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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §10;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2007/01/1062 2007/01/1061Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde 1. der VH, geboren 1985, 2. des HS, geboren 2003 und 3. des GS, geboren 2005, alle in W und vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in 4910 Ried/Innkreis, Bahnhofstraße 20/I, gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates vom 8. August 2007, Zl. 245.917- 2/2E-VI/18/07 (zu 1.) und jeweils vom 9. August 2007, Zl. 245.919- 2/2E-VI/18/07 (zu 2.) bzw. Zl. 313.149-1/2E-VI/18/07 (zu 3.), betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (zu 1. und 3.) bzw. §§ 10, 11 Asylgesetz 1997 (zu 2.) (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers angefochtenen Bescheide werden insoweit, als sie Spruchteil III. der jeweils erstinstanzlichen Bescheide (betreffend die Ausweisung der Erstbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers) bestätigen, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Erstbeschwerdeführerin und dem Drittbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Zweitbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Serbien, stammen aus dem Kosovo und gehören der albanischen Volksgruppe an. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweit- bzw. Drittbeschwerdeführers und stellte am 12. Dezember 2002 einen Antrag auf Gewährung von Asyl. Der Zweitbeschwerdeführer stellte am 3. Oktober 2003, vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, einen Antrag auf Erststreckung des der Erstbeschwerdeführerin zu gewährenden Asyls. Der Drittbeschwerdeführer stellte am 9. Juni 2005, vertreten durch seinen Vater, einen Antrag auf Gewährung von Asyl.
Mit Bescheiden des Bundesasylamtes jeweils vom 12. Juni 2007 wurden die Asylanträge der Erstbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen (Spruchteil I.). Weiters wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Erst- und des Drittbeschwerdeführers nach Serbien, (Provinz) Kosovo, gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei (Spruchteil II.) und es wurden die Erst- und der Drittbeschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien, (Provinz) Kosovo, ausgewiesen (Spruchteil III.). Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15. Juni 2007 wurde der Asylerstreckungsantrag des Zweitbeschwerdeführers gemäß § 10 i.V.m. § 11 AsylG abgewiesen.
Mit den zu 1. und 3. angefochtenen Bescheiden wurden die Berufungen der Erstbeschwerdeführerin bzw. des Drittbeschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Bundesasylamtes vom 12. Juni 2007 gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen gleich lautend aus, die Erstbeschwerdeführerin sei ursprünglich unter falscher Identität aufgetreten, darüber hinaus kurze Zeit nach erfolgter illegaler Einreise in das Bundesgebiet im Jänner 2001 illegal in die Schweiz weitergereist und habe ihren Asylantrag damit begründet, dass sie im Kosovo "Probleme mit der Familie habe", da sie ihr Vater wegen der Beziehung zu ihrem damaligen Lebensgefährten mit dem Umbringen bedroht habe. Der Drittbeschwerdeführer habe seinen Asylantrag im Rahmen des Familienverfahrens nach § 10 AsylG gestellt. Die belangte Behörde schließe sich der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes vollinhaltlich an, zumal eine Recherche der österreichischen Botschaft, Außenstelle Pristina, ergeben habe, dass die Erstbeschwerdeführerin mehrfach die Unwahrheit angegeben habe. Die erstinstanzlich verfügte Ausweisung der Erstbeschwerdeführerin bzw. des Drittbeschwerdeführers sei nicht zu beanstanden, da weder die Erstbeschwerdeführerin noch ihre beiden minderjährigen Kinder über einen dauerhaften Aufenthaltstitel im Bundesgebiet verfügten. Zum Vater der Kinder bestehe kein massiver Familienbezug, da die Erstbeschwerdeführerin nach eigenen Angaben zu diesem keinerlei Kontakt habe, dieser seit Jahren von ihr getrennt lebe und darüber hinaus seit längerer Zeit mit einer österreichischen Staatsangehörigen verehelicht sei. Auch dass der Kindesvater die Kinder unregelmäßig besuche, begründe kein massives Familienleben. Demgegenüber überwögen die öffentlichen Interessen an der Beendigung des "nunmehr eingetretenen illegalen" Aufenthaltes, zumal die relativ lange Aufenthaltsdauer von der Erstbeschwerdeführerin und deren unwahren Angaben zu verantworten sei.
Mit dem zu 2. angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Zweitbeschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Bundesasylamtes vom 15. Juni 2007 gemäß den §§ 10, 11 AsylG ab. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, auf Grund der negativen Erledigung der Asylanträge "der im Bundesgebiet aufhältigen Eltern" liege keine Asylgewährung an einen Angehörigen vor, sodass die Voraussetzung des § 10 Abs. 2 AsylG nicht erfüllt sei.
Gegen diese Bescheide richtet sich die zu den hg. Zlen. 2007/01/1060 (zu 1.), 2007/01/1061 (zu 2.) und 2007/01/1062 (zu 3.) hg. protokollierte Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Soweit sich die Beschwerde gegen die Beweiswürdigung in den angefochtenen Bescheiden wendet, ist ihr zu entgegnen, dass diese der auf eine Schlüssigkeitsprüfung beschränkten Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof standhält. Die belangte Behörde ist daher zutreffend vom Fehlen einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr und eines Refoulementhindernisses für die beschwerdeführenden Parteien ausgegangen, sodass die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Bestätigung der Spruchpunkte I. und II. der erstinstanzlichen Bescheide in den zu 1. und 3. angefochtenen Bescheiden sowie gegen den zu 2. angefochtenen Bescheid richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
2. Soweit sich die Beschwerde aber gegen die Bestätigung des Spruchpunktes III. der erstinstanzlichen Bescheide in den zu 1. und 3. angefochtenen Bescheiden wendet, erweisen sich diese insoweit als inhaltlich rechtswidrig:
Durch die Bestätigung der erstinstanzlichen Ausweisung der Erstbeschwerdeführerin und des minderjährigen Drittbeschwerdeführers und die gleichzeitige Abweisung des Asylerstreckungsantrages des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers, auf Grund der anzuwendenden Rechtslage zutreffenderweise ohne eine Ausweisung zu verfügen, erscheint es möglich, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer auf Grund der asylrechtlichen Ausweisung das Bundesgebiet ohne den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer zu verlassen haben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits erkannt, dass dieser Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Familienleben der beschwerdeführenden Parteien einer Rechtfertigung bedürfte, welche jedoch die zu 1. und 3. angefochtenen Bescheide in Verkennung der Rechtslage nicht enthalten (vgl. dazu und zur Zuständigkeit der Fremdenbehörden nach ersatzloser Behebung der asylrechtlichen Ausweisung die hg. Erkenntnisse vom 12. Dezember 2007, Zl. 2007/19/1054, und vom 16. Jänner 2008, Zl.2007/19/0851, auf deren Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
Die zu 1. und 3. angefochtenen Bescheide waren daher in dem im Spruch bezeichneten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen der gestellten Begehren auf die §§ 47 ff VwGG - insbesondere § 52 Abs. 1 VwGG - i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 31. Jänner 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007011060.X00Im RIS seit
07.03.2008Zuletzt aktualisiert am
01.10.2008