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72/13 Studienförderung;Norm
StudFG 1992 §26 Abs2 idF 2000/I/076;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des TA in S, vertreten durch Mag. Michael Poduschka in 4320 Perg, Dr. Schoberstraße 25, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 30. Juni 2004, Zl. 54.000/6- VII/8a/2004, betreffend Gewährung von Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 1. November 2003 beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung von Studienbeihilfe und Studienzuschuss. Er studiere seit dem Wintersemester 2003/04 an der Universität Linz die Studienrichtung Rechtswissenschaften. Er wohne im Studienort Linz in einem Studentenheim. Die Wohnadresse seiner Eltern sei in S gelegen.
Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 20. November 2003 wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Studienbeihilfe abgewiesen, dem Beschwerdeführer jedoch der Studienzuschuss zuerkannt. Voraussetzung für die Gewährung von Studienbeihilfe sei soziale Bedürftigkeit. Auf Grund der beiliegenden Einkommensberechnung sei der Beschwerdeführer jedoch nicht sozial bedürftig. Aus dem Anhang zum Bescheid ergibt sich, dass eine monatliche Studienbeihilfe in der Höhe von EUR 2,--
errechnet worden war und im Hinblick darauf, dass die Studienbeihilfe somit weniger als EUR 15,-- betrage, keine Studienbeihilfe bewilligt werde. Der Studienzuschuss diene als Kostenersatz für den vom Beschwerdeführer bezahlten Studienbeitrag. Der Beschwerdeführer erhalte für das laufende Semester die Hälfte des Betrages angewiesen. Sobald die Meldung seiner Lehranstalt über die Bezahlung des Studienbeitrages für das nächste Semester vorliege, erhielte er auch die andere Hälfte.
Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung. Er habe sich in Linz ein Zimmer in einem Studentenheim in der Nähe der Universität nehmen müssen und ersuche demgemäß um Einstufung als nicht "am Heimatort" Studierender. Er wohne in G, einem Ort außerhalb von S, von dem aus es mit dem Bus 25 Minuten dauere, um nach S zum Hauptbahnhof zu gelangen. Die Zugverbindung von S nach Linz nehme 48 Minuten in Anspruch. Dies ergebe eine Fahrzeit vom Wohnsitz seiner Eltern zum Studienort (ohne die 20 Minuten Umstiegswartezeit) von 73 Minuten.
Mit Bescheid vom 3. Februar 2004 wies die Studienbeihilfenbehörde die Vorstellung des Beschwerdeführers ab. In der Verordnung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz sei festgelegt, dass die tägliche Fahrt von S nach Linz zeitlich noch zumutbar sei. Es wäre möglich, dass trotz Nennung einer Gemeinde in der Verordnung die tägliche Hin- und Rückfahrt als nicht zumutbar gelte, wenn nachgewiesen werde, dass die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort bei Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels vom Bahnhof der Heimatgemeinde zum Bahnhof am Studienort mehr als je eine Stunde betrage. Die Anreise vom Wohnsitz der Eltern zum Bahnhof werde nicht mitgerechnet. Aus den Fahrplänen der ÖBB ergebe sich in den überwiegenden Fällen eine Fahrzeit von Bahnhof zu Bahnhof von weniger als einer Stunde. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente änderten nichts an der anzuwendenden Rechtslage. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Über Vorlageantrag des Beschwerdeführers entschied der Senat der Stipendienstelle Linz mit Bescheid vom 12. Mai 2004 über die Vorstellung des Beschwerdeführers und wies diese ab. Es sei zu beachten, dass für die Beurteilung der Zumutbarkeit nur die Fahrzeit von Bahnhof zu Bahnhof gelte. Nicht einzurechnen seien daher: Wartezeiten, Fußwege sowie Fahrten im Heimatort oder im Studienort. Die Heimatgemeinde der Eltern des Beschwerdeführers sei S, der Studienort sei Linz. Laut Fahrplänen der ÖBB ergebe sich in den überwiegenden Fällen eine Fahrzeit von Bahnhof zu Bahnhof von weniger als einer Stunde. Eine Einstufung als auswärtig Studierender könne daher nicht vorgenommen werden.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
Mit dem angefochten Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Die Rechtsfrage in der gegenständlichen Berufung beziehe sich darauf, ob bei der Zuerkennung einer Studienbeihilfe gemäß § 26 Abs. 2 Z 4 StudFG 1992 auch die Fahrtwege zwischen der Wohnadresse und dem Bahnhof zu berücksichtigen seien.
