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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §45 Abs1 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über den Antrag des FS in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Antrags auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 2007, Zl. 2007/08/0092, abgeschlossenen Verfahrens, den Beschluss gefasst:
Spruch
Begründung
1. Mit Beschluss vom 19. September 2007, Zl. 2007/08/0211 WA, wurde der am 31. August 2007 eingebrachte Wiederaufnahmeantrag des Antragstellers betreffend das mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 2007, Zl. 2007/08/0092, abgeschlossene Verfahren als verspätet zurückgewiesen. Diesem Beschluss lag zu Grunde, dass das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 2007 dem Vertreter des Beschwerdeführers am 8. August 2007 zugestellt wurde und der am 31. August 2007 eingebrachte Wiederaufnahmeantrag daher verspätet war. Dieser Beschluss wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers am 8. November 2007 zugestellt.
2. Mit dem am 22. November 2007 eingebrachten Antrag begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Versäumung der Frist zur Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 2007, Zl. 2007/08/0092, abgeschlossenen Verfahrens. Am 3. Jänner 2008 hat der Antragsteller in Erfüllung des erteilten Verbesserungsauftrages den Antrag erneut, diesmal mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen, vorgelegt, dabei jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der die Verbesserung einbringende Rechtsanwalt über das Einbringen der Verbesserung hinaus nicht zur Vertretung bevollmächtigt sei und der Antragsteller das Verfahren selbst führe.
Soweit der Antragsteller die Auffassung vertritt, die in der zu Zl. 2007/08/0092 protokollierten Beschwerdesache bewilligte Verfahrenshilfe würde auch für den gegenständlichen Antrag gelten, und dazu auf § 61 Abs. 1 VwGG verweist, übersieht er offenbar, dass dort von der Beigebung eines Rechtsanwaltes "zur Abfassung und Unterfertigung der Beschwerde oder (nicht: und) des Antrages nach den §§ 45 und 46" die Rede ist. Die Bestellung zum Verfahrenshelfer im Beschwerdeverfahren gilt nicht für nach Beendigung des Beschwerdeverfahrens gestellte Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. den hg. Beschluss vom 27. März 1990, Zl. 90/11/0053). Außerdem ist der Beschwerdeführer auf den seinen Verfahrenshilfeantrag im gegenständlichen Verfahren abweisenden Beschluss vom 6. Dezember 2007 zu verweisen.
Der Antragsteller führt im Wiedereinsetzungsantrag im Wesentlichen aus, dass ihm das (am 8. August 2007 zugestellte) Erkenntnis vom 4. Juli 2007 erst am 17. August 2007 zugekommen sei und er umgehend die zuständige Sachbearbeiterin in der Kanzlei seines Rechtsvertreters habe konsultieren wollen. Da er diese nicht habe erreichen können und die Kanzleiangestellte ihm mitgeteilt habe, dass sein Rechtsvertreter erst wieder am 24. August 2007 erreichbar wäre, habe er sich am darauf folgenden Montag im Verwaltungsgerichtshof im Rahmen des Parteienverkehrs über "Anfechtungsmöglichkeiten" erkundigt. Dabei habe er über die Möglichkeit eines Wiederaufnahmeantrags und die dabei einzuhaltende Frist von 2 Wochen erfahren. Nachdem er sodann am 24. August 2007 seinen Rechtsvertreter im vorangegangenen Verfahren habe erreichen können, habe ihm dieser mitgeteilt, dass die Frist zur Stellung des Wiederaufnahmeantrags am 31. August 2007 ende.
3. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Beschwerdeführer hat dargelegt, dass er sich sowohl im Rahmen des Parteienverkehrs beim Verwaltungsgerichtshof als auch telefonisch beim Rechtsanwalt, der ihn im vorangegangenen Verfahren als Verfahrenshelfer vertreten hat, über "Anfechtungsmöglichkeiten" erkundigt hat. Die Mitarbeiterin des Verwaltungsgerichtshofes, welche mit dem Antragsteller am 20. August 2007 gesprochen hat, hat angegeben, dass sie diesen über die Möglichkeit zur Stellung eines Wiederaufnahmeantrags unter den gesetzlich vorgesehenen Bedingungen informiert habe und auch die Frist von zwei Wochen ab Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes genannt habe. Der frühere Rechtsvertreter des Beschwerdeführers hat angegeben, dass er den Antragsteller ganz allgemein auf dessen Fragen hin telefonisch informiert habe, auch zur Frist für die Stellung des Wiederaufnahmeantrags. Er habe dem Antragsteller mitgeteilt, dass die Wiederaufnahmefrist zwei Wochen betrage und mit Kenntnis des Wiederaufnahmegrunds beginne.
Vor diesem Hintergrund kann auf Grund der Angaben des Antragstellers im vorliegenden Fall nachvollzogen werden, dass er die ihm erteilten Auskünfte über die ihm offen stehenden verfahrensrechtlichen Möglichkeiten im Hinblick auf den Fristenlauf dahingehend verstanden hat, dass die Frist erst am 31. August 2008 ende, und sich daher im Irrtum über das Fristende befunden hat, der auf einem minderen Grad des Versehens beruht.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher stattzugeben.
4. Gemäß § 46 Abs. 5 VwGG tritt durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher über den Wiederaufnahmeantrag des Antragstellers vom 31. August 2007 inhaltlich zu entscheiden.
Dieser Wiederaufnahmeantrag macht ausschließlich die Verletzung von Vorschriften über das Parteiengehör im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und damit den Wiederaufnahmegrund gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG geltend. Inhaltlich beschränkt sich das Vorbringen jedoch darauf, "Mängel" des Erkenntnisses vom 4. Juli 2007, Zl. 2007/08/0092, zu behaupten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/09/0110) kann mit dem Vorbringen, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Fällung seines Erkenntnisses nicht die nach Ansicht des Antragstellers notwendigen rechtlichen Erwägungen angestellt und sich nicht mit sämtlichen von ihm erhobenen Einwendungen auseinander gesetzt habe, das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes im Sinn des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG nicht dargetan werden, da ein vom Antragsteller gegen die Rechtsfindung des Verwaltungsgerichtshofes erhobener Vorwurf nicht der Verletzung des Parteiengehörs gleichgehalten werden kann.
Mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 2007 wurde die Beschwerde des Antragstellers in Anwendung des § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abgewiesen, da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass dieser keine Berechtigung zukam. Da der Verwaltungsgerichtshof damit allein auf Grund des Vorbringens des Antragstellers entschieden hat, kommt die von ihm behauptete Verletzung des Parteiengehörs schon aus diesem Grund nicht in Betracht. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens war daher gemäß § 46 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung war im Hinblick auf die §§ 45 Abs. 3 und 46 Abs. 4 VwGG abzusehen.
Wien, am 23. Jänner 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007080305.X00Im RIS seit
02.06.2008Zuletzt aktualisiert am
23.02.2011