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L08010 Vereinbarungen nach Art 15a;Norm
KostenersatzG Sozialhilfe Vereinbarung Tir 1974 Anl Art2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des Landes Wien gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 14. Juli 2005, Zl. Va-777-147/484, betreffend Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 18. Jänner 2005 teilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 15, Gesundheitswesen und Soziales, Dezernat VII-Sozialarbeit und Sozialhilfe, Referat Krankenhilfe und Kostenersatz (im Folgenden: Magistrat) der Tiroler Landesregierung mit, AT, österreichische Staatsbürgerin, sei Ende Juni 2004 von Innsbruck nach Wien gezogen und werde seit 1. Juli 2004 aus Sozialhilfemitteln unterstützt. Gemäß § 6 der Ländervereinbarung diene dieses Schreiben zur Wahrung der Frist.
Die Tiroler Landesregierung antwortete mit Schreiben vom 31. Jänner 2005, gemäß Art. 6 der Ländervereinbarung habe der Träger, dem im Sinne des Art. 2 Kosten erwüchsen, dem voraussichtlich zum Kostenersatz verpflichteten Träger die Hilfeleistung unverzüglich, längstens aber innerhalb von 6 Monaten ab Beginn derHilfeleistung anzuzeigen und diesem hiebei alle für die Beurteilung der Kostenersatzpflicht maßgebenden Umstände mitzuteilen.
Im gegenständlichen Fall sei erstmals mit 1. Juli 2004 Hilfe seitens des Landes Wien gewährt worden. Sohin hätte die Anzeige bis spätestens 1. Jänner 2005 erfolgen müssen. Diese sei tatsächlich erst mit Schreiben vom 18. Jänner 2005 erfolgt, das beim Amt der Tiroler Landesregierung am 24.1.2005 eingelangt sei. Ein Kostenanerkenntnis seitens des Landes Tirol - sofern die Voraussetzungen überhaupt vorgelegen wären - könnte sohin nicht mehr erfolgen. Zudem sei entgegen der Anzeigepflicht nach Art. 6 in keinerlei Hinsicht angegeben worden, worin die Unterstützung aus Sozialhilfemitteln bestehe, sodass auch aus diesem Grund keine Frist habe gewahrt werden können.
Sohin sei keine der formellen Voraussetzungen nach Art. 6 der Ländervereinbarung erfüllt und es sei daher ein Kostenanerkenntnis seitens des Landes Tirol materiell gar nicht zu prüfen.
Mit Schreiben vom 3. Mai 2005 ersuchte der Magistrat bezugnehmend auf seine Wahrungsmeldung vom 18. Jänner 2005 um Anerkennung der endgültigen Kostentragungspflicht gemäß Art. 3 der Ländervereinbarung. Gemäß Art. 5 Abs. 2 lit. e werde die Anerkennung der Kostentragungspflicht ab 18. Juli 2004 begehrt. Ayse Türkoglu werde seit 1.7.2004 aus Sozialhilfemitteln (Geldaushilfen) unterstützt.
Die Tiroler Landesregierung vertrat mit Schreiben vom 12. Mai 2005 weiterhin den Standpunkt, die Anzeige sei verspätet erfolgt, woran auch der Umstand nichts zu ändern vermöge, dass die Anerkennung der Kostentragungspflicht nunmehr erst ab 18. Juli 2004 begehrt würde. Es sei in keiner Weise angegeben worden, worin die Unterstützung aus Sozialhilfemitteln bestehe, sodass auch aus diesem Grund keine Frist habe gewahrt werden können.
Der Magistrat ersuchte mit Schreiben vom 1. Juli 2005 um bescheidmäßige Erledigung.
Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, das Land Tirol als Träger der Sozialhilfe sei gemäß § 21 Tiroler Sozialhilfegesetz (TSHG) iVm Art. 3 und Art. 6 der Vereinbarung über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe nicht verpflichtet, die erstmals mit Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom 18. Jänner 2005 geltend gemachten Kosten anzuerkennen und in der Folge zu ersetzen.
Dabei wurde weiterhin der Standpunkt vertreten, die Anzeige sei verspätet erfolgt. Außerdem sei nicht dargetan worden, worin die Unterstützung aus Sozialhilfemitteln bestehe. Insbesondere sei anhand des Akteninhaltes nicht eruierbar, ob sich Frau Türkoglu überhaupt in einer Notlage befunden habe und ob das Land Tirol nach den landesrechtlichen Vorschriften die Kosten für die gewährten Leistungen zu tragen habe. Ebenso wenig sei ersichtlich, in welcher Höhe Unterstützungen gewährt worden seien. Es sei dem Land Tirol gar nicht möglich, eine Prüfung dahin vorzunehmen, ob ein allfälliges Kostenanerkenntnis erstattet werden könnte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde vertritt den Standpunkt, es treffe nicht zu, dass nach Ablauf der sechsmonatigen Frist zur Anzeige das Recht des ersatzbegehrenden Landes auf Kostenersatz völlig untergegangen sei. Vielmehr könne lediglich für Leistungen, die mehr als 6 Monate vor Erstattung der Anzeige erbracht worden seien, kein Ersatz mehr begehrt werden. Im Ersuchen um Anerkennung der endgültigen Kostentragungspflicht vom 3. Mai 2005 sei angegeben worden, dass es sich bei den gewährten Sozialhilfemitteln um Geldaushilfen handle. Der Begriff "Geldaushilfen" werde im Allgemeinen für befristete Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes verwendet. Auch Pfeil verwende im Vergleich der Landes-Sozialhilfesysteme den Begriff der Geldleistungen, die als "Aushilfe" gewährt würden im Gegensatz zu regelmäßig wiederkehrenden Leistungen (Pfeil, Vergleich der Sozialhilfesysteme der Österreichischen Bundesländer, Rechtswissenschaftliche Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Soziale Sicherheit und Generationen, Seite 60). Der Begriff der Geldaushilfen sei daher als allgemein bekannt vorausgesetzt worden, sodass auch eine Beurteilung der Tiroler Landesregierung, ob entsprechende Leistungen in den landesrechtlichen Vorschriften des Landes Tirols "in der Art" vorgesehen seien, als möglich angesehen worden sei. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Anspruchs habe hingegen nach dem Wiener Sozialhilfegesetz zu erfolgen.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Gemäß § 21 des TSHG, LGBl. Nr. 105/1973 in der Fassung LGBl. Nr. 44/1988, richtet sich die Verpflichtung zum Kostenersatz gegenüber Sozialhilfeträgern anderer Länder nach Vereinbarungen im Sinne des Art. 107 B-VG. Gemäß § 1 des Gesetzes vom 11. März 1974 über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg, LGBl. Nr. 30/1974, gilt die als Anlage des Gesetzes abgedruckte Vereinbarung zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe (Ländervereinbarung), "soweit sie sich auf das Land Tirol bezieht", als Gesetz (vgl. § 1 des Gesetzes LGBl. Nr. 30/1974).
Art. 2 der Landesregierung lautet:
"Kosten der Sozialhilfe
Zu den Kosten der Sozialhilfe gehören die Kosten, die einem Träger für einen Hilfe Suchenden
a) nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Sozialhilfe oder
b) nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Jugendwohlfahrtspflege und nach dem Geschlechtskrankheitengesetz, StGBl. Nr. 152/1945, in der Fassung BGBl. Nr. 54/1946, erwachsen."
Gemäß Art. 6 der Ländervereinbarung hat der Träger, dem im Sinn des Art. 2 Kosten erwachsen, dem voraussichtlich zum Kostenersatz verpflichteten Träger die Hilfeleistung unverzüglich, längstens aber innerhalb von 6 Monaten ab Beginn der Hilfeleistung anzuzeigen und diesem hiebei alle für die Beurteilung der Kostenersatzpflicht maßgebenden Umstände mitzuteilen.
Der Beschwerde ist zwar dahin zuzustimmen, dass bei Anzeige gemäß Art. 6 der Ländervereinbarung später als sechs Monate ab Beginn der Hilfeleistung nur diejenigen Kosten nicht zu ersetzen sind, die länger als sechs Monate vor Erstattung der Anzeige nach Art. 6 der Ländervereinbarung entstanden sind. Dies wurde vom Verwaltungsgerichtshof bereits mit Erkenntnis vom 26. März 2007, Zl. 2007/10/0008 ausgesprochen, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.
Dieser Umstand vermag der Beschwerde allerdings nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Die belangte Behörde ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Magistrat nicht alle für die Beurteilung der Kostenersatzpflicht maßgebenden Umstände mitgeteilt hat.
Aus Art. 6 der Ländervereinbarung ergibt sich, dass der Anspruch durch Angabe der "rechtserzeugenden Tatsachen" (welche Leistungen wurden erbracht) einschließlich der erforderlichen zeitlichen Angaben (wann wurde geleistet) und des Rechtsgrundes (welcher Anspruch des Hilfeempfängers lag den Leistungen zu Grunde) zu konkretisieren ist; nur an Hand dieser Angaben ist die Behörde in der Lage, zu beurteilen, ob es sich bei den angesprochenen Kosten um solche handelt, die iSd Art. 2 der Ländervereinbarung zu ersetzen sind, und die iSd Art. 6 der Ländervereinbarung rechtzeitig geltend gemacht wurden.
Im Beschwerdefall fehlen derartige Angaben; weder kann der Bezeichnung "Geldaushilfen" entnommen, zur Deckung welcher im WSHG normierten Ansprüche, die ihrer Art nach auch im TSHG vorgesehen sind (vgl. hiezu Erk. 2005/10/0162), an Frau T. Leistungen erbracht wurden, noch hat die beschwerdeführende Partei Angaben gemacht, die eine zeitliche Zuordnung der erbrachten Leistungen ermöglichen.
Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass auf Grund der - bislang - im Sinne des Art. 6 der Ländervereinbarung unvollständig erfolgten Anzeige des Magistrates eine Kostenersatzpflicht der belangten Behörde nicht entstand. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 28. Jänner 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2005100133.X00Im RIS seit
06.03.2008Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008