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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §24 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2007/17/0197Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Anträge der BD in Pettnau, vertreten durch Dr. Christian Ortner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Meinhardstraße 7, auf 1. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. Februar 2007, Zl. Ib-17437/1-2007, betreffend Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages, erhobenen Beschwerde sowie auf
2. Wiederaufnahme des mit hg. Beschluss vom 24. September 2007, Zl. 2007/17/0149, eingestellten Beschwerdeverfahrens in dieser Sache, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Die Beschwerdeführerin erhob gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. Februar 2007, Zl. Ib-17437/1-2007, Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Nach Ablehnung ihrer Behandlung wurde die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten, wo sie zur hg. Zl. 2007/17/149 protokolliert wurde.
Mit Verfügung vom 26. Juli 2007 wurde die Originalbeschwerde gemäß § 34 Abs. 2 VwGG an die Beschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtsfreundes zurückgestellt und die Behebung von Mängeln wie folgt aufgetragen:
"1. Es ist das Recht, in dem die beschwerdeführende Partei verletzt zu sein behauptet, bestimmt zu bezeichnen (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG).
2. Es sind Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, anzuführen (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG).
3. Es ist ein der Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGG entsprechendes bestimmtes Begehren zu stellen (§ 28 Abs. 1 Z. 6 VwGG).
4. Überdies ist - außer dem ergänzenden Schriftsatz - eine weitere Ausfertigung der ursprünglichen Beschwerde für die mitbeteiligte Partei beizubringen (§§ 24 Abs. 1 und 29 VwGG).
Zur Behebung dieser Mängel wird eine Frist von sechs Wochen, vom Tage der Zustellung dieser Zuschrift an gerechnet, bestimmt.
Soweit sich der Ergänzungsauftrag nicht in der Anforderung weiterer Ausfertigungen der ursprünglichen Beschwerde erschöpft, ist der ergänzende Schriftsatz in dreifacher Ausfertigung vorzulegen.
Die Versäumung der Frist gilt als Zurückziehung der Beschwerde.
..."
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 2007 wurde das Verfahren mit der Begründung eingestellt, dass die Beschwerdeführerin den Mängelbehebungsauftrag vom 26. Juli 2007 insoweit nicht erfüllt habe, als sie ihren Mängelbehebungsschriftsatz lediglich in zweifacher statt in dreifacher Ausfertigung vorgelegt habe.
Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2007 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Vorlage einer dritten Ausfertigung ihres Schriftsatzes vom 6. September 2007, in eventu auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VwGG.
Begründend führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe nicht damit gerechnet, dass außerhalb Punkte 1. bis 4. der Berichterverfügung noch ein weiterer Auftrag hinsichtlich der Anzahl der Ausfertigungen des Ergänzungsschriftsatzes enthalten sein könnte. "Nachdem die Notwendigkeit der Einbringung des Schriftsatzes in dreifacher Ausfertigung bis dahin nicht bekannt" gewesen sei und "die Verbesserungsaufträge optisch klar vom Hinweis auf die Notwendigkeit einer dritten Ausfertigung abgesetzt" gewesen seien, sei die "Annahme einer Säumnis durch die Vorlage des Schriftsatzes vom 6. 9. 2007 in nur zweifacher Ausfertigung rechtsirrig, ohne dass die Beschwerdeführerin hieran ein Verschulden träfe".
1. Zum Wiedereinsetzungsantrag:
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Gemäß Abs. 3 des § 46 ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGG sind die Beschwerden und sonstigen Schriftsätze unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Von jedem Schriftsatz samt Beilagen sind so viele gleich lautende Ausfertigungen beizubringen, dass jeder vom Verwaltungsgerichtshof zu verständigenden Partei oder Behörde eine Ausfertigung zugestellt und überdies eine für die Akten des Gerichtshofes zurückbehalten werden kann.
Betrachtet man den Mängelbehebungsauftrag vom 26. Juli 2007 vor dem Hintergrund der gesetzlichen Bestimmungen des § 24 VwGG, so kann nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht davon gesprochen werden, dass der Auftrag seiner Form oder seinem Inhalt nach missverständlich gewesen wäre. Vielmehr konnte der Auftrag nur so verstanden werden, dass die Beschwerdeergänzung, mit welcher den Punkten 1. bis 3. entsprochen wird, in dreifacher Ausfertigung vorzulegen ist. Dem steht auch der Umstand, dass sich dieser - durch Fettdruck hervorgehobene - Teil des Auftrages erst auf der zweiten Seite der Ausfertigung befand, nicht entgegen. Infolge des Fehlens von Datum und Name des Berichters sowie des Beglaubigungsvermerks der Kanzlei konnte nicht davon ausgegangen werden, dass die erste Seite der Berichterverfügung den vollständigen Ergänzungsauftrag enthält. Dass es sich bei dem Text auf der zweiten Seite der Berichterverfügung um einen Auftrag auf Vorlage von drei Ausfertigungen handelt und nicht bloß um einen Hinweis, der nicht befolgt werden müsste, ergibt sich aus dessen Wortlaut, aber auch aus § 24 VwGG. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, dass der Irrtum des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin durch die genannte Verfügung verursacht worden wäre.
Warum es "für die Beschwerdeführerin bzw. für die Kanzlei des Einschreiters nicht ersichtlich" gewesen sein sollte, dass "es im Verfahren noch eine mitbeteiligte Partei gebe, für die selbstverständlich noch eine weiteres Ausfertigung des Schriftsatzes vorgesehen werden müsste" kann dem Wiedereinsetzungsantrag nicht entnommen werden und ist für den Verwaltungsgerichtshof - auch angesichts des ausdrücklichen Verweises auf die mitbeteiligte Partei in Punkt 4. - nicht ersichtlich. Dass durch die von der Antragstellerin eingebrachte Beschwerde nicht die rechtlichen Interessen der Gemeinde Pettnau, welche nach dem Beschwerdevorbringen den verfahrensgegenständlichen Erschließungsbeitrag vorgeschrieben hat, berührt worden wären, wurde von der Antragstellerin nicht behauptet (§ 21 Abs. 1 VwGG).
Leichte Fahrlässigkeit des Parteienvertreters hindert die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht, wenn es dem Verwaltungsgerichtshof glaubhaft erscheint, dass der einschreitende Rechtsanwalt die Berichterverfügung missverstanden hat und nur dadurch dem Verbesserungsauftrag nicht rechtzeitig nachkommen konnte (vgl. den hg. Beschluss vom 24. März 1997, Zl. 96/19/3672, auf welchen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
Im vorliegenden Fall kann vom Vorliegen einer missverständlichen Formulierung der Berichterverfügung nicht gesprochen werden. Bei Anlegung des bei beruflichen rechtskundigen Parteienvertretern gebotenen strengeren Maßstabes hätte es die dem Vertreter der Antragstellerin obliegende Sorgfaltspflicht erfordert, den Auftrag aufforderungsgemäß zu erfüllen bzw. sich bei allfälligen Zweifeln an der richtigen Deutung desselben Klarheit durch Rücksprache bzw. Lektüre der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen zu verschaffen. Der Rechtsvertreter der Antragstellerin hätte sich nicht ohne weiteres darauf verlassen dürfen, dass die Anzahl der Ausfertigungen, mit welchen er Schriftsätze vor dem Verfassungsgerichtshof eingebracht hat, auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof genügen würde. Das behauptete Missverständnis war daher nicht bloß auf einen minderen Grad des Versehens zurückzuführen.
Es war daher dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattzugeben.
2. Zum hilfsweise gestellten Wiederaufnahmeantrag:
Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens ist gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VwGG auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn das Erkenntnis oder der Beschluss auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht. Der Wiederaufnahmegrund nach dieser Bestimmung liegt auch dann vor, wenn der Verwaltungsgerichtshof in einem Einstellungsbeschluss rechtsirrtümlich angenommen hätte, dass einem gemäß § 34 Abs. 2 VwGG erteilten Auftrag zur Mängelbehebung nicht voll entsprochen worden sei, etwa weil dem Beschwerdeführer tatsächlich ein Auftrag nach § 28 Abs. 1 Z 7 VwGG nicht zugekommen wäre (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 3. September 1998, Zl. 98/09/0094, mwN).
Davon kann aber im vorliegenden Fall nach den obigen Ausführungen zum Wiedereinsetzungsantrag nicht die Rede sein. Dem Vertreter der Beschwerdeführerin ist nämlich ein vollständiger und unmissverständlicher Mängelbehebungsauftrag zugegangen, der unvollständig erfüllt wurde, sodass von einer Fristversäumung auszugehen ist.
Der geltend gemachte Wiederaufnahmegrund liegt daher nicht vor, sodass über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 3 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung wie im Spruch zu entscheiden war.
Wien, am 21. Dezember 2007
Schlagworte
FristMängelbehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007170196.X00Im RIS seit
15.05.2008Zuletzt aktualisiert am
08.06.2009