Index
DE-27 Rechtsanwälte Deutschland;Norm
11997E043 EG Art43;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des Dr. M P, Rechtsanwalt in M, Bundesrepublik Deutschland, gegen den Bescheid des Plenums des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 10. April 2007, Zl. 05/11 2006/1624, betreffend die Befreiung von der Bestellung als Verfahrenshelfer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Rechtsanwaltskammer Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 180,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist als österreichischer Rechtsanwalt in die Liste der Rechtsanwälte bei der Rechtsanwaltskammer Wien eingetragen. Im August 2005 hat er sich als europäischer Rechtsanwalt in München niedergelassen (und ist weiterhin als österreichischer Rechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskammer Wien eingetragen). Mit Bescheid des zuständigen Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (in der Folge kurz: Ausschuss bzw. Abteilung des Ausschusses) vom 4. Oktober 2005 wurde der Beschwerdeführer über seinen Antrag vom 5. September 2005 von der Verpflichtung zur Leistung einer Umlage zur Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien Teil A antragsgemäß befreit (dies gemäß § 15 der Satzung der Versorgungseinrichtung).
Mit Eingabe vom 26. Jänner 2006 beantragte der Beschwerdeführer in Analogie zu § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Rechtsanwaltskammer Wien (kurz: Geo) die Befreiung von der Bestellung zum Verfahrenshelfer. Mit Schreiben vom 3. August 2005 habe er angezeigt, dass er sich als europäischer Rechtsanwalt in München niedergelassen habe. Er sei in München auf Vollzeitbasis (ausnahmslos jeden Werktag) und dauerhaft tätig. München sei der Sitz seiner beruflichen Tätigkeit, er habe dort auch seinen Hauptwohnsitz. Auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit in München sei es ihm nicht mehr möglich und zumutbar, Verfahrenshilfeangelegenheiten in Wien durchzuführen. Sowohl die Dauer der jeweils erforderlichen Reisetätigkeit sowie auch der mit den Fahrten verbundene Kostenaufwand stünden zur Sache völlig außer Verhältnis und seien ihm nicht zumutbar. Zudem könne er im Unterschied zu seinen in Österreich ansässigen Kollegen auch nicht mehr an der für die Verfahrenshilfe geleisteten Pauschalvergütung, die in das Pensionssystem Teil A fließe, teilhaben, weil er in das Versorgungssystem der Rechtsanwaltskammer München integriert und deshalb folgerichtig von der Teilnahme am Pensionssystem der Rechtsanwaltskammer Wien befreit sei. Die Verpflichtung zur weiteren Tätigkeit im Rahmen der Verfahrenshilfe in Wien stelle für ihn somit nicht nur ein unzumutbares Hindernis zur Ausübung seiner europäischen Niederlassungsfreiheit, sondern auch eine sachlich nicht gerechtfertigte finanzielle Schlechterstellung gegenüber in Österreich ansässigen Kollegen dar.
§ 44 Abs. 2 Geo sehe eine solche Befreiungsmöglichkeit für Rechtsanwälte vor, die im Rahmen der Verfahrenshilfe außerhalb des Gerichtssprengels ihres Kanzleisitzes tätig werden müssten. Dies sei Ausdruck der Wertung, dass es Rechtsanwälten nicht zumutbar sei, in einen anderen Gerichtssprengel zu reisen, um dort im Rahmen der Verfahrenshilfe tätig zu werden. Das, was für eine Tätigkeit außerhalb des Gerichtssprengels gelte, müsse umso mehr für eine Tätigkeit außerhalb des Staates, in dem sich der Sitz der Berufstätigkeit befinde, gelten, weil hier noch weit größere Reisestrecken zu überwinden wären. Die Befreiung werde somit unter Berufung auf § 44 Abs. 2 Geo in Verbindung mit der Richtlinie 98/5/EG und Art. 43 des EG-Vertrages (Niederlassungsfreiheit) beantragt.
Über Vorhalt teilte der Beschwerdeführer der Behörde mit Schreiben vom 13. Juni 2006 mit, da die österreichische Rechtsanwaltsordnung eine Befreiung von der Kanzleipflicht nicht kenne, habe er auch seinen Kanzleisitz in Österreich (Anmerkung: in Wien) aufrecht erhalten. Es handle sich dabei um die Kanzleiräumlichkeiten österreichischer Kollegen, die so freundlich gewesen seien, ihm die Mitbenutzung dieser Räumlichkeiten zu gestatten und auch die sonstige Kanzleiinfrastruktur zur Verfügung zu stellen (wurde näher ausgeführt). Durch diese Vorkehrungen sei während seiner Abwesenheit stets sichergestellt, dass seine österreichischen Kanzleigeschäfte im Einklang mit den berufsrechtlichen Vorschriften geführt und abgewickelt würden. Generell fielen nur noch vereinzelt Kanzleigeschäfte an, diese bestünden vor allem aus der Erledigung der ihm zugewiesenen Verfahrenshilfesachen. Diese seien jeweils an Kollegen substituiert worden.
