TE Vwgh Beschluss 2008/1/31 2007/06/0283

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Veröffentlicht am 31.01.2008
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Index

L85006 Straßen Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
LStVwG Stmk 1964 §48 Abs1;
LStVwG Stmk 1964 §50 Abs1;
LStVwG Stmk 1964 §50 Abs2;
LStVwG Stmk 1964 §50 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, in der Beschwerdesache 1. der NV, 2. der Dipl. Ing. MVS, und 3. des Dipl. Ing. GV, alle in G, vertreten durch Mag. Markus Passer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 1/II/1, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 10. Juli 2007, Zl. FA18E-80.30 590/2004-64, betreffend straßenbaurechtliche Genehmigung und Enteignung gemäß dem Stmk. Landes-StraßenverwaltungsG 1964 (mitbeteiligte Partei: Land Steiermark, Fachabteilung 18A, Amt der Stmk. Landesregierung, 8010 Graz, Landhausgasse 7), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Die belangte Behörde erklärte in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß §  47 Stmk. Landes-StraßenverwaltungsG 1964 (LStVG. 1964) die Ausführung des Straßenbauvorhabens der mitbeteiligten Partei an der Landesstraße B 67, Grazer Straße, vom Standpunkt des öffentlichen Interesses und der mit diesem nicht in Widerspruch stehenden Interessen der Beteiligten bei plan- und beschreibungsgemäßer Ausführung für zulässig. Das konkrete Vorhaben betrifft das Baulos "T Straße - Knoten P bis Kreuzung L 377", von km 59,310 bis km 60,600 sowie von km 60,160 bis km 60,325, wie in den Projekten der Landesstraßenverwaltung, Fachabteilung 18A, Gesamtverkehr und Projektierung vom 1. Dezember 2004, sowie der Revision 02 vom 7. September 2006 jeweils erstellt von der IKK ZT-OEG, Dipl. Ing. B.K. und Dipl. Ing. Dr. techn. H.K., staatlich befugte und beeidete Zivilingenieure für Bauwesen, dargestellt.

Im Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurden gemäß §§ 48 bis 50 LStVG. 1964 für die Ausführung des in Spruchpunkt I. angeführten Straßenbauvorhabens die in den verfahrensgegenständlichen Projekten der Mitbeteiligten näher gekennzeichneten Teilflächen und sonstigen Anlagen dauernd und lastenfrei zu Gunsten des Landes Steiermark, Landesstraßenverwaltung, abgelöst und "die Höhe der Entschädigung für die in der Folge angeführten Liegenschaftseigentümer wie folgt vereinbart" (für die im Miteigentum der Beschwerdeführer an der Straßentrasse gelegene Liegenschaft ist in der Folge weder eine Ablöse noch eine Entschädigung für die Beschwerdeführer vorgesehen).

Im angefochtenen Bescheid ist zu den Einwendungen der Beschwerdeführer Folgendes ausgeführt:

Von den Beschwerdeführern werde behauptet, ein außerbücherliches Recht für das Abstellen von insgesamt 10 Kraftfahrzeugen auf Landesstraßengrund und zwar vor ihrem Grundstück Nr. 206, KG R., bzw. auf der schräg gegenüberliegenden Seite vor dem Anwesen R. zu besitzen. Dieses Recht würden sie seit rund 50 Jahren unwidersprochen ausüben. Nach Ansicht der belangten Behörde sei der Straßengraben auf der Straßenseite des Grundstückes der Beschwerdeführer erst in den 80er Jahren verrohrt worden, sodass ein Parken auf dieser Fläche davor nicht möglich gewesen sei. Für das auf der gegenüberliegenden Straßenseite behauptete Benützungsrecht liege angeblich eine Genehmigung der Landesregierung bzw. der Marktgemeinde F. auf. In den diesbezüglichen Aufzeichnungen der Landesstraßenverwaltung sei kein Benützungsrecht für die Beschwerdeführer zu finden und auch von den Beschwerdeführern habe nichts Schriftliches vorgelegt werden können. Die Marktgemeinde F. wäre nicht berechtigt, ein diesbezügliches Benützungsrecht einzuräumen, da es sich zum einen um Landesstraßengrund handle und zum anderen der gegenständliche Bereich nicht im Gemeindegebiet der Marktgemeinde F. liege. Die bisherige Nutzung des Landesstraßengrundes zu Parkzwecken sei also offensichtlich ohne konkrete Rechtsgrundlage erfolgt und daher sei ein Wegfall dieser Parkmöglichkeit nicht entschädigungspflichtig. Die weiteren Ausführungen könnten nicht nachvollzogen werden, da eine Grundeinlöse oder Enteignung oder gar der Abbruch des auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer befindlichen Hauses nie beabsichtigt oder beantragt gewesen sei.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst bei ihm eingebrachten Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid mit Beschluss vom 25. September 2007, B 1623/07-3, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die Beschwerde, die sich inhaltlich nur gegen Spruchpunkt II. (betreffend die Entschädigung) richtet, ist nicht zulässig.

Im vorliegenden Fall ist das Stmk. Landes-Straßenverwaltungsgesetz, LGBl. Nr. 154/1964 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 89/2002 (LStVG. 1964), anzuwenden.

