TE Vwgh Erkenntnis 2007/12/18 2007/06/0087

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Veröffentlicht am 18.12.2007
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Index

L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §42;
AVG §8;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
BauO Tir 2001 §26 Abs7;
BauO Tir 2001 §6 Abs3 lita;
BauO Tir 2001 §6 Abs3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des J H in K i.T., vertreten durch Dr. Klaus Reisch und Mag. Roland Reisch, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11a, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 6. Februar 2007, Zl. Ve1-8-1/257-2, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. E S, 2. Gemeinde K/Tirol, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Gemeinde wird abgewiesen.

Begründung

Der Mitbeteiligte ist Eigentümer eines Grundstückes im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde (kurz: Gemeinde), auf welchem sich ein freistehendes Wohnhaus befindet. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines angrenzenden Grundstückes.

Mit einem am 12. Jänner 2004 bei der Behörde eingelangten Baugesuch (das allerdings mit 24. Juni 2004 datiert ist) kam der Mitbeteiligte (kurz: Bauwerber) um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer Garage ein, die zum Teil an sein Haus angebaut ist und mit einer Längsseite unmittelbar an die gemeinsame Grundgrenze zum Grundstück des Beschwerdeführers angebaut werden solle. Der Beschwerdeführer erhob Einwendungen gegen das Vorhaben. Nach verschiedenen Verfahrensschritten (die für das nunmehrige Beschwerdeverfahren nicht mehr erheblich sind) wurde der erstinstanzliche Baubewilligungsbescheid vom 25. April 2005 von der Berufungsbehörde aufgehoben. In der Folge modifizierte der Bauwerber sein Vorhaben. In der Bauverhandlung vom 10. Oktober 2006 verwies der Beschwerdeführer auf seine bereits zuvor erhobenen Einwendungen und wendete weiters ein, dass die an der Grundgrenze verlaufende Wand der Garage die maximal zulässige Höhe von 2,80 m zumindest im westlichen Bereich überschreite, weil das Gelände abfallend sei.

Der Bürgermeister erteilte mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 18. Oktober 2006 die angestrebte Baubewilligung und wies die Einwendungen des Beschwerdeführers teils als unbegründet ab und verwies sie teilweise auf den ordentlichen Rechtsweg. Im Spruch sind 29 "technische und baupolizeiliche Bedingungen" angeführt, darunter Punkt 1., dass bei der Ausführung des Bauvorhabens die einschlägigen Bestimmungen der Tiroler Bauordnung, der technischen Bauvorschriften, der einschlägigen ÖNORMEN, der Dienstnehmerschutzverordnungen oder Baulärmverordnung zu beachten und einzuhalten seien, und im Punkt 28., dass die in den Mindestabstandsflächen geplanten baulichen Anlagen eine maximale Wandhöhe der dem Nachbarn zugekehrten Wand von 2,80 m aufweisen dürften. Es folgen sodann 9 "Bedingungen und Auflagen für Garagen" und (ebenfalls im Spruch) eine Stellungnahme der Tiwag.

Soweit für den Beschwerdefall erheblich, heißt es begründend, gemäß § 6 Abs. 3 lit. a TBO 2001 dürften bauliche Anlagen in die Mindestabstandsflächen von 3 m bzw. 4 m ragen, wenn u.a. die mittlere Wandhöhe auf der der Grundstücksgrenze zugekehrten Seite 2,80 m nicht übersteige. Im Beschwerdefall seien im Vermessungsplan die absoluten Höhen des anschließenden Geländes an den Gebäudeecken an der Westseite mit 832,34 m und an der Ostseite mit 832,54 m angegeben. Die Wandhöhe der der Grundstücksgrenze zugekehrten Wand betrage absolut 835,155 m. Somit ergebe sich eine mittlere Wandhöhe von 2,715 m.

Zum Schutz des Grundstückes des Beschwerdeführers sei bei der Bauverhandlung am 10. Oktober 2006 einvernehmlich beschlossen worden, die Streifenfundamente durch eine Fundamentplatte zu ersetzen. Dies sei auch in der Verhandlungsniederschrift dokumentiert und in der Bauverhandlung in den Plänen vermerkt worden. Diese Änderung der Ausführung habe keinen Einfluss auf die Zulässigkeit des Bauvorhabens oder auf Nachbarrechte.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 21. Dezember 2006 als unbegründet abgewiesen wurde; entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers komme es darauf an, dass die mittlere Höhe dieser Wand das Maß von 2,80 m nicht übersteige.

Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Soweit für das Beschwerdevorbringen erheblich, schloss sie sich der Beurteilung der Baubehörden an. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sei auch Punkt 28 der technischen und baupolizeilichen Bedingungen im erstinstanzlichen Bescheid im Zusammenhang mit Punkt 1. dieser Bedingungen auszulegen und das bedeute, dass eben von der mittleren Wandhöhe auszugehen sei. Eben diese mittlere Wandhöhe stelle demnach die maximal erlaubte Wandhöhe dar.