Mit dem erstinstanzlichen Beschluss (Bescheid) der zuständigen Abteilung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf generelle Befreiung von der Bestellung als Verfahrenshelfer abgewiesen. Soweit für das Beschwerdeverfahren noch erheblich, heißt es zur Begründung, die Geo sehe keine Möglichkeit einer Befreiung von der Bestellung im Verfahrenshilfesachen für den Fall vor, dass ein der Rechtsanwaltskammer Wien zugehöriges Mitglied (dauerhaft) ortsabwesend sei. Auch in anderen standesrechtlich relevanten Rechtsvorschriften, wie beispielsweise in der Rechtsanwaltsordnung, sei eine entsprechende Befreiungsmöglichkeit nicht vorgesehen. Die Geo sehe eine Befreiungsmöglichkeit nur vor, wenn ein Kammermitglied durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder aus anderen erheblichen Gründen in der Berufsausübung ernstlich behindert sei (§ 49 Abs. 3 Geo). Die Auslandstätigkeit des Beschwerdeführers sei aber kein solcher erheblicher Behinderungsgrund im Sinne dieser Bestimmung der Geo. Denn § 47 Abs. 1 Geo verpflichte den verhinderten Rechtsanwalt grundsätzlich, im Falle seiner Verhinderung rechtzeitig für seine Stellvertretung Vorsorge zu treffen. Bei längerer Ortsabwesenheit sei dem Kammermitglied zuzumuten, rechtzeitig einen Stellvertreter zu beauftragen. Die Behörde sehe darin auch keine Unvereinbarkeit mit der Richtlinie 98/05/EG oder mit Art. 43 des EG-Vertrages.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sei § 44 Abs. 2 Geo auch nicht analog anzuwenden. Diese Bestimmung regle nur den Fall, dass ein bestellter Verfahrenshelfer über die Grenze seines Gerichtssprengels hinaus tätig werden müsste. Der Beschwerdeführer habe hingegen einen Kanzleisitz in Wien und könne daher für Verfahrenshilfesachen in diesem Sprengel herangezogen werden. Die Übernahme von Verfahrenshilfesachen gehöre zu den elementaren Verpflichtungen, die die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes in Österreich mit sich bringe. Von dieser Verpflichtung könne sich ein Kammermitglied nicht dadurch befreien, dass er seinen "Sitz der beruflichen Tätigkeit" ins Ausland verlege, sofern die Kammermitgliedschaft zu einer österreichischen Rechtsanwaltskammer aufrecht erhalten werde.
Auch die vom Beschwerdeführer geltend gemachte, angeblich sachlich nicht gerechtfertigte finanzielle Schlechterstellung gegenüber in Österreich ansässigen Kollegen liege nicht vor. Der Verpflichtung der Kammermitglieder, Verfahrenshilfesachen zu übernehmen, stehe grundsätzlich keine "Gegenleistung" gegenüber. Die vom Bund an den österreichischen Rechtsanwaltskammertag geleistete Pauschalvergütung für die Übernahme von Verfahrenshilfesachen fließe zwar in die Versorgungseinrichtung Teil A der Rechtsanwaltskammer Wien, sei aber nur eine (im Original hervorgehoben) Einnahmequelle neben den Einnahmen aus Beiträgen der Rechtsanwälte nach der Umlageordnung und den außerordentlichen Einnahmen aus Erträgnissen und Zinsen aus angelegtem Vermögen der Versorgungseinrichtung, aus Zuwendungen öffentlicher oder privater Stellen und Personen sowie aus Säumniszuschlägen und Verzugszinsen für die verspätete Entrichtung von Beiträgen.
Die Befreiung von der Beitragsleistung zur Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien Teil A NEU bei Tätigwerden in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union gemäß § 15 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A NEU erfolge auf freiwilliger Basis mit der Konsequenz, dass während der Dauer der Befreiung vom jeweiligen Kammermitglied keine Beitragsmonate erworben würden. Der Beschwerdeführer habe sich somit bewusst und freiwillig für eine Befreiung von der Versorgungseinrichtung entschieden. Die Satzung dieser Versorgungseinrichtung sehe keine automatische bzw. zwingende Ausnahme für einen im Ausland niedergelassenen österreichischen Rechtsanwalt vor, sodass der vom Beschwerdeführer aufgezeigte und als unbillig beurteilte Sachverhalt, dass ein Kammermitglied keine Leistungen aus der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien beziehen könne, obwohl er Gegenleistungen für einen Teil des Geldes, das in die Versorgungseinrichtung fließe, in Form der Übernahme von Verfahrenshilfesachen zu erbringen habe, nicht vorliege. Dem Beschwerdeführer stehe es frei, sowohl in dieser Versorgungseinrichtung als auch in der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer München zu verbleiben und entsprechende Leistungen beider Versorgungseinrichtungen zu beziehen. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte unzumutbare Behinderung bei der Ausübung der europäischen Niederlassungsfreiheit liege daher nicht vor. Ebensowenig könne er sich darauf berufen, dass er aus unsachlichen Gründen finanziell schlechter gestellt sei als österreichische Kollegen, weil er wegen der Befreiung vom Pensionssystem der Rechtsanwaltskammer Wien nicht an der für die Verfahrenshilfe geleisteten Pauschalvergütung partizipiere. Denn dies sei auf die bewusst und freiwillig getroffene Entscheidung des Beschwerdeführers zurückzuführen und keineswegs eine zwingende Konsequenz einer Aufnahme der anwaltlichen Tätigkeit im Ausland.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde, in der er unter anderem darauf verwies, sofern der bekämpfte Bescheid andeuten sollte, es stehe ihm frei, die Mitgliedschaft zur Rechtsanwaltskammer Wien zu beenden und damit keine Verfahrenshilfesachen mehr durchzuführen, sei dies unzutreffend: Erwägungsgrund 12 der Richtlinie 98/5/EG und ebenso das österreichische wie auch das deutsche Standesrecht sähen ausdrücklich vor, dass seine Zulassung als europäischer Rechtsanwalt in München von seiner Eintragung in Österreich (Heimatstaat) abhängig sei. Demnach sei die weitere Mitgliedschaft bei der Rechtsanwaltskammer Wien eine notwendige Voraussetzung, um die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 2 dieser Richtlinie ausüben zu können.
