TE Vwgh Erkenntnis 2008/1/24 2007/09/0284

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Veröffentlicht am 24.01.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs2 lita;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des RF in W, vertreten durch Dr. F. X. Berndorfer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lüfteneggerstraße 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 20. Februar 2007, Zl. VwSen-251303/33/Gf/Mu/Ga, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Februar 2007 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der F GmbH in W, und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtlich Verantwortlicher der obgenannten GmbH zu vertreten, dass, wie im Zuge einer Kontrolle durch Organe der Zollverwaltung am 22. März 2005 festgestellt worden sei, die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nicht eingehalten worden seien. Bei der Kontrolle sei auf der Baustelle in L der (näher beschriebene) mazedonische Staatsbürger I bei Verputzarbeiten angetroffen worden. I habe eine Beschäftigungsbewilligung für die P KEG, gültig für eine Beschäftigung als Kellner, vorgelegt. Der Beschwerdeführer habe I mit Verputzarbeiten entgegen § 3 Abs. 1 AuslBG beschäftigt, für diesen sei weder eine dem o.a. Zweck entsprechende Beschäftigungsbewilligung gemäß den §§ 4 und 4c AuslBG oder eine Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12 AuslBG erteilt, noch eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Arbeitserlaubnis gemäß § 14a AuslBG oder ein Befreiungsschein gemäß den §§ 15 und 4c AuslBG oder ein Niederlassungsnachweis gemäß § 24 Fremdengesetz vorhanden gewesen.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.200,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 80 Stunden) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde als entscheidungswesentlichen Sachverhalt u.a. fest, I habe sieben Jahre zuvor für die F GmbH gearbeitet, er habe die Beschäftigung aus gesundheitlichen Gründen 2003 beendet. Da sich der Zustand des I nach entsprechender Operation gebessert habe, habe er mit dem Beschwerdeführer Kontakt zwecks neuerlicher Beschäftigung aufgenommen. Es sei vereinbart worden, dass sich I mit dem Vorarbeiter in Verbindung setzen solle und "etwa einen halben Tag ausprobieren sollte, ob sein Gesundheitszustand eine neuerliche Tätigkeit in dieser Branche" zulasse. I habe wegen Rückenschmerzen die Tätigkeit beenden müssen.

Die belangte Behörde setzte fort:

"Bereits vor Arbeitsbeginn wurde zwischen dem Rechtsmittelwerber" (das ist der Beschwerdeführer) "und dem ersten Zeugen" (das ist I) "vereinbart, dass er für die Probearbeit selbst keine Leistungen erhält, und zwar weder Geld noch Essen, Trinken o.Ä. Hätte der Ausländer arbeitsmäßig entsprochen, wäre er jedoch vom Beschwerdeführer, der sich in diesem Fall um die erforderlichen Bewilligungen gekümmert hätte, auf Dauer angestellt worden. Dass er zum Zeitpunkt der Probearbeit jedenfalls nicht über entsprechende Bewilligungen verfügte, ist unstrittig."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, I sei nicht beschäftigt gewesen, weil es sich um eine Arbeit zur Probe gehandelt habe und ausdrücklich Unentgeltlichkeit vereinbart gewesen sei.

Die Beschwerde ist berechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 1997, Zl. 96/09/0036) erkannt, dass für die Qualifikation eines Arbeitsverhältnisses als arbeitnehmerähnlich die Rechtsnatur der Vertragsbeziehungen zwischen der arbeitnehmerähnlichen Person und dem Arbeitsempfänger nicht entscheidend ist. Entscheidend ist jedoch die wirtschaftliche Unselbständigkeit desjenigen, der die Arbeit leistet und der unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig ist, ohne aber vom Empfänger der Arbeitsleistung persönlich abhängig zu sein. Für die wirtschaftliche Abhängigkeit des Arbeitnehmerähnlichen ist entscheidend, dass dieser Gegenleistungen aus dem Rechtsverhältnis mit dem Empfänger der Arbeitsleistung erhält. Für die Arbeitnehmerähnlichkeit einer Person ist weiters der "organisatorische" Aspekt ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit von Bedeutung, welche darin besteht, dass sie auf Grund ihrer Tätigkeit, die sie im Auftrag und für Rechnung eines anderen leistet, auf Grund der Art und Weise, in der sie für ihn tätig ist, trotz fehlender persönlicher Abhängigkeit nicht mehr in der Lage ist, ihre Arbeitskraft, insoweit sie durch das konkrete Rechtsverhältnis in der Verfügung über ihre Arbeitskraft gehindert ist, anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen und daher als unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie der persönliche Arbeitnehmer tätig anzusehen ist. Bei der Beurteilung, ob es sich um ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis handelt, kommt es auf das Gesamtbild der Tätigkeit an, wobei nicht alle Kriterien, die an sich zur Bestimmung der Arbeitnehmerähnlichkeit wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit in konkreten Einzelfällen möglicherweise relevant sein könnten, als solche aber gar nicht erschöpfend fassbar sind, verwirklicht sein müssen. Arbeitnehmerähnlich kann daher eine Person auch dann sein, wenn hinsichtlich ihrer Tätigkeit das eine oder andere an sich relevante Merkmal fehlt, das eine oder andere an sich relevante Merkmal nur geringfügig ausgeprägt ist, während andere wieder in besonders prägnanter Weise zum Ausdruck kommen.

