TE Vwgh Erkenntnis 2008/1/23 2005/07/0001

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.01.2008
beobachten
merken

Index

L66205 Landw Bringungsrecht Güter- und Seilwege Salzburg;
80/06 Bodenreform;

Norm

GSGG §6 Abs1;
GSLG Slbg §4 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde des M L in B, vertreten durch Mag. Albert Reiterer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 22. Oktober 2004, Zl. LAS-5/22/5-2004, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit landwirtschaftliches Bringungsrecht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen .

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Mitglied der Bringungsgemeinschaft N. in V. Es handelt sich um eine Bringungsgemeinschaft nach dem Salzburger Güter- und Seilwegegesetz 1970 (GSLG). Die Bringungsgemeinschaft wurde mit Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (kurz: AB) vom 8. April 1963 durch Genehmigung eines Parteienübereinkommens begründet. Mit Bescheid der AB vom 23. Mai 1965 wurden dann unter anderem die Anteile für die Bringungsgemeinschaft neu festgesetzt, weil ein Mitglied ausgeschieden und neue Mitglieder einbezogen wurden.

Mit Schreiben vom 23. Februar 2004 stellte der Obmann der Agrargemeinschaft T. den Antrag auf Einbeziehung von bestimmten Vorteilsflächen in die Bringungsgemeinschaft.

Die Bringungsgemeinschaft hielt am 29. April 2004 eine Vollversammlung ab, auf deren Tagesordnung u.a. die Einbeziehung der Agrargemeinschaft mit bestimmten Vorteilsflächen stand, wobei für die Einbeziehung ein Mehrheitsbeschluss zustande kam.

Gegen diesen Vollversammlungsbeschluss erhob der Beschwerdeführer als überstimmtes Mitglied keine Beschwerde an die AB als Aufsichtsbehörde.

Am 24. Mai 2004 überreichte Kaspar S. bei der AB das Protokoll der Vollversammlung der Bringungsgemeinschaft vom 29. April 2004 mit dem Ersuchen um bescheidmäßige Feststellung der Einbeziehung der Agrargemeinschaft mit bestimmten Vorteilsflächen entsprechend dem Beschluss der Vollversammlung der Bringungsgemeinschaft.

Mit Bescheid der AB vom 24. Juni 2004 wurde die Einbeziehung der Agrargemeinschaft mit bestimmten Vorteilsflächen in die Bringungsgemeinschaft vorgenommen.

Mit Schriftsatz vom 8. Juli 2004 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid Berufung, in der er (u.a.) darauf verwies, dass der Bringungsweg nur über seinen Privatweg - der nicht Teil der Bringungsgemeinschaft sei - erreicht werden könne, sodass es jedenfalls seiner Zustimmung zur Benützung dieses Privatweges bedürfe.

Im Verfahren über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der AB vom 24. Juni 2004 führte die belangte Behörde am 22. Oktober 2004 eine mündliche Verhandlung durch.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Oktober 2004 wurde die Berufung als unzulässig zurückgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides wird (u.a.) ausgeführt, dass gemäß § 13 Abs. 2 GSLG (richtig wohl: Abs. 3) die Bringungsgemeinschaft und die antragstellende Partei und allenfalls noch die übrigen Mitglieder der Bringungsgemeinschaft Parteien in diesem Verfahren seien. Keinesfalls Parteistellung habe aber ein Grundeigentümer, der eine Fläche (einen Privatweg; wobei offen gelassen wurde, ob es sich um einen "öffentlichen Privatweg" handle) besitze, die dem Bringungsweg vorgelagert sei. Eine Streitigkeit über die Benützung eines Privatweges stelle allenfalls eine zivilrechtliche Angelegenheit - nämlich ein Dienstbarkeitsstreit - dar, wofür nicht die AB, sondern die Zivilgerichte zuständig seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Zuerkennung der Parteistellung verletzt.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Mitglieder der Bringungsgemeinschaft verfügten über das immerwährende Recht, den Privatweg des Beschwerdeführers, welcher zur Benützung des Bringungsweges befahren werden müsse, benützen zu dürfen. Dieses Benützungsrecht bestehe jedoch nicht im Umfang der vorgenommenen "Verlängerung des Bringungsweges". Hinsichtlich dieser Erweiterung bestehe kein Benützungsrecht.

Des Weiteren könne § 13 GSLG keinerlei Regelung zur Parteistellung entnommen werden, sodass die allgemeinen Bestimmungen des AVG - insbesondere § 8 - anzuwenden seien, unter deren Zugrundelegung dem Beschwerdeführer jedenfalls Parteistellung zukomme.

Außerdem habe gemäß § 4 GSLG der Eigentümer eines belasteten Grundstückes Anspruch auf Einlösung der für die Bringungsanlage erforderlichen Grundflächen und es komme ihm deshalb Parteistellung zu.