Er habe aufgezeigt, dass er finanziell gegenüber in Österreich ansässigen Kollegen schlechter gestellt sei, weil er zwar Leistungen als Verfahrenshelfer erbringe müsse, aber nicht mehr von der Pauschalvergütung profitieren könne, die als Gegenleistung dafür an das Versorgungssystem Teil A fließe. Die dazu gebrachten Argumente seien unzutreffend: die Beiträge im Versorgungssystem Teil A seien nicht einkommensabhängig. Es gebe bekanntlich auch keine Möglichkeit, diesen Beitrag bei geringem Einkommen in Österreich herabzusetzen. Auch bei einem "Nulleinkommen" in Österreich müsste er den vollen Beitrag leisten. Auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit in München sei er bereits dort gesetzlich verpflichtet, am Versorgungssystem der Rechtsanwaltskammer München teilzunehmen und dort die vollen Pensionsbeiträge zu entrichten. Eine zusätzliche volle Beitragsleistung in das Pensionssystem der Rechtsanwaltskammer Wien sei ihm finanziell absolut unzumutbar, weil dies die ohnedies bereits sehr hohe Beitragspflicht verdoppeln würde, ohne dass diesen Beiträgen ein nennenswertes Einkommen aus seiner österreichischen Rechtsanwaltstätigkeit gegenüberstünde. Eine zumutbare, freie Wahlmöglichkeit, weiter zusätzlich zu seinen Pflichtbeiträgen in München auch im Pensionssystem der Rechtsanwaltskammer Wien teilzunehmen, bestehe daher nicht.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge gegeben. In der Begründung teilte die belangte Behörde die Erwägungen der erstinstanzlichen Behörde und wiederholte insbesondere die Argumentation, dass es dem Beschwerdeführer freistehe, in beiden Versorgungseinrichtungen zu verbleiben. Die von ihm geltend gemachte unzumutbare Behinderung bei der Ausübung der europäischen Niederlassungsfreiheit liege daher nicht vor. Denn der Grundsatz der "europarechtlichen Freizügigkeit" gewähre keinen Anspruch darauf, von den mit der Freizügigkeit verbundenen Pflichten entbunden zu werden. So wie der Beschwerdeführer verpflichtet sei, das Standesrecht der Rechtsanwaltskammer München sowie auch jenes der Rechtsanwaltskammer Wien zu beachten (Hinweis auf § 4 des österreichischen EuRAG) und von der Einhaltung des Standesrechtes der Rechtsanwaltskammer Wien nicht generell befreit werden könne, könne er auch nicht von der ihn treffenden Standespflicht zur Leistung von Verfahrenshilfe generell befreit werden. Es mangle daher seinem Begehren an einer gesetzlichen Grundlage.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer ist österreichischer Rechtsanwalt und als solcher bei der Rechtsanwaltskammer Wien eingetragen und als europäischer Rechtsanwalt in München tätig. Europarechtliche Grundlage hiefür ist die Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufes in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, Abl. L 77/36 (sogenannte Rechtsanwalts-Niederlassungsrichtlinie, in der Folge kurz: Richtlinie). In den Erwägungsgründen dieser Richtlinie ist unter anderem festgehalten, ein in einem Mitgliedstaat voll qualifizierter Rechtsanwalt könne auf Grund der Richtlinie 98/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (sog. Diplom-Anerkennungsrichtlinie), bereits die Anerkennung seines Diploms beantragen, um sich in einem anderen Mitgliedstaat zwecks Ausübung des Rechtsanwaltsberufs unter der Berufsbezeichnung dieses Mitgliedstaats niederzulassen. Während sich einige Anwälte insbesondere durch erfolgreiche Ablegung der in der letztgenannten Richtlinie vorgesehenen Eignungsprüfung rasch in den Berufsstand des Aufnahmestaats integrieren könnten, sollten andere vollständig qualifizierte Rechtsanwälte diese Integration nach einem bestimmten Zeitraum der Berufsausübung im Aufnahmestaat unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung erreichen oder aber ihre Tätigkeit unter der ursprünglichen Berufsbezeichnung fortsetzen können. Dieser Zeitraum solle dem Rechtsanwalt die Eingliederung in den Berufsstand im Aufnahmestaat ermöglichen, wenn nachgeprüft worden sei, dass er Berufserfahrung in diesem Mitgliedstaat erworben habe. Im Erwägungsgrund 8 heißt es, für die unter diese Richtlinie fallenden Rechtsanwälte sei eine Pflicht zur Eintragung bei der zuständigen Stelle des Aufnahmestaats vorzusehen, damit sich diese Stelle vergewissern könne, dass die Rechtsanwälte die Berufs- und Standesregeln des Aufnahmestaats beachteten. Im Erwägungsgrund 12 heißt es weiter, der im Aufnahmestaat unter seiner ursprünglichen Berufsbezeichnung eingetragene Rechtsanwalt müsse bei der zuständigen Stelle des Herkunftsstaats eingetragen bleiben, um seinen Status als Rechtsanwalt zu behalten und diese Richtlinie in Anspruch nehmen zu können.
