TE Vwgh Erkenntnis 2007/12/17 2007/12/0194

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.12.2007
beobachten
merken

Index

L00306 Bezüge Bürgermeisterentschädigung Steiermark;
L10106 Stadtrecht Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
BezügeGNov Stmk 2005 Art7 Abs1;
Statut Graz 1967 §39d Abs10 idF 2005/032;
Statut Graz 1967 §39d Abs11 idF 2005/032;
Statut Graz 1967 §39d Abs9 idF 2005/032;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Nowakowski, Dr. Thoma und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die vom verstorbenen S, wohnhaft gewesen in G, nunmehr vertreten durch H, diese vertreten durch Dr. Elisabeth Simma, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 15/II, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 18. Oktober 2006, Zl. Präs. 69543/2006-96, betreffend Beitrag nach § 39d Abs. 9 des Statuts der Landeshauptstadt Graz, erhobene Beschwerde zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und den damit vorgelegten Beilagen ergibt sich folgender Sachverhalt:

S war Bürgermeisterstellvertreter der Landeshauptstadt Graz. Auf Grund seiner aktiven Tätigkeit in den Jahren 1953 bis 1982 erwarb er Ruhebezüge nach dem Statut der Landeshauptstadt Graz 1967, LGBl. Nr. 130 (im Folgenden: StG).

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 31. März 2006 wurde festgestellt, dass dem S von den genannten Bezügen ein Beitrag bis zur Höchstbeitragsgrundlage in der Höhe von 8 % - für darüber liegende Beträge in Höhe von 15 % - ab 1. Jänner 2006 in Abzug zu bringen ist.

Gegen diesen Bescheid erhob S Berufung, in welcher er im Wesentlichen die Verfassungswidrigkeit des § 39d Abs. 9 bis 11 StG in der Fassung LGBl. Nr. 32/2005 geltend machte.

Mit dem angefochtenen Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die erstinstanzliche Feststellung könne sich auf § 39d Abs. 9 bis 11 StG stützen. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Verfassungsbedenken stünden einer Anwendung der in Rede stehenden Gesetzesbestimmungen durch die belangte Behörde nicht entgegen.

Gegen diesen Bescheid erhob S Sukzessivbeschwerde. Vor dem Verfassungsgerichtshof erachtete er sich in seinen verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach Art. 7 B-VG und Art. 2 StGG, auf Unverletzlichkeit des Eigentums nach Art. 5 StGG und auf den gesetzlichen Richter nach Art. 83 Abs. 2 B-VG, sowie durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des § 39d Abs. 9 bis 11 StG verletzt.

Begründend führte er im Wesentlichen aus, die belangte Behörde meine, dass § 39d Abs. 9 bis 11 StG auch auf Funktionäre anzuwenden sei, die sich schon im Genuss von Ruhebezug befänden. Dadurch sei er in seinem verfassungsgesetzlich geschützten Vertrauen auf den Erwerb von Ruhensbezügen, für die kein Beitrag zu entrichten sei, verletzt. S verwies in diesem Zusammenhang auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 7. März 2002, G 323/01-6, und vom 27. September 2001, B 2297/00-6.

Er brachte weiters vor, es liege eine Ungleichbehandlung zwischen Funktionären der Landeshauptstadt Graz und ASVG-Pensionisten sowie Beamten vor. Schließlich sei auch Art. 6 MRK verletzt, weil der Eingriff in seine Bezüge jedenfalls nur durch gerichtliches Urteil hätte erfolgen dürfen.

Das Argument der Haushaltssanierung sei ungeeignet, um ein Sonderopfer politischer Funktionäre der Landeshauptstadt Graz abzuverlangen, zumal es sich dabei um eine kleine Personengruppe handle, deren Opfer zur Sanierung des Stadthaushaltes keinen maßgeblichen Beitrag leisten könnte. Die Einhebung des "Beitrages" stelle eine populistische Maßnahme gegen ehemalige politische Funktionäre dar. Die Kürzung des Ruhebezuges betrage mehr als 10 % und sei daher nicht vernachlässigenswert.

Lasse sich § 39d Abs. 9 bis 11 StG nicht verfassungskonform interpretieren, so sei diese Norm auch im Hinblick auf das Fehlen von Übergangsbestimmungen verfassungswidrig.

S ist am 15. Juni 2007 verstorben. Mit Eingabe vom 7. September 2007 teilte die Beschwerdevertreterin namens der den Nachlass des S vertretenden erblasserischen Witwe mit, dass diese in das Verfahren eintrete.

Mit Beschluss vom 24. September 2007, B 2048/06-6, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie über diesbezüglichen Antrag in der Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der Begründung dieses Beschlusses heißt es (auszugsweise):

"Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit des § 39d Abs. 9, 10 und 11 des Statuts der Landeshauptstadt Graz behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 14.846/1997, 15.269/1998, VfGH 29.11.2006 B 525/06) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."

In der bereits ausgeführten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird der Inhalt der Verfassungsgerichtshofbeschwerde wiederholt sowie ausgeführt, die Kürzungen des Ruhegenusses seien "ex lege in Kraft getreten". Tatsächlich "wäre die Kürzung im Rahmen eines Bescheides festzustellen gewesen und erst auf Grund dieses Bescheides konstitutiv wirksam geworden".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 32/2005 wurden dem § 39d Abs. 8 StG folgende Absätze 9 bis 11 angefügt:

"(9) Das Stadtsenatsmitglied sowie dessen Hinterbliebenen haben von den monatlich wiederkehrenden Ruhe- und Versorgungsbezügen sowie von den Sonderzahlungen einen Beitrag von 3,3 v. H. zu entrichten.

