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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z3 idF 2001/I/106;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des GG in B, Deutschland, vertreten durch Dr. Arnulf Summer, Dr. Nikolaus Schertler und Mag. Nicolas Stieger, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 7. August 2003, Zl. uvs- 2003/23/171-1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als Geschäftsführer und somit gemäß § 9 VStG als nach außen hin zur Vertretung berufenes Organ der Firma Spedition G., Internationale Transporte, mit Sitz in Deutschland, die Zulassungsbesitzerin eines den Kennzeichen nach näher bezeichneten LKWs mit Anhänger (über 7,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht) sei, veranlasst, dass von Deutschland über die Grenzeintrittstelle Kiefersfelden kommend nach Österreich eine bilaterale Fahrt im gewerbsmäßigen Güterverkehr nach Österreich durchgeführt worden sei. Der Beschwerdeführer habe es dabei gemäß § 9 Abs. 1 GütbefG unterlassen, dafür Sorge zu tragen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs. 1 GütbefG angeführten Berechtigungen bei dieser Güterbeförderung über die Grenze nach Österreich während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlicherweise entwertet im Kraftfahrzeug mitgeführt worden seien. Im gegenständlichen Fall sei keine gültige beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92, idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002, mitgeführt worden. Die mitgeführte und vorgelegte Lizenz mit der Nummer B sei am 31. Dezember 2002 abgelaufen und daher ungültig gewesen. Die Übertretung sei durch Kontrollorgane der Zollwachabteilung Buch bei Jenbach/MÜG am 8. Jänner 2003 um 10.40 Uhr an der Kontrollstelle Kundl, A 12 Inntalautobahn bei ca. km 24,10 festgestellt worden.
Dadurch habe der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 3 und 9 GütbefG, BGBl. Nr. 593/1995, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2002 iVm Art 1 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF der Verordnungen Nr. 1524/96, Nr. 609/2000 und Nr. 2012/2000 begangen; über ihn wurde gemäß § 23 Abs. 1 und 4 GütbefG idF BGBl. Nr. 32/2002 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.453,-- verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird ausgeführt, dass sich die Berufung ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe gerichtet habe und der Schuldspruch somit dem Grunde nach bereits in Rechtskraft erwachsen sei. Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung liege in der Nichtbeachtung von Vorschriften, die eine Kontrolle der Berechtigung zum gewerbsmäßigen Transport von Gütern gewährleisten sollten. Als Verschuldensgrad sei Fahrlässigkeit anzunehmen. Mildernd sei die Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten, erschwerend keine Umstände. In Abwägung der Strafzumessungskriterien und des für die gegenständliche Übertretung anzuwendenden Strafrahmens (gemäß § 23 Abs. 1 Z. 3 GütbefG von EUR 1.453,-- bis EUR 7.267,--) habe die Erstbehörde bereits die Mindeststrafe verhängt. Die Anwendung der Rechtswohltat nach § 20 VStG (außerordentliche Milderung der Strafe) setze grundsätzlich voraus, dass die vorliegenden Milderungsgründe - und zwar nicht der Zahl, sondern dem Gewicht nach - die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen. Dazu sei es erforderlich, die zum Tragen kommenden Milderungs- und Erschwerungsgründe einander gegenüber zu stellen und deren Bedeutung im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhaltes zu bewerten. Abgesehen von der Unbescholtenheit liege gegenständlich kein weiterer Milderungsgrund vor. Zunächst führe der Beschwerdeführer ins Treffen, der gegenständliche Lkw sei bis zum 8. Jänner 2003 in I gestanden und dann auf direktem Weg zum Betriebssitz in B unterwegs gewesen, um die neue Lizenz mitzunehmen. Aus diesem Vorbringen sei für ihn nichts zu gewinnen. Der gegenständliche Lkw sei in Kundl kontrolliert worden, und könne sich daher keinesfalls auf direktem Wege nach B befunden haben, weil sich diese Ortschaft - von I aus gesehen - praktisch in entgegengesetzter Richtung befinde.
