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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AlVG 1977 §25 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der NG in Wien, vertreten durch Dr. Ing. Andreas Pascher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Zedlitzgasse 1/17, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 11. September 2006, Zl. LGSW/Abt. 3- AlV/05661/2006-8895, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 17. Februar 2004 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Zuerkennung von Notstandshilfe. Darin wurde als Lebensgefährte S. mit einem monatlichem Einkommen in der Höhe von EUR 950,-- angegeben.
In der Folge legte die Beschwerdeführerin monatliche Erklärungen des S. über sein Nettoeinkommen vor.
Am 14. Februar 2005 stellte die Beschwerdeführerin wiederum einen Antrag auf Zuerkennung von Notstandshilfe, in dem ebenfalls S. als Lebensgefährte mit einem monatlichem Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 1.100,-- angegeben wurde.
In der Folge legte die Beschwerdeführerin dem Arbeitsmarktservice wiederum Erklärungen des S. über sein jeweiliges monatliches Nettoeinkommen vor. Im Akt befindet sich des weiteren der Einkommensteuerbescheid des S. für das Jahr 2004, der dem Arbeitsmarktservice vom Finanzamt übermittelt worden ist.
Mit drei Bescheiden der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Prandaugasse, alle vom 14. April 2006, wurde der Bezug der Notstandshilfe durch die Beschwerdeführerin widerrufen und die Beschwerdeführerin mit der Begründung zur Rückzahlung des unberechtigt Empfangenen verpflichtet, es habe sich auf Grund des Einkommensteuerbescheides des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin für das Jahr 2004 ein anrechenbares Einkommen ergeben, welches den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Notstandshilfe übersteige. Die Zeiträume, hinsichtlich derer die Behörde erster Instanz abgesprochen hat, waren jene vom 21. Februar bis 10. August 2004, vom 11. August bis 2. November 2004, vom 3. November bis 6. November 2004 und vom 22. November 2004 bis 31. Jänner 2005. Die Rückforderungsbeträge waren EUR 4.039,02, EUR 351,12 und EUR 1.771,50.
Die Beschwerdeführerin bekämpfte die drei genannten Bescheide mit Berufung. Darin führte sie im Wesentlichen aus, dass sie den Bezug nicht durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgeblicher Tatsachen herbeigeführt habe, da sie wahrheitsgemäß die Einnahmen von S. angegeben habe. Ebenso sei ein Erkennenmüssen einer nicht rechtmäßigen Zuerkennung einer Leistung zu verneinen. Es handle sich einerseits um den ersten Bezug von Notstandshilfe durch die Beschwerdeführerin, andererseits sei sie vom Sachbearbeiter des Arbeitsmarktservice immer darauf hingewiesen worden, dass sie zur Weitergewährung der Leistung eine neuerliche Bestätigung über die Einnahmen von S. vorlegen müsse. Der Beschwerdeführerin sei weder Vorsatz noch fahrlässige Unkenntnis vorzuwerfen. Die Lebensgemeinschaft mit S. sei bereits seit Ende Mai 2004 aufgehoben. Auf der von der Beschwerdeführerin bewohnten Liegenschaft befänden sich zwei Häuser. Die Beschwerdeführerin bewohne mit ihren beiden Kindern das größere Haus, S. lebe seit der Aufhebung der Lebensgemeinschaft in dem auf derselben Liegenschaft befindlichen kleineren Haus. Die Beschwerdeführerin habe auch nach der Trennung weiterhin Einnahmebestätigungen von S. vorgelegt, da sie laut Information des Arbeitsmarktservice nur bei Vorlage dieser Bestätigungen weiterhin Notstandshilfe habe bekommen können. Die lebensnotwendigen Leistungen seien bereits gutgläubig verbraucht worden. S. sei darüber hinaus auf Grund eines Beschlusses des Bezirksgerichtes Mödling vom 4. Jänner 2005 für den gegenständlichen Zeitraum zu Unterhaltszahlungen an seine Tochter Lisa, geboren am 8. Jänner 1997, im Ausmaß von EUR 260,-- verpflichtet worden, welche als Freibetrag bei seinem Einkommen berücksichtigt werden müssten. Der Berufung legte die Beschwerdeführerin den zitierten Beschluss des Bezirksgerichtes Mödling vom 4. Jänner 2005, einen Lageplan der von ihr bewohnten Liegenschaft und eine Erklärung von S. über die Beendigung der Lebensgemeinschaft mit Ende Mai 2004 vor. Demnach habe die Lebensgemeinschaft Ende Mai 2004 geendet. Die Lebensgefährten hätten in Z.