Hervorzuheben ist weiters Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie, wonach der unter seiner ursprünglichen Berufsbezeichnung tätige Rechtsanwalt neben den im Herkunftsstaat geltenden Berufs- und Standesregeln hinsichtlich aller Tätigkeiten, die er im Aufnahmestaat ausübe, den gleichen Berufs- und Standesregeln unterliege wie die Rechtsanwälte, die unter der jeweiligen Berufsbezeichnung des Aufnahmestaats praktizierten. Gemäß Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie wird der Rechtsanwalt, der unter seiner ursprünglichen Berufsbezeichnung tätig ist und eine mindestens dreijährige effektive und regelmäßige Tätigkeit im Aufnahmestaat im Recht dieses Mitgliedstaats, einschließlich des Gemeinschaftsrechts, nachweist, für den Zugang zum Rechtsanwaltsberuf im Aufnahmestaat von den in Art. 4 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 89/48/EWG vorgesehenen Voraussetzungen freigestellt. Unter "effektiver und regelmäßiger Tätigkeit" ist die tatsächliche Ausübung des Berufs ohne Unterbrechung zu verstehen; Unterbrechungen auf Grund von Ereignissen des täglichen Lebens bleiben außer Betracht (es geht dabei unter anderem darum, dass er keine entsprechende Eignungsprüfung mehr ablegen muss).
Diese europarechtlichen Vorgaben wurden in Österreich mit dem Gesetz über den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Österreich (EuRAG), BGBl. I Nr. 27/2000, umgesetzt, in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Gesetz zur Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Berufsrechts der Rechtsanwälte, dBGBl. I Seite S 182, umfassend unter anderem (Art. 1) das Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (ebenfalls EuRAG - hier zur Unterscheidung dEuRAG).
Nach § 2 Abs. 2 dEuRAG setzt die Aufnahme in die (entsprechende deutsche) Rechtsanwaltskammer voraus, dass der Antragsteller bei der zuständigen Stelle des Herkunftsstaates als europäischer Rechtsanwalt eingetragen ist.
Im Beschwerdefall sind weiters die Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868 (RAO), in der Fassung BGBl. I Nr. 93/2006 anzuwenden, daneben die Geschäftsordnung für die Rechtsanwaltskammer Wien und deren Ausschuss 2004 (kurz: Geo), dann auch die Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A NEU der Rechtsanwaltskammer Wien (kurz: Satzung), kundgemacht jeweils im Intranet der Rechtsanwaltskammer Wien (zur besseren Übersichtlichkeit werden die korrespondierenden Normen thematisch zusammengefasst wiedergegeben).
Das System der Verfahrenshilfe (zuvor: Armenrecht) wurde im Jahr 1973 grundlegend neu gestaltet, hiezu kam es mit dem Gesetz vom 8. November 1973, BGBl. Nr. 570, zu entsprechenden, umfangreichen Änderungen der RAO (die noch im Prinzip, wenngleich mehrfach novelliert, bis heute fortwirken; zu den Motiven der damaligen Änderungen siehe die Erläuterungen zur damaligen Novelle in 847 der Beilagen XIII GP - Regierungsvorlage).
Die Bestellung von Rechtsanwälten zur Verfahrenshilfe ist in den §§ 45, 45a und 46 RAO geregelt; diese Bestimmungen lauten auszugsweise (der im Verfahren bezogene § 45 Abs. 3 RAO idF der Novelle BGBl. Nr. 570/1973), § 45a eingefügt durch BGBl. Nr. 474/90, § 46 idF ebenfalls BGBl. Nr. 570/1973, mit Ausnahme des letzten Absatzes des Abs. 2, der mit der Novelle BGBl. I Nr. 164/2005 angefügt wurde:
"§ 45. (1) Hat das Gericht die Beigebung eines Rechtsanwalts beschlossen oder schließt die Bewilligung der Verfahrenshilfe eine solche Beigebung ein, so hat die Partei Anspruch auf die Bestellung eines Rechtsanwalts durch die Rechtsanwaltskammer.
(2) Die Bestellung für ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof obliegt dem Ausschuss der nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Partei, sonst dem Ausschuss der nach dem Sitz des Gerichtes zuständigen Rechtsanwaltskammer.
(3) Müsste der bestellte Rechtsanwalt außerhalb des Sprengels des Gerichtshofs erster Instanz, wo er seinen Kanzleisitz hat, tätig werden oder ist der Partei, die sich außerhalb dieses Sprengels aufhält, die Zureise zu dem bestellten Rechtsanwalt für eine notwendige mündliche Aussprache wegen unüberwindlicher Hindernisse oder hoher Kosten unzumutbar, so hat der Ausschuss der nach dem Ort der vorzunehmenden Tätigkeit beziehungsweise nach dem Aufenthaltsort der Partei zuständigen Rechtsanwaltskammer auf Antrag des bestellten Rechtsanwalts oder der Partei hierzu einen Rechtsanwalt zu bestellen, der im Sprengel des Gerichtshofs erster Instanz, wo dieser Ort liegt, seinen Kanzleisitz hat.
(4) Kann der bestellte Rechtsanwalt die Vertretung oder Verteidigung aus einem der im § 10 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz oder zweiter Satz angeführten Gründe oder wegen Befangenheit nicht übernehmen oder weiterführen, so ist er auf seinen Antrag, auf Antrag der Partei oder von Amts wegen zu entheben und ein anderer Rechtsanwalt zu bestellen. Im Fall des Todes des bestellten Rechtsanwalts oder des Verlustes seiner Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft ist von Amts wegen ein anderer Rechtsanwalt zu bestellen.
(4a) ..."
"§ 45a. Für die Bestellung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenshilfe vor den unabhängigen Verwaltungssenaten gilt § 45 sinngemäß.
