TE Vwgh Erkenntnis 2008/1/23 2005/07/0032

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Veröffentlicht am 23.01.2008
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

IEV 1998 §5 Abs1;
IEV 1998 §5;
IEV 1998 §7;
IEV 1998;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §32 Abs4 idF 1990/252;
WRG 1959 §32b idF 1997/I/074;
WRGNov 1997;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde des Ing. M K in F, vertreten durch Dr. Rolf Philipp und Dr. Frank Philipp, Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, Bahnhofstraße 16, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 13. Jänner 2005, Zl. UVS-1-505/E8-2004, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959 (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. Jänner 2005 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma B-GmbH und daher als gemäß § 9 VStG verantwortliches, zur Vertretung nach Außen berufenes Organ der Firma B-GmbH & Co KG zu verantworten, dass diese Firma als Indirekteinleiter seit 1. April 2003 ohne Zustimmung des Kanalisationsunternehmens - des Abwasserverbandes V - Abwässer aus der Betriebsanlage in die wasserrechtlich bewilligte öffentliche Schmutzkanalisation eingeleitet habe.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs. 1 Z. 24 in Verbindung mit § 32b Abs. 1 letzter Satz WRG 1959 und § 5 der Indirekteinleiterverordnung begangen.

Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) verhängt.

In der Begründung heißt es, folgender Sachverhalt stehe fest:

Die B-GmbH & Co KG leite Abwässer der gewerblichen Betriebsanlage (KFZ-Werkstätte und KFZ-Waschanlage) seit etwa 20 Jahren in die Ortskanalisation. Die eingeleiteten Abwässer gelangten von dort in die wasserrechtlich bewilligte Kläranlage des Abwasserverbandes V. Dieser Abwasserverband habe keine Zustimmung für die Einleitung der Abwässer jedenfalls für die Zeit ab 12. Juli 1999 erteilt.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, nach den Bestimmungen der WRG-Novelle 1997 und der Indirekteinleiterverordnung bestehe auch für Indirekteinleitungen, die bei Inkrafttreten dieser Rechtsvorschriften schon bestanden, das Erfordernis der Zustimmung des Kanalisationsunternehmens. Somit sei davon auszugehen, dass auch diese Indirekteinleitungen eine Zustimmung des Kanalisationsunternehmens, die auf Grundlage der Regelungen für Indirekteinleiter gemäß § 32b WRG 1959 und gemäß der Indirekteinleiterverordnung zustande gekommen sei, benötigten.

Der Beschwerdeführer stelle nicht in Abrede, dass der Abwasserverband V der Einleitung jedenfalls nicht schriftlich zugestimmt habe; er behaupte aber, dass eine konkludente oder mündliche Zustimmung des Abwasserverbandes vorliege. Diese Behauptung stütze der Beschwerdeführer zusammengefasst darauf, dass die B-GmbH & Co KG schon seit mindestens 20 Jahren Abwässer in die Kanalisation einleite, der Abwasserverband V dem nie widersprochen habe und für die Einleitung auch Kanalgebühren verrechnet worden seien. Aus diesen Umständen könne dem Abwasserverband aber nicht zugesonnen werden, einer Indirekteinleitung zugestimmt zu haben, die Rechtsvorschriften unterliege, die am 12. Juli 1997 (§ 32b WRG 1959) bzw. am 12. Juli 1998 (Indirekteinleiterverordnung) in Kraft getreten seien und die die Zulässigkeit von Indirekteinleitungen wesentlich geändert hätten. Nach den geänderten Rechtsvorschriften für Indirekteinleitungen werde nämlich die Verantwortung für die Einhaltung der wasserrechtlichen Vorschriften in weiten Bereichen dem Kanalisationsunternehmen und dem Indirekteinleiter ohne behördliches Dazwischentreten übertragen. Damit stelle die Zustimmung zur Einleitung ein wesentliches Instrument des Kanalisationsunternehmens für die Erfüllung seiner Pflicht zur Erfassung und Überwachung der Abwassereinleitung und für die Einhaltung des wasserrechtlichen Konsenses für die Einleitung in den Vorfluter dar.