Im Übrigen hätte der Beschwerdeführer, der gemäß § 9 Abs. 1 GütbefG dafür Sorge zu tragen gehabt habe, dass eine Gemeinschaftslizenz gemäß Art. 5 Abs. 4 letzter Satz der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26. März 1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten mitgeführt werde und einem Kontrollberechtigten auf Verlangen vorgezeigt werden könne, bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit erkennen müssen, dass die ursprüngliche Lizenz bereits mehrere Tage abgelaufen und somit ungültig gewesen sei. Selbst wenn man als richtig unterstellen möchte, dass das Büro des Beschwerdeführers über die Feiertage geschlossen gewesen sei, wäre bis zum 8. Jänner 2003 genügend Zeit geblieben, eine entsprechende Kontrolle durchzuführen, zumal ihm dies auch schon im Vorfeld der Feiertage zumutbar gewesen wäre. Schließlich sei die Gemeinschaftslizenz im Lkw mitzuführen und im Rahmen einer Kontrolle den entsprechenden Zollwacheorganen unmittelbar vorzuweisen. Eine nachträgliche Übersendung mittels Fax oder Überbringung durch andere Mitarbeiter könne an diesem Erfordernis nichts ändern und keinen Milderungsgrund nach § 19 Abs. 2 VStG verwirklichen. Insofern komme eine Strafherabsetzung nicht in Betracht und die verhängte Strafe begegne keinen Bedenken.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 23 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593 idF BGBl. I Nr. 106/2001, begeht (abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen) eine Verwaltungsübertretung, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 leg. cit. ohne die hierfür erforderliche Bewilligung durchführt oder Gebote oder Verbote von zwischenstaatlichen Vereinbarungen nicht einhält (Z. 3) oder unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist (Z. 9).
Gemäß § 23 Abs. 3 leg. cit. ist ein Unternehmer nach § 23 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. auch dann strafbar, wenn er die in §§ 7 bis 9 leg. cit genannten Verpflichtungen im Ausland verletzt.
Gemäß § 23 Abs. 4 zweiter Satz des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593 idF BGBl. I Nr. 32/2002, hat bei Verwaltungsübertretungen u. a. gemäß § 23 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. die Geldstrafe mindestens EUR 1.453,-- zu betragen.
§ 9 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593 idF BGBl. I Nr. 106/2001, lautet wie folgt:
"(1) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs. 1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden."
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde nur die Strafhöhe bekämpft hat. Es ist daher Teilrechtskraft hinsichtlich der Schuld eingetreten, also hinsichtlich der als erwiesen angenommenen Tat und der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. April 1996, Zl. 94/03/0003, und das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 26. April 1979, VwSlg. 9828/A), sodass es sich erübrigt, auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde einzugehen.
Im Hinblick auf die Strafbemessung macht der Beschwerdeführer geltend, dass die belangte Behörde neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat umfassend berücksichtigen hätte müssen. Sie wäre verpflichtet gewesen, neben der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers auch die konstruktive Zusammenarbeit mit den Zollwacheorganen, das Nichtverschleiern und Verbergen der Handlung und das Aufklären der Situation als Milderungsgrund zu berücksichtigen.
Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, dass der in seinem Unternehmen beschäftigte Lenker anlässlich der Kontrolle durch die Zollwache auf frischer Tat betreten wurde, sodass auch ihm der Milderungsgrund des "reumütigen Geständnisses" nicht zugute kommen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0225).
Ausgehend von den Feststellungen der belangten Behörde, wonach der gegenständliche Lkw in Kundl kontrolliert worden sei, und sich daher keinesfalls auf direktem Wege vom Standort in I zum Betriebssitz in B befunden haben könne, um die neue Lizenz mitzunehmen, kann auch keine Rede davon sein, dass dem Beschwerdeführer der behauptete Milderungsgrund der "äußerst geringen Schuld" zugute kommen müsste.
Wenn der Beschwerdeführer weiters geltend macht, dass kein Schaden eingetreten sei, übersieht er, dass es sich bei der ihm zur Last gelegten Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinn des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG handelt, bei dem der Nichteintritt eines Schadens schon nach dem Zweck der Strafdrohung (§ 19 Abs. 2 VStG) nicht als Milderungsgrund in Betracht kommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/03/0222). Der Beschwerdeführer vermag daher nicht aufzuzeigen, dass die belangte Behörde bei ihrer Strafbemessung - die verhängte Geldstrafe liegt im untersten Bereich des zur Anwendung kommenden Strafrahmens - von dem ihr eingeräumten Ermessen nach § 19 VStG nicht im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 MRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der MRK, Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. September 2007, Zl. 2003/03/0191).
Wien, am 17. Dezember 2007
Schlagworte
Erschwerende und mildernde Umstände AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2003030248.X00Im RIS seit
24.01.2008Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008