§ 46. (1) Die Ausschüsse der Rechtsanwaltskammern haben bei der Bestellung nach festen Regeln vorzugehen; diese haben eine möglichst gleichmäßige Heranziehung und Belastung der der betreffenden Kammer angehörenden Rechtsanwälte unter besonderer Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zu gewährleisten. Diese Regeln sind in den Geschäftsordnungen der Ausschüsse festzulegen.
(2) Die Geschäftsordnungen können jedoch allgemeine Gesichtspunkte festlegen, nach denen Rechtsanwälte aus wichtigen Gründen von der Heranziehung ganz oder teilweise befreit sind. Als wichtige Gründe sind besonders die Ausübung einer mit erheblichem Zeitaufwand verbundenen Tätigkeit im Dienst der Rechtsanwaltschaft oder persönliche Umstände anzusehen, die die Heranziehung als besondere Härte erscheinen ließen. Die Mitglieder des Präsidiums des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags sind jedenfalls von der Heranziehung befreit."
Die korrespondierenden Bestimmungen der Geo betreffend (unter anderem) die Bestellung von Rechtsanwälten zur Verfahrenshilfe finden sich in ihren §§ 44 bis 49; diese lauten:
"Bestellung von Rechtsanwälten zur Verfahrenshilfe, Amtsverteidigung und Pflichtverteidigung
§ 44
(1) Der Ausschuss hat im Falle der Bewilligung der Verfahrenshilfe, die die Beigebung eines Rechtsanwaltes in den im Gesetze vorgesehenen Fällen einschließt, sowie im Falle der Bewilligung der Amtsverteidigung oder Pflichtverteidigung in den im Gesetze vorgesehenen Fällen, einen Rechtsanwalt zu bestellen.
(2) Müsste der bestellte Rechtsanwalt außerhalb des Sprengels des Gerichtshofes 1. Instanz, wo er seinen Kanzleisitz hat, tätig werden oder ist der Partei, die sich außerhalb dieses Sprengels aufhält, die Zureise zu einem bestellten Rechtsanwalt für eine notwendige mündliche Aussprache wegen unüberwindlicher Hindernisse oder hoher Kosten unzumutbar, so hat der Ausschuss der nach dem Ort der vorzunehmenden Tätigkeit bzw. nach dem Aufenthaltsort der Partei zuständigen Rechtsanwaltskammer auf Antrag des bestellten Rechtsanwaltes oder der Partei hiezu einen Rechtsanwalt zu bestellen, der im Sprengel des Gerichtshofes 1. Instanz, wo dieser Ort liegt, seinen Kanzleisitz hat.
(3) Von jeder Bestellung hat der Ausschuss in den Fällen des Abs 1 das benachrichtigende Gericht oder den benachrichtigenden Unabhängigen Verwaltungssenat, in den Fällen des Absatz 2 das Gericht oder den Unabhängigen Verwaltungssenat, bei dem das Verfahren in erster Instanz geführt wird, oder, falls der bestellte Rechtsanwalt bei einem anderen Gericht oder Unabhängigen Verwaltungssenat einzuschreiten hat, dieses (diesen) zu verständigen.
§ 45
(1) Die Bestellung von Rechtsanwälten zur Verfahrenshilfe oder Amtsverteidigung im Sinne des § 44 hat innerhalb der im Kammersprengel ansässigen Rechtsanwälte in alphabetischer Reihenfolge zu erfolgen.
Dabei werden drei getrennte Listen (Turnusläufe) geführt für Bestellungen für Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat, für Strafsachen sowie für Zivilsachen einschließlich Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofbeschwerden.
(2) Wenn der an die Reihe kommende Rechtsanwalt gesetzlich berechtigt ist, die Vertretung in dem besonderen Falle abzulehnen, ist der nächste alphabetisch folgende Rechtsanwalt zu bestellen; in diesem Fall ist dem übergangenen Rechtsanwalt die nächstfolgende Vertretung zuzuteilen, soweit er noch keine verrechenbaren Leistungen erbracht hat.
(3) Besonders umfangreiche Vertretungen, insbesondere Hauptverhandlungen von mindestens dreitägiger Dauer in Strafsachen sind mehrfach anzurechnen, jedoch nur bis zu dem Ausmaß, ab welchem dem RA ein Vergütungsanspruch zusteht (§ 16 Abs. 4 RAO). In solchen Fällen können auch mehrere Rechtsanwälte zur gemeinsamen Vertretung bestellt werden, wobei die alphabetische Reihenfolge einzuhalten ist.
(4) Die Bestellung der Pflichtverteidiger erfolgt über eine Liste von Rechtsanwälten, die sich zur Übernahme von Pflichtverteidigungen bereit erklärt haben.
§ 46
Wählt eine Partei, welcher Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwaltes vom Gericht bewilligt worden ist, einen Rechtsanwalt mit dessen Zustimmung, ist diese Vertretung auf den nächsten Fall der alphabetischen Zuteilung des Rechtsanwaltes anzurechnen, soferne dieser gemäß §§ 45 oder 45 a RAO bestellt wurde.
§ 47
(1) Im Falle der Verhinderung hat der bestellte Rechtsanwalt für seine Stellvertretung rechtzeitig Vorsorge zu treffen.
(2) Ein Rechtsanwalt kann die einem anderen Rechtsanwalt zugewiesene Vertretung im Rahmen der Verfahrenshilfe oder Amtsverteidigung an dessen Stelle oder als Substitut übernehmen.
Hiedurch wird an der Reihenfolge der Bestellungen nichts geändert.
