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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FSG 1997 §25 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Petsch, Frosch & Klein Rechtsanwälte in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Platz 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 6. August 2007, Zl. UVS-FSG/18/5668/2007-1, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Lenkverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 23. Mai 2007 wurde die Lenkberechtigung des Beschwerdeführers für die Klasse B gemäß § 25 Abs. 3 FSG für die Dauer von 24 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen. Weiters wurde dem Beschwerdeführer für den angeführten Zeitraum das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 FSG verboten. In der Begründung verwies die Erstbehörde auf das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 24. April 2007, mit dem der Beschwerdeführer wegen § 28 Abs. 2 vierter Fall und Abs. 3 erster Fall sowie gemäß § 27 Abs. 1 sechster Fall und Abs. 2 Z. 2 erster Fall Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren, davon 16 Monate bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt wurde.
In der Berufung brachte der Beschwerdeführer zum Strafurteil vor, er habe in Tranchen insgesamt 6 kg Cannabiskraut gekauft und jeweils eine halbe Stunde später weiterverkauft, dies sei aber mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges in keinem Zusammenhang gestanden. Sein Verhalten sei auf finanzielle Not zurückzuführen gewesen, zuvor sei er noch niemals verurteilt worden. Die kriminelle Energie der Taten des Beschwerdeführers sei daher wesentlich geringer, als dies bei strafbaren Handlungen nach § 28 Abs. 2 SMG üblicherweise der Fall sei. Auch sei zu berücksichtigen, dass seit der Beendigung des strafbaren Verhaltens "mehr als ein halbes Jahr" verstrichen (nach dem Verwaltungsakt, S. 41, war der Tatzeitraum Anfang Jänner 2007 bis 27. Jänner 2007).
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Erstbescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Entziehungszeit und das Lenkverbot jeweils nach Ablauf von 18 Monaten, gerechnet ab der Zustellung des Erstbescheides am 25. Mai 2007, ende. In der Begründung hat die belangte Behörde, abgesehen von der Wiedergabe des Verfahrensgeschehens und von Zitaten der maßgebenden Rechtsvorschriften (§ 7 Abs. 1 Z. 2, Abs. 3 Z. 11 und Abs. 4 FSG) den angefochtenen Bescheid ausschließlich wie folgt begründet:
"Die erkennende Behörde ist nun auf Grund des gesamten Akteninhaltes und vor allem auch auf Grund der Tatsache, dass das Gericht 16 Monate der verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, bedingt nachgesehen hat, weshalb die Argumentation bezüglich der geringeren kriminellen Energie, wohl glaubhaft erscheint, zur Ansicht gelangt, dass die Entziehung der Lenkberechtigung an sich wohl zu Recht erfolgte, bildet doch die Verurteilung des Bw eine Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 Z. 11 Führerscheingesetz, ein Entzug von achtzehn Monaten allerdings ausreicht, um eine Änderung der Sinnesart des Bw erkennen zu lassen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bekämpft seinem gesamten Vorbringen nach die 18-monatige Entziehungsdauer und bringt zusammengefasst vor, die belangte Behörde habe das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers als Tatsache gemäß § 7 Abs. 3 Z. 11 FSG angesehen, aber keiner Wertung im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG unterzogen. Nach der letztgenannten Bestimmung hätte sie nicht nur die Ergebnisse des Strafverfahrens berücksichtigen müssen, sondern auch den kurzen Tatzeitraum und vor allem das seit Beendigung des strafbaren Verhaltens gezeigte Wohlverhalten des Beschwerdeführers.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht. Die Relevanz des in der Beschwerde aufgezeigten Verfahrensmangels wird vor allem durch die ausgesprochene Entziehungsdauer deutlich, die nach dem angefochtenen Bescheid erst am 25. November 2008 endet. Die belangte Behörde hat daher eine Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers im Ausmaß von beinahe 22 Monaten (gerechnet ab dem Ende des strafbaren Verhaltens) angenommen, weil - siehe ihre Bezugnahme auf § 7 Abs. 1 Z. 2 FSG - damit gerechnet werden müsse, dass sich der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen werde.
Dem steht allerdings die wesentlich günstigere Prognose des Strafgerichtes gegenüber, das eine teilbedingte Freiheitsstrafe ausgesprochen und damit gemäß § 43a Abs. 3 iVm § 43 Abs. 1 StGB zum Ausdruck gebracht hat, es genüge die Vollziehung eines Teiles der Freiheitsstrafe - im Fall des Beschwerdeführers die Vollziehung von acht Monaten Freiheitsstrafe -, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Gründe des Strafgerichtes für die bedingte Strafnachsicht für die Führerscheinbehörde insoweit maßgeblich, als es sich dabei um Umstände handeln kann, die auch für die in § 7 Abs. 4 FSG genannten Wertungskriterien von Bedeutung sein können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2006, Zl. 2003/11/0190, und, betreffend eine teilbedingte Freiheitsstrafe, das Erkenntnis vom 24. Februar 2005, Zl. 2003/11/0266, je mwN).
Im angefochtenen Bescheid wird zwar erwähnt, dass die (teil-)bedingte Strafnachsicht für die Bemessung der Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit rechtserheblich sei, die belangte Behörde hat es aber unterlassen, sich im Rahmen der Wertung des § 7 Abs. 4 FSG mit den nach dieser Bestimmung maßgebenden Kriterien im Einzelnen auseinander zu setzen und dabei zu begründen, aus welchen Überlegungen trotz der genannten Prognose des Strafgerichtes angenommen werden müsse, dass die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers erst ab dem 25. November 2008 wieder hergestellt sei (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2007, Zl. 2004/11/0010, und das dort zitierte Erkenntnis vom 25. November 2003, Zl. 2002/11/0223).
Es ist nicht auszuschließen, dass die Vermeidung des Verfahrensmangels zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis führt. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 18. Dezember 2007
Schlagworte
Begründung BegründungsmangelBesondere Rechtsgebiete"zu einem anderen Bescheid"European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007110194.X00Im RIS seit
17.01.2008Zuletzt aktualisiert am
19.10.2011