Bei der von der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung sei der Betriebsleiter der Kläranlage des Abwasserverbandes als Zeuge vernommen worden. Der Zeuge habe ausgesagt, dass der Abwasserverband im Frühjahr 2001 ein Schreiben an alle Betreiber von KFZ-Waschplätzen und KFZ-Werkstätten übermittelt habe. In diesem vom Zeugen vorgelegten Schreiben werde darauf hingewiesen, dass jeder Indirekteinleiter nur mit Zustimmung des Kanalisationsunternehmens in das Kanalnetz einleiten dürfe und es werde der Empfänger ersucht, den beigelegten Erhebungsbogen ausgefüllt zu retournieren. Weiters werde in diesem Schreiben angekündigt, dass dann durch den Abwasserverband ein Text für die Zustimmung bzw. Vereinbarung zur Diskussion und Gegenzeichnung vorgelegt werde. Der Zeuge habe weiter angegeben, dass die Firma B-GmbH & Co KG das Formular am 7. Mai 2001 ausgefüllt rückübermittelt habe. Er habe daraufhin mit Schreiben vom 5. Juni 2001 an diese Firma einen Vertragsentwurf zur Prüfung und Unterfertigung übermittelt. Nachdem in weiterer Folge nichts passiert sei, habe er am 8. November 2001 mit der Gewässeraufsicht den Betrieb besucht und dabei darauf hingewiesen, dass die Vertragsunterfertigung noch ausständig sei. Am 12. Dezember 2001 habe er den Beschwerdeführer in dieser Sache noch einmal angerufen. Nachdem in weiterer Folge wieder nichts geschehen sei, habe er wieder mit der Gewässeraufsicht den Betrieb überprüft. Der Beschwerdeführer habe diesen Angaben des Zeugen nicht widersprochen. Die vom Zeugen beschriebene Vorgangsweise des Abwasserverbandes - Einholung der Mitteilung im Sinne des § 5 Indirekteinleiterverordnung von der B-GmbH & Co KG nach Ausbleiben der selbständigen Mitteilung, Übermittlung eines Vertragsentwurfes an diese, nachfolgende mehrfache Betreibung der Vertragsunterzeichnung - belege, dass der Abwasserverband auch nach Inkrafttreten der geänderten Rechtsvorschriften für Indirekteinleiter eine Zustimmung zur Einleitung weder schlüssig noch mündlich erteilt habe. Ganz im Gegenteil habe der Abwasserverband der B-GmbH & Co KG durch Übermittlung eines schriftlichen Vertragsentwurfes unmissverständlich mitgeteilt, dass er nur in der im Entwurf festgelegten Weise die Einleitung der Abwässer gestatten möchte. Es stehe daher fest, dass der Beschwerdeführer die ihm angelastete Verwaltungsübertretung verwirklicht habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer bringt vor, mit ihrer Rechtsansicht, eine schlüssige entgeltliche Vereinbarung, auf Grund welcher über einen Zeitraum von 20 Jahren Abwässer in die Kanalisation eines Kanalisationsunternehmens eingeleitet worden seien, werde durch eine nachträgliche Änderung der Rechtslage (Inkrafttreten des § 32b WRG sowie der Indirekteinleiterverordnung) zwangsläufig unwirksam, wenn das Kanalisationsunternehmen wie hier etwa drei Jahre nach Inkrafttreten der geänderten Gesetzeslage (im Mai 2001) zu erkennen gebe, dass es den Abschluss einer neuen Vereinbarung wünsche, setze sich die belangte Behörde ohne Begründung über sämtliche Grundsätze des Vertragsrechtes hinweg. Es sei unbestritten, dass die B-GmbH & Co KG zumindest seit 1980 ihre betrieblichen Abwässer in die Kanalisationsanlage des Abwasserverbandes V einleite, wofür seitens des Abwasserverbandes Kanalisationsgebühren verrechnet und von der B-GmbH & Co KG regelmäßig bezahlt würden. Diese über Jahrzehnte seitens des Abwasserverbandes erfolgte Entgegennahme der Abwässer der B-GmbH & Co KG gegen Entgelt habe zum schlüssigen Zustandekommen eines entgeltlichen Vertrages über die Abwässereinleitung zwischen B-GmbH & Co KG und Abwasserverband geführt. Dieser Vertrag sei, nachdem eine Befristung offenkundig nicht erfolgt sei, auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden. Unbefristete entgeltliche Dauerschuldverhältnisse unterlägen grundsätzlich der Umstandsklausel. Sie könnten daher aus wichtigem Grund unverzüglich aufgelöst werden. Ohne Vorliegen eines solchen wichtigen Grundes könne hingegen ein unbefristetes Dauerschuldverhältnis wie das gegenständliche nur unter Setzung einer angemessenen Frist aufgelöst werden. Die Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses wirke niemals zurück. Im vorliegenden Fall habe der Abwasserverband V das konkludent zustande gekommene Vertragsverhältnis weder unter Setzung einer angemessenen Frist gekündigt noch aus wichtigem Grund aufgelöst. Wenn jedoch ein aufrechter Vertrag mit dem Kanalisationsunternehmen über die Einleitung der Abwässer in die Kanalisation vorliege, könne von einer fehlenden Zustimmung des Kanalisationsunternehmens zur Abwassereinleitung keine Rede sein.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichthof hat erwogen:

