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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Bedenken gegen die Festlegung der wahlweisen Bauklasse II bis III für ein Grundstück anstelle einer Bebauungsdichte im Bebauungsplan sowie gegen die Widmung des Grundstücks als Bauland-Wohngebiet im Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Mödling von 1997; keine willkürliche Abweisung von Nachbareinwendungen gegen eine Baubewilligung für eine Wohnhausanlage betreffend die GebäudehöheSpruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Antragsteller sind (Mit-)Eigentümer des Grundstückes Nr. 959/4, KG Mödling. Auf dem dieser Liegenschaft benachbarten Grundstück Nr. 956/2 beantragte die IRV-Revitalisierungs- und VerwertungsGmbH - wie sich ua. aus dem hg. Erkenntnis VfSlg. 16.238/2001 ergibt - mit Schreiben vom 20. November 1997 bei der Stadtgemeinde Mödling die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage bestehend aus 4 Wohnblöcken mit insgesamt 41 Wohnungen und 42 PKW-Abstellplätzen. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Mödling bewilligte das beantragte Bauvorhaben mit Bescheid vom 13. Jänner 1998 und wies die von den Antragstellern im Verfahren vorgebrachten Einwendungen als unzulässig zurück. Die Antragsteller erhoben gegen diesen Bescheid Berufung, welche vom Gemeinderat der Stadtgemeinde Mödling mit Bescheid vom 2. März 1998 mit der Begründung als unzulässig zurückgewiesen wurde, dass die Antragsteller im Verfahren keine Verletzung eines ihnen nach der NÖ Bauordnung 1996 zukommenden subjektiv-öffentlichen Rechtes behauptet und daher im Bauverfahren keine Parteistellung erlangt hätten. Die Niederösterreichische Landesregierung wies die dagegen wiederum eingebrachte Vorstellung mit Bescheid vom 15. September 1998 als unbegründet ab. Gegen diesen Bescheid erhoben die Antragsteller eine zu B1807/98 protokollierte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser hob den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 15. September 1998 mit Erkenntnis VfSlg. 16.238/2001 auf, da die Antragsteller infolge der willkürlichen Aberkennung ihrer Parteistellung im Bauverfahren in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden waren. Mit Ersatzbescheid vom 20. September 2001 gab die Niederösterreichische Landesregierung daraufhin der Vorstellung der Antragsteller gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Mödling vom 2. März 1998 Folge, hob den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde Mödling zurück. Die Berufungsbehörde holte daraufhin ein weiteres Gutachten eines bautechnischen Sachverständigen ein und wies die Berufung der Antragsteller schließlich mit Bescheid vom 5. März 2002 als unbegründet ab. Die von den Antragstellern dagegen wiederum eingebrachte Vorstellung wurde von der Aufsichtsbehörde mit Bescheid vom 28. August 2002 abgewiesen. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus einer gegen diesen aufsichtsbehördlichen Bescheid von den nunmehrigen Antragstellern gemäß Art144 B-VG wiederum beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten, zu B1384/02 protokollierten Beschwerde.
2. Im vorliegenden Verfahren begehren die Antragsteller mit ihren auf Art139 B-VG gestützten Anträgen,
"1. Der VfGH möge gem Art139 Abs1 bis 3 B-VG aufheben:
1.
den Bebauungsplan der Gemeinde Mödling vom 9.3.2001, AZ V/0406/2000
a)
hinsichtlich der EZ 446 (GNr 956/2) zur Gänze, in eventu vom Bebauungsplan im Planzeichen des unteren Kreisdrittels das Symbol 'III' und den
davorgestellten Beistrich und die Festlegung in diesem Planzeichen, soweit dort keine Bebauungsdichte fest[ge]legt ist,
b)
Hinsichtlich der EZ 1312 (GNr 959/4) soweit dadurch eine innere Baufluchtlinie festgesetzt wird.
2. Der VfGH möge gem Art139 Abs4 B-VG aussprechen, daß der Bebauungsplan der Gemeinde Mödling vom 27.6.1997, AZ V/0407/97 hinsichtlich der EZ 446 (GNr 956/2) gesetzwidrig war."
