TE Vwgh Erkenntnis 2008/1/23 2005/08/0158

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Veröffentlicht am 23.01.2008
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §10 Abs1 Z3;
AlVG 1977 §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des Ing. E in W, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Dr. Roland Gerlach und Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Köllnerhofgasse 6/2, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 14. Juli 2005, Zl. LGSW/Abt. 3-AlV/1218/56/2005-6800, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen einen Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitmarktservice Prandaugasse, mit dem der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für die Zeit vom 9. Mai 2005 bis 19. Juni 2005 ausgesprochen worden war, keine Folge gegeben. Weiters sprach die belangte Behörde aus, dass eine Nachsicht gemäß § 10 Abs. 3 AlVG nicht gewährt werde.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Beschwerdeführer am 28. April 2005 eine Kursmaßnahme ("Jobexpress beim Schulungsinstitut Venezia") zugewiesen worden sei. Kursbeginn wäre der 9. Mai 2005 gewesen. In der vom Beschwerdeführer unterschriebenen Betreuungsvereinbarung werde ausgeführt, dass durch den Kursbesuch eine Stärkung der persönlichen, sozialen und organisatorischen Kompetenzen erfolgen solle. Ebenso werde die Entwicklung von Bewerbungsstrategien und eine realistische Karriereplanung vermittelt. Der Beschwerdeführer habe diese Kursmaßnahme nicht angetreten und das Niederschriftsformular vom 9. Mai 2005 nicht unterzeichnet.

Der Beschwerdeführer beziehe seit 1. Jänner 2001 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Bei der ihm zugewiesenen Maßnahme handle es sich um eine Maßnahme speziell für ältere und langzeitbeschäftigungslose Personen; als Zielgruppe würden auch Menschen mit körperlichen Behinderungen genannt. Es handle sich um eine sechswöchige Maßnahme, in der die im Betreuungsplan angegebenen Inhalte vermittelt werden sollten. Es gebe die Möglichkeit eines vierwöchigen Praktikums und nach Kursende könne für die Dauer von vier Wochen Einzelcoaching in Anspruch genommen werden. Diese Maßnahme sei "sehr auf Vermittlung und Einzelbetreuung ausgerichtet" und es könne dem Einwand des Beschwerdeführers, dass der Wiedereinstieg ins Berufsleben dadurch gefährdet bzw. behindert werde, nicht gefolgt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AlVG verliert die arbeitslose Person, wenn sie ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 7. September 2005, Zl. 2002/08/0229) ist Voraussetzung für die Zuweisung zu einer Maßnahme, dass dem Arbeitslosen bestimmte Kenntnisse und Fähigkeiten fehlen, weshalb ihm keine zumutbare Beschäftigung vermittelt werden kann. Maßgeblich für eine Zuteilung zu einer Maßnahme sind somit die fehlenden Qualifikationen des Arbeitslosen für die Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung, die durch die Maßnahme erreicht werden soll.

2. Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung vorgebracht, dass die Maßnahme "Jobexpress" aus näher ausgeführten Gründen für ihn nicht geeignet sei. Insbesondere legte der Beschwerdeführer dar, dass er kein Handicap im Lernverhalten oder im Kommunikations- und Sozialverhalten besitze, sondern viele Jahre lang als leitender Angestellter tätig gewesen sei, der sich - wie aus Unterlagen, die der Beschwerdeführer mit der Berufung vorlegte, zu entnehmen sei - auch ständig weitergebildet habe. Die Maßnahme "Jobexpress" sei, wie er in Erfahrung gebracht habe, für Personen mit besonderen Bedürfnissen vorgesehen und sie stelle für ihn keine Hilfe dar, um ihm den Wiedereinstieg in das Berufsleben zu erleichtern. Die Teilnahme an dieser Maßnahme hätte den Beschwerdeführer am Arbeitsmarkt disqualifiziert, da seine Qualifikation in Frage gestellt werde, wenn ein potentieller Arbeitgeber erfahren sollte, dass er - mit seiner Ausbildung und Berufserfahrung - einen Kurs notwendig gehabt habe, der für Personen mit besonderen Bedürfnissen vorgesehen sei. Eine Mitarbeiterin des Unternehmens, welche die Maßnahme durchführe, habe ihm bestätigt, dass die Zielgruppe für den Kurs "Jobexpress" Personen seien, welche ein Handicap in ihrem Kommunikations-, Lern- oder Sozialverhalten aufwiesen.

3. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht näher auseinander gesetzt. Sie hat es sich insbesondere auch nicht damit auseinander gesetzt, welche konkreten Kenntnisse und Fähigkeiten des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit Bewerbungsvorgängen fehlen würden, was jedoch im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2006, Zl. 2005/08/0175, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Zudem lässt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten auch nicht entnehmen, dass der Beschwerdeführer bereits bei der Zuweisung zur Maßnahme über die Gründe, aus denen das Arbeitsmarktservice diese Maßnahme im konkreten Fall als erforderlich erachtete, in Kenntnis gesetzt worden wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. September 1995, Zl. 94/08/0131).

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das auf den Ersatz der Umsatzsteuer gerichtete Kostenmehrbegehren war abzuweisen, da im zugesprochenen Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.

Wien, am 23. Jänner 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005080158.X00

Im RIS seit

15.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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