Nach § 137 Abs. 1 Z. 24 WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer Einleitungen in eine Kanalisationsanlage (§ 32b) ohne Zustimmung des Kanalisationsunternehmens vornimmt.

Der mit "Indirekteinleiter" überschriebene § 32b WRG 1959 wurde durch die WRG-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 74, in das WRG 1959 eingefügt und lautete in der Fassung dieser Novelle:

"§ 32b. (1) Wer Einleitungen in eine wasserrechtlich bewilligte Kanalisationsanlage eines anderen vornimmt, hat die gemäß § 33b Abs. 3 vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft erlassenen Emissionsbegrenzungen einzuhalten. Abweichungen von diesen Anforderungen können vom Kanalisationsunternehmen zugelassen werden, soweit dieses sein bewilligtes Maß der Wasserbenutzung einhält. Einleitungen bedürfen der Zustimmung des Kanalisationsunternehmens.

(2) Wer mit Zustimmung des Kanalisationsunternehmens Abwasser, dessen Beschaffenheit nicht nur geringfügig von der des häuslichen abweicht, in eine wasserrechtlich bewilligte Kanalisation einbringt, hat vor Beginn der Ableitung dem Kanalisationsunternehmen die einzubringenden Stoffe, die Frachten, die Abwassermenge sowie andere Einleitungs- und Überwachungsgegebenheiten mitzuteilen. Eine wasserrechtliche Bewilligung ist nicht erforderlich. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft kann durch Verordnung jene erforderlichen Daten festlegen, die eine Mitteilung an das Kanalisationsunternehmen zu beinhalten hat.

(3) Der Indirekteinleiter hat dem Kanalisationsunternehmen in Abständen von längstens zwei Jahren einen Nachweis über die Beschaffenheit der Abwässer durch einen Befugten zu erbringen. Das Kanalisationsunternehmen bleibt dafür verantwortlich, dass seine wasserrechtliche Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter nicht überschritten wird.

(4) Das Kanalisationsunternehmen hat ein Verzeichnis der gemäß Abs. 2 gemeldeten Einleiter zu führen und dieses in jährlichen Intervallen zu aktualisieren. Darüber ist der Wasserrechtsbehörde zu berichten. Den Inhalt und die Häufigkeit dieser Berichte hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft durch Verordnung festzulegen.

(5) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft hat durch Verordnung jene Herkunftsbereiche für Abwasser sowie Mengenschwellen festzulegen, für die auf Grund ihrer Gefährlichkeit, des Abwasseranfalles oder auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen ein Verfahren (§ 114) erforderlich ist. In dieser Verordnung ist auch eine Meldeverpflichtung an das Kanalisationsunternehmen im Sinne des Abs. 2 festzulegen.

(6) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft kann ferner durch Verordnung nähere Festlegungen über die Überwachung der Emissionsbegrenzungen für Einleitungen gemäß Abs. 1 und 5 treffen."

Durch die WRG-Novelle 1999, BGBl. I Nr. 155, wurde in Abs. 4 das Wort "gemeldeten" durch "mitgeteilten" und in Abs. 5 das Wort "Meldeverpflichtung" durch "Mitteilungspflicht" ersetzt. Die WRG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 82, änderte die Bezeichnung des zuständigen Bundesministers. Die Änderungen durch das Agrarrechtsänderungsgesetz 2005, BGBl. I Nr. 87, finden auf den Beschwerdefall noch keine Anwendung.

Auf der Grundlage des § 32b WRG 1959 wurde die Indirekteinleiterverordnung, BGBl. II Nr. 222/1998 (IEV) erlassen. Deren §§ 5 und 7 lauten:

"Pflichten des Indirekteinleiters

§ 5. (1) Eine Indirekteinleitung gemäß § 2 ist vor der erstmaligen Ausübung dem Kanalisationsunternehmen unaufgefordert und schriftlich mitzuteilen. Die Einleitung darf nicht ohne die Zustimmung des Kanalisationsunternehmens erfolgen.

(2) Eine Mitteilung gemäß Abs. 1 ist auch zu erstatten, wenn für die Indirekteinleitung eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist.

(3) Eine Mitteilung gemäß Abs. 1 hat zumindest jene Angaben zu enthalten, die in Anlage C genannt sind.

(4) Der gemäß Abs. 1 mitteilungspflichtige Indirekteinleiter hat dem Kanalisationsunternehmen über

1. die Einhaltung jener Maßnahmen nach Anlage C Z 9 und 10, welche der Mitteilung an das Kanalisationsunternehmen zugrunde liegen,

2. die eingeleiteten Abwassermengen und Frachten der maßgeblichen gefährlichen Abwasserinhaltsstoffe (Anlage C Z 12) und

3. die Ergebnisse der durchgeführten Eigen- und Fremdüberwachung in einem Zeitraum von zwei Jahren zu berichten, sofern das Kanalisationsunternehmen nicht die Berichtvorlage in kürzeren Intervallen fordert.

Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen für bestehende Indirekteinleitungen

§ 7. (1) Diese Verordnung tritt am 12. Juli 1998 in Kraft. Die erstmalige Vorlage eines Berichtes gemäß § 6 Abs. 2 und 3 hat bis 12. Juli 2001 zu erfolgen.

(2) Eine bei Inkrafttreten dieser Verordnung bestehende Indirekteinleitung ist binnen Jahresfrist ab Inkrafttreten dieser Verordnung dem Kanalisationsunternehmen unter Bekanntgabe der in die Überwachung einzubeziehenden

1.

Emissionsbegrenzungen und

2.

Abwassermenge(n) und Stofffrachten und

3.

Einleitungs- und sonstigen Gegebenheiten

mitzuteilen. Eine derartige Mitteilung ist nicht erforderlich, wenn am Tag des Inkrafttretens dieser Verordnung eine rechtliche Regelung zwischen dem Indirekteinleiter und dem Kanalisationsunternehmen mit gleichartigem Inhalt besteht oder wenn eine solche Mitteilung nachweislich schon früher erfolgt ist.

(3) Eine bei Inkrafttreten dieser Verordnung bestehende Indirekteinleitung, für die gemäß § 2 eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich wäre und die am 11. Juli 1997 bewilligt war (§§ 32 Abs. 4 oder 33g Abs. 3 WRG 1959), ist nach Maßgabe jener Bewilligung von der Bewilligungspflicht des § 32b Abs. 5 WRG 1959 ausgenommen; eine allfällige Befristung endet nicht vor Ablauf des 11. Juli 1999.

