TE Vwgh Erkenntnis 2008/1/29 2007/05/0222

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Veröffentlicht am 29.01.2008
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
19/05 Menschenrechte;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/13 Sonstiges allgemeines Privatrecht;
23/04 Exekutionsordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §354;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §18 Abs1 Z1 lita;
BauO NÖ 1996 §18 Abs1 Z1 litb;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z2;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z3;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z4;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;
B-VG Art7;
EO §276;
MRKZP 01te Art1;
NotwegeG 1896 §24;
StGG Art5;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des Dr. P in Brand-Laaben, vertreten durch Stapf Neuhauser Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Eßlinggasse 7, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 10. August 2007, Zl. RU1-BR-527/001-2006, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde Brand-Laaben,

2. S in Wien, vertreten durch Dr. Peter Birgmayer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rabensteig 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Gemeinde wird abgewiesen.

Begründung

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Neulengbach vom 5. März 1997, Nc 32/94a-58, berichtigt mit Beschluss des Bezirksgerichtes Neulengbach vom 12. Februar 2001, Nc 32/94a-75, wurde der zweitmitbeteiligten Partei als Eigentümerin der Liegenschaft EZ 59 des Grundbuches 19731 Klamm zur Verbindung dieser Liegenschaft mit dem öffentlichen Gut ein Notweg in Form der Dienstbarkeit des Geh- und Fahrrechtes mit zweispurigen Fahrzeugen u.a. über das Grundstück Nr. 128/3 der Liegenschaft EZ 180, Grundbuch 19731 Klamm, des Beschwerdeführers eingeräumt. Der Verlauf des Notweges wurde in einem diesem Beschluss angeschlossenen Lageplan dargestellt.

Mit Eingabe vom 14. September 2000 beantragte die zweitmitbeteiligte Partei die Baubewilligung für die Herstellung eines Notweges.

Der von der erstmitbeteiligten Partei bestellte bautechnische Amtssachverständige führte am 8. November 2000 einen Lokalaugenschein in Anwesenheit der Parteien durch und hielt in seiner Niederschrift fest, dass bei der Trassenführung des von der Bauwerberin eingereichten Projektes der im erwähnten Beschluss des BG Neulengbach festgelegte Verlauf des Notweges berücksichtigt sei.

Der Beschwerdeführer erhob gegen das eingereichte Projekt insbesondere Einwendungen wegen befürchteter Hangrutschung.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. Juli 2003 wurde der zweitmitbeteiligten Partei die beantragte Baubewilligung für die Errichtung eines Notweges entsprechend den mit der Bezugsklausel versehenen Planunterlagen und der dazugehörigen Baubeschreibung sowie der zum Bescheid beigeschlossenen Verhandlungsschrift über die Bauverhandlung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

Unter anderem wurden folgende Auflagen erteilt:

"1. Die Bauarbeiten sind bei stabiler und trockener Wetterlage sowie trockenen Bodenverhältnissen zu beginnen und so rasch wie möglich durchzuführen. Wenn während der Bauzeit mehr als geringfügige Niederschläge auftreten, sind Aufgrabungshohlräume (insbesondere im Bereich unterhalb der Krainerwand) umgehend provisorisch zu verfüllen.

...

7. Vor Beginn der Baumaßnahmen ist eine Beweissicherung bei den im Baubereich liegenden Objekten des Dr. P. (Beschwerdeführer) vorzunehmen und der Baubehörde darüber zu berichten.

8. Bezüglich der Bauführung im Bereich des Profiles 1 ist der Baubehörde rechtzeitig vor Baubeginn ein Standsicherheitsnachweis eines befugten Erdstatikers zu erbringen, nachdem gebaut wird.

...

11. Die vorgesehenen Drainagen und Entwässerungsrinnen sind wartungsfähig herzustellen, entsprechend zu warten und funktionsfähig zu halten.

...

13. Die in den drei Gutachten des Dr. L. (9.3.2001 und 13.6.2002 und 5.8.2002) enthaltenen Maßnahmen sind Projektsbestandteil und entsprechend einzuhalten.

..."

Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers ergänzte die Berufungsbehörde das Ermittlungsverfahren.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 5. Dezember 2005 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die Berufungsbehörde hiezu aus, dass das Projekt dem Stand der Technik entspreche und das Gutachten des von der Bauwerberin bestellten Sachverständigen Dr. J.L. nicht auf falschen Grundlagen beruhe. Der Beschwerdeführer nehme in seinen Stellungnahmen - auch in seinen Stabilitätsberechnungen - nicht auf die von diesem Gutachter vorgenommenen Probeschürfe Bezug. Seine Ausführungen, wonach die Destabilisierung des Hanges nur durch weitergehende Hangsicherungsmaßnahmen verhindert werden könne, seien daher nicht schlüssig. Den Anforderungen nach § 43 Abs. 1 Z. 1 der NÖ Bauordnung 1996 (mechanische Festigkeit und Standsicherung) sei durch das Gutachten des Dr. J.L. vom 9. März 2001, durch das ergänzende Gutachten vom 13. Juni 2002 und durch die Stellungnahme zu dem von Mag. L.T. verfassten "geotechnischen Gutachten über die grundbautechnische Machbarkeit des Notweges" sowie durch die statische Berechnung der Ziviltechniker für Bauwesen und Technische Physik vom 21. Juli 2003 erfüllt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Eigentümer eines Baugrundstückes im Baubewilligungsverfahren gemäß § 6 Abs. 1 Z. 2 NÖ Bauordnung 1996 Parteistellung eingeräumt sei. Diese Parteistellung sei nicht wie die der Nachbarn an die im Abs. 2 des § 6 leg. cit. angeführten subjektiv-öffentlichen Rechte gebunden. Die Grundeigentümer besäßen jedoch im Baubewilligungsverfahren eine eingeschränkte Parteistellung. Diese erstrecke sich in Ansehung eines Ansuchens um Baubewilligung nur auf die Frage, ob die liquid erforderliche, als Beleg dem Ansuchen anzuschließende Zustimmung der Grundeigentümer (der Miteigentümer) vorliege oder nicht, sowie auf ihr Eigentum unmittelbar betreffende Auflagen eines Baubewilligungsbescheides. Die Prüfungsbefugnis der Vorstellungsbehörde beschränke sich daher im gegenständlichen Fall auf die beiden genannten Fälle der möglichen Parteistellung des Vorstellungswerbers. Es liege zwar keine Zustimmungserklärung des Beschwerdeführers zum Bauvorhaben vor, durch die im Sachverhalt angeführten Beschlüsse des Bezirksgerichtes Neulengbach vom 5. März 1997 und 12. Februar 2001 über die Einräumung eines Notweges zu Gunsten der Bauwerberin auf dem Grundstück des Beschwerdeführers sei jedoch eine vollstreckbare Verpflichtung zur Duldung des Vorhabens gegeben. Das Vorliegen einer vollstreckbaren Verpflichtung zur Duldung des Vorhabens sei vom Beschwerdeführer während des gesamten baurechtlichen Verfahrens auch nicht bestritten worden. Hinsichtlich des zweiten Falles einer möglichen Parteistellung sei seitens der Vorstellungsbehörde zu prüfen, ob die vom Beschwerdeführer in seiner Vorstellung bekämpften Auflagen 1, 8, 11 und 13 solche Auflagen darstellten, die das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers unmittelbar betreffen. Hiezu sei festzuhalten, dass diese Auflagen nicht an den Beschwerdeführer, sondern an die Bauwerberin ergangen seien, sodass der Beschwerdeführer auf Grund eines derartigen Titelbescheides auch nicht Adressat allfälliger Vollstreckungsmaßnahmen sein könnte. Die genannten Auflagen bzw. Errichtungs- und Betriebsvorschriften stellten daher keine solchen dar, die den Beschwerdeführer unmittelbar in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzen. Als eine unmittelbar das Eigentumsrecht berührende Auflage wäre etwa die an eine Baubewilligung geknüpfte Verpflichtung zur Grundabtretung anzusehen, die nur vom Grundeigentümer erfüllt werden könne. Die übrigen in der Vorstellung geltend gemachten Anfechtungsgründe (unrichtige Beweiswürdigung bzw. Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften) entzögen sich auf Grund dieser Rechtslage der Überprüfungsbefugnis der Vorstellungsbehörde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid seinem Vorbringen zufolge im Recht auf Nichterteilung der Baubewilligung verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligten Parteien eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht auch vor dem Verwaltungsgerichtshof keine Verletzung von Nachbarrechten geltend. Vielmehr stützt er seine Parteistellung auf seine Eigenschaft als Eigentümer des Baugrundstückes und führt aus, dass bei gebotener verfassungskonformer Interpretation der Bauordnung die gerichtlich auferlegte Verpflichtung zur Duldung eines Notweges, welche ohne Prüfung jeglicher Aspekte der Sicherheit der auf der Liegenschaft befindlichen Bauwerke und ohne Prüfung, ob auf Grund des Bauwerkes Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit der dort lebenden Personen zu erwarten seien, ergehe, zwar die nach dem Gesetz erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers ersetze und ihm als betroffenen Grundeigentümer im Rahmen des Bauverfahrens damit nicht auch sämtliche Einwendungsmöglichkeiten abgeschnitten würden. Selbst im Falle des Vorliegens einer Zustimmung des Liegenschaftseigentümers sei diese im Zweifel dahingehend zu interpretieren, dass der Eigentümer einer Liegenschaft grundsätzlich einem Dritten nur dann die Zustimmung zur Bauführung auf seinem Grundstück erteile, wenn keine Gefährdung seines Eigentums und vor allem seines körperlichen Wohls zu erwarten sei. Andererseits werde der Grundeigentümer seine Zustimmung zur Bauführung widerrufen, wenn im Rahmen des Bauverfahrens zu Tage trete, dass die Gefahr eines Schadens bestehe. Ein Widerruf der Zustimmung sei während des Bauverfahrens bis zur Entscheidung der Behörde jederzeit möglich. Im Fall eines solchen Widerrufes sei das Bauansuchen abzuweisen. Wenn also die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt werde, müsse sichergestellt sein, dass im Bauverfahren sämtliche subjektiv-öffentlichen Rechte des Grundeigentümers und der Nachbarn, insbesondere die Aspekte der körperlichen Sicherheit und der Sicherheit des Eigentums mitberücksichtigt werden, zumal die durch das Zivilgericht im Notwegeverfahren angeordnete Duldungspflicht im darauf folgenden Bauverfahren nicht wie im Falle der freiwilligen Zustimmung des Liegenschaftseigentümers widerrufbar sei, wenn den genannten Gefahrenaspekten nicht ausreichend Rechnung getragen werde. Die gerichtlich durch die Vorschreibung des Notwegerechtes festgesetzte Duldung zur Bauführung auf eigenem Grund könne die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers nicht ersetzen, ohne die Möglichkeit zur Einräumung von Einwendungen bezüglich Beeinträchtigungen der Sicherheit der körperlichen Unversehrtheit des Grundeigentums zu gewähren. Schlösse man solche Einwendungen aus, würde dies dazu führen, dass Gefahren für Leib und Leben sowie das Eigentum des Beschwerdeführers von diesem überhaupt in keinem Verfahren releviert werden könnten. Der Beschwerdeführer habe auch die vorgeschriebenen Auflagen mit der Begründung bekämpft, sie würden nicht dem Bestimmtheitsgebot entsprechen und seien somit nicht geeignet, ihren Zweck, nämlich die Verhinderung von Schäden des Beschwerdeführers, zu erfüllen.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass das bewilligte Bauvorhaben in seinen Ausmaßen und in der seine Grundflächen beanspruchenden Ausdehnung dem eingeräumten Notwegerecht entspricht.