Die geplante Änderung der Ausführung (Fundamentplatte statt Streifenfundamenten) sei in der Verhandlungsschrift und in den Plänen ausreichend zum Ausdruck gebracht worden. Jedenfalls könne der Nachbar dadurch (Plattenfundament statt Streifenfundament) keinesfalls in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden. Abgesehen davon, dass er durch die Projektsänderung günstiger gestellt worden sei, sei diese auch aus dem Grunde heraus erfolgt, um eine befürchtete Inanspruchnahme seines Grundstückes hintanzuhalten (gemeint: zur Durchführung von Bauarbeiten).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Den Akten (sichtlich den Gemeindeakten) war ein Schreiben der Gemeinde beigelegt, wonach diese den Antrag auf Zuerkennung des Aufwandersatzes für die Aktenvorlage (gemeint sichtlich: für die Vorlage ihrer Akten) stelle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG idF seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, die Parteistellung behalten hat.

Im Beschwerdefall ist die Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94 (Wiederverlautbarung - TBO 2001), idF LGBl. Nr. 89/2003 und der Kundmachung LGBl. Nr. 60/2005 anzuwenden.

§ 25 Abs. 3 TBO 2001 lautet:

"(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

b)

der Bestimmungen über den Brandschutz;

c)

der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe;

              d)              der Abstandsbestimmungen des § 6."

§ 6 Abs. 3 TBO 2001 lautet auszugsweise:

"(3) Folgende bauliche Anlagen oder Bauteile dürfen in die Mindestabstandsflächen von 3 bzw. 4 m ragen oder innerhalb dieser errichtet werden:

a) oberirdische bauliche Anlagen, die ausschließlich dem Schutz von Sachen oder Tieren dienen und deren mittlere Wandhöhe bzw. Höhe auf der der Grundstücksgrenze zugekehrten Seite 2,80 m, im Gewerbe- und Industriegebiet 3,50 m, nicht übersteigt, wenn sie in den Mindestabstandsflächen keine Rauchfang-, Abgasfang- oder Abluftfangmündungen aufweisen, einschließlich der Zufahrten; oberirdische bauliche Anlagen, die dem Schutz von Tieren dienen, dürfen in den Mindestabstandsflächen auch keine sonstigen Öffnungen ins Freie aufweisen; die Ausstattung von oberirdischen baulichen Anlagen mit begehbaren Dächern ist nur zulässig, wenn diese höchstens 1,50 m über dem anschließenden Gelände liegen oder wenn der betroffene Nachbar dem nachweislich zustimmt; begehbare Dächer dürfen mit einer höchstens 1 m hohen Absturzsicherung ausgestattet sein;

b)

...

c)

Stützmauern, Geländer, Brüstungen, Einfriedungen und dergleichen bis zu einer Höhe von insgesamt 2 m, im Gewerbe- und Industriegebiet bis zu einer Höhe von insgesamt 2,80 m, jeweils vom höheren anschließenden Gelände gemessen, außer der betroffene Nachbar stimmt einer größeren Höhe nachweislich zu;

              d)              ..."

§ 26 Abs. 7 TBO 2001 lautet:

"(7) Die Baubewilligung ist befristet, mit Auflagen oder unter Bedingungen zu erteilen, soweit dies zur Wahrung der nach den baurechtlichen und raumordnungsrechtlichen Vorschriften geschützten Interessen erforderlich ist und das Bauvorhaben dadurch in seinem Wesen nicht verändert wird. Die Baubewilligung kann auch mit der Auflage erteilt werden, dass im Zuge der Bauausführung oder nach der Bauvollendung bestimmte technische Unterlagen der Behörde vorgelegt werden müssen."

Im Beschwerdefall ist insbesondere strittig, wie hoch die dem Grundstück des Beschwerdeführers zugewendete Wand der Garage sein darf, nämlich, ob sich das Maß von 2,80 m auf eine maximale Höhe bezieht oder auf die mittlere Wandhöhe. Im Beschwerdefall ist maßgeblich, dass die zulässige Wandhöhe mit Punkt 28 der technischen und baupolizeilichen Bedingungen des erstinstanzlichen Bescheides mit maximal 2,80 m begrenzt wurde, was, sollte gemäß § 6 Abs. 3 lit. a TBO 2001 die mittlere Wandhöhe maßgeblich sein, als projektändernde Auflage zu qualifizieren wäre. Da ausdrücklich auf die maximale Wandhöhe abgestellt wird, ist eine Auslegung dahin, dass nicht die maximale sondern die mittlere Wandhöhe maßgeblich sein solle, entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht zulässig. Da gemäß dem Projekt die der Grenze zugekehrte Wand im westlichen Bereich das höchstzulässige Maß von 2,80 m übersteigt (und zwar um 1,5 cm), darf das Projekt aufgrund dieser Vorschreibung nur in entsprechend abgeänderter Form ausgeführt werden (muss daher entsprechend abgesenkt bzw. tiefer gesetzt werden), ist aber nicht unzulässig. Die Auffassung der belangten Behörde, dass die Frage der Wandhöhe nicht zur Stattgebung der Vorstellung zu führen habe, war daher im Ergebnis richtig.

Was nun die Änderung der Fundierung dieser Garage anlangt, ist es zwar richtig, dass diese Änderung in den Plänen verbal angemerkt, zeichnerisch aber nicht im Detail näher ausgeführt wurde. Es ist aber nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer dadurch in einem subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht im Sinne des Kataloges des § 25 Abs. 3 TBO 2001 verletzt worden wäre, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 333/2003. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Gemeinde war abzuweisen, weil der Ersatz eines Vorlageaufwandes nur für die belangte Behörde vorgesehen ist.

Wien, am 18. Dezember 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007060087.X00

Im RIS seit

13.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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