(4) Für eine bei Inkrafttreten dieser Verordnung bestehende Indirekteinleitung, für die gemäß § 2 eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich wäre und die nicht unter Abs. 3 fällt, gilt diese Bewilligungspflicht erst ab dem 12. Juli 1999, wenn sie mit Zustimmung des Kanalisationsunternehmens erfolgt und für sie längstens innerhalb von sechs Monaten ab Inkrafttreten dieser Verordnung eine wasserrechtliche Bewilligung (§ 114 WRG 1959) beantragt wird; eine Bewilligung darf bereits vor dem 12. Juli 1999 erteilt werden."

Der Beschwerdeführer beruft sich auf eine konkludent erteilte Zustimmung des Kanalisationsunternehmens.

Weder § 32b WRG 1959 noch die IEV sehen eine bestimmte Form der Zustimmungserteilung vor.

Raschauer (Wasserrecht (1993), Rz 12 zu § 32) hat zu § 32 Abs. 4 WRG 1959, der Vorgängerbestimmung des § 32b WRG 1959, die Auffassung vertreten, die Zustimmung des Kanalisationsunternehmens zur Indirekteinleitung sei eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung; sie müsse ausdrücklich erteilt werden. Bloße faktische Nichtuntersagung genüge nicht.

Bei der Zustimmung nach § 32 Abs. 4 (bzw. nach § 32b) WRG 1959 handelt es sich um einen privatrechtlichen Akt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1995, Zl. 94/07/0172). Eine Zustimmung ist eine Willenserklärung, die auch konkludent erteilt werden kann (vgl. OGH vom 10. Juli 2007, ZL. 17 Ob 11/07b, sowie - zur Zustimmung des Grundeigentümers zu einem Bauansuchen - das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 2004, Zl. 2003/05/0150). Weder der Wortlaut noch der Zweck des § 32b WRG 1959 bietet einen Anhaltspunkt dafür, dass für die Zustimmung nach dieser Bestimmung etwas anderes gelten sollte und diese Zustimmung nur ausdrücklich erteilt werden könnte. Die Zustimmung nach § 32b WRG 1959 kann daher auch konkludent erteilt werden. Ob eine bloße faktische Nichtuntersagung der Einleitung als Zustimmung anzusehen ist, hängt davon ab, ob sie unter den Gegebenheiten des jeweiligen Falles als konkludente Zustimmung angesehen werden kann.

Die belangte Behörde verneint das Vorliegen einer solchen konkludenten Zustimmung mit der Begründung, mit dem Inkrafttreten des § 32b WRG 1959 und der IEV habe sich die Zulässigkeit von Indirekteinleitungen wesentlich geändert und eine solche Einleitung bedürfe einer (neuen) Zustimmung des Kanalisationsunternehmens.

Die belangte Behörde geht demnach davon aus, dass selbst dann, wenn eine konkludente Zustimmung zur Indirekteinleitung vor dem Inkrafttreten des § 32b WRG 1959 zustande gekommen wäre, aus dieser für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen sei, weil die Indirekteinleitung nach den geänderten Vorschriften jedenfalls einer (neuen) Zustimmung des Kanalisationsunternehmens bedurft hätte. Eine solche liege aber nicht vor.

Unklar bleibt in diesem Zusammenhang, ob nach Ansicht der belangten Behörde das Erfordernis der Einholung einer neuen Zustimmung bzw. das damit verbundene Unwirksamwerden bestehender Zustimmungen mit dem Inkrafttreten des § 32b WRG 1959 am 12. Juli 1997 oder mit dem Inkrafttreten der IEV am 12. Juli 1998 oder allenfalls erst zu einem sonstigen Zeitpunkt eingetreten sein soll.