§ 6 NÖ Bauordnung 1996 regelt die Parteistellung im Baubewilligungsverfahren. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut (auszugsweise):

"§ 6

Parteien, Nachbarn und Beteiligte

(1) In Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 32, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 und § 35 haben Parteistellung

1.

der Bauwerber und/oder der Eigentümer des Bauwerks

2.

der Eigentümer des Baugrundstücks

3.

die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn) und

              4.              die Eigentümer eines ober- oder unterirdischen Bauwerks auf den Grundstücken nach Z. 2 und 3, z.B. Superädifikat, Baurechtsobjekt, Keller, Kanalstrang (Nachbarn).

Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind.

Beteiligte sind alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten und in ihren Interessen betroffen werden.

..."

Gemäß § 18 Abs. 1 leg. cit. sind dem Antrag auf Baubewilligung anzuschließen:

              "1.              Nachweis des Grundeigentums (Grundbuchsabschrift):

höchstens sechs Monate alt

oder

Nachweis des Nutzungsrechtes:

              a)              Zustimmung des Grundeigentümers oder Zustimmung der Mehrheit nach Anteilen bei Miteigentum

oder

              b)              vollstreckbare Verpflichtung des Grundeigentümers zur Duldung des Vorhabens

..."

Aus dieser Rechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. September 2003, Zl. 2002/05/1040, gefolgert, dass den (Mit-)Eigentümern eines Grundstückes Parteistellung gemäß § 6 Abs. 1 Z. 2 NÖ Bauordnung 1996 zukommt. Diese Parteistellung ist nicht wie die der Nachbarn (§ 6 Abs. 1 Z. 3 und 4 NÖ Bauordnung 1996) an die in Abs. 2 des § 6 leg. cit. angeführten subjektiv-öffentlichen Rechte gebunden.

Der vom Bauwerber verschiedene Grundeigentümer nimmt aber am Baubewilligungsverfahren regelmäßig nur hinsichtlich der Frage teil, ob eine erforderliche Zustimmung vorliegt oder nicht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2006, Zl. 2005/05/0332, mit weiteren Nachweisen).

Im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Zustimmung des Grundeigentümers nach § 18 Abs. 1 Z. 1 lit. a NÖ Bauordnung 1996 durch Gerichtsentscheid ersetzt werden kann (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. März 2007, Zl. 2004/05/0240). Nach § 18 Abs. 1 Z. 1 lit. c NÖ Bauordnung 1996 kann der Nachweis des Nutzungsrechtes des Bauwerbers aber auch durch eine vollstreckbare Verpflichtung des Grundeigentümers zur Duldung des Vorhabens erbracht werden. Als vollstreckbare Verpflichtung des Grundeigentümers zur Duldung eines Bauvorhabens kommt auch eine rechtskräftig auferlegte Zwangsservitut in Betracht (vgl. hiezu Hauer/Zaussinger, NÖ Baurecht, 6. Aufl., Anm. 6 zu § 18 NÖ Bauordnung 1996). Die gerichtliche Einräumung eines Notwegerechtes ist eine solche Servitut (vgl. § 24 des Gesetzes vom 7. Juli 1896 betreffend die Einräumung von Notwegen). Somit liegt im Beschwerdefall eine gerichtliche Entscheidung vor, die die Feststellung der Verpflichtung zur Zustimmung in einem der Rechtskraft fähigen Sinn und in einer Weise einschließt, die die Anwendbarkeit des § 376 Exekutionsordnung ermöglicht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 2004, Zl. 2003/05/0150).