-straße 21 gelebt. Dieses Grundstück samt den beiden darauf befindlichen Häusern gehöre den Eltern des S. S. habe mit der Beschwerdeführerin zwei Kinder, Lukas und Lena, geboren am 23. August 2000 bzw. am 21. August 2001. Da es der Beschwerdeführerin finanziell nicht möglich gewesen sei, die Kosten für eine Wohnung aufzubringen, seien S. und seine Eltern damit einverstanden gewesen, dass die Beschwerdeführerin mit den Kindern weiterhin in dem etwas größeren Haus wohne und S. wieder in das kleine Haus ziehe, das er bereits als Student bewohnt habe. Die Beschwerdeführerin habe S. auch nach der Trennung ersucht, Formulare über das Nettoeinkommen auszufüllen, da sie diese dem Arbeitsmarktservice vorlegen müsse, ansonsten, so habe man ihr gesagt, würde jegliche Leistung gestrichen.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:
"Sie bezogen ab 21.2.2004 Notstandshilfe in Höhe von EUR 23,62 täglich. Im Leistungsantrag vom 21.2.2004 gaben Sie Hr. S als Lebensgefährten an. Eine Auflösung der Lebensgemeinschaft haben Sie dem Arbeitsmarktservice nicht gemeldet. Auch im Leistungsantrag vom 6.3.2005 wurde Hr. S von Ihnen als Lebensgefährte angegeben. Einkommens,- und Umsatzerklärungen betreffend die selbständige Erwerbstätigkeit von Hr. S wurden von Ihnen regelmäßig erbracht. Aufgrund der in diesen Erklärungen angegeben Beträge erfolgte keine Anrechnung. Die Notstandshilfe wurde in voller Höhe an Sie ausbezahlt.
Im Gegensatz zum Arbeitslosengeld hat nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen bei der Notstandshilfe das Einkommen des Partners Einfluss auf die Höhe des Notstandshilfeanspruches des/der Arbeitslosen. Dessen Einkommen ist nämlich nach bestimmten gesetzlich vorgeschriebenen Grundsätzen auf den theoretischen Notstandshilfeanspruch anzurechnen, so dass lediglich der danach verbleibende Differenzbetrag zur Auszahlung kommen kann.
Vom Nettoeinkommen des Partners werden die pauschalierten Werbungskosten, sowie sogenannte Freigrenzen abgezogen. Bei der Freigrenze handelt es sich um einen fixen Betrag, der dem Partner zur freien Verfügung verbleiben muss; dieser beträgt im Jahr 2004 EUR 441,-- (2005 447,00). Weitere Freigrenzen in Höhe von jeweils EUR 220,50 (223,50) werden für jedes Kind gewährt, für das Unterhaltspflicht besteht. Diese Freigrenzen können nun auf Grund außergewöhnlicher finanzieller Belastung infolge von Krankheit, Schwangerschaft, eines Todesfalles sowie Rückzahlungsverpflichtungen infolge von Hausstandsgründung um bis zu maximal 50% erhöht werden, wobei Kreditraten zu höchstens 50% der Ratenhöhe anerkannt werden.
Die Anrechnung hat immer auf den Leistungsanspruch des Folgemonats zu erfolgen, also das Einkommen des Partners im Jänner zum Beispiel ist auf den Notstandshilfeanspruch für Februar anzurechnen. Bei schwankendem Einkommen ist ein Durchschnittseinkommen aus den drei der Antragstellung vorangegangenen vollen Kalendermonaten zu bilden.
Bezüglich Ihres Berufungsvorbringens, dass Freigrenzen für drei Kinder zu berücksichtigen wären, ist auszuführen, dass bereits im erstinstanzlichen Bescheid Freigrenzen für drei Kinder gewährt wurden. Es handelt sich dabei um Fixbeträge. Die Alimentationskosten in der tatsächlichen Höhe sind nicht zu berücksichtigen.
