TE Vwgh Erkenntnis 2008/1/25 2004/17/0134

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Veröffentlicht am 25.01.2008
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Index

L37163 Kanalabgabe Niederösterreich;
L37165 Kanalabgabe Salzburg;
L37295 Wasserabgabe Salzburg;
L82303 Abwasser Kanalisation Niederösterreich;
30/02 Finanzausgleich;

Norm

BenützungsgebührenG Slbg §2 Abs2 idF 1998/049;
BenützungsgebührenG Slbg §2 idF 1998/049;
FAG 2001 §16 Abs3 Z4;
KanalbenützungsgebührenV Salzburg 1973 §4;
KanalG NÖ 1977 §1a Z8;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/17/0136 2004/17/0135

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerden der KW, vertreten durch Liebscher, Hübel & Lang, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Paris-Lodron-Straße 19, gegen die Bescheide der Allgemeinen Berufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg jeweils vom 27. Dezember 2001, Zl. MD/00/36273/2001/3(ABK/10/2001) (hg. Zl. 2004/17/0134), MD/00/36269/2001/3(ABK/9/2001) (hg. Zl. 2004/17/0135), und MD/00/36276/2001/3(ABK/11/2001) (hg. Zl. 2004/17/0136), betreffend Vorschreibung von Kanalbenützungsgebühren für das Jahr 2001, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Landeshauptstadt Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.145,70 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den drei im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden wurden der beschwerdeführenden Partei für jeweils näher bezeichnete Liegenschaften Kanalbenützungsgebühren zu hg. Zl. 2004/17/0134 in der Höhe von S 47.332,--, zu hg. Zl. 2004/17/0135 in der Höhe von S 174.120,-- und zu hg. Zl. 2004/17/0136 in der Höhe von S 9.687,-- vorgeschrieben.

Begründend führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen aus, dass ungeachtet der von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten Bedenken der in der Kanalbenützungsgebührenverordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 13. Dezember 2000 festgelegte Gebührentarif den Vorschreibungen zu Grunde zu legen gewesen sei. Die Grundlagen für die Kanalbenützungsgebühr seien für die beschwerdeführende Partei klar erkennbar gewesen und im erstinstanzlichen Bescheid ausführlich dargestellt worden. Die für den Verordnungsgeber bei Erlassung der Verordnung bestimmend gewesenen Faktoren seien weder in der Verordnung noch in einem auf diese Verordnung gestützten Bescheid darzulegen. Dasselbe gelte hinsichtlich des Berufungsvorbringens, dem erstinstanzlichen Bescheid sei nicht zu entnehmen, warum die Kanalgebühren derart unverhältnismäßig angehoben worden wären. Auf das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei betreffend die behauptete Verfassungswidrigkeit des hier anzuwendenden Kanalbenützungsgebührentarifs sei nicht weiter einzugehen. Aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Oktober 2001, B 260/01, ergebe sich jedoch, dass die Beachtung des Äquivalenzprinzips bei der Festsetzung einer Gebühr verfassungsrechtlich nicht geboten sei.

Gegen diese Bescheide erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerden mit Beschluss vom 21. Juni 2004, B 163/02-8, B 164/02-8 und B 165/02-8, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof antragsgemäß zur Entscheidung abtrat.

In den über Aufforderung ergänzten Beschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof werden inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden im Hinblick auf ihren sachlichen und persönlichen Zusammenhang zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 3 Z 4 des Finanzausgleichsgesetzes 2001 - FAG 2001, BGBl. I Nr. 3/2001, waren die Gemeinden ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung vorbehaltlich weiter gehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen, die für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben werden, mit Ausnahme von Weg- und Brückenmauten, bis zu einem Ausmaß auszuschreiben, bei dem der mutmaßliche Jahresertrag der Gebühren das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtung oder Anlage sowie für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Einrichtung oder Anlage entsprechenden Lebensdauer nicht überstieg.

Das Gesetz vom 20. März 1963 über die Erhebung von Gebühren für die Benützung von gemeindeeigenen Trinkwasserversorgungs- und Abwasseranlagen (Benützungsgebührengesetz), (Salzburger) LGBl. Nr. 31/1963 in der Fassung LGBl. Nr. 49/1998, lautet auszugsweise:

"Festsetzung der Gebühren

§ 2

(1) Die Gebühren sind von der Gemeindevertretung (in der Landeshauptstadt Salzburg vom Gemeinderat) in einem Tarif festzusetzen. Eine Staffelung der Gebühren ist zulässig.