Der Auffassung der belangten Behörde, es liege keine Zustimmung des Kanalisationsunternehmens zur Indirekteinleitung durch das Unternehmen des Beschwerdeführers vor, ist zunächst entgegen zu halten, dass jener Sachverhalt, aus dem der Beschwerdeführer eine konkludente Zustimmung des Kanalisationsunternehmens zur Indirekteinleitung ableiten zu können glaubt, nämlich die Einleitung von Abwässern in die Kanalisation des Wasserverbandes sowie die Vorschreibung von Gebühren durch den Abwasserverband und deren Entrichtung durch das Unternehmen des Beschwerdeführers, den Behauptungen des Beschwerdeführers zufolge auch über das Inkrafttreten des § 32b WRG 1959 bzw. der IEV hinaus andauerte. Die belangte Behörde hätte daher - selbst bei Zugrundelegung ihrer eigenen Auffassung über die Notwendigkeit einer neuen Zustimmung nach Inkrafttreten des § 32b WRG 1959 bzw. der IEV - zu prüfen gehabt, ob die Sachverhaltsbehauptungen des Beschwerdeführers zutreffen und ob auf Grund dieses Sachverhaltes nach Inkrafttreten der neuen Vorschriften über die Indirekteinleitung eine (neue) Zustimmung des Kanalisationsunternehmens zur Indirekteinleitung zustande kam. Der Umstand, dass das Kanalisationsunternehmen im Jahr 2001 - also lange nach dem Inkrafttreten des § 32b WRG 1959 und der IEV - mit der Aufforderung zum Abschluss einer Vereinbarung an das Unternehmen des Beschwerdeführers herantrat, besagt für sich allein noch nicht, dass nicht schon vorher eine konkludente Zustimmung zur Indirekteinleitung erteilt wurde.

Davon abgesehen ist aber weder dem § 32b noch der IEV zu entnehmen, dass mit Inkrafttreten dieser neuen Indirekteinleiterregelungen früher gegebene Zustimmungen zu bestehenden Indirekteinleitungen ihre Wirksamkeit verloren hätten und in allen Fällen eine neue Zustimmung erforderlich sei.

Das Institut der Indirekteinleitung wurde nicht erst durch die WRG-Novelle 1997 in das WRG 1959 eingeführt, sondern bereits durch die WRG-Novelle 1959, BGBl. Nr. 54 (damals noch als § 30c Abs. 4 WRG 1934). § 30c Abs. 4 WRG 1934 in der Fassung der Novelle 1959 lautete:

"(4) Wer Einbringungen in eine bewilligte Kanalisationsanlage mit Zustimmung ihres Eigentümers vornimmt, bedarf für den Anschluss in der Regel keiner wasserrechtlichen Bewilligung. Das Kanalisationsunternehmen bleibt dafür verantwortlich, dass seine wasserrechtliche Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter weder überschritten, noch die Wirksamkeit vorhandener Reinigungsanlagen beeinträchtigt wird."

Durch die WRG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252, wurde § 32 Abs. 4 geändert und lautete nunmehr:

"(4) Wer Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation vornimmt (Indirekteinleiter), bedarf bei Zustimmung des Kanalisationsunternehmens dann keiner wasserrechtlichen Bewilligung, wenn auf die einzuleitenden Abwässer und Stoffe bei der Bewilligung der Kanalisationsanlage Bedacht genommen wurde und eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der Reinigungsanlage, bauliche Schäden oder Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage oder zusätzliche Gefahren für das Wartungs- und Betriebspersonal nicht zu besorgen sind. Das Kanalisationsunternehmen bleibt dafür verantwortlich, dass seine wasserrechtliche Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter weder überschritten noch die Wirksamkeit vorhandener Reinigungsanlagen beeinträchtigt wird. Der Landeshauptmann kann durch Verordnung für bestimmte Stoffe Grenzwerte festlegen, bei deren Einhaltung eine Bewilligung für Indirekteinleiter nicht erforderlich ist, sofern anlässlich der Bewilligung der Kanalisationsanlage nicht andere Regelungen getroffen wurden. Hinsichtlich der bei der Überwachung zu beachtenden Verfahren und Methoden, Referenzanalyseverfahren sowie sonstige für die Aussagekraft von Überwachungsergebnissen maßgeblichen Gesichtspunkte gelten die vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gemäß § 33b Abs. 5 verordneten Regelungen."