Nicht zuletzt sei der angefochtene Bescheid von einem Senat erlassen worden, der die mündliche Verhandlung gar nicht geführt habe. Als Senatsmitglied sei nämlich Richter Dr. G. S. angeführt worden, obwohl dieser anlässlich der Verhandlung nicht anwesend gewesen sei, und Richter Dr. A. S. hingegen, der anwesend gewesen sei, sei gar nicht erwähnt worden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 GSLG ist als Bringungsrecht im Sinne dieses Gesetzes das zugunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht zu verstehen, Personen und Sachen über fremden Grund (belastete Grundstücke) zu bringen.

§ 1 Abs. 2 GSLG lautet:

"Das Bringungsrecht kann auch die Berechtigung umfassen,

1. eine Bringungsanlage zu errichten, auszugestalten, zu erhalten, zu benützen und zu verwalten;

2.

eine fremde Bringungsanlage zu benützen und auszugestalten;

3.

die zu bringenden Sachen auf fremdem Grund zu lagern;

4.

die zur Errichtung, Ausgestaltung und Erhaltung einer Bringungsanlage notwendigen Sachen über fremden Grund zu bringen und auf fremdem Grund zu lagern."

§ 2 GSLG lautet auszugsweise:

"(1) Ein Bringungsrecht wird begründet

a) auf Antrag des Grundeigentümers durch Einräumung durch die Agrarbehörde oder

b) durch Parteienübereinkommen.

(2) Ein Bringungsrecht ist durch die Agrarbehörde einzuräumen, wenn

1. die zweckmäßige Bewirtschaftung von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes dadurch erheblich

beeinträchtigt wird, dass für die Bringung der auf den Grundstücken oder im Betriebe gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Bringungsmöglichkeit besteht und

2. dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht, das öffentliche Interessen nicht verletzt und den im Abs. 6 aufgezählten Erfordernissen entspricht, beseitigt oder gemildert werden kann.

.....

(6) Art, Inhalt und Umfang eines Bringungsrechtes ist so festzusetzen, dass

1. die durch seine Einräumung und Ausübung erreichbaren Vorteile die damit verbundenen Nachteile überwiegen,

2.

weder Menschen noch Sachen gefährdet werden,

3.

fremder Grund unter Berücksichtigung seines Verwendungszweckes in möglichst geringem Ausmaß in Anspruch genommen wird und

              4.              möglichst geringe Kosten verursacht werden.

.....

(8) Parteienübereinkommen gemäß Abs. 1 lit. b bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Genehmigung der Agrarbehörde. Diese Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Inhalt des Parteienübereinkommens unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen dieses Gesetzes öffentlichen Interessen nicht widerspricht.

.....

(10) Für die durch die Einräumung von Bringungsrechten verursachten vermögensrechtlichen Nachteile gebührt dem Eigentümer des belasteten Grundstückes und dem daran auf Grund seines Eigentums an einem anderen Gegenstand dinglich Berechtigten eine Entschädigung, die mangels eines diesbezüglichen Parteienübereinkommens unter sinngemäßer Anwendung des § 5 von der Agrarbehörde zu bestimmen ist. Unter solchen vermögensrechtlichen Nachteilen sind auch jene zu verstehen, die Nutzungsberechtigte, Gebrauchsberechtigte oder Bestandnehmer erleiden."

§ 18 GSLG lautet:

"Die Vollziehung dieses Gesetzes kommt, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, der Agrarbehörde zu. Sie hat insbesondere auf Antrag unter Ausschluss des Rechtsweges über Streitigkeiten zu entscheiden, die

1. Bestand, Inhalt, Umfang und Ausübung eines Bringungsrechtes einschließlich der Erhaltung von Bringungsanlagen betreffen,

2. Entschädigungs- oder Beitragsleistungen nach diesem Gesetz betreffen,

3. zwischen einer Bringungsgemeinschaft und ihren Mitgliedern oder den Mitgliedern untereinander aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehen und nicht bereits nach den Schlichtungsbestimmungen im Sinne des § 14 Abs. 1 Z. 5 beigelegt werden konnten."

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass das Grundstück Nr. 456/2 im Eigentum des Beschwerdeführers steht und ein Privatweg ist, wobei offen gelassen werden kann, ob es sich dabei um einen "öffentlichen Privatweg" handelt. Diese Fläche ist nicht in die Bringungsgemeinschaft einbezogen, sondern dem Bringungsweg vorgelagert. Dies ergibt sich aus der Verhandlungsschrift vom 6. März 1963, welche dem Gründungsbescheid vom 8. April 1963 als integrierender Bestandteil angeschlossen ist, und entspricht auch den wiederholten Ausführungen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren wie auch in der Beschwerde und wurde letztlich auch von der belangten Behörde festgestellt.

