TE Vwgh Erkenntnis 2007/12/19 2004/08/0095

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Veröffentlicht am 19.12.2007
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §7 Abs1 Z1;
AlVG 1977 §7 Abs2;
AlVG 1977 §7 Abs3 Z2;
B-VG Art7;
MRK Art14;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard sowie Senatspräsident Dr. Müller und Hofrat Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des AC in S, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom 7. April 2004, Zl. LGS NÖ/RAG/12181/2004, betreffend Anspruch auf Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle St. Pölten vom 19. Jänner 2004 keine Folge gegeben und damit den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom 1. Dezember 2003 gemäß § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG wegen mangelnder Verfügbarkeit abgewiesen.

Nach den Feststellungen der belangten Behörde ist der Beschwerdeführer Staatsbürger von Gambia. Er sei am 1. September 1997 illegal in Österreich eingereist und sein Asylantrag sei mit Bescheid vom 14. Oktober 1997 abgewiesen worden. Im Zeitraum vom 28. September 1999 bis 27. November 2003 sei er in der Justizanstalt Suben in Strafhaft angehalten worden. Nach der Antragstellung auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld vom 1. Dezember 2003 habe er einen Bescheid der Bundespolizeidirektion St. Pölten, Fremdenpolizei, vom 9. Jänner 2004 vorgelegt, wonach ihm - im Hinblick auf das am 22. Jänner 2001 gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot - ein Abschiebungsaufschub bis zum 9. April 2004 gewährt worden sei. Der Beschwerdeführer verfüge über keinen Aufenthaltstitel. Während seines Aufenthalts in der Justizanstalt Suben sei der Beschwerdeführer vom 25. Juli 2000 bis 27. November 2003 gemäß § 66a AlVG versichert gewesen.

In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass der Beschwerdeführer über kein Aufenthaltsrecht verfüge und dass der Abschiebungsaufschub ein solches Aufenthaltsrecht nicht ersetze. Er erfülle zwar die Anwartschaft, sei "jedoch aufenthaltsrechtlich nicht berechtigt, eine unselbstständige Beschäftigung aufzunehmen und auszuüben". Er habe daher keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 7 AlVG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 7 Abs. 1 Z. 1

Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Gemäß § 7 Abs. 2 AlVG steht die Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf. § 7 Abs. 3 Z. 2 und 3 AlVG in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 103/2001 bestimmt, dass nur eine solche Person eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf, der die Ausübung einer unselbstständigen Beschäftigung auf Grund der gesetzlichen Vorschriften nicht verwehrt ist und die nicht den Tatbestand des § 34 Abs. 3 Z. 2 des Fremdengesetzes 1997 (FrG), BGBl. I Nr. 75, unter Berücksichtigung des § 34 Abs. 4 FrG erfüllt.

Unbestritten steht fest, dass gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizei, vom 22. Jänner 2001 ein Aufenthaltsverbot erlassen wurde und dass dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Bundespolizeidirektion St. Pölten, Fremdenpolizei, vom 9. April 2004 ein Abschiebungsaufschub bis 9. Juli 2004 unter mehreren Auflagen erteilt worden ist.

Es steht daher fest, dass der Beschwerdeführer im maßgeblichen Zeitraum nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt war und daher im Grunde des § 7 Abs. 3 Z. 2 AlVG auch für die Arbeitsvermittlung nicht verfügbar gewesen ist. Umstände, die der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer auf Dauer entgegenstünden, werden in der Beschwerde nicht dargetan.

Der Beschwerdehinweis auf das Erkenntnis vom 22. Dezember 1998, Zl. 96/08/0314, übersieht, dass unter der Voraussetzung der "Durchsetzbarkeit des Auslandsaufenthaltes" keine im Sinne der Entscheidung des EGMR vom 16. Dezember 1996 (Gaygusuz gegen Österreich, JBl 1997, 364 = ÖJZ 1996/37) unsachliche Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit, sondern eine sachliche Anknüpfung an der Zulässigkeit des Inlandsaufenthaltes als Bedingung für die Möglichkeit einer Vermittlung auf dem inländischen Arbeitsmarkt vorgenommen wird (vgl. in einem ähnlichen Sachzusammenhang auch das Erkenntnis vom 20. September 2006, Zl. 2003/08/0106). Die vorübergehende Duldung des Inlandsaufenthaltes für die Dauer des gewährten Abschiebungsaufschubes vermag eine Berechtigung zum Aufenthalt nicht zu ersetzen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 19. Dezember 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004080095.X00

Im RIS seit

07.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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