(3) Hat jedoch ein Rechtsanwalt infolge einer Bestellung im Rahmen der Verfahrenshilfe oder Amtsverteidigung mehrere Klagen zu überreichen oder mehrere Rechtsstreite zu führen, zählt diese Bestellung für so viele Fälle, wie Rechtsstreite geführt werden, wobei Wiedereinsetzungs- und Zwischenstreitigkeiten nicht gesondert gezählt werden.
§ 48
Der Umfang der Bestellung richtet sich nach dem Beschluss des Gerichtes, bzw. des unabhängigen Verwaltungssenates, mit dem Verfahrenshilfe bzw. die Beigebung eines Rechtsanwaltes bewilligt wurde.
§ 49
(1) Die Mitglieder des Ausschusses, des Disziplinarrates, der Kammeranwalt und seine Stellvertreter und die Anwaltsrichter bei der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter sind für die Dauer der Ausübung des Mandates von der Bestellung als Vertreter in Verfahrenshilfe- oder Amtsverteidigungssachen befreit.
Kammermitglieder, die im Interesse der Rechtsanwaltskammer andere ehrenamtliche Funktionen ausüben, die nach Art und Umfang Funktionen wie oben dargestellt entsprechen, können auf Dauer der Ausübung dieser Funktionen von der zuständigen Abteilung des Ausschusses von der Bestellung als Vertreter in Verfahrenshilfe- oder Amtsverteidigungssachen befreit werden.
(2) Kammermitglieder, die das Pensionsalter erreicht und in das System Versorgungseinrichtung, Teil A ALT optiert haben, sind von der Bestellung als Vertreter in Verfahrenshilfe- oder Amtsverteidigungssachen befreit.
(3) Der Ausschuss hat über Antrag Kammermitglieder, die durch Krankheit, Gebrechtlichkeit oder aus anderen erheblichen Gründen bei der Berufsausübung ernstlich behindert sind, für die Dauer dieser Behinderung oder für den Einzelfall von der Bestellung in Verfahrenshilfesachen zu befreien."
Festzuhalten ist, dass die im Verwaltungsverfahren bezogenen § 44 Abs. 2 und § 49 Abs. 3 dieser Geschäftsordnung 2004 in dieser Form schon in der im AnwBl. 1991, 449, kundgemachten Geschäftsordnung für die Rechtsanwaltskammer Wien und deren Ausschuss enthalten sind (unter denselben Paragraphen- und Absatzbezeichnungen).
Der Beschwerdeführer hat die Altersversorgung der Rechtsanwälte aus dem Blickwinkel der zu leistenden Beiträge, aber auch der Pauschalvergütung angesprochen, die der Bund für die Leistungen der Rechtsanwälte in Verfahrenshilfesachen erbringt. Diesbezüglich sind insbesondere folgende Bestimmungen der RAO von Bedeutung:
"§ 16. (1) ...
(2) Der nach den §§ 45 oder 45a bestellte Rechtsanwalt hat die Vertretung oder Verteidigung der Partei nach Maßgabe des Bestellungsbescheides zu übernehmen und mit der gleichen Sorgfalt wie ein frei gewählter Rechtsanwalt zu besorgen. Er hat an die von ihm vertretene oder verteidigte Partei, vorbehaltlich weitergehender verfahrensrechtlicher Vorschriften, nur so weit einen Entlohnungsanspruch, als ihr der unterlegene Gegner Kosten ersetzt.
(3) Für die Leistungen, für die die nach den §§ 45 oder 45a bestellten Rechtsanwälte zufolge verfahrensrechtlicher Vorschriften sonst keinen Entlohnungsanspruch hätten, haben die in der Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwälte an diese Rechtsanwaltskammer einen Anspruch darauf, dass sie jedem von ihnen aus dem ihr zugewiesenen Betrag der Pauschalvergütung einen gleichen Anteil auf seinen Beitrag zur Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung anrechnet, soweit nicht ein Anspruch auf Vergütung nach Abs. 4 besteht.
(4) In Verfahren, in denen der nach den §§ 45 oder 45a bestellte Rechtsanwalt innerhalb eines Jahres mehr als zehn Verhandlungstage oder insgesamt mehr als 50 Verhandlungsstunden tätig wird, hat er unter den Voraussetzungen des Abs. 3 für alle jährlich darüber hinausgehenden Leistungen an die Rechtanwaltskammer Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Auf diese Vergütung ist dem Rechtsanwalt auf sein Verlangen nach Maßgabe von Vorschusszahlungen nach § 47 Abs. 5 letzter Satz von der Rechtsanwaltskammer ein angemessener Vorschuss zu gewähren. Über die Höhe der Vergütung sowie über die Gewährung des Vorschusses und über dessen Höhe entscheidet der Ausschuss. Ist die Vergütung, die der Rechtsanwalt erhält, geringer als der ihm gewährte Vorschuss, so hat der Rechtsanwalt den betreffenden Betrag dem Ausschuss der Rechtsanwaltskammer zurückzuerstatten.
(5) Die Regelungen der Abs. 3 und 4 sind auch sinngemäß anzuwenden, wenn sich der Entlohnungsanspruch eines nach § 41 Abs. 3 StPO bestellten Amtsverteidigers trotz Ausschöpfung der ihm zur Hereinbringung zumutbaren Schritte als uneinbringlich erweist und dies vom Ausschuss der Rechtsanwaltskammer festgestellt wurde."