Der Beschwerdeführer übersehe jedoch, dass § 26 Abs. 3 StudFG bei der näheren Definition der Zumutbarkeit ausschließlich von der Entfernung der Gemeinde des Wohnortes ausgehe, nicht aber vom konkreten Wohnsitz der Eltern. Die Verordnung, die 1993 auf der Basis der Verordnungsermächtigung von § 26 Abs. 3 Studienförderungsgesetz erlassen worden sei, beziehe sich damit auf eine durch die Novelle 1994 nicht geänderte Rechtslage. Die Verordnung, die im Hinblick auf den Studienort Linz die tägliche Anreise von der Gemeinde S als zumutbar bezeichne, sei durch die Novelle 1994 nicht berührt worden. Es bestehe daher keine Veranlassung, die Rechtmäßigkeit und Verbindlichkeit von § 5 der genannten Verordnung in Zweifel zu ziehen. Insbesondere hätten sich die Verkehrsverbindungen zwischen Linz und S seit der Erlassung der Verordnung nicht so weit geändert, dass die Reisezeit die in § 26 Abs. 3 StudFG genannten 60 Minuten überschreite.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Beschwerdeführer erstattete eine Replik, in der neuerlich die Auffassung vertreten wird, dass es für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Fahrzeit auf den konkreten Wohnsitz der Eltern des Antragstellers im Wohnort ankomme.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Gewährung von Studienbeihilfen und anderen Studienförderungsmaßnahmen (Studienförderungsgesetz 1992 - StudFG), BGBl. Nr. 305/1992 (§ 26 in der Fassung BGBl. I Nr. 76/2000 und § 52c in der Fassung BGBl. I Nr. 142/2000), lauten auszugsweise:
"Allgemeine Höchststudienbeihilfe
§ 26. (1) Die Höchststudienbeihilfe beträgt monatlich 424 Euro (jährlich 5.088 Euro), soweit im Folgenden nichts anderes festgelegt ist. Dieser Betrag gilt auch für Studien, die als Fernstudien betrieben werden.
(2) Die Höchststudienbeihilfe beträgt monatlich 606 Euro (jährlich 7.272 Euro) für
1.
Vollwaisen,
2.
verheiratete Studierende,
3.
Studierende, die zur Pflege und Erziehung mindestens eines Kindes gesetzlich verpflichtet sind, und
4. für Studierende, die aus Studiengründen einen Wohnsitz im Gemeindegebiet des Studienortes haben, weil der Wohnsitz der Eltern vom Studienort so weit entfernt ist, dass die tägliche Hin- und Rückfahrt zeitlich nicht zumutbar ist; leben die Eltern nicht im gemeinsamen Haushalt, so ist der Wohnsitz jenes Elternteiles maßgebend, mit dem der Studierende zuletzt im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.
(3) Von welchen Gemeinden diese tägliche Hin- und Rückfahrt zeitlich noch zumutbar ist, hat der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur durch Verordnung festzulegen. Eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel ist keinesfalls mehr zumutbar.
(4) Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen durch Verordnung jene Gemeinden zu bezeichnen, die wegen ihrer verkehrsgünstigen Lage zum Studienort diesem gleichgesetzt werden können.
..."