Bezüglich des Einwandes, dass bereits seit Mai 2004 keine Lebensgemeinschaft vorliegen würde, aber seitens des Arbeitsmarktservice beauskunftet wurde, dass Erklärungen abzugeben sind, da sonst keine Notstandshilfe ausbezahlt wird, ist der Ausschuss für Leistungsangelegenheiten zu dem Ergebnis gelangt, dass dieses Vorbringen unglaubwürdig ist. Jeder Leistungsbezieher ist verpflichtet jede Änderung seiner wirtschaftlichen und sonstigen Verhältnisse dem Arbeitsmarktservice bekannt zu geben. Die Beendigung einer Lebensgemeinschaft ist dem Arbeitsmarktservice zu melden. Hätten Sie eine Beendigung der Lebensgemeinschaft gemeldet, wären Erklärungen des Hr. S nicht notwendig gewesen und der Leistungsbezug wäre (unter der Voraussetzung der Erfüllung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen) zur Auszahlung gekommen. Es erscheint äußerst unwahrscheinlich, dass trotz Beendigung einer Lebensgemeinschaft im Mai 2004, bei der nächsten Antragstellung nach fast einem Jahr im März 2005, diese Lebensgemeinschaft noch immer als bestehend angegeben wird. Ebenso erscheint es nicht glaubwürdig, dass Sie der Meinung waren, Sie müssten trotz Beendigung der Lebensgemeinschaft monatliche Einkommenserklärungen betreffend Hr. S abgeben. Es erscheint insbesonders nicht glaubhaft, dass Hr. S, der den Beruf eines Rechtsanwaltes ausübt, monatliche Erklärungen betreffend sein Einkommen und seinen Umsatz abgibt, obwohl zwischen Ihnen keine Lebensgemeinschaft besteht. Es wäre kein Grund ersichtlich, warum die Einkommenssituation eines ehemaligen Lebensgefährten Ihren Anspruch auf Notstandhilfe beeinflussen sollte. Da dies einem Rechtsanwalt jedenfalls klar sein musste, ist davon auszugehen, dass die Erklärungen ausgefüllt wurden, da eine Lebensgemeinschaft vorlag.
Mit Schreiben vom 19.6.2006 wurde Ihnen der Stand des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht und wurde Ihnen eine angemessene Frist zur Stellungnahme eingeräumt. Mit Schreiben vom 4.7. führten Sie aus, dass gemäß § 25 AlVG eine Rückforderung lediglich in Höhe des erzielten Nettoeinkommens erfolgen könne. Sie hätten jedoch kein Einkommen erzielt. Die von Ihnen zitierte Bestimmung bezieht sich jedoch nicht auf die Anrechnung des Partnereinkommens. Diese Bestimmung bezieht sich auf das eigene Einkommen eines Leistungsbeziehers und kommt daher im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung.
Weiters führen Sie aus, dass die Freigrenze für das nicht gemeinsame Kind (L) in Höhe von EUR 260,00 zu berücksichtigen wäre, da von Hr. S monatlicher Unterhalt in dieser Höhe geleistet wird. Es handelt sich bei den Freigrenzen jedoch um Fixbeträge und wurde ein entsprechender Fixbetrag für die Tochter L der Berechnung zugrunde gelegt. Da eine Freigrenze gewährt wurde, kann nicht dafür, wie in Ihrem Schreiben verlangt, eine Freigrenzenerhöhung berücksichtigt werden. Sie verweisen nochmals auf die Beendigung der Lebensgemeinschaft im Mai 2004.
Aufgrund der bereits obig dargestellten Überlegungen wird dieses Vorbringen als Schutzbehauptung gewertet. Erst nach Erlassung des Rückforderungsbescheides erfolgte der Einwand des Nichtvorliegens einer Lebensgemeinschaft. Bis dahin wurde der Lebensgefährte in den Leistungsanträgen angegeben, es erfolgte keine Meldung und es wurden monatlich Einkommenserklärungen abgegeben. Ihr Lebensgefährte erzielte im Jahr 2004 laut Einkommensteuerbescheid ein Einkommen von EUR 46.833,51. Nach Abzug der Einkommensteuer in Höhe von EUR 15.224,34 und aufgeteilt auf 12 Monate ergibt sich ein anrechenbares Nettoeinkommen von EUR 2.634,10 monatlich.