3. Zur Begründung ihrer Antragslegitimation betreffend die Anfechtung der Bebauungspläne 1997 und 2001 der Stadtgemeinde Mödling, soweit sich diese auf das Nachbargrundstück Nr. 956/2 beziehen, bringen die Einschreiter vor, die von ihnen angefochtenen Verordnungen der Stadtgemeinde Mödling griffen deswegen in ihre Rechte ein, weil sie es "für die Antragsteller unzumutbar erscheinen" ließen, "die Erteilung einer auch das Nachbargrundstück betreffenden Baubewilligung abzuwarten". Die mit der Beschreitung dieses Weges verbundene zeitliche Verzögerung sei den Einschreitern nicht zumutbar. Wie aus dem Erkenntnis VfSlg. 14.084/1995 folge, sei der Umstand, dass möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt auch dadurch ein Rechtsschutz vor einer gesetzwidrigen Verordnung eintrete, dass ein Baubewilligungsbescheid erlassen werde, für die Legitimation zur Antragstellung ohne Belang, weil den Antragstellern "zu B897/95 ein gleichartiger Rechtsanspruch wie bereits zu B140/93 aus den jeweiligen gemäß Art144 B-VG geschöpften Erkenntnissen erwuchs". Da es aufgrund der ausdrücklichen Norm des Art89 Abs3 iVm Art139 Abs1 und 4 B-VG feststehe, dass auch eine bereits außer Kraft getretene Verordnung mit Individualantrag gemäß Art139 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof angefochten werden könne, seien auch bezüglich des Bebauungsplanes der Stadtgemeinde Mödling vom 27. Juni 1997 die Prozessvoraussetzungen gegeben.
Hinsichtlich der Anfechtung der durch den Bebauungsplan vom 9. März 2001 festgelegten hinteren Baufluchtlinie auf dem Grst. Nr. 959/4 werde darauf verwiesen, dass den Antragstellern wohlbekannt sei, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes der Umstand, dass der Bebauungsplan sich auf eine im Eigentum eines Antragstellers befindliche Liegenschaft erstrecke, noch nicht ausreiche, um eine Antragslegitimation zu begründen. Im vorliegenden Fall hätten die Antragsteller jedoch die bereits in ein konkretes Erstplanungsstadium getretene Absicht, auf ihrer Liegenschaft ein zweites Haus zu errichten, wobei entweder Wohnungseigentum begründet werden solle oder das Gebäude nach der Fertigstellung im Familienkreis für das selbständige Wohnen von Kindern in Betracht gezogen werde. Der überdimensionierte Bauwich auf der südlichen Seite der jetzigen Verbauung könne für Fahr- und Leitungsrechte genutzt werden. Auf Grund der Vorschrift des §11 NÖ Bauordnung 1996 sei weiters die Bauplatzeigenschaft kraft Gesetzes auf der gesamten EZ 1312 GB Mödling gegeben; eine Bauplatzerklärung sei daher nach dieser Gesetzesstelle weder notwendig noch möglich.
II. Die Anträge sind unzulässig.
1. Voraussetzung der Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG oder Art139 Abs1 B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz oder die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf die Verfassungs- oder Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, und überdies, dass das Gesetz oder die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz oder die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner bzw. ihrer Verfassungs- oder Gesetzwidrigkeit - verletzt.
1.1. Zum Antrag, der Verfassungsgerichtshof "möge gem Art139 Abs4 B-VG aussprechen, daß der Bebauungsplan der Gemeinde Mödling vom 27.6.1997, AZ V/0407/97 hinsichtlich der EZ 446 (GNr 956/2) gesetzwidrig war":
Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 B-VG und Art140 Abs1 B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen der Antragsteller nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art139 Abs1 B-VG und Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (vgl. VfSlg. 11.684/1988, 13.870/1994 ua.).
Ein solcher - die Antragslegitimation ausschließender - zumutbarer Weg besteht grundsätzlich dann, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren bereits anhängig ist, das den von der generellen Rechtsnorm Betroffenen letztlich Gelegenheit bietet, die Einleitung eines amtswegigen Normprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof anzuregen; eine Ausnahme besteht nur für den Fall, dass besondere, außergewöhnliche Umstände vorliegen, um der Partei des gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahrens trotz der ihr dort offen stehenden Möglichkeiten das Recht auf Einbringung eines Normprüfungsantrages einzuräumen (vgl. zB VfSlg. 8312/1978, 8552/1979, 10.251/1984, 11.684/1988). Mit einem (Individual-)Antrag nach Art139 (und Art140) B-VG soll daher keinesfalls eine Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes eröffnet werden, die mit dem Charakter des Individualantrages als eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht im Einklang stünde (etwa VfSlg. 8652/1979, 10.356/1985, 11.114/1986, 12.395/1990).