Gemäß § 5 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 605/1993 in Verbindung mit § 5 der Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales, mit der die Verordnung über die Erreichbarkeit von Studienorten nach dem Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird, BGBl. II Nr. 26/1998, zählt S zu den Gemeinden, von denen aus die tägliche Hin- und Rückfahrt zu und von dem Studienort Linz zeitlich noch zumutbar ist.
Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, dass hinsichtlich der Berechnung der Fahrzeit zwischen dem Wohnsitz der Eltern und dem Studienort auch die Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb der Wohnsitzgemeinde seiner Eltern miteinzubeziehen sei.
§ 26 Abs. 2 Z 4 StudFG 1992 in der hier anwendbaren Fassung ist jedoch in Verbindung mit § 26 Abs. 3 StudFG und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnung wie in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 619/1994 und § 13 Studienförderungsgesetz 1983 (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 11. März 1985, Zl. 84/10/0127, und vom 16. Juni 1986, Zl. 85/12/0247) dahingehend auszulegen, dass bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Hin- und Rückfahrt nicht auf (örtliche und verkehrsmäßige) Gegebenheiten innerhalb der Gemeinde des Wohnsitzes der Eltern Bedacht zu nehmen ist.
Dies ergibt sich insbesondere aus der Verordnungsermächtigung in § 26 Abs. 3 StudFG, in der dem Bundesminister aufgetragen wird, Gemeinden festzulegen, von welchen aus die tägliche Hin- und Rückfahrt noch zumutbar ist. Die Anordnung, eine Fahrzeit von mehr als je einer Stunde zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel sei keinesfalls mehr zumutbar, bezieht sich demnach auf die Fahrzeit zwischen Gemeinden. Der vom Beschwerdeführer betonte Umstand, dass in § 26 Abs. 2 StudFG nunmehr vom Wohnsitz der Eltern die Rede sei, sodass der Gesetzgeber offenbar auch die gemeindeinternen Wege im Wohnort der Eltern berücksichtigen habe wollen, hat in Abs. 3 keine Entsprechung gefunden und lässt sich in den Materialien zur Novelle BGBl. Nr. 619/1994 nicht nachweisen (vgl. die Regierungsvorlage 1591 BlgNR 18. GP und den Ausschussbericht 1755 BlgNR 18. GP). Der Verordnungsermächtigung ist nicht zu entnehmen, dass der Bundesminister ins Detail gehende Erhebungen für die einzelnen Gemeinden und ihre Teile anstellen müsste und auf deren Grundlage eine nach einzelnen Gemeindeteilen differenzierende Verordnung zu erlassen hätte oder aber nur solche Gemeinden in die Verordnung aufnehmen dürfte, von denen aus von jedem Wohnsitz innerhalb der Gemeinde die Fahrzeit noch zumutbar ist.
Der Wortwahl in § 26 Abs. 2 StudFG seit der Fassung durch die Novelle BGBl. Nr. 619/1994 kann daher nicht die vom Beschwerdeführer unterstellte Bedeutung beigemessen werden.
Nach den mit den Verwaltungsakten vorgelegten Fahrplänen der zwischen S und Linz verkehrenden Züge bestand mehrmals täglich eine Zugverbindung zwischen S und Linz beziehungsweise von Linz nach S mit einer Fahrzeit von weniger als 60 Minuten. Dies wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.
Eine Gesetzwidrigkeit der im Beschwerdefall anzuwendenden Verordnung ist daher nicht ersichtlich. Die Auslegung der belangten Behörde, wonach der Umstand, dass sich der Wohnsitz der Eltern des Beschwerdeführers in einer in § 5 der Verordnung aufgezählten Gemeinde befindet, die Anwendung des § 26 Abs. 2 Z 4 StudFG für den Antrag bezüglich des Studienortes Linz ausschließt, entspricht daher dem Gesetz.
Aus den oben dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 14. Dezember 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004100161.X00Im RIS seit
14.02.2008Zuletzt aktualisiert am
31.03.2011