(2) Das höchstzulässige Ausmaß der Gebühren ergibt sich aus der bundesgesetzlichen Ermächtigung, wonach einerseits die Kosten für die Erhaltung und den Betrieb der jeweiligen Anlage und andererseits die Kosten für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer nach der Art der Anlage entsprechenden Lebensdauer die Grundlage bilden.

(3) Von den von der Gemeinde aufgewendeten Errichtungskosten sind Beiträge von Interessenten sowie der Gemeinde gewährte nichtrückzahlbare Zuschüsse abzuziehen.

(4) Ungedeckte Abgänge aus vorangegangenen Jahren können als Kosten in darauf folgenden Jahren herangezogen werden. ..."

§ 4 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 18. Dezember 1973 über die Erhebung von Kanalbenützungsgebühren (Kanalbenützungsgebührenordnung), Amtsblatt Nr. 25/1973 in der Fassung des Gemeinderatsbeschlusses vom 13. Dezember 1999, Amtsblatt Nr. 24/2000, lautete:

"Bemessungsgrundlage und Höhe der Gebühr

1. Die Gebühr wird nach dem Ausmaß der aus dem tatsächlichen Wasserverbrauch (§ 5) herrührenden Inanspruchnahme der Abwasseranlage jährlich bemessen.

2. Die Höhe der Gebühr für die Inanspruchnahme der Abwasseranlage je Kubikmeter tatsächlichen Wasserverbrauchs beträgt im Jahr 2001 ATS 29,02 (EUR 2,11) inkl. USt.

3. Der Inanspruchnahme der Abwasseranlage wird der vor der Gebührenvorschreibung jeweils zuletzt festgestellte tatsächliche Jahreswasserverbrauch zugrundegelegt."

Die beschwerdeführende Partei wendet sich gegen die Vorschreibung der gegenständlichen Gebühren mit dem Argument, dass die belangte Behörde die anzuwendenden Verwaltungsvorschriften falsch ausgelegt habe. Da es sich bei Kanalbenützungsgebühren um Gebühren handle, sei auf diese das Äquivalenzprinzip anzuwenden. Es dürfe daher zu keiner Kostenüberdeckung kommen. Der hier zu Grunde liegende für das Jahr 2001 festgelegte Kostendeckungsgrad von 120 % widerspreche dem Äquivalenzprinzip und zeige deutlich, dass die gegenständlichen Kanalbenützungsgebühren einen Beitrag zur allgemeinen Budgetsanierung darstellten. Überdies fänden sich in der Gebührenkalkulation fiktive, nicht ausgabenwirksame Eigenkapitalzinsen. Auch darin sei eine Verletzung des Äquivalenzprinzips zu erblicken. Da § 16 Abs. 3 Z 4 FAG 2001 jedoch einer verfassungs- und gesetzeskonformen Interpretation zugänglich gewesen wäre, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, § 16 Abs. 3 Z 4 FAG 2001 verfassungs- und gesetzeskonform dahingehend zu interpretieren, dass tatsächlich nur die Kosten für die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtung beziehungsweise Anlage sowie für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Einrichtung beziehungsweise Anlage entsprechenden Lebensdauer zur Vorschreibung gelangen.

Dem ist zunächst zu entgegnen, dass die von der belangten Behörde anzuwendenden Rechtsvorschriften die von der beschwerdeführenden Partei gewünschte Interpretation nicht zulassen. Gemäß § 4 der maßgeblichen Kanalbenützungsgebührenverordnung war der den gegenständlichen Vorschreibungen zu Grunde gelegte Tarif zur Gebührenberechnung heranzuziehen. Insofern bestand für die Abgabenbehörden kein Interpretationsspielraum.