Es ist offenkundig, dass im vorliegenden Fall ein zumutbarer Weg für die Antragsteller besteht, ihre hier gegen den Bebauungsplan 1997 der Stadtgemeinde Mödling vorgebrachten Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen:
Wie oben unter I.1. dargestellt, ist beim Verfassungsgerichtshof bereits eine zu B1384/02 protokollierte Beschwerde gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 28. August 2002 betreffend die Baubewilligung der Stadtgemeinde Mödling für das Grundstück Nr. 956/2 anhängig. Der dem in Rede stehenden Baubewilligungsverfahren zugrunde liegende Antrag der IRV-Revitalisierungs- und VerwertungsgmbH stammt vom 20. November 1997; gemäß §73 Abs3 NÖ Bauordnung 1996 werden Bauverfahren, die im Zeitpunkt der Kundmachung der Auflegung des Entwurfes des Bebauungsplanes bereits anhängig waren, durch die Änderung eines Bebauungsplanes nicht berührt. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus, dass der von den Einschreitern bekämpfte Bebauungsplan der Stadtgemeinde Mödling vom 27. Juni 1997 im durchgeführten Baubewilligungsverfahren als präjudiziell anzusehen ist; den Antragstellern stand daher die - von ihnen im Übrigen auch genützte - Möglichkeit offen, ihre Bedenken gegen den genannten Bebauungsplan im Wege der Bescheidbeschwerde gemäß Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Bei diesem Ergebnis kann es dahin gestellt bleiben, ob die Antragsteller durch den bereits außer Kraft getretenen Bebauungsplan noch unmittelbar betroffen sein können (vgl. VfSlg. 14.786/1997).
1.2. Zum Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge den Bebauungsplan der Gemeinde Mödling vom 9. März 2001 "hinsichtlich der EZ 446 (GNr 956/2) zur Gänze, in eventu vom Bebauungsplan im Planzeichen des unteren Kreisdrittels das Symbol 'III' und den davorgestellten Beistrich und die Festlegung in diesem Planzeichen, soweit dort keine Bebauungsdichte fest[ge]legt ist" als gesetzwidrig aufheben:
Die bekämpften Festlegungen des Bebauungsplanes der Stadtgemeinde Mödling vom 9. März 2001 für das Grundstück Nr. 956/2 können die Grundlage für die Bewilligung einer auf diesem Grundstück geplanten Bauführung bilden. Sie greifen damit zwar in die Rechtssphäre der Antragsteller als Anrainer ein; zu einem unmittelbaren Eingriff in deren Rechtssphäre kommt es aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes erst durch den - im Instanzenzug bekämpfbaren - Bescheid über die Erteilung einer dementsprechenden Baubewilligung, nicht jedoch bereits durch die bekämpfte Verordnung (vgl. z.B. VfSlg. 8967/1980, 9061/1981, 10.225/1984, 11.685/1988 und 14.838/1997). Dies wäre aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine von mehreren unverzichtbaren Voraussetzungen für die Legitimation zur Stellung eines Antrages auf Aufhebung der Verordnung nach Art139 Abs1 letzter Satz B-VG.
Entgegen der Auffassung der Antragsteller liegen im vorliegenden Fall auch keine außergewöhnlichen Umstände vor, die ihnen trotz der Tatsache, dass sich die von ihnen bekämpften Festlegungen nicht auf ein in ihrem Eigentum stehendes, sondern auf das Nachbargrundstück beziehen, zur Antragslegitimation auf Einbringung eines Normprüfungsantrages gemäß Art139 B-VG verhelfen könnten: Die Antragsteller berufen sich diesbezüglich auf das hg. Erkenntnis VfSlg. 14.084/1995, in dem ein von ihnen gestellter Individualantrag auf Prüfung und Aufhebung des Bebauungsplanes der Stadtgemeinde Mödling vom 10. Dezember 1993 hinsichtlich des (Nachbar-)Grundstückes Nr. 956/2 vom Verfassungsgerichtshof - ausnahmsweise - als zulässig erachtet wurde, weil die mit der Beschreitung des Instanzenzuges im Bauverfahren verbundene zeitliche Verzögerung den Antragstellern aufgrund der bereits fortgeschrittenen Bautätigkeit nicht zumutbar gewesen wäre. Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch, im Gegensatz zu dem dem genannten Erkenntnis zugrunde liegenden Sachverhalt, an einer aktuellen und unmittelbaren Betroffenheit durch den von den Antragstellern bekämpften Bebauungsplan vom 9. März 2001: wie oben unter II.1.1. dargelegt, wurde das von ihnen bekämpfte und sich über das Nachbargrundstück Nr. 956/2 weitgehend erstreckende Bauvorhaben bereits auf der Grundlage des Bebauungsplanes der Stadtgemeinde Mödling vom 27. Juni 1997 bewilligt. Hinsichtlich dieser Verordnung steht den Antragstellern, wie bereits ausgeführt, die Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof mittels Bescheidbeschwerde gemäß Art144 B-VG offen. Hinsichtlich allfälliger zukünftiger das Grundstück Nr. 956/2 uU noch betreffender Bauvorhaben, welche auf Grundlage des Bebauungsplanes der Stadtgemeinde Mödling vom 9. März 2001 zu beurteilen wären (dieser unterscheidet sich in seinen Festlegungen betreffend das Grundstück Nr. 956/2 übrigens nicht vom Bebauungsplan 1997), sieht der Verfassungsgerichtshof aber keine Veranlassung, von seiner oben dargestellten ständigen Rechtsprechung zur Frage der Legitimation eines Grundeigentümers, Festlegungen des Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes auf dem Nachbargrundstück mit Individualantrag zu bekämpfen, abzuweichen.
