Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ASVG §123 Abs8 litb;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2006/08/0300Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, in den Beschwerdesachen des W D in Wien, vertreten durch Dr. Helmut Graupner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 22- 24/4/9, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Niederösterreich I. vom 25. September 2006, Zl. GS8-SV-314/001- 2006, betreffend Mitversicherung in der Krankenversicherung nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, 3100 St. Pölten, Dr. Karl-Renner-Promenade 14- 16) und II. vom 20. September 2006, Zl. GS8-SV-314/002-2006, betreffend Mitversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 763,80 binnen zwei Wochen zu ersetzen.
Begründung
Mit den jeweils im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden hat die belangte Behörde die Berufungen des Beschwerdeführers gegen die erstinstanzlichen Bescheide, mit denen seine Anträge auf Mitversicherung seines Lebensgefährten in der Krankenversicherung nach dem ASVG (zu I.) bzw. nach dem GSVG (zu II.) abgewiesen wurden, keine Folge gegeben.
Gegen diese Bescheide hat der Beschwerdeführer Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof erhoben, der die Beschwerden mit Erkenntnis vom 27. September 2007, B 1829/06 ua, abgewiesen und ausgesprochen hat, dass der Beschwerdeführer durch die angefochtenen Bescheide nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden ist.
Wörtlich heißt es in dem genannten Erkenntnis auszugsweise:
"1. Vom Beschwerdeführer anhängig gemachte Verfahren zur Anerkennung der Anspruchsberechtigung seines Lebensgefährten als eines in der Krankenversicherung mitversicherten Angehörigen im Sinne der §§123 Abs. 8 lit. b Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG und 83 Abs. 8 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz - GSVG waren Anlassfälle der Aufhebung dieser Vorschriften als verfassungswidrig mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Oktober 2005, VfSlg. 17.659. Die Aufhebung trat mit Ablauf des 31. Juli 2006 in Kraft. Aufgrund der bereinigten Rechtslage waren die Beschwerden abgewiesen worden (VfSlg. 17.680/2005).
2. Mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 - SRÄG 2006, BGBl. I 131, wurden die aufgehobenen Bestimmungen mit Wirksamkeit vom 1. August 2006 durch neue Bestimmungen (§ 123 Abs. 7a ASVG, § 83 Abs. 8 GSVG) ersetzt; im ASVG lautet diese neue Regelung (in der hier maßgeblichen Fassung) in ihrem Kontext wie folgt:
'§ 123. (1) Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung besteht für Angehörige...
(7a) Als Angehörige/r gilt auch eine mit dem/der Versicherten nicht verwandte Person, die seit mindestens zehn Monaten mit ihm/ihr in Hausgemeinschaft lebt und ihm/ihr seit dieser Zeit unentgeltlich den Haushalt führt, wenn ein/eine im gemeinsamen Haushalt lebende/r arbeitsfähige/r Ehegatte/Ehegattin nicht vorhanden ist, wenn
a) sie sich der Erziehung eines oder mehrerer im gemeinsamen Haushalt lebender Kinder nach Abs. 4 erster Satz widmet oder sich durch mindestens vier Jahre hindurch der Kindererziehung gewidmet hat;
b) sie Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 4 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze hat;
c) sie den Versicherten/die Versicherte mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 4 nach dem Bundespflegegeldgesetz oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze pflegt.
...
§ 83 GSVG enthält eine mit §123 ASVG im Wesentlichen idente Regelung; § 83 Abs. 8 GSVG idF des SRÄG 2006 entspricht wörtlich dem soeben wiedergegebenen § 123 Abs. 7a ASVG....
2.
...
Für die Zukunft traf den Gesetzgeber zwar die Verpflichtung zur Schaffung einer diskriminierungsfreien Regelung, er war aber durch keine Verfassungsbestimmung gehalten, das Rechtsinstitut der Mitversicherung in der bisherigen Form für denselben Personenkreis auch weiterhin beizubehalten. Insoweit kam dem Gesetzgeber ein weiter rechtspolitischer Spielraum zu, den er im Dauerrecht - wie die oben wiedergegebene Neuregelung zeigt - dahin genützt hat, Personen, die mit dem Versicherten nicht verwandt sind (daher auch Lebensgefährten), nur mehr unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen zur Mitversicherung zuzulassen. Die Neuregelung ist jedoch insoweit diskriminierungsfrei gestaltet, als nunmehr auch gleichgeschlechtliche haushaltsführende Lebensgefährten, die sich der Erziehung eines oder mehrerer im gemeinsamen Haushalt lebender Kinder eines der Lebensgefährten widmen oder sich durch mindestens vier Jahre hindurch der Kindererziehung gewidmet haben (oder die in gewissem Ausmaß pflegebedürftig sind oder selbst pflegen), zur Mitversicherung zugelassen sind. Insoweit bestehen gegen die - präjudiziellen - Bestimmungen der § 123 Abs. 7a ASVG bzw. § 83 Abs. 8 GSVG keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
...
3.2. Im vorliegenden Zusammenhang, in dem es um die Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung geht, kann der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber nicht den Vorwurf der Unsachlichkeit machen, wenn er Ehegatten die Anspruchsberechtigung unabhängig von den in § 123 Abs. 7a ASVG bzw. in § 83 Abs. 8 GSVG für Lebensgefährten enthaltenen weiteren Voraussetzungen einräumt, weil - worauf die oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien zurecht hinweisen - Lebensgefährten mangels Unterhaltspflicht nicht verpflichtet sind, im Falle der Krankheit des Partners Leistungen, wie etwa eine Krankenversicherung, sicherzustellen."
Mit den vorliegenden beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerden beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.
Die zu I. mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die Beschwerdeverfahren wurden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung - durch einen gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - verbunden;
die Beschwerden sind nicht zulässig:
In den beiden Beschwerden wird zum Beschwerdepunkt
gleichlautend ausgeführt:
"Der bekämpfte Bescheid verletzt die verfassungsgesetzlich
gewährleisteten Rechte des Bf auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung, weil er auf einem Gesetz beruht, das gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften gegenüber verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften diskriminiert.
Die Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften erfolgt zum einen durch direktes Abstellen auf das Geschlecht, zum anderen durch indirektes Abstellen auf das Geschlecht (durch das Kriterium der Ehe)."
In den Beschwerdegründen beschäftigt sich der Beschwerdeführer jeweils nur mit der behaupteten Verfassungswidrigkeit von § 123 Abs. 8 lit. b ASVG und von § 83 Abs. 8 GSVG.
Mit diesem Vorbringen macht der Beschwerdeführer ausschließlich eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Anwendung von für verfassungswidrig erachteten einfachgesetzlichen Regelungen geltend. Eine bei der bescheidförmigen Konkretisierung dieser einfachgesetzlichen Rechtslage unterlaufene Rechtswidrigkeit wird der belangten Behörde von der Beschwerdeführerin nicht zum Vorwurf gemacht. Die Entscheidung über derartige Beschwerden fallen jedoch gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes, sondern in jene des Verfassungsgerichtshofes (vgl. den Beschluss vom 10. März 1998, Zl. 97/08/0471, mwN).
Die Beschwerden waren daher wegen der Art der behaupteten Rechtsverletzung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 19. Dezember 2007
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten die zur Zuständigkeit des VfGH gehören (B-VG Art133 Z1) Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter RechteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006080299.X00Im RIS seit
14.05.2008Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008