Es ergibt sich nachstehende Berechnung für das Jahr 2004:
Einkommen
EUR 2.634,10
Freigrenze für Ihren Partner
EUR 441,00
Freigrenze für 1 Kind
EUR 220,50
Freigrenze für 1 Kind
EUR 220,50
Freigrenze für 1 Kind
EUR 220,50
Mehrkindzuschlag
EUR 50,00
anrechenbares Einkommen
EUR 1482,00 x 12 Monate/366 Tage
ergibt einen Anrechnungsbetrag von EUR 48,59 täglich.
Ihr täglicher Notstandshilfeanspruch ohne Anrechnung betrüge EUR 23,62 (inkl. 2 Familienzuschläge). Da die Anrechnung den Anspruch übersteigt ist kein Anspruch auf Notstandshilfe gegeben.
Es ergibt sich nachstehende Berechnung für das Jahr 2004 (gemeint offenbar: 2005):
Einkommen
EUR 2.634,10
Freigrenze für Ihren Partner
EUR 447,00
Freigrenze für 1 Kind
EUR 223,50
Freigrenze für 1 Kind
EUR 223,50
Freigrenze für 1 Kind
EUR 223,50
Mehrkindzuschlag
EUR 50,00
anrechenbares Einkommen
EUR 1467,00 x 12 Monate/365 Tage
ergibt einen Anrechnungsbetrag von EUR 48,23 täglich.
Ihr täglicher Notstandshilfeanspruch ohne Anrechnung betrüge EUR 23,62 (inkl. 2 Familienzuschläge). Da die Anrechnung den Anspruch übersteigt ist kein Anspruch auf Notstandshilfe gegeben.
Ihr Leistungsbezug war daher zu widerrufen. Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG kann die Notstandshilfe auch dann zurückgefordert werden, wenn sich auf Grund nachträglich vorgelegter Steuerbescheide ergibt, dass die Leistung nicht gebührte.
Da Ihnen auf Grund der abgegebenen monatlichen Erklärungen bereits ein Teil des Einkommens Ihres Gatten angerechnet wurde, ergibt sich folgende Rückforderung:
Zeitraum
ausbezahlter Tagsatz
berichtigter Tagsatz
Differenz
Tage
Summe
21.2.2004-10.8.2004
EUR 23,62
EUR 0
EUR 23,62
172
EUR 4.062,64
11.8.2004-2.11.2004
EUR 23,62
EUR 19,44
EUR 4,18
84
EUR 351,12
1.10.-
30.11.2001
EUR 23,62
EUR 0
EUR 23,62
75
EUR 1.771,50
22.11.2004 - 31.1.2005
insgesamt
EUR 6.185,26
Da im Zeitraum 11.8.2004 bis 2.11.2004 aufgrund eines Kursbesuches eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes in Höhe von EUR 19,44 ausbezahlt wurde und nur der Differenzbetrag in Höhe von EUR 4,18 täglich als Notstandshilfe ausbezahlt wurde, ist für diesen Zeitraum nur der Differenzbetrag in Höhe von e 4,18 täglich zurückzufordern."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 2 AlVG ist Notstandshilfe nur zu gewähren, wenn u.a. Notlage vorliegt. Notlage liegt gemäß § 33 Abs. 3 AlVG vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist.
Gemäß § 2 Abs. 1 der Notstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 352/1973 in der Fassung BGBl. Nr. 388/1989, liegt Notlage vor, wenn das Einkommen des Arbeitslosen und das seines Ehepartners (Lebensgefährten) zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Arbeitslosen nicht ausreicht.
Gemäß § 2 Abs. 2 der Notstandshilfeverordnung sind bei der Beurteilung der Notlage die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen selbst sowie des mit dem Arbeitslosen im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners (Lebensgefährten) zu berücksichtigen. Durch eine vorübergehende Abwesenheit (Kur-, Krankenhausaufenthalt, Arbeitsverrichtung an einem anderen Ort uä.) wird der gemeinsame Haushalt nicht aufgelöst. Gleiches gilt, wenn der Arbeitslose die Hausgemeinschaft mit dem Ehepartner (Lebensgefährten) nur deshalb aufgegeben hat oder ihr ferngeblieben ist, um der Anrechnung des Einkommens zu entgehen.