1.3. Auch der Antrag auf Aufhebung des Bebauungsplanes der Stadtgemeinde Mödling vom 9. März 2001 "hinsichtlich der EZ 1312 (GNr 959/4) soweit dadurch eine innere Baufluchtlinie festgesetzt wird" erweist sich schließlich als unzulässig:
Mit der Neuerlassung des Bebauungsplanes durch den Gemeinderat am 9. März 2001 wurde ua. für das im (Mit-)Eigentum der Antragsteller stehende Grundstück Nr. 959/4, KG Mödling, eine hintere Baufluchtlinie, über welche nicht hinausgebaut werden darf, festgelegt. Hinsichtlich der Bebauung auf diesem Grundstück besteht außerdem die Pflicht zum Anbau an der straßenseitig entlang der Scheffergasse verlaufenden Baufluchtlinie. Die Antragsteller begehren nun die Aufhebung der Verordnung vom 9. März 2001 hinsichtlich des Grst. Nr. 959/4, "soweit dadurch eine innere Baufluchtlinie festgesetzt wird" mit dem Argument, die Antragsteller hätten "die bereits in ein konkretes Erstplanungsstadium getretene Absicht, auf dieser Liegenschaft ein zweites Haus zu errichten, wobei entweder Wohnungseigentum begründet werden" solle, oder "das Gebäude nach der Fertigstellung im Familienkreis als für das selbstständige Wohnen von Kindern in Betracht gezogen" werde.
Der Verfassungsgerichtshof hat bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Individualantrages gemäß Art139 Abs1 B-VG vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. z.B. VfSlg. 8594/1979, 8974/1980, 10.353/1985, 11.730/1988, 16.140/2001).
Der Verfassungsgerichtshof hat weiters bereits wiederholt ausgeführt, dass das Ziel eines Individualantrages in der Behebung der geltend gemachten Rechtsverletzung zu erblicken ist, sodass eine sinnorientierte Auslegung der Art139 und 140 B-VG zu dem Ergebnis führt, dass die Antragslegitimation nur dann bejaht werden kann, wenn die Aufhebung der angefochtenen Norm die Rechtsposition des Antragstellers dergestalt verändert, dass die behaupteten belastenden Rechtswirkungen entfallen. Würde sich trotz Aufhebung der bekämpften Bestimmung für die Rechtsposition des Antragstellers nichts ändern, kommt ihm die Antragslegitimation nicht zu (vgl. z.B. VfSlg. 10.593/1985, 12.750/1991, 13.397/1993).
Dies ist hier der Fall: Selbst eine Behebung der von den Antragstellern bekämpften hinteren Baufluchtlinie auf dem Grundstück Nr. 959/4 würde diesen durch die weiterhin bestehende Anbauverpflichtung an der Baulinie an der Scheffergasse nicht die Möglichkeit eröffnen, wie geltend gemacht auf dem rückwärtigen Teil ihres Grundstückes ein weiteres Gebäude errichten zu können. Dass sie aber beispielsweise ihr an der Scheffergasse bereits befindliches Wohngebäude - unmittelbar - zu erweitern beabsichtigen, behaupten die Antragsteller nicht. Ihr Antrag ist daher wegen der unzureichend umschriebenen Rechtsposition, in welche die bekämpfte Baufluchtlinie angeblich eingreift, zurückzuweisen.
2. Die Anträge waren daher insgesamt wegen fehlender Antragslegitimation zurückzuweisen.
3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung vom Verfassungsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, Bebauungsplan, Flächenwidmungsplan, Baubewilligung, Nachbarrechte, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, Anwendbarkeit Verordnung, Ermessen, Schwarzbauten, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:V7.2002Dokumentnummer
JFT_09969695_02V00007_00