"§ 47. (1) Der Bund hat dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag für die Leistungen der nach § 45 bestellten Rechtsanwälte, für die diese zufolge verfahrensrechtlicher Vorschriften sonst keinen Entlohnungsanspruch hätten, jährlich spätestens zum 30. September für das laufende Kalenderjahr eine angemessene Pauschalvergütung zu zahlen. Auf die für das laufende Kalenderjahr zu zahlende Pauschalvergütung sind Vorauszahlungen in angemessenen Raten zu leisten.
(2) ...
(5) Für nach § 16 Abs. 4 erster Satz erbrachte Leistungen ist eine angemessene Pauschalvergütung gesondert festzusetzen. (...)
(6) Die vorangehenden Bestimmungen sind auch sinngemäß auf die Fälle des § 16 Abs. 5 anzuwenden.
§ 48. (1) Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag hat die Pauschalvergütung auf die einzelnen Rechtsanwaltskammern so zu verteilen, dass eine Hälfte der Pauschalvergütung nach der Anzahl der am vorangegangenen 31. Dezember in die Liste der Rechtsanwälte eingetragenen Mitglieder verteilt wird, die andere Hälfte der Pauschalvergütung nach der Anzahl der auf die Mitglieder der Rechtsanwaltskammer im vorangegangenen Jahr entfallenden Bestellungen nach § 45. Die Pauschalvergütung nach § 47 Abs. 5 ist der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu überweisen.
(2) Die Rechtsanwaltskammern haben die Pauschalvergütung nach § 47 Abs. 1 bis 3 für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung der Rechtsanwälte zu verwenden.
§ 49. (1) Die Rechtsanwaltskammern haben Einrichtungen zur Versorgung der Rechtsanwälte für den Fall des Alters und der Berufsunfähigkeit sowie zur Versorgung der Hinterbliebenen für den Fall des Todes des Rechtsanwalts mit einer zu beschließenden Satzung zu schaffen und aufrechtzuerhalten. (...)
(1a) ...
(2) Beitragspflichtig sind grundsätzlich alle in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer oder in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwälte, es sei denn, dass diese wegen ihrer rechtsanwaltlichen Tätigkeit bereits auf Grund anderer Rechtsvorschriften einer Pflichtversicherung in einem Altersversicherungssystem eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft unterliegen. Zwei oder mehr Rechtsanwaltskammern können auch eine gemeinsame Versorgungseinrichtung mit einer einheitlichen Satzung schaffen.
(3) ... "
§ 15 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A NEU der Rechtsanwaltskammer Wien regelt Ausnahmen von der Beitragspflicht (die Höhe der Beiträge ergibt sich aus der Umlagenordnung; beispielsweise ist in der Umlagenordnung 2007 ein fixer Betrag genannt, den jeder Rechtsanwalt für die Versorgungseinrichtung Teil A für das Jahr 2007 zu bezahlen hat, nämlich EUR 4.980,--, wobei weiters Rechtsanwälte, die in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte eingetragen sind, infolge Nichterbringung von Leistungen in der Verfahrenshilfe (Hinweis auf § 13 EuRAG) unter Berücksichtigung des zuletzt von der Republik Österreich festgesetzten Beitrags zur Verfahrenshilfe und der durchschnittlichen Anzahl der Verfahrenshilfe leistenden Rechtsanwälte einen gerundeten Zuschlag zum vorgenannten Beitrag von EUR 3.220,-- zu leisten haben). § 15 der Satzung lautet:
"§ 15 Ausnahmen von der Beitragspflicht
(1) Rechtsanwälte, die gem. § 1 Abs 1 RAO in die Liste der Rechtsanwaltskammer Wien eingetragen sind und eine Arbeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausführen, können für die Dauer der Tätigkeit in dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union von der Beitragspflicht nach dieser Satzung befreit werden, wenn nach dem Recht des anderen Mitgliedstaates der Rechtsanwalt einer Pflichtversicherung in einem Altersversicherungssystem unterliegt und
a) die voraussichtliche Dauer der Tätigkeit in dem anderen Mitgliedstaat 12 Monate überschreitet oder
b) die Ausführung der Tätigkeit in dem anderen Mitgliedstaat aus nicht vorhersehbaren Gründen die ursprünglich vorgesehene Dauer von höchstens 12 Monaten überschreitet, es sei denn, die Überschreitung beträgt höchstens 12 Monate und die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sich der Betreffende für die Verrichtung seiner Tätigkeit begeben hat, oder die von dieser Behörde bezeichnete Stelle erteilt vor Ablauf der vorgesehenen Dauer die Genehmigung zur Weitergeltung der österreichischen Rechtsvorschriften während der gesamten Dauer der Arbeitsverrichtung.
(2) Rechtsanwälte, die in die Liste der Rechtsanwaltskammer Wien oder die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte eingetragen sind und ihre selbständige Tätigkeit gewöhnlich in Österreich und einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausüben, können von der Beitragspflicht nach dieser Satzung befreit werden, wenn sie
a) in einem anderen Mitgliedsstaat als Österreich wohnhaft sind und in dem anderen Mitgliedstaat ihre Tätigkeit zum Teil ausüben oder
b) in dem Mitgliedsstaat, in dem sie wohnhaft sind, keine Tätigkeit ausüben und in einem anderen Mitgliedstaat als Österreich ihre Haupttätigkeit ausüben,
und nach dem Recht des Wohnsitzstaates im Falle der Anwendbarkeit von lit a) und im Staat der Haupttätigkeit im Falle der Anwendbarkeit von lit b) der Pflichtversicherung in einem Altersversicherungssystem unterliegen.