§ 6 der Notstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 352/1973 in der Fassung BGBl. II Nr. 490/2001, lautet auszugsweise:
"B. Anrechnung des Einkommens des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin)
§ 6. (1) Bei Heranziehen des Einkommens des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) des (der) Arbeitslosen für die Beurteilung der Notlage ist wie folgt vorzugehen: Von dem Einkommen ist ein Betrag freizulassen, der zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) und der allenfalls von ihm zu versorgenden Familienmitglieder bestimmt ist (Freigrenze). Der die Freigrenze übersteigendende Teil des Einkommens ist auf die Notstandshilfe anzurechnen.
(2) Die Freigrenze beträgt pro Monat 430 Euro für den das Einkommen beziehenden Ehepartner (Lebensgefährten bzw. die Lebensgefährtin) und die Hälfte dieses Betrages für jede Person, für deren Unterhalt der Ehepartner (Lebensgefährte bzw. die Lebensgefährtin) auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt.
...
(8) Hat der Ehepartner (Lebensgefährte bzw. die Lebensgefährtin) ein schwankendes Einkommen, wie zB Akkordverdienste, regelmäßige, aber ungleiche Überstundenleistungen, so ist der Anrechnung jeweils das durchschnittliche Erwerbseinkommen der letzten drei vollen Monate für den Anspruch auf Notstandshilfe für die darauffolgenden 52 Wochen zugrunde zu legen. Zwischenzeitliche Erhöhungen oder Verminderungen des schwankenden Einkommens bewirken keine Änderung der zuerkannten Notstandshilfe. Fällt das schwankende Erwerbseinkommen zur Gänze weg, ist der Anspruch auf Notstandshilfe neu zu bemessen.
..."
§ 36a AlVG hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"36a. (1) Bei der Feststellung des Einkommens für die Beurteilung des Vorliegens von Arbeitslosigkeit (§12 Abs. 6 lit. a bis e), des Anspruchs auf Familienzuschlag (§ 20 Abs. 2 und 5), und für die Anrechnung auf die Notstandshilfe ist nach den folgenden Absätzen vorzugehen.
...
(5) Das Einkommen ist wie folgt nachzuweisen:
1. bei Personen, die zur Einkommensteuer veranlagt werden, durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem die Leistung nach diesem Bundesgesetz bezogen wird, und bis zum Vorliegen dieses Bescheides auf Grund einer jeweils monatlich im nachhinein abzugebenden Erklärung des selbständig Erwerbstätigen und geeigneter Nachweise;
...
(7) Als monatliches Einkommen gilt bei durchgehender selbständiger Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des sich ergebenden Jahreseinkommens, bei nur vorübergehender selbständiger Erwerbstätigkeit das anteilsmäßige Einkommen in den Monaten, in denen selbständige Erwerbstätigkeit vorlag. Bis zum Vorliegen des Einkommensteuerbescheides für das betreffende Kalenderjahr ist das Einkommen in einem bestimmten Kalendermonat jeweils durch Zusammenrechnung des für diesen Kalendermonat nachgewiesenen Einkommens mit den für frühere Kalendermonate desselben Kalenderjahres nachgewiesenen Einkommen geteilt durch die Anzahl der Monate im Kalenderjahr, für die eine Einkommenserklärung vorliegt, zu ermitteln."
Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes als gesetzlich nicht begründet herausstellt, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.
§ 25 Abs. 1 AlVG sieht vor, dass bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten ist, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Der Empfänger einer Leistung nach dem AlVG ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne sein Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte. In diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen.
Gemäß § 38 AlVG sind die genannten Bestimmungen auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.
Unter Berufung auf § 25 Abs. 1 AlVG legt die Beschwerdeführerin dar, es sei auf das Einkommen des Leistungsempfängers, nicht aber auf jenes des Partners abzustellen. Der Rückforderungsbetrag dürfe daher nicht das von der Beschwerdeführerin erzielte Einkommen übersteigen. Die Beschwerdeführerin habe jedoch während des gegenständlichen Zeitraumes keinerlei Einkommen bezogen.
