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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ÄrzteG 1998 §109 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dr. A in B, vertreten durch Schatz & Partner Rechtsanwälte OEG in 2340 Mödling, Enzersdorfer Straße 4, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (vor dem Verwaltungsgerichtshof vertreten durch Dr. Friedrich Spitzauer & Dr. Georg Backhausen, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stock-im-Eisen-Platz 3) vom 6. Juli 2005, Zl. B 238/05, betreffend Beiträge für die Todesfallbeihilfe und die Krankenunterstützung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Ärztekammer für Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 4. April 2005 wurde der Beitrag des Beschwerdeführers für die Todesfallbeihilfe gemäß Abschnitt II der Beitragsordnung für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien "für den Zeitraum der Mitgliedschaft (des Beschwerdeführers) bis einschließlich 31. Dezember 2004" mit EUR 457,80 festgesetzt. Unter einem wurde der Beitrag für die Krankenunterstützung gemäß Abschnitt VI Abs. 1 der Beitragsordnung "für den Zeitraum der Mitgliedschaft (des Beschwerdeführers) bis einschließlich 31. Dezember 2004" mit EUR 36,74 festgesetzt.
Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Beschwerde (Berufung) wurde vom Beschwerdeausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien mit Bescheid vom 6. Juli 2005 als unbegründet abgewiesen und der erstbehördliche Bescheid bestätigt. Zur Begründung führte der Beschwerdeausschuss aus, die Auffassung des Beschwerdeführers, er sei im Zeitraum vom 1. Jänner 2003 bis 30. November 2003 nicht Mitglied der Ärztekammer für Wien gewesen, sei unrichtig, weil "in der angegebenen Zeit" ein Anstellungsverhältnis im Gesundheitszentrum der Wiener Gebietskrankenkasse bestanden hätte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Der Beschwerdeführer erstattete eine Äußerung zur Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1.1. Die maßgebenden Bestimmungen des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998) in der Fassung der 6. Ärztegesetz-Novelle BGBl. I Nr. 179/2004 lauten (auszugsweise):
"2. Hauptstück
Kammerordnung
...
2. Abschnitt
Ärztekammern in den Bundesländern
...
Kammerangehörige
§ 68. (1) Einer Ärztekammer gehört als ordentlicher Kammerangehöriger jeder Arzt an, der
1. in die von der Österreichischen Ärztekammer geführte Ärzteliste gemäß den §§ 4, 5 oder 5a oder §§ 18, 19 oder 19a eingetragen worden ist und
2. seinen Beruf im Bereich dieser Ärztekammer ausübt und
...
(4) Die Zugehörigkeit zu einer Ärztekammer erlischt, wenn der Arzt
1. seinen Berufssitz (seine Berufssitze), seinen Dienstort (seine Dienstorte) oder, sofern es sich um einen Wohnsitzarzt handelt, seinen Wohnsitz (§ 47) in den Bereich einer anderen Ärztekammer verlegt hat oder
2. von der Österreichischen Ärztekammer gemäß § 59 aus der Ärzteliste gestrichen worden ist. Eine Verlegung des Dienstortes gemäß Z 1 liegt nicht vor, wenn der Arzt auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften, insbesondere auf Grund von Karenzierung und Dienstzuteilung, vorübergehend im Bereich einer anderen Ärztekammer oder im Ausland ärztlich tätig wird.
...
3. Abschnitt
Wohlfahrtsfonds
...
Beiträge zum Wohlfahrtsfonds
§ 109. (1) Die Kammerangehörigen sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verpflichtet, Beiträge zum Wohlfahrtsfonds jener Ärztekammer zu leisten, in deren Bereich sie zuerst den ärztlichen Beruf aufgenommen haben, solange diese Tätigkeit aufrecht ist. Übt ein Kammerangehöriger seinen Beruf im Bereich mehrerer Ärztekammern aus, so bleibt er Mitglied im Wohlfahrtsfonds jener Ärztekammer, in deren Bereich er zuerst die Berufstätigkeit aufgenommen hat, solange diese Tätigkeit in dem betreffenden Bundesland aufrecht ist. Eine Unterbrechung dieser Tätigkeit für weniger als sechs Monate sowie eine ärztliche Tätigkeit im Bereich einer anderen Ärztekammer oder im Ausland auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften (§ 68 Abs. 4 letzter Satz) gilt diesbezüglich als ununterbrochene Berufsausübung. Nimmt er seine ärztliche Tätigkeit gleichzeitig im Bereich mehrerer Ärztekammern auf, so obliegt ihm die Wahl, zu welchem Wohlfahrtsfonds er seine Beiträge leistet.
..."