(3) Ein Rechtsanwalt, der gemäß Abs 1 und Abs 2 von der Beitragspflicht nach dieser Satzung befreit ist, erwirbt trotz seiner aufrechten Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte während der Dauer der Ausnahme weder Beitragsmonate noch auf die Wartezeit nach § 5 Abs 2 anrechenbare Zeiten.
(4) Die in Abs 1 - 3 enthaltenen Regelungen gelten auch in den Beziehungen zu den Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und zur Schweizerischen Eidgenossenschaft sinngemäß."
Gemäß § 13 des (österreichischen) EuRAG haben niedergelassene europäische Rechtsanwälte die Stellung eines in die Liste der Rechtsanwälte eingetragenen Rechtsanwalts, sie sind jedoch nicht befugt (Z 3), "zum Verfahrenshilfe-Rechtsanwalt, Verfahrenshilfe-Verteidiger oder Amtsverteidiger bestellt zu werden; niedergelassene europäische Rechtsanwälte haben daher auch keinen Rechtsanspruch auf Verwendung der Pauschalvergütung für Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung".
Die Besonderheit des Beschwerdefalles liegt vor allem darin, dass der Beschwerdeführer, ein österreichischer Rechtsanwalt, der als solcher bei der Rechtsanwaltskammer Wien eingetragen ist, sich als europäischer Rechtsanwalt in München niedergelassen hat, hiezu aber weiterhin bei der Rechtsanwaltskammer Wien eingetragen sein muss und auch formell einen Kanzleisitz in Wien aufrecht zu erhalten hat, die §§ 45 und 46 RAO und die korrespondierenden Bestimmungen der Geo aber auf eine solche Fallkonstellation nicht Bedacht nehmen, mit anderen Worten, diese Normen bei der Umsetzung der Rechtsanwalts-Niederlassungsrichtlinie nicht entsprechend angepasst wurden. So berücksichtigt § 45 Abs. 3 RAO (seit 1973 unverändert) nicht den Fall, dass der betreffende Rechtsanwalt den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit an einem weiteren Kanzleisitz in Ausland hat, was gleichermaßen für § 44 Abs. 2 Geo gilt.
§ 46 Abs. 2 RAO (als Ermächtigungsnorm) stünde einer Berücksichtigung der hier maßgeblichen Fallkonstellation, wie vom Beschwerdeführer gewünscht, nicht entgegen, Voraussetzung hiefür ist aber eine entsprechende Umsetzung in den jeweiligen Geschäftsordnungen, hier in § 49 Geo, wobei im Beschwerdefall nur
§ 49 Abs. 3 Geo in Betracht kommt. Der Wortlaut des § 49 Abs. 3 Geo steht allerdings der angestrebten Befreiung der Bestellung in Verfahrenshilfesachen nicht zwingend entgegen, weil die im Beschwerdefall gegebene Notwendigkeit, sich (hier) als europäischer Rechtsanwalt in München aufzuhalten, aber formell einen Kanzleisitz in Wien aufrecht erhalten zu müssen, auf Grund der vom Beschwerdeführer aufgezeigten Umstände als solcher "anderer erheblicher Grund" im Sinne dieser Bestimmung anzusehen ist, der den Beschwerdeführer bei der Berufsausübung, nämlich bei der Berufsausübung in Wien, "ernstlich behindert". Eine Nichtberücksichtigung dieses Umstandes erschiene auch im Lichte der gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungsfreiheit bedenklich.
Dem Beschwerdeführer kann auch nicht, wie dies die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift unternimmt, mit Erfolg entgegengehalten werden, er hätte ja auch einen anderen Weg, nämlich im Sinne der Diplom-Anerkennungsrichtlinie wählen können, womit es einer weiteren Eintragung als Rechtsanwalt in Wien nicht bedurft hätte. Dem ist vielmehr zu entgegen, dass die hier maßgebliche, jüngere Rechtsanwalts-Niederlassungsrichtlinie nach ihren erklärten Zielsetzungen ja gerade eine Verbesserung und Vereinfachung der Niederlassung in einem ausländischen Staat bewirken soll, und dem Beschwerdeführer nicht verwehrt werden kann, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Ebenso wenig kann ihm mit Erfolg entgegengehalten werden, dass es ihm ja freigestanden wäre, sich nicht im Sinne des § 15 der Satzung von der Beitragspflicht in Wien befreien zu lassen, hat doch der Beschwerdeführer schlüssig darauf verwiesen, dass der hiefür erforderliche Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen stünde. Ist ein Rechtsanwalt gemäß § 15 der Satzung von der Teilnahme an der Versorgungseinrichtung befreit, bestimmt Abs. 3 dieses Paragraphen auch folgerichtig, dass er trotz seiner aufrechten Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte während der Dauer der Ausnahme weder Beitragsmonate noch auf die Wartezeit gemäß dieser Satzung anrechenbare Zeiten erwirbt.
Ist aber der Beschwerdeführer in dieser Zeit weiterhin verhalten, Leistungen im Rahmen der Verfahrenshilfe zu erbringen, ergibt sich ein Spannungsverhältnis zu § 16 Abs. 3 RAO, wonach (verkürzt dargestellt) die in der Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwälte für die Leistungen, die sie im Rahmen der Verfahrenshilfe erbringen, an diese Rechtsanwaltskammer einen Anspruch darauf haben, dass sie jedem von ihnen aus dem ihr zugewiesenen Betrag der Pauschalvergütung einen gleichen Anteil auf seinen Beitrag zur Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung anrechnet (die Norm geht ja von einer Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung aus). Zutreffend verweist der Beschwerdeführer darauf, dass ihm zugesonnen wird, weiterhin Verfahrenshilfeleistungen zu erbringen, ohne