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe allen Mitgliedern der Bringungsgemeinschaft das Recht der immerwährenden Benützung dieses Privatweges eingeräumt. Durch Einbeziehung der Agrargemeinschaft mit bestimmten Vorteilsflächen habe eine unzulässige Erweiterung dieser Dienstbarkeit stattgefunden. Dem Beschwerdeführer komme daher auch Parteistellung zu. § 13 Abs. 3 GSLG enthalte keine Regelungen zur Parteistellung; diese sei vielmehr nach § 8 AVG zu beurteilen.

Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestimmt sich die Parteistellung in einer Verwaltungsverfahrensangelegenheit nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Rechtsvorschriften. Hierbei kommen in der Hauptsache Normen des materiellen Verwaltungsverfahrensrechtes, aber auch Vorschriften des speziellen Verfahrensrechtes in Betracht (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, S. 159, E 9a zu § 8 AVG m.w.N.).

Die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, kann anhand des AVG allein nicht gelöst werden. Die Parteistellung muss vielmehr aus den jeweils zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften abgeleitet werden (vgl. Hauer/Leukauf, a.a.O., S. 159, E 9b zu § 8 AVG m. w.N., sowie auch Walter/Thienel Verwaltungsverfahrensgesetze I,

2. Auflage, S. 194, E 31 zu § 8 AVG m.w.N.).

Durch den erstinstanzlichen Bescheid wurden lediglich Flächen der Agrargemeinschaft in die Bringungsgemeinschaft einbezogen. Einen Ausspruch des Inhalts, dass dadurch auch die zu Lasten eines Privatweges des Beschwerdeführers bestehende Dienstbarkeit erweitert werde, enthält dieser Bescheid nicht. Es werden daher keine aus dem GSLG oder aus sonstigen Rechtsvorschriften ableitbare Rechte des Beschwerdeführers berührt. Der Beschwerdeführer ist somit an der "Sache", nämlich der Einbeziehung von Flächen der Agrargemeinschaft in die Bringungsgemeinschaft, nicht iSd § 8 AVG vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt. Ihm kommt daher keine Parteistellung zu.

Ebenso kann der Ansicht des Beschwerdeführers nicht gefolgt werden, dass er gemäß § 4 Abs. 1 GSLG Anspruch auf Einlösung der für die Bringungsanlage erforderlichen Grundflächen und als Einlösungswerber somit Parteistellung habe, weil ihm die Stellung des Grundeigentümers im Enteignungsverfahren zukomme.

Umfasst ein Bringungsrecht die Berechtigung zur Errichtung einer Bringungsanlage (§ 1 Abs. 2 Z. 1), so hat der Eigentümer des zu belastenden Grundstückes gemäß § 4 Abs. 1 GSLG Anspruch auf die Einlösung der für die Bringungsanlage erforderlichen Grundfläche.

Gemäß § 4 Abs. 4 GSLG gelten für die Einlösung die Bestimmungen über die Enteignung sinngemäß, wobei dem Einlösungswerber die Stellung des Grundeigentümers im Enteignungsverfahren zukommt.

Wie dem Wortlaut der Regelung zu entnehmen ist, sollen Grundstückseigentümer, die durch die Errichtung einer Bringungsanlage belastet werden, Anspruch auf Einlösung der für die Bringungsanlage erforderlichen Flächen erhalten. Dies setzt jedoch voraus, dass es durch die Erweiterung der Bringungsanlage zu einer Inanspruchnahme neuer Grundflächen des Beschwerdeführers kommt, ohne dass dafür ein öffentlich-rechtlicher Titel existiert. Dies liegt hier jedoch nicht vor, denn der Privatweg des Beschwerdeführers wurde gerade nicht in die Bringungsgemeinschaft einbezogen. Somit wurden keine Grundflächen des Beschwerdeführers in Anspruch genommen und kommt ihm folglich auch kein Anspruch auf Einlösung zu.

Das Vorbringen, der angefochtene Bescheid sei von einem Senat erlassen worden, der die mündliche Verhandlung gar nicht geführt habe, erweist sich als unzutreffend, weil es sich bei der Bezeichnung des Senatsmitgliedes A.S. in diesem Bescheid um einen bloßen Schreibfehler handelte, der überdies mittels Berichtigungsbescheid der belangten Behörde vom 25. Februar 2005 richtig gestellt wurde. Aufgrund dieser nachträglich gemäß § 62 Abs. 4 AVG erfolgten Richtigstellung ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu ersehen, dass diesbezüglich eine relevante Rechtsverletzung des Beschwerdeführers vorliegen würde.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 23. Jänner 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005070001.X00

Im RIS seit

12.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten