherstellung (§ 372 der Exekutionsordnung) nicht erhalten hat.
Gemäß § 52c Abs. 1 StudFG ist der Studienzuschuss eine Förderung zur Tragung des allgemeinen Studienbeitrages oder einer vergleichbaren Studiengebühr an Bildungseinrichtungen gemäß § 3 Abs. 1 oder gleichgestellten Bildungseinrichtungen.
Für Studienbeihilfenbezieher, die einen Studienbeitrag entrichtet haben, besteht gemäß § 52c Abs. 2 StudFG Anspruch auf einen Studienzuschuss. Die Höhe des Studienzuschusses entspricht dem jeweils entrichteten Studienbeitrag für zwei Semester, höchstens jedoch dem allgemeinen Studienbeitrag nach dem Hochschul-Taxengesetz 1972, für zwei Semester.
Für ordentliche Studierende an Bildungseinrichtungen gemäß § 3 Abs. 1 oder gleichgestellten Bildungseinrichtungen, die einen Studienbeitrag entrichten müssen und keinen Anspruch auf Studienbeihilfe haben, besteht gemäß § 52c Abs. 3 StudFG Anspruch auf einen Studienzuschuss, wenn sie die allgemeinen Voraussetzungen für die Studienbeihilfe gemäß § 6 Z. 2 bis 4 StudFG erfüllen und die Entrichtung des Studienbeitrages im jeweiligen Semester nachgewiesen haben.
Der Höchstbetrag des Studienzuschusses für Studierende, die keinen Anspruch auf Studienbeihilfe haben, richtet sich gemäß § 52c Abs. 4 StudFG nach Abs. 2. Er vermindert sich jedoch um jenen Betrag, der gemäß § 30 Abs. 2 Z. 1 bis 5 die jährlich jeweils mögliche Höchststudienbeihilfe übersteigt. Der sich so ergebende Betrag ist auf ganze Euro zu runden. Wenn der so errechnete jährliche Studienzuschuss EUR 150,-- unterschreitet, besteht kein Anspruch auf einen Studienzuschuss.
Den angefochtenen Bescheiden liegt jeweils die Auffassung zu Grunde, der Beschwerdeführer habe bei Berücksichtigung der zumutbaren Unterhaltsleistung seiner Eltern weder Anspruch auf eine Studienbeihilfe, noch Anspruch auf einen Studienzuschuss.
Der Beschwerdeführer, der sich durch die angefochtenen Bescheide jeweils im Recht auf Bewilligung eines Studienzuschusses verletzt erachtet, wendet im Wesentlichen gleich lautend ein, er habe vom 1. Oktober 2004 bis 30. September 2005 seinen ordentlichen Zivildienst geleistet. Während dieser Zeit hätten ihm seine Eltern keinen Unterhalt geleistet, sie seien dazu auch nicht verpflichtet gewesen, weil er als Zivildiener im Sinne der einschlägigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes selbsterhaltungsfähig gewesen sei. Eine Klage gegen seine Eltern - wie in § 31 Abs. 2 StudFG gefordert - sei also von vornherein aussichtslos gewesen. Mangels eines Unterhaltsanspruches gegen seine Eltern fehle es an einer wesentlichen Anwendungsvoraussetzung des § 31 Abs. 2 StudFG. Der darin geforderte Nachweis müsse von ihm nicht erbracht werden. Vielmehr sei davon auszugehen, dass ein solcher Nachweis bereits ex lege erbracht sei. Das Einkommen seiner Eltern dürfe in die Berechnung des Studienzuschusses nicht einbezogen werden, weil er selbsterhaltungsfähig sei. Ein anderes Ergebnis sei unsachlich und verstoße gegen das Gleichheitsgebot.
Der Beschwerdeführer übersieht bei seinem Vorbringen, dass das StudFG der Beurteilung der sozialen Bedürftigkeit nicht den gesetzlichen Unterhalt zu Grunde legt, sondern die "zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern" gemäß § 31 Abs. 1 StudFG bzw. in den in § 31 Abs. 2 StudFG geregelten Fällen den "geringeren Unterhaltsbetrag" im Sinne dieser Bestimmung. Die "zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern" ist mit dem gesetzlichen Unterhalt auch nicht ident (zu den entsprechenden Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes 1983 vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1992, Zl. 91/12/0262). Vielmehr ist gemäß § 30 Abs. 2 StudFG eine Unterhaltsleistung in dem in § 31 Abs. 1 StudFG festgesetzten Ausmaß der Berechnung der Studienbeihilfe zu Grunde zu legen, und zwar unabhängig davon, ob von den Eltern Unterhaltsleistungen tatsächlich erbracht werden bzw. ob diese überhaupt noch verpflichtet sind, Unterhaltsleistungen zu erbringen. Ein durch die Erlangung der Selbsterhaltungsfähigkeit des Studierenden eingetretener Verlust des Unterhaltsanspruches gegen seine Eltern ist nach dem StudFG nur insoweit beachtlich, als der Studierende als "Selbsterhalter" im Sinne des § 27 Abs. 1 StudFG anzusehen ist. Nur in diesem Fall, in dem sich der Studierende vor der ersten Zuerkennung von Studienbeihilfe bereits durch mindestens vier Jahre durch Einkünfte im Sinne des StudFG zur Gänze selbst erhalten hat, ist gemäß § 30 Abs. 3 StudFG die "zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern" nicht in Anschlag zu bringen. Dies trifft auf den vorliegenden Fall jedoch schon deshalb nicht zu, weil vom Beschwerdeführer lediglich ein 12- monatiger Zivildienst ins Treffen geführt wird, während dessen Dauer er sich selbst erhalten habe.
Bei Vorliegen der im § 31 Abs. 2 StudFG ausdrücklich und abschließend genannten Voraussetzungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2002, Zl. 97/12/0261) ist statt der "zumutbaren Unterhaltsleistung" gemäß § 31 Abs. 1 StudFG ein "geringerer Unterhaltsbetrag" heranzuziehen. Dass die Voraussetzungen für die Heranziehung eines "geringeren Unterhaltsbetrages" in seinem Fall erfüllt wären, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht. Vielmehr erachtet er die Anwendbarkeit des § 31 Abs. 2 StudFG mangels eines Unterhaltsanspruches gegen seine Eltern als nicht gegeben.
Die Heranziehung der "zumutbaren Unterhaltsleistung der Eltern" des Beschwerdeführers gemäß § 31 Abs. 1 StudFG bei Beurteilung seines Anspruches auf einen Studienzuschuss entsprach daher dem Gesetz. Zu dem unter Gesichtspunkten einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bereits in seinen Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof erstatteten und nunmehr wiederholten Vorbringen ist der Beschwerdeführer auf den oben zitierten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen. Demzufolge lässt sein Vorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes sowie die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass den Beschwerden keine hinreichende Aussicht auf Erfolg beizumessen war.
Die sich somit als unbegründet erweisenden Beschwerden waren gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 14. Dezember 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006100154.X00Im RIS seit
04.02.2008Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008