Zu diesem Beschwerdevorbringen ist zunächst festzuhalten, dass § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG den oben genannten, von einem Verschulden unabhängigen Rückforderungstatbestand enthält. Schon das zeigt, dass die Gewährung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung an Personen, bei denen erst im Nachhinein feststellbar ist, ob ihnen diese Leistungen mit Rücksicht auf ihr Einkommen tatsächlich gebühren, vorerst nicht endgültig erfolgt. Die Alternative, dass solchen Personen stets erst im Nachhinein Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gewährt werden könnten, wird vom Gesetzgeber damit vermieden.
Die in § 36a Abs. 2 bis 7 AlVG enthaltenen Grundsätze der Einkommensanrechnung gelten im Übrigen auch für die Anrechnung von Partnereinkommen auf die Notstandshilfe, wie sich aus § 36a Abs. 1 AlVG ergibt. Ein gleichheitsrechtlich bedenkliches Ergebnis einer Ungleichbehandlung von Notstandshilfeempfängern mit Partnern mit Erwerbseinkommen aus selbständiger und solchen mit Erwerbseinkommen aus unselbständiger Tätigkeit wird so verhindert. Der von einem Verschulden unabhängige Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 AlVG ist daher auch im vorliegenden Fall anwendbar.
Zu Begrenzung der Rückforderung mit der Höhe des erzielten Einkommens gemäß § 25 Abs. 1 3. Satz, zweiter Halbsatz AlVG ist darauf hinzuweisen, dass diese schon wegen des Auseinanderfallens von Einkommensbezieher und Rückzahlungspflichtigem bei der Anrechung von Partnereinkommen ins Leere gehen muss. Bei einer solchen Anrechnung bedarf es dieser Begrenzung aber auch nicht, weil sich eine Begrenzung schon aus anderen Vorschriften ergibt:
Wenn nämlich das Nettoeinkommen des Partners (abzüglich von Freibeträgen) auf die Notstandshilfe angerechnet wird und dies zu einer Verringerung oder einem Wegfall des Anspruches auf Notstandshilfe führt, dann ist schon auf Grund dessen nach den oben genannten Bestimmungen des AlVG und der Notstandshilfeverordnung auszuschließen, dass vom Notstandshilfeempfänger mehr zurückgefordert wird, als ihm aus dem Einkommen seines Partners unter Zugrundelegung der genannten Rechtsnormen als zugute zugekommen unterstellt wird. Im Übrigen ist es damit auch nicht möglich, dass vom Notstandshilfeempfänger mehr zurückgefordert wird, als das Einkommen des Partners beträgt, während bei einem Leistungsempfänger, der selbst Einkommen bezieht, und bei dem die bloße Überschreitung der Einkommensgrenze zum Wegfall der gesamte Leistung mangels Arbeitslosigkeit führen kann, die Rückforderung insoweit einer Beschränkung bedarf (vgl. VfSlg. 15247/1998).
Die belangte Behörde konnte daher zu Recht das Vorliegen eines verschuldensunabhängigen Rückforderungstatbestandes annehmen.
Ausgehend davon ist es im gegenständlichen Zusammenhang entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht von Relevanz, ob die Beschwerdeführerin der Meinung gewesen ist, auch nach einer behaupteten Aufhebung der Lebensgemeinschaft weiterhin Einkommensbestätigungen des S. vorlegen zu müssen.
Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin, wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, auch noch in ihrem Antrag auf Zuerkennung von Notstandshilfe vom 14. Februar 2005 S. als Lebensgefährten, der mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebt, angegeben. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes kann es der belangten Behörde nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn sie von einem gemeinsamen Haushalt und dem Bestehen einer Lebensgemeinschaft ausgegangen ist.
Soweit die Beschwerdeführerin als Verfahrensmangel die Unterlassung der Einvernahme des S. rügt, bringt sie nicht vor, was S. vorgebracht hätte, das zu einem anderen Ergebnis in der Sache hätte führen können. Die Relevanz des Verfahrensmangels wird daher von der Beschwerdeführerin nicht dargelegt.
Die Beschwerdeführerin beruft sich schließlich darauf, dass die Freigrenze nach den vom Arbeitsmarktservice erlassenen Richtlinien zur Freigrenzenerhöhung bis zu 50 % erhöht werden könne, was von der belangten Behörde nicht berücksichtigt worden sei. Es hätte die monatliche Zahlung des S. an seine älteste Tochter in Höhe von EUR 376,72 berücksichtigt werden müssen. Die belangte Behörde habe auch für diese Tochter lediglich eine Freigrenze in Höhe von EUR 220,50 angenommen, weshalb S. aufgrund der Unterhaltszahlung an diese Tochter lediglich ein um den nicht berücksichtigten Differenzbetrag von EUR 156,22 verminderter Betrag von EUR 284,78 anstelle des Betrages von EUR 441,-- verblieben sei.