Die von der beschwerdeführenden Partei vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die im Beschwerdefall maßgeblichen generellen Normen wurden vom Verfassungsgerichtshof nicht geteilt (vgl. den zitierten Ablehnungsbeschluss vom 21. Juni 2004). Auch der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auf Grund des Beschwerdevorbringens nicht veranlasst, einen Normprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Die von der beschwerdeführenden Partei angeführten Argumente wurden bereits in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes dahingehend entkräftet, dass hinsichtlich der Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen, die für die Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben werden (somit auch hinsichtlich der gegenständlichen Kanalbenützungsgebühren) nicht von einem verfassungsrechtlich gebotenen Äquivalenzprinzip auszugehen ist (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs vom 10. Oktober 2001, B 260/01, VfSlg. 16.319, sowie vom 2. März 2005, G 76/02 u.a., V 22/02 u.a., VfSlg. 17.464). Nach dieser Rechtsprechung ist die in § 16 Abs. 3 Z 4 FAG 2001 vorgesehene Ermächtigung zur Einhebung von Gebühren bis zum Doppelten des Jahreserfordernisses unbedenklich.

Die konkrete Inanspruchnahme dieser Ermächtigung auf Grund der hier maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Benützungsgebührengesetzes (vgl. auch das soeben zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 2005) begegnet daher keinen verfassungsrechtlichen Einwänden.

Die von der belangten Behörde dargelegten Gründe für die Tarifberechnung (Rücklagenbildung und glaubhaft dargelegte ökologische Zielsetzungen) lassen ersehen, dass die zur Kalkulation veranschlagten Kosten in einem inneren Zusammenhang mit der betreffenden Einrichtung stehen (vgl. dazu das bereits zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Oktober 2001). Es ist auch ersichtlich, dass der für das Jahr 2001 erwirtschaftete Überschuss einer Rücklage für die Sanierung der Kanalanlage zugeführt werden sollte und im Rechnungsabschluss 2001 auch tatsächlich zugeführt wurde.

Weiters ist auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Juni 1975, V 12/74-28, grundsätzlich davon auszugehen, dass selbst im Lichte des Äquivalenzprinzips nach der damals geltenden Verfassungsrechtslage die Veranschlagung von Eigenkapitalzinsen bei der Gebührenberechnung verfassungsrechtlich gedeckt war. Auch erlaubt schon der Wortlaut von § 2 Abs. 2 Salzburger Benützungsgebührengesetz "Kosten für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten" (im Gegensatz zu § 1a Z 8 NÖ Kanalgesetz, arg. "Zinsen für Darlehen", welcher zudem auf Grund seiner insgesamt engeren Formulierung einer solchen Auslegung nur eingeschränkt zugänglich zu sein scheint) die Verrechnung von Eigenkapitalzinsen bei Zugrundelegung einer angemessenen kaufmännischen Kalkulation (auf die Frage, ob die genannte landesgesetzliche Bestimmung allenfalls eine unzulässige Einschränkung der finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigung der Gemeinden darstellt, braucht daher nicht näher eingegangen zu werden).

Abgesehen davon ist aber unabhängig von der Höhe des veranschlagten Eigenkapitalzinssatzes davon auszugehen, dass die Tariffestsetzung in den Beschwerdefällen insofern nicht als gesetzbeziehungsweise verfassungswidrig zu bewerten ist, als einerseits durch die Verfolgung von Lenkungszielen als auch andererseits durch die Zuführung des aus den kalkulierten Eigenkapitalzinsen resultierenden zusätzlichen Deckungsbeitrages zu einer zweckgebundenen Rücklage ein innerer Zusammenhang der gegenständlichen Gebühren mit der Kanalanlage im Rahmen des doppelten Jahreserfordernisses jedenfalls gewährleistet ist.

Der von der beschwerdeführenden Partei behauptete Verfahrensmangel haftet den angefochtenen Bescheiden nicht an, weil sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Pflicht der Abgabenbehörde zur Begründung ihres Bescheides nicht auf die Darlegung der bei Erlassung einer Verordnung bestimmenden Faktoren erstreckt (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 20. Dezember 1996, Zl. 96/17/0451, vom 21. Februar 2005, Zl. 2004/17/0177, und vom 20. März 2007, Zl. 2006/17/0358). Es stellt somit keinen Verfahrensmangel dar, wenn in den Abgabenbescheiden die für die Festsetzung des Tarifs durch den Verordnungsgeber maßgebenden Faktoren nicht dargestellt wurden.

Im Lichte dieser Erwägungen erweisen sich die vorliegenden Beschwerden als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 25. Jänner 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2004170134.X00

Im RIS seit

26.02.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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