(10) Der nach Abs. 9 zu leistende Beitrag erhöht sich

1. für die unter der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach § 45 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, in der Fassung BGBl. I Nr. 78/2004, liegenden Teile der wiederkehrenden Geldleistungen sowie für die diesen Teilen entsprechenden Teile der Sonderzahlungen um jeweils 4,7 Prozentpunkte und

2. für die über der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage liegenden Teile der wiederkehrenden Geldleistungen sowie für die diesen Teilen entsprechenden Teile der Sonderzahlungen um jeweils 11,7 Prozentpunkte.

(11) Der Beitrag nach Abs. 9 und 10 ist nur so weit zu entrichten, als damit die Mindestsätze gemäß § 23 a Abs. 3 des Steiermärkischen Bezügegesetzes, LGBl. Nr. 28/1973, in der jeweils geltenden Fassung, nicht unterschritten werden."

Gemäß Art. 7 Abs. 1 der zitierten Novelle traten § 39d Abs. 9 bis 11 StG mit 1. Jänner 2006 in Kraft.

Die - in den schriftlichen Bericht des Ausschusses für Verfassungs- und Verwaltungsreform, Blg.Nr. 235 zu den stenographischen Berichten des Steiermärkischen Landtags, XIV. Gesetzgebungsperiode, 2005, Einl.Zahlen 1353/2, 1354/2 und 1355/2, aufgenommene - Fassung des § 39d Abs. 9 und 10 StG geht auf die Regierungsvorlage, Blg.Nr. 224 zu den stenographischen Berichten des Steiermärkischen Landtages, XIV. Gesetzgebungsperiode, 2004, Einl.Zahl 2040/1, zurück.

In den Erläuterungen zu dieser Regierungsvorlage heißt es:

"Nicht nur derzeit aktive Abgeordnete und Regierungsmitglieder sollen von den Pensionsreformmaßnahmen betroffen sein sondern auch die sich im Ruhestand befindlichen Bürgermeister der steirischen Gemeinden sowie Stadtsenatsmitglieder der Landeshauptstadt Graz sollen einen angemessenen Beitrag zur langfristigen Sicherung der Pensionssysteme leisten. Dieser (Solidar-)Beitrag, den Beamte des Ruhestandes bereits seit 1996 leisten, soll in Hinkunft auch von Ruhe- und Versorgungsbezügen der genannten Mandatare einbehalten werden. Der Beitrag soll 3,3 % der Bemessungsgrundlage betragen.

Für Bezüge bis zur Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG (derzeit EUR 3.450,--) soll ein zusätzlicher Solidarbeitrag von 4,7 % und für die die Höchstbeitragsgrundlage übersteigenden Bezüge soll ein zusätzlicher Solidarbeitrag in der Höhe von 11,7 % vorgesehen werden. ..."

§ 39d Abs. 9 StG differenziert nicht danach, ob die Ruhebezüge der dort erwähnten Stadtsenatsmitglieder vor oder nach Inkrafttreten der zitierten Gesetzesbestimmung angefallen sind. Daraus folgt, dass der in § 39d Abs. 9 bis 11 StG geregelte Beitrag zeitraumbezogen ab 1. Jänner 2006 auch von vor diesem Datum erstmals angefallenen Ruhebezügen zu entrichten ist. Dies ergibt sich auch aus der oben wiedergegebenen Regierungsvorlage, welche Grundlage für den dem gegenständlichen Gesetzesbeschluss zu Grunde gelegenen Ausschussbericht gebildet hat, ohne dass sich der Ausschuss von den diesbezüglichen Materialien distanziert hätte.

Der belangten Behörde ist daher kein Vollzugsfehler vorzuwerfen, wenn sie die Kürzungsbestimmung auf die hier gegenständlichen, aus einer aktiven Tätigkeit des S in den Jahren 1953 bis 1982 erworbenen Ruhebezüge zur Anwendung brachte.

Die belangte Behörde ist auch insoweit im Recht, als die in Rede stehenden Beiträge ab 1. Jänner 2006 kraft Gesetzes zu entrichten sind, ohne dass es hiefür der Erlassung eines rechtsgestaltenden Bescheides bedurft hätte. Den Verwaltungsbehörden kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie mit der Erlassung eines Feststellungsbescheides vorgegangen sind.

Gegen die hier von den Verwaltungsbehörden in Anwendung gebrachten generellen Normen (in der hier vertretenen Auslegung) sind vor dem Hintergrund der im Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes zitierten Rechtsprechung auch beim Verwaltungsgerichtshof keine Verfassungsbedenken entstanden. Insbesondere liegt ein "rigoroses Kürzungssystem", welches jenen Regelungen vergleichbar wäre, die den in der Beschwerde zitierten Erkenntnissen zu Grunde gelegen waren, hier nicht vor. Schließlich fällt die Angelegenheit auch keinesfalls in den Kernbereich der "civil rights", sodass die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden, über die Verpflichtung zur Leistung des Beitrages unter nachprüfender Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes zu entscheiden, aus dem Grunde des Art. 6 Abs. 1 MRK auf keine Bedenken stößt.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 17. Dezember 2007

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007120194.X00

Im RIS seit

11.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten