Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des H in J, vertreten durch Mag. Siegfried Riegler, Rechtsanwalt in 8720 Knittelfeld, Herrengasse 23, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 31. Jänner 2005, A14 17/4023- 05/1, betreffend Feststellung der individuellen Befähigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 14. November 2003 beantragte der Beschwerdeführer die Feststellung der individuellen Befähigung für "die Ausübung des Sicherheitsgewerbes, eingeschränkt auf das Bewachungsgewerbe".
Nach Einholung einer Stellungnahme der Wirtschaftskammer Steiermark vom 20. Jänner 2004, die die Voraussetzungen für die beantragte Feststellung als nicht erfüllt erachtete, wies die Bezirkshauptmannschaft Judenburg den Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 26. Februar 2004 gemäß § 19 iVm § 129 GewO 1994 ab. In der Begründung führte die Erstbehörde zusammengefasst aus, der Beschwerdeführer habe im Verfahren Unterlagen zum Nachweis seiner Befähigung hinsichtlich der Tätigkeit des Personenschutzes vorgelegt. Für diese Tätigkeit sei ihm aber schon mit Bescheid vom 23. September 2002 die Nachsicht vom Befähigungsnachweis für die Ausübung des Gewerbes der Berufsdetektive erteilt worden. Zum gegenständlichen Bewachungsgewerbe habe der Beschwerdeführer keine entsprechenden Nachweise betreffend seine Befähigung erbracht.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 19 GewO 1994 iVm § 66 Abs. 4 AVG ab. Zur Begründung führte sie nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens und der maßgebenden Rechtsvorschriften, darunter die Verordnung über die Zugangsvoraussetzungen für das reglementierte Sicherheitsgewerbe (Berufsdetektive, Bewachungsgewerbe), BGBl. II Nr. 82/2003 (Sicherheitsgewerbe-Verordnung), aus, der Beschwerdeführer habe keine entsprechenden Zeugnisse, die nach § 2 der genannten Verordnung zum Nachweis der fachlichen Qualifikation geeignet seien, vorgelegt. Der Beschwerdeführer habe lediglich angeführt, dass er ein Jahr die Handelsschule besucht habe und eine Bestätigung über den Besuch der Unternehmerschule vom 10. Jänner bis 13. Juni 1993 beigebracht, die aber mit einem der in der Verordnung genannten Zeugnisse nicht gleichgesetzt werden könne. Die weiteren Zeugnisse beträfen die Ausbildung im Bereich des Personenschutzes, nicht aber den antragsgegenständlichen Bereich des Bewachungsgewerbes. Diese Zeugnisse seien daher keinesfalls gleichwertig mit dem gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 lit. b der Sicherheitsgewerbe-Verordnung geforderten erfolgreichen Abschluss der Befähigungsprüfung für das Bewachungsgewerbe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde vor, er habe zumindest ein Jahr lang die Handelsschule besucht und in weiterer Folge die Unternehmerschule abgeschlossen. Danach habe er von 1994 bis 1997 einen Einzelhandelsbetrieb geführt und ab 2001 in Deutschland bzw. ab 2002 in Österreich eine Detektei betrieben. Er könne daher auf 11 Jahre Praxis "in diversen Sicherheitsunternehmen" verweisen, sodass die belangte Behörde die "begehrte Nachsicht" (gemeint: Feststellung der Befähigung) hätte erteilen müssen. Jedenfalls hätte der im Verwaltungsverfahren unvertretene Beschwerdeführer aufgefordert werden müssen, entsprechende Nachweise vorzulegen.
Die Bestimmungen der GewO 1994 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 111/2002 lauten:
"Befähigungsnachweis für reglementierte Gewerbe
§ 18. (1) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat für jedes reglementierte Gewerbe, ..., durch Verordnung festzulegen, durch welche Belege - für sich allein oder in entsprechender Verbindung untereinander - die Zugangsvoraussetzungen zum betreffenden Gewerbe, gegebenenfalls für dessen eingeschränkte Ausübung, im Hinblick auf die hiefür erforderliche fachliche Befähigung jedenfalls als erfüllt anzusehen sind. ...
...
(5) Bei Schulen, bei denen eine Abschlussprüfung vorgesehen ist, ist der erfolgreiche Besuch (Abschluss) durch das Abschlussprüfungszeugnis (Reifeprüfungszeugnis), bei Schulen, bei denen keine Abschlussprüfung vorgesehen ist, durch das Abschlusszeugnis (Jahreszeugnis) nachzuweisen.
...
Individueller Befähigungsnachweis
§ 19. Kann der nach § 18 Abs. 1 vorgeschriebene Befähigungsnachweis nicht erbracht werden, so hat die Behörde unter Bedachtnahme auf Vorschriften gemäß § 18 Abs. 4 das Vorliegen der individuellen Befähigung festzustellen, wenn durch die beigebrachten Beweismittel die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nachgewiesen werden. Die Behörde hat das Vorliegen der individuellen Befähigung mit der Beschränkung auf Teiltätigkeiten des betreffenden Gewerbes auszusprechen, wenn die Befähigung nur in diesem Umfang vorliegt. § 373c Abs. 7 ist sinngemäß anzuwenden. II. Hauptstück
Bestimmungen für einzelne Gewerbe
1. Reglementierte Gewerbe
§ 94. Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:
...
62. Sicherheitsgewerbe (Berufsdetektive, Bewachungsgewerbe)
...
Sicherheitsgewerbe (Berufsdetektive, Bewachungsgewerbe)
§ 129. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Berufsdetektive (§ 94 Z 62) bedarf es für
...
7. den Schutz von Personen,
...
(4) Einer Gewerbeberechtigung für das Bewachungsgewerbe (§ 94 Z 62) unterliegt die Bewachung von Betrieben, Gebäuden, Anlagen, Baustellen, Grundstücken und von beweglichen Sachen sowie der Betrieb von Notrufzentralen.
(5) Zu den im Abs. 4 genannten Tätigkeiten gehören insbesondere auch folgende Tätigkeiten:
1. Sicherung und Regelung des Personen- und Fahrzeugverkehrs in Betrieben, in Gebäuden, auf Grundstücken und auf Verkehrswegen aller Art, insbesondere auch die Überwachung der Einhaltung der für den Personen- und Fahrzeugverkehr geltenden Rechtsvorschriften, die Fahrzeug- und Transportbegleitung, sofern es sich um den Transport gefährlicher Güter handelt, die Vornahme von Sicherheitskontrollen im Personen- und Fahrzeugverkehr, auch hinsichtlich mitgeführter oder aufgegebener Gepäck- oder Poststücke;
2. Sicherung und Regelung des Personen- und Fahrzeugverkehrs auf Baustellen, jedoch unbeschadet der Rechte der für eine Baustelle verantwortlichen Gewerbetreibenden;
3. Durchführung von Transporten von Geld und Wertgegenständen mit Fahrzeugen des Straßenverkehrs, soweit es für diese Tätigkeit nicht einer Gewerbeberechtigung gemäß dem Güterbeförderungsgesetz bedarf;
4.
Portierdienste;
5.
Ordner- und Kontrolldienste bei Veranstaltungen;
6.
Betriebsfeuerwehrdienste und Betriebslöschtruppdienste.
..."
Die Sicherheitsgewerbe-Verordnung, BGBl. II Nr. 82/2003,
lautet (auszugsweise):
"Zugangsvoraussetzungen
§ 1. Die fachliche Qualifikation zu den Tätigkeiten der Berufsdetektive (§ 94 Z 62 GewO 1994) wird durch folgende Belege nachgewiesen:
1.
Zeugnisse über .... und
2.
das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Befähigungsprüfung.
§ 2. (1) Die fachliche Qualifikation zu den Tätigkeiten des Bewachungsgewerbes (§ 94 Z 62 GewO 1994) wird durch folgende Belege nachgewiesen:
1. a) Zeugnisse
aa) über den erfolgreichen Besuch einer Handelsakademie oder deren Sonderformen und eine mindestens eineinhalbjährige fachliche Tätigkeit (Abs. 2) oder
bb) Zeugnisse über den erfolgreichen Besuch einer berufsbildenden höheren Schule oder deren Sonderformen oder einer Handelsschule und eine mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit (Abs. 2) oder
cc) Zeugnisse über den erfolgreichen Besuch einer allgemein bildenden höheren Schule oder einer berufsbildenden mittleren Schule und eine mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit (Abs. 2) oder
dd) Zeugnisse über eine mindestens siebenjährige fachliche Tätigkeit (Abs. 2) und
b) das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Befähigungsprüfung oder
2. Zeugnisse
a) über den erfolgreichen Abschluss einer der im Folgenden angeführten Studienrichtungen: Rechtswissenschaften, Soziologie, Sozialwirtschaft, Sozial- und Wirtschaftsstatistik, Volkswirtschaft, Betriebswirtschaft, angewandte Betriebswirtschaft, internationale Betriebswirtschaft, internationale Wirtschaftswissenschaften, Handelswissenschaften, Wirtschaftspädagogik, Wirtschaftsingenieur-Bauwesen oder Wirtschaftsingenieurwesen-Maschinenbau und
b) über eine mindestens einjährige fachliche Tätigkeit (Abs. 2).