Die Beschwerdeführerin zeigt aber nicht auf, welche Auswirkung eine derartige Berücksichtigung auf das Verfahrensergebnis gehabt hätte. Sie hatte unbestritten einen Notstandshilfeanspruch ohne Anrechnung von EUR 23,62 inklusive der Familienzuschläge für ihre beiden Kinder. Wie die belangte Behörde in der Gegenschrift darlegt, würde sich auch bei einer 50%igen Freigrenzenerhöhung im Jahre 2004 ein Anrechnungsbetrag von EUR 32,13 und im Jahre 2005 von EUR 31,50 täglich ergeben. Damit ist es aber ausgeschlossen, dass im Ergebnis ein anderer Bescheid erzielt worden wäre.
Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde schließlich vor, auch über den Zeitraum vom 1. Oktober 2001 bis 30. November 2001 (gemeint wohl jeweils: 2004) abgesprochen zu haben, obwohl dieser nicht Gegenstand der erstinstanzlichen Bescheide gewesen sei.
Die Widerrufs- und Rückforderungszeiträume und die Rückforderungsbeträge sind in den erstinstanzlichen Bescheiden vom 14. April 2006 folgendermaßen umschrieben:
"21.02.2004 - 10.08.2004
Euro 4.039,02"
"11.08.2004 - 02.11.2004 Differenzrückforderung
Euro 351,12"
"03.11.2004 - 06.11.2004 und vom 22.11.04 - 31.01.2005
Euro 1.771,50".
Nähere Ausführungen zum Zeitraum oder zur Höhe des Rückforderungsbetrages sind in den Begründungen nicht enthalten.
Der Spruch des in Beschwerde gezogenen Bescheides lautet:
"Über Ihre Berufung vom 3.5.2006 gegen die Bescheide des Arbeitsmarktservice Prandaugasse vom 14.4.2006 betreffend Widerruf der Zuerkennung der Notstandshilfe vom 21.2.2004 bis 31.1.2005 (teilweiser Widerruf für den Zeitraum 11.8.2004 bis 2.11.2004) gemäß § 24 Abs. 2 und Rückforderung des unberechtigt Empfangenen in Höhe von insgesamt EUR 6.185,26 gemäß § 25 Abs. 1 in Verbindung mit § 38 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (BGBl. Nr. 609/1977 - AlVG) in geltender Fassung hat die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien durch den gemäß § 56 Abs. 3 und 4 in Verbindung mit § 58 AlVG zuständigen Ausschuss mit Beschluss entschieden.
Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt."
Wie sich aus dem Spruch des in Beschwerde gezogenen Bescheides eindeutig ergibt, wurde der Berufung keine Folge gegeben sondern fand eine Bestätigung der erstinstanzlichen Aussprüche statt. Schon nach dem Wortlaut des Spruches besteht kein Zweifel, dass die Nennung von Zeiten im Einleitungssatz nur deklaratorischen Charakters ist und keine Normativität besitzt. Angesichts dessen vermag auch die Bescheidbegründung nicht für ein anderes Ergebnis erfolgreich ins Treffen geführt werden. Im Übrigen ist schon auf Grund der Nennung des Jahres 2001 in der Bescheidbegründung offensichtlich, dass der Behörde in diesem Zusammenhang bloß Schreibfehler unterlaufen sind, waren doch Zeiten aus diesem Jahr nicht Gegenstand des Verfahrens.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und soweit Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EuGH hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren nur rechtliche oder "hoch-technische" Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies aber auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.
Zur Lösung der Rechtsfragen ist im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof, im vorliegenden Fall dem einzigen Tribunal im Sinne des Art. 6 EMRK, nicht geboten. Der vorliegende Fall wirft aber auch sonst keine Fragen auf, die im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung erfordern. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer
mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.
Wien, am 19. Dezember 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006080296.X00Im RIS seit
07.02.2008Zuletzt aktualisiert am
23.11.2011