1.2. Die maßgebenden Bestimmungen der Beitragsordnung für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (im Folgenden: Beitragsordnung) in der Fassung der von der Vollversammlung der Ärztekammer für Wien in ihrer Sitzung vom 19. Juni 2001 beschlossenen und mit Wirkung vom 1. Jänner 2002 in Kraft getretenen Fassung (kundgemacht in doktorinwien 12/2001) lauten (auszugsweise):
"II. BEITRAG FÜR DIE TODESFALLBEIHILFE
(1) Zur Deckung des Aufwandes für die in der Satzung festgesetzte Todesfallbeihilfe wird von den Kammerangehörigen, soweit diese nicht eine Alters-(Invaliditäts-)versorgung beziehen, für jeden Sterbefall der Beitrag für die Todesfallbeihilfe in der folgenden Höhe eingehoben:
a)
bis zum vollendeten 35. Lebensjahr EUR 2,18
b)
vom vollendeten 35. Lebensjahr bis zum vollendeten
50. Lebensjahr EUR 4,36
c) vom vollendeten 50. Lebensjahr bis zum vollendeten
65.
Lebensjahr EUR 6,54
d) nach dem vollendeten 65. Lebensjahr EUR 2,18
...
VI. BEITRAG FÜR DIE KRANKENUNTERSTÜZUNG
(1) Zur Deckung des Aufwandes für die in der Satzung festgesetzte Krankenunterstützung wird von den Fondsmitgliedern ein Beitrag in der Höhe von EUR 40,12 eingehoben.
(2) Der Beitrag gemäß Abs. 1 ist ein Jahresbeitrag. ...
..."
2. Die Beschwerde ist begründet.
2.1. Die Beschwerde führt zunächst ins Treffen, dem Spruch des angefochtenen Bescheides über die Festsetzung der Beiträge für die Todesfallbeihilfe und die Krankenunterstützung "für den Zeitraum der Mitgliedschaft bis zum 31. Dezember 2004" lasse sich nicht der Zeitpunkt des Beginnes der Mitgliedschaft (gemeint: zur Ärztekammer für Wien) entnehmen. Schon damit befindet sich die Beschwerde im Recht.
Im Spruch eines Bescheides, der über die Versicherungspflicht (oder eine andere, zeitraumbezogene Angelegenheit) abspricht, ist in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zum Ausdruck zu bringen, hinsichtlich welchen Zeitraumes die Behörde absprechen wollte, wobei zumindest der Beginn dieses Zeitraumes im Spruch des Bescheides ausdrücklich genannt sein muss (vgl. die zur Sozialversicherungspflicht ergangenen hg. Erkenntnisse vom 25. September 1990, Zl. 89/08/0119, und vom 15. Oktober 2003, Zl. 2000/08/0020). Der Beginn der Mitgliedschaft des Beschwerdeführers zur Ärztekammer für Wien wird aber weder im Spruch des von der belangten Behörde bestätigten erstbehördlichen Bescheides noch in der Begründung des angefochtenen Bescheides zweifelsfrei angegeben.
2.2. Darüber hinaus übersieht die belangte Behörde, dass die Kammerangehörigen gemäß § 109 Abs. 1 ÄrzteG 1998 verpflichtet sind, Beiträge zum Wohlfahrtsfonds jener Ärztekammer zu leisten, in deren Bereich sie zuerst den ärztlichen Beruf aufgenommen haben, solange diese Tätigkeit aufrecht ist. Übt ein Kammerangehöriger seinen Beruf im Bereich mehrerer Ärztekammern aus, so bleibt er Mitglied im Wohlfahrtsfonds jener Ärztekammer, in deren Bereich er zuerst die Berufstätigkeit aufgenommen hat, solange diese Tätigkeit in dem betreffenden Bundesland aufrecht ist.
Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe seine ärztliche Tätigkeit 1999 im Bereich der Ärztekammer für Niederösterreich auszuüben begonnen und sodann dort ununterbrochen fortgesetzt, wobei er seit 1. Oktober 2002 als ärztlicher Direktor des N. Ambulatoriums in B. in Niederösterreich beschäftigt sei. Auf seine hauptamtliche ärztliche Tätigkeit in Niederösterreich und seine nach seiner Rechtsauffassung daraus erfließende Zugehörigkeit zur Niederösterreichischen Ärztekammer hat der Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren hingewiesen. Ungeachtet dieses auf eine Mitgliedschaft des Beschwerdeführers bei der Ärztekammer für Niederösterreich gerichteten Vorbringens fehlt es dem angefochtenen Bescheid an einer nachvollziehbaren Begründung, aus der sich dennoch dessen Mitgliedschaft in der Ärztekammer für Wien ableiten ließe, zumal der Umstand eines in Wien bestehenden Dienstverhältnisses vom 1. Jänner 2003 bis 30. November 2003 für sich genommen eine Mitgliedschaft zur Ärztekammer für Wien nicht zwingend nach sich zöge.
2.3. Der in der Gegenschrift der belangten Behörde enthaltene Hinweis, aus einer Bestätigung der Ärztekammer für Niederösterreich ergäbe sich eine dortige Mitgliedschaft des Beschwerdeführers vom 2. August 1999 bis 31. Dezember 2002, erweist sich als ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtlicher Versuch, die im angefochtenen Bescheid fehlende Begründung nachzuholen und auf diese Weise den Bescheid zu konvalidieren.
2.4. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH - Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 18. Dezember 2007
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005110165.X00Im RIS seit
04.02.2008Zuletzt aktualisiert am
24.06.2009