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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des FH in O, vertreten durch Dr. Walter Hasibeder und Dr. Josef Strasser, Rechtsanwälte in 4910 Ried/Innkreis, Roßmarkt 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 9. August 2004, Zl. VwSen-110524/2/Kon/Rd/Ni, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der H. Transporte GmbH und somit gemäß § 9 VStG für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften durch dieses Unternehmen verantwortlich. Er habe es somit zu verantworten, dass die H. Transporte GmbH als Güterbeförderungsunternehmen für die am 6. Oktober 2003 durchgeführte Güterbeförderung (Beförderung von 17 Paletten Steinen mit einem Bruttogewicht von 24.500 kg) von Rotterdam nach Zirl mit einem den Kennzeichen nach näher bestimmten Sattelzugfahrzeug (hzGG über 7,5 to) keinen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Frachtbrief mitgeführt habe, obwohl die Entfernung der Güterbeförderung über 50 km betragen habe, was anlässlich der Kontrolle auf der Inntal-Autobahn A 12 bei Strkm 24,3 im Ortsgebiet von Kundl in Fahrtrichtung Innsbruck um
8.10 Uhr festgestellt worden sei. Güterbeförderungsunternehmer hätten jedoch bei Güterbeförderungen über 50 km Entfernung oder über die Grenze für jede Sendung, mindestens jedoch für das auf ein Kraftfahrzeug verladene Gut, jeweils einen Frachtbrief mitzuführen, der näher angeführte Angaben zu enthalten habe. Bei dem für die Fahrt mitgeführten Frachtbrief hätten die Eintragungen zu den Punkten 1., 2., 3., und 6. (1. Name und die Anschrift des Absenders; 2. Name und die Anschrift des Empfängers; Ablieferungsort/Entladeort und 6. Beladeort/Beladetag) gefehlt. Diese Eintragungen hätten zum Kontrollzeitpunkt bereits im Frachtbrief aufscheinen müssen.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 7 und Abs. 4 erster Satz iVm § 17 Abs. 1 und Abs. 3 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 begangen; über ihn wurde eine Geldstrafe von EUR 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens erwogen:
Gemäß § 51e Abs. 1 VStG (in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2002) hat der unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach Abs. 3 der genannten Bestimmung kann der unabhängige Verwaltungssenat von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn
1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, oder
2.
sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
3.
im angefochtenen Bescheid eine 500 EUR nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
4. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.
Die belangte Behörde nahm von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ohne nähere Begründung Abstand. Die Voraussetzungen des § 51e Abs. 3 VStG für das Absehen von der Berufungsverhandlung waren jedoch im Beschwerdefall nicht erfüllt:
Der Beschwerdeführer hat in der gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhobenen Berufung - unter anderem - vorgebracht, dass er die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen habe. Die maßgeblichen Punkte seien im Frachtbrief jedenfalls angeführt gewesen. Auch habe er der Behörde bereits mit Äußerung vom 28. Oktober 2003 den CMR-Frachtbrief vorgelegt, der hier maßgeblich sei (Endziffern 699), während sich die Behörde unrichtigerweise auf den Frachtbrief mit den Endziffern 698 beziehe. Der Beschwerdeführer hat damit nicht bloß die Ermittlungsergebnisse für unrichtig erklärt, sondern eine konkrete Gegendarstellung gegeben. Bei dieser Sachlage wäre es erforderlich gewesen, die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt nicht nur auf die Anzeige und die angeschlossene Kopie des Frachtbriefes zu stützen. Der Meldungsleger wäre vielmehr ebenso wie der als Beweis für die Richtigkeit der Behauptungen des Beschwerdeführers genannte Lenker des Lkws als Zeuge einzuvernehmen gewesen - was auch schon im Verwaltungsstrafverfahren unterlassen wurde -, um deren Aussagen würdigen zu können; dazu hätte die belangte Behörde eine öffentliche mündliche Verhandlung (§ 51e VStG) durchzuführen gehabt, zumal bei dieser die widersprüchlichen Beweisergebnisse unmittelbar geklärt hätten werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 2003, Zl. 2001/03/0081). Insofern hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet, kann doch nicht ausgeschlossen werden, dass sie bei Unterlassen dieses Mangels zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis gelangt wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. September 2003, Zl. 2001/03/0051).
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 24. Jänner 2008
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Zeugenbeweis Beweismittel Zeugenbeweis Gegenüberstellung Verfahrensbestimmungen Beweiswürdigung Antrag Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2004030148.X00Im RIS seit
20.02.2008Zuletzt aktualisiert am
01.10.2008