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 6. März 1997, VfSlg. 14.783, zur erforderlichen Zustimmungsvoraussetzung des Grundeigentümers im Baubewilligungsverfahren und somit zur Parteistellung des Grundeigentümers im Baubewilligungsverfahren festgehalten, dass Prüfungsmaßstab für die Erteilung einer Baubewilligung nach der (im dortigen Beschwerdefall anzuwendenden Tiroler Bauordnung) nicht die privatrechtliche Verfügungsmacht, auf einem Grundstück ein Bauwerk zu errichten, ist. Die Baubewilligung als Ergebnis der materiellen Prüfung eines Bauansuchens am Maßstab der öffentlichrechtlichen Regelungen des Raumordnungsrechtes und Baurechts bedeutet die Verleihung des subjektiven öffentlichen Rechts, einen Bau nach Maßgabe der bewilligten Pläne zu errichten, und beinhaltet lediglich die Feststellung, dass das geplante Vorhaben vom öffentlichen-rechtlichen Standpunkt des Raumordnungsrechts und des Baurechts her zulässig ist. Normativer Gehalt einer Baubewilligung ist nur der Ausspruch, dass dem zur Bewilligung beantragten Bau kein im öffentlichen Recht fußendes Hindernis entgegensteht. Die Baubewilligung sagt nichts darüber aus, ob der bewilligte Bau nicht etwa mit Mitteln des Privatrechts verhindert werden kann. Sie ist daher schon an sich nicht geeignet, in das Eigentumsrecht des Grundeigentümers einzugreifen. Gestützt auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 1972, VwSlg. 8.161/A) führt der Verfassungsgerichtshof sodann weiter aus, dass es nicht verfassungsrechtliche, sondern rechtspolitische und verwaltungsökonomische Gründe waren, die den Landesgesetzgeber bewogen haben, den Anspruch auf Erteilung einer Baubewilligung für eine Bauführung auf fremdem Grund von der Zustimmung des Eigentümers dieses Grundes abhängig zu machen. Eine solche Regelung ist aber - da die Baubewilligung nicht in das Eigentumsrecht des Grundeigentümers eingreifen kann - unter dem Gesichtspunkt des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts der Unversehrtheit des Eigentums nicht geboten. Dem Grundeigentümer, der gemäß § 354 ABGB jeden anderen vom Betreten seines Grundstückes und damit auch von Bauführungen auf seinem Grund auszuschließen berechtigt ist, bleibt es im Falle einer nach dem Privatrecht unzulässigen Bauführung jedoch unbenommen, eine derartige Bauführung mit den Mitteln des Privatrechtes (z.B. Eigentumsfreiheitsklage - § 523 ABGB) zu bekämpfen. Die Verfassung erfordert es nicht, dem Grundeigentümer ein subjektivöffentliches Recht auf Nichterteilung der Baubewilligung einzuräumen; räumt ihm die konkrete Bauordnung auch einen solchen Anspruch nicht ein, so folgt daraus notwendig, dass der Grundeigentümer seine Ansprüche mit den Mitteln des Privatrechtes durchsetzen muss.

Dieser Auffassung hat sich der Verwaltungsgerichtshof angeschlossen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 16. September 2003, Zl. 2002/05/1040, und die daran anschließende Rechtsprechung). Eine Einschränkung des Erfordernisses der Eigentümerzustimmung ist nicht gleichheitswidrig und demgemäß verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. August 1996, Zl. 96/05/0064).

Da mit der erteilten Baubewilligung auch keine den Beschwerdeführer als Grundeigentümer hinsichtlich seines Eigentums unmittelbar betreffenden Auflagen verbunden ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 97/05/0170), vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erblicken.

Auch wenn im Beschwerdefall die Zustimmungsverpflichtung des Grundeigentümers durch Gerichtsentscheid ersetzt worden ist und damit die im Gesetz geforderte Zustimmungsverpflichtung des Grundeigentümers zum Bauverfahren ersetzt wurde, ändert sich dadurch an den dargestellten Erwägungen zum normativen Gehalt der Baubewilligung nichts. Nicht maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, ob eine Zustimmungserklärung des Grundeigentümers zurückgezogen werden kann oder nicht, weil der Gesetzgeber zulässigerweise dem Grundeigentümer kein subjektiv-öffentliches Recht auf Nichterteilung der Baubewilligung eingeräumt hat. Der Grundeigentümer ist auch bei Erteilung eines Notwegerechtes nicht gehindert, auf zivilrechtlichem Wege die Durchführung eines baubehördlich bewilligten Bauvorhabens, wenn es sein Grundeigentum unzulässigerweise beeinträchtigt, hintanzuhalten (z.B. durch Bauverbotsklage bzw. Klage auf Unterlassung der Bauausführung).

Auf Grund der eingeschränkten Parteistellung des Beschwerdeführers im Baubewilligungsverfahren war auf die weiteren unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erfolgten Ausführungen in der Beschwerde nicht mehr einzugehen, weil damit keine Verletzung eines dem Beschwerdeführer im Baubewilligungsverfahren zustehenden subjektiven-öffentlichen Rechtes aufgezeigt wird.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Das auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes gestützte Begehren der mitbeteiligten Gemeinde war abzuweisen, weil die Gegenschrift nicht von einem Rechtsanwalt unterfertigt worden ist.

Wien, am 29. Jänner 2008

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1 Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1 Baubewilligung BauRallg6 Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Baurecht Nachbar

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007050222.X00

Im RIS seit

28.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

18.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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