§ 32b WRG 1959 stellt gegenüber der Vorgängerregelung des § 32 Abs. 4 leg. cit. keine grundlegende Neuerung dar, sondern baut im Wesentlichen auf dieser auf. Der WRG-Novelle 1997 ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung der Indirekteinleitung einen so gravierenden Eingriff in schon vorhandene Indirekteinleitungen habe vornehmen wollen, wie er mit dem Unwirksamwerden aller bestehenden Zustimmungserklärungen und der Notwendigkeit der Einholung neuer Zustimmungserklärungen verbunden wäre.

Wie ein Blick auf die Vorgängerregelungen des § 32b WRG 1959 zeigt, ist auch die von der belangten Behörde für ihren Standpunkt ins Treffen geführte Verantwortlichkeit des Kanalisationsunternehmens keine Neuerung des § 32b WRG 1959, sondern fand sich schon in der Vorgängerbestimmung des § 32 Abs. 4 WRG 1959. Der Hinweis auf die durch § 32b WRG 1959 statuierte Verantwortlichkeit des Kanalisationsunternehmens vermag daher die Auffassung der belangten Behörde, § 32b leg. cit. verlange wegen geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen eine (neue) Zustimmung des Kanalisationsunternehmens, nicht zu stützen.

Neu eingeführt wurden durch § 32b WRG 1959 bestimmte Meldepflichten. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass mit dem Inkrafttreten der WRG-Novelle 1997 alle bisherigen Zustimmungen des Kanalisationsunternehmens ihre Geltung verloren und die Zustimmung neu zu erteilen war.

Ganz deutlich ist der IEV zu entnehmen, dass sie vom Weiterbestand von Zustimmungserklärungen ausgeht, die für bestehende Indirekteinleitungen vorhanden sind.

Die IEV unterscheidet zwischen der erstmaligen Ausübung einer Indirekteinleitung (§ 5) und bestehenden Indirekteinleitungen (§ 7). Für erstere erlegt sie dem Indirekteinleiter eine Mitteilungspflicht auf und weist darauf hin, dass die Einleitung nicht ohne die Zustimmung des Kanalisationsunternehmens erfolgen darf (§ 5 Abs. 1 IEV). Für letztere wird lediglich eine Mitteilungspflicht statuiert und selbst diese entfällt, wenn am Tag des Inkrafttretens der IEV eine rechtliche Regelung zwischen dem Indirekteinleiter und dem Kanalisationsunternehmen mit gleichartigem Inhalt besteht oder wenn eine solche Mitteilung nachweislich schon früher erfolgt ist. Von einem Zustimmungserfordernis ist im Gegensatz zu der Bestimmung des § 5 Abs. 1 IEV über erstmalige Indirekteinleitungen keine Rede. Das zeigt, dass die IEV von einem Weiterbestand von schon vorhandenen Zustimmungen bei bereits bestehenden Indirekteinleitungen ausgeht.

Die Neuregelung der Indirekteinleitung durch § 32b WRG 1959 bzw. die IEV hat daher nicht bewirkt, dass Zustimmungen, die im Geltungsbereich des § 32 Abs. 4 WRG 1959 erteilt wurden, mit dem Inkrafttreten der Neuregelung ihre Wirksamkeit verloren und für bestehende Indirekteinleitungen in jedem Fall eine neue Zustimmung erwirkt werden musste.

Ob sich durch das Inkrafttreten der geänderten Indirekteinleiterbestimmungen Gründe ergeben, die das Kanalisationsunternehmen zu einem Widerruf bestehender Zustimmungen berechtigen, ist eine andere Frage, die im Beschwerdefall nicht zu untersuchen ist.

Ausgehend von ihrer unzutreffenden Auffassung, eine konkludente Zustimmung komme im Beschwerdefall von Vornherein nicht in Betracht, hat die belangte Behörde keine Ermittlungen darüber angestellt, ob eine solche konkludente Zustimmung tatsächlich zustande gekommen ist. Sie hat daher den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 23. Jänner 2008

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Besondere RechtsgebieteAuslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005070032.X00

Im RIS seit

12.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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