Gemäß § 48 Abs. 1 LStVG. 1964 besteht bei Neuanlage, Verlegung und Umbau von u.a. Landesstraßen sowie für die dazugehörigen baulichen Anlagen und für die Erhaltung solcher Straßen und Anlagen ein Anspruch auf Enteignung auf Grund der nach § 47 vorgenommenen Feststellungen unter der Voraussetzung, dass der Notwendigkeit für die Herstellung und Benützung der Straße für den öffentlichen Verkehr erwiesen ist. Zu diesem Zweck kann das Eigentum an Liegenschaften, die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung oder Aufhebung von dinglichen Rechten an solchen Liegenschaften durch Enteignung in Anspruch genommen werden. Auch können hiefür durch Enteignung die zur Gewinnung von Steinen, Schotter, Sand u.dgl., dann für die Anlage von Ablagerungsplätzen, Zufahrten, Park- und Abstellplätzen, Haltestellenbuchten, Straßenwärterhäusern und anderen Baulichkeiten erforderlichen Grundstücke erworben werden.

Gemäß § 50 Abs. 1 LStVG. 1964 entscheidet die in § 49 genannte Behörde (die Landesregierung bzw. betreffend Gemeindestraßen und öffentliche Interessentenwege die Bezirksverwaltungsbehörde) unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes, BGBl. Nr. 71/1954, über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Rücksicht zu nehmen ist.

Gemäß Abs. 2 erster Satz dieser Bestimmung hat das Enteignungserkenntnis zugleich eine Bestimmung über die Höhe der Entschädigung zu enthalten.

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung kann jeder der beiden Teile, wenn er sich durch den Bescheid der im § 49 genannten Behörde über die Höhe der Entschädigung benachteiligt erachtet, innerhalb von 8 Wochen nach Rechtskraft des Enteignungsbescheides die Feststellung des Betrages der Entschädigung bei jenem Bezirksgericht begehren, in dessen Sprengel sich der Gegenstand der Enteignung befindet. Wird die gerichtliche Entscheidung angerufen, so tritt der Bescheid der Behörde über die Höhe der zu leistenden Entschädigung mit dem Zeitpunkt der Anrufung des Gerichtes außer Kraft.

Die Beschwerdeführer erachten sich materiell allein in dem Recht verletzt, keine Entschädigung für die Ablöse ihrer bücherlichen und außerbücherlichen Rechte und der damit verbundenen tatsächlich erlittenen Vermögenseinbußen erhalten zu haben. Sie führen dazu konkret aus, dass sie am bestehenden Landesstraßengrund ein Benützungsrecht in Bezug auf 10 Parkplätze hätten. Es sei nicht entsprechend geprüft worden, ob und inwiefern ihnen tatsächlich ein solches Benützungsrecht zustehe. Die Enteignung ihres außerbücherlichen Servitutsrechtes an der Straße führe zu einer Verminderung der Verwertbarkeit ihrer Liegenschaft. Sie wären daher entsprechend zu entschädigen.

Dazu ist Folgendes festzustellen: Die belangte Behörde hat sich mit dem behaupteten Benützungsrecht auf bestehendem Landesstraßengrund - wie die Begründung des angefochtenen Bescheides zeigt - auseinander gesetzt und ein solches verneint. Es ist daher davon auszugehen, dass Spruchpunkt II auch implizit einen diesbezüglich negativen Ausspruch - wie auch über die Nichtzuerkennung einer Entschädigung in diesem Zusammenhang - enthält (vgl. dazu das die in Walter - Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze2, S. 976 in E. 12 angeführte hg. Judikatur betreffend die in der Erteilung der Baubewilligung implizit enthaltene Abweisung von Einwendungen der Nachbarn). Die Beschwerdeführer machen - wie dargelegt - materiell nur eine Verletzung im Recht auf Entschädigung geltend. Dem Verwaltungsgerichtshof steht in dieser Hinsicht im Hinblick auf die in § 50 Abs. 3 leg. cit. vorgesehene sukzessive Zuständigkeit der Gerichte betreffend die Festsetzung der Entschädigung keine Prüfungsbefugnis zu. Die Beschwerdeführer sind daher nicht legitimiert, hinsichtlich der Entschädigungsfrage eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben (vgl. den hg. Beschluss vom 19. Dezember 1996, Zl. 96/06/0217). Dies gilt auch für den Fall, dass eine Entschädigung dem Grunde nach abgelehnt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 96/05/0040, und die dort dazu angeführte hg. Judikatur und Judikatur des Verfassungsgerichtshofes). Die Beschwerde war daher mangels Beschwerdelegitimation betreffend die Entscheidung zur Entschädigung gemäß § 34 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen. Im Hinblick darauf konnte dem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht entsprochen werden. Dies stößt auf keine Bedenken im Lichte des Art. 6 Abs. 1 EMRK (u.a. Recht auf mündliche Verhandlung vor einem Tribunal in einer zivilrechtlichen

Angelegenheit), da die Gerichte die angeführte Bestimmung der EMRK zu beachten haben.

Wien, am 31. Jänner 2008

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Gerichtliche oder schiedsgerichtliche Entscheidungen Inhalt des Spruches Diverses Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007060283.X00

Im RIS seit

02.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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