Im vorliegenden Fall hat der im Spruch des angefochtenen Bescheides genannte Ausländer Verputzarbeiten durchgeführt und somit unbestritten eine Arbeitsleistung erbracht, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet wird.

Von entscheidender Bedeutung ist im vorliegenden Fall, ob sich der Ausländer in einer wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Beschwerdeführer befunden hat. Die belangte Behörde erblickt eine derartige Abhängigkeit des Ausländers vom Beschwerdeführer ausschließlich darin, dass die Tätigkeit des Ausländers insofern zur Probe erfolgt sei, als sie dem Zweck gedient habe, durch diese Arbeitsleistung künftig eine ordnungsgemäße Beschäftigung zu einem in Geld zu zahlenden Lohn zu erreichen. Die belangte Behörde stellt jedoch ausdrücklich fest, dass der Ausländer vom Beschwerdeführer keine Gegenleistung für seine Arbeit erhalten hätte, sondern Unentgeltlichkeit vereinbart worden war. Bei diesem festgestellten Sachverhalt durfte die belangte Behörde die Tätigkeit des Ausländers nicht als Beschäftigung im Sinne des § 2 AuslBG qualifizieren. Sie hat nämlich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes außer Acht gelassen, wonach für das Vorliegen einer Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. a oder b AuslBG die Entgeltlichkeit ein wesentliches Merkmal ist, wobei sich der Anspruch des Arbeitenden auf Bezahlung aus einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung, allenfalls aber auch unmittelbar aus arbeitsrechtlichen Vorschriften ergibt, und wonach es an der für eine Beschäftigung nach dem AuslBG essenziellen persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit fehlt, wenn für die Tätigkeit Unentgeltlichkeit vereinbart wurde (vgl. auch dazu das genannte hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 1997).

Insofern sich die belangte Behörde auf Vorjudikatur (zB auf die hg. Erkenntnisse vom 23. November 2005, Zl. 2004/09/0166, und vom 24. März 2004, Zl. 2001/09/0157) stützt, so hat sie die wesentliche Aussage dieser Rechtsprechung nur unvollständig zitiert. Die Aussage des Verwaltungsgerichtshofes lautet vollständig (siehe das hg. Erkenntnis vom 23. November 2005, Zl. 2004/09/0166):

"Insoweit er sich ... darauf beruft, es habe sich bei der vom betretenen Ausländer verrichteten Arbeit um eine 'Probearbeit' gehandelt, ist ihm entgegenzuhalten, dass der Ausländer nicht vereinbarungsgemäß unentgeltlich oder ausdrücklich nur zur Probe verwendet wurde, sondern der Ausländer durch seine Arbeitsleistung seine künftige ordnungsgemäße Beschäftigung zu einem in Geld zu zahlenden Lohn erreichen wollte."

Die belangte Behörde hat hingegen den Satzteil "dass der Ausländer nicht vereinbarungsgemäß unentgeltlich oder ausdrücklich nur zur Probe verwendet wurde, sondern" außer Acht gelassen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes war abzuweisen, weil neben dem

pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Kostenersatz unter dem Titel der Umsatzsteuer nicht zusteht.

Wien, am 24. Jänner 2008

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007090284.X00

Im RIS seit

27.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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