TE Vwgh Erkenntnis 2007/12/19 2007/20/1207

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Veröffentlicht am 19.12.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und den Hofrat Dr. Berger, die Hofrätin Dr. Pollak sowie die Hofräte Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des B, vertreten durch Dr. Susanne Pertl, Rechtsanwältin in 1060 Wien, Loquai-Platz 13/19, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenats vom 7. Mai 2007, Zl. 251.218/0/14E-IX/27/04, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Asylangelegenheit als unzulässig (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak, stellte am 17. Jänner 2003 in Österreich einen Asylantrag. Zu seiner Einvernahme beim Bundesasylamt erschien er am 13. Mai 2003 in Begleitung von Herrn Aram Cakey. Dieser erklärte auf die Frage des Einvernehmenden, er sei ein Vertreter von "Asyl in Not"; der Beschwerdeführer habe "Asyl in Not" bevollmächtigt, ihn im Asylverfahren zu vertreten. Der Beschwerdeführer bestätigte diese Angaben auf Rückfrage des Einvernehmenden ausdrücklich.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23. Juni 2004 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak gemäß § 8 AsylG für nicht zulässig erklärt und ihm eine befristete Aufenthaltsbewilligung erteilt. Dieser Bescheid - adressiert an "CAKEY Aram, Asyl in Not" - wurde am 24. Juni 2004 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 7. Juli 2004 eine von Aram Cakey unterschriebene Berufung erhoben, in der "Aram Cakey, Asyl in Not" als Vertreter des Beschwerdeführers genannt wird.

Mit zwei Schreiben vom 20. März 2007 forderte die belangte Behörde einerseits den Verein "Asyl in Not", andererseits Herrn Aram Cakey auf, eine Vollmacht für die Vertretung des Beschwerdeführers vorzulegen. Der Verein teilte mit Schreiben vom 22. März 2007 mit, dass der Beschwerdeführer nicht von "Asyl in Not" vertreten werde und verwies auf ein an den Vorsitzenden des unabhängigen Bundesasylsenats gerichtetes e-mail vom 8. März 2007, in dem es heißt:

"Wir erlauben uns, darauf hinzuweisen, daß Herr Aram CAKEY seit dem Jahre 2004 nicht mehr bei uns arbeitet und sich unseres Wissens auch nicht mehr in Österreich aufhält. Sämtliche auf seinen Namen lautenden und mit Asyl in Not adressierten Vollmachtsverhältnisse erklären wir daher hiermit für aufgelöst."

Das an Herrn Cakey gerichtete Schreiben wurde mit dem Vermerk "Empfänger verzogen" an die belangte Behörde retourniert und von dieser am 26. März 2007 durch Hinterlegung im Akt gemäß § 23 Abs. 2 ZustellG zugestellt. Eine Vollmacht wurde nicht vorgelegt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung vom 7. Juli 2004 als unzulässig zurück. Begründend führte sie aus, es könne nicht davon ausgegangen werden, der Beschwerdeführer hätte Aram Cakey persönlich oder dem Verein "Asyl in Not" eine Vollmacht erteilt. Einerseits könne weder den Ausführungen des Beschwerdeführers noch jenen des Aram Cakey vor dem Bundesasylamt eine Vollmachtserteilung an Aram Cakey selbst entnommen werden, andererseits habe "Asyl in Not" schriftlich erklärt, den Beschwerdeführer nicht zu vertreten. Die vorgelegte Berufung sei daher nicht dem Beschwerdeführer, sondern Aram Cakey zuzurechnen und daher mangels Berufungslegitimation zurückzuweisen gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Die Beschwerdelegitimation erachtet der Verwaltungsgerichtshof als gegeben. Dadurch, dass die Berufung, mit der er den ihn betreffenden Bescheid des Bundesasylamts bekämpfen wollte, nicht dem Beschwerdeführer, sondern einer anderen Person zugerechnet wurde, kann der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein (vgl. dazu zuletzt das hg. Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2006/19/0327, mwN).

2. Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechtes oder eingetragene Erwerbsgesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

3. In diesem Sinn bestätigt die am 13. Mai 2003 protokollierte gemeinsame Erklärung des Beschwerdeführers und des Aram Cakey vor dem Bundesasylamt, letzterer sei vom Beschwerdeführer als Vertreter von "Asyl in Not" bevollmächtigt worden, das Vorliegen einer mündlich erteilten Vollmacht. Daran hegte auch das Bundesasylamt, das seinen Bescheid an Aram Cakey, Asyl in Not, zustellte, keinerlei Zweifel (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2005/21/0103). Überdies wurde in der Berufung vom 7. Juli 2004 "Aram Cakey, Asyl in Not" als Vertreter des Beschwerdeführers genannt. Inhaltlich bezog sich die Berufung eindeutig auf das Vorbringen des Beschwerdeführers und nannte Zahl und Datum des anzufechtenden erstinstanzlichen Bescheides.

Die Dokumentation der übereinstimmenden Erklärung durch die Niederschrift des Bundesasylamts vom 13. Mai 2003 ist als Nachweis der Bevollmächtigung anzusehen (vgl. dazu etwa die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), E 17 zu § 10 AVG, angeführte hg. Judikatur). Nach der Aktenlage wurde diese Vollmacht vor der Berufungseinbringung weder zurückgelegt noch entzogen, sodass davon auszugehen ist, dass Aram Cakey als Vertreter von "Asyl in Not" am 7. Juli 2004, dem Zeitpunkt der Berufungseinbringung, zur Vertretung des Beschwerdeführers befugt war.

Daran ändert auch das fast drei Jahre später von der belangten Behörde eingeholte Schreiben von "Asyl in Not" nichts, bezieht es sich doch eindeutig nur auf die Vertretungssituation im März 2007. Auch aus der darin enthaltenen Erklärung, "daß Herr Aram CAKEY seit dem Jahre 2004 nicht mehr bei uns arbeitet", war schon mangels ihrer Bestimmtheit nicht ohne Weiteres abzuleiten, dass das Vollmachtsverhältnis im Zeitpunkt der Berufungseinbringung nicht mehr vorgelegen wäre.

4. Der in Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG an Aram Cakey gerichtete Auftrag der belangten Behörde vom 20. März 2007, binnen zwei Wochen eine Vollmacht vorzulegen, erging somit in Verkennung der Rechtslage, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das auf die Zuerkennung von Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren findet in diesen Vorschriften keine Deckung.

Wien, am 19. Dezember 2007

Schlagworte

Beginn Vertretungsbefugnis Vollmachtserteilung Besondere Rechtsgebiete Prozeßvollmacht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007201207.X00

Im RIS seit

04.02.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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