(2) Die im Abs. 1 vorgeschriebene fachliche Tätigkeit muss insbesondere die Ausarbeitung von Sicherungsplänen für Objekte, die Erstellung von Diensteinteilungen für Personal, die Einführung von Arbeitnehmern in wahrzunehmende Aufgaben und dienstleistungsbezogene Praxis auf den Gebieten der Buchhaltung, der Lohnverrechnung und der Kalkulation umfassen und kann aus einer solchen fachlichen Tätigkeit im Bewachungsgewerbe, im öffentlichen Sicherheitsdienst, in der Justizwache, in der Zollwache oder im Bundesheer bestehen."
Im vorliegenden Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer die in § 2 der zitierten Verordnung genannten Voraussetzungen für das Bewachungsgewerbe, bei deren Vorliegen gemäß § 18 GewO 1994 von seiner fachlichen Befähigung auszugehen wäre, nicht erfüllt. Gerade deshalb hat der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Feststellung seiner individuellen Befähigung gemäß § 19 GewO 1994 gestellt.
Im Erkenntnis vom 30. November 2006, Zl. 2005/04/0163, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine bisherige Judikatur ausgesprochen, dass die den Befähigungsnachweis gemäß § 18 Abs. 1 GewO 1994 festlegenden Vorschriften den Maßstab für die Beurteilung gemäß § 19 leg. cit. bilden, ob die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen durch die vom Antragsteller beigebrachten Beweismittel belegt werden. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof in Anbetracht der Wortfolge "wenn ... nachgewiesen werden" in § 19 erster Satz GewO 1994 darauf hingewiesen, dass es Sache des Antragstellers ist, die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen initiativ nachzuweisen, sodass die Behörde in diesem Zusammenhang keine amtswegige Ermittlungspflicht trifft. Die Behörde ist auch nach Maßgabe des § 13a AVG nicht verpflichtet, den Antragsteller anzuleiten, welche bestimmte Beweismittel beizubringen wären.
Übertragen auf den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies, dass es Aufgabe des Beschwerdeführers war, seine fachliche Qualifikation für das Bewachungsgewerbe nachzuweisen, für deren Beurteilung als Maßstab die Kriterien des § 2 der Sicherheitsgewerbe-Verordnung und - im Hinblick auf § 2 Abs. 1 Z 1 lit. b dieser Verordnung (die Z 2 kommt fallbezogen nicht in Betracht) - auch die Kriterien für die erfolgreiche Ablegung der Befähigungsprüfung heranzuziehen sind. Letztere sind in der Bewachungsgewerbe-Prüfungsordnung der Wirtschaftskammer Österreich, kundgemacht gemäß § 22a GewO 1994 unter "www.wko.at/verordnungen", genannt. Diese Prüfungsordnung sieht etwa für die fachliche schriftliche Prüfung (sog. "Modul 2") - u.a. - die Ausarbeitung eines Sicherungsplanes, die Erstellung einer Diensteinteilung sowie Aufgaben aus dem Gebiet der Buchhaltung, der Lohnverrechnung und der Kalkulation vor. Dass der Beschwerdeführer über entsprechende Kenntnisse auf diesen Gebieten verfügt, hat er im Verwaltungsverfahren nicht initiativ dargetan. Daran ändern die vom Beschwerdeführer vorgelegten Zeugnisse betreffend seine Ausbildung im Bereich des Personenschutzes ("bodyguard" bzw. "armed guard") nichts, weil, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, der Personenschutz nicht zu den Tätigkeiten des Bewachungsgewerbes (§ 129 Abs. 4 und 5 GewO 1994), sondern zum Aufgabenbereich der Berufsdetektive (§ 129 Abs. 1 leg. cit.), der aber nicht Gegenstand des Feststellungsantrages des Beschwerdeführer ist, zählt.
Der (bloße) Hinweis des Beschwerdeführers auf den einjährigen Besuch einer Handelsschule und einer Unternehmerschule ist in diesem Zusammenhang auch deshalb nicht zielführend, weil es auf den - erfolgreichen - Schulbesuch (Abschluss) ankommt (§ 2 Abs. 1 Z 1 Sicherheitsgewerbe-Verordnung und § 18 Abs. 5 GewO 1994). Das Fehlen der genannten Voraussetzungen kann durch die in der Beschwerde ins Treffen geführte langjährige Tätigkeit des Beschwerdeführers in "diversen Sicherheitsunternehmen" nicht kompensiert werden, weil die fachliche Tätigkeit nach der zuletzt genannten Verordnung nicht alleine ausschlaggebend für die fachliche Qualifikation ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 28. Jänner 2008
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2005040057.X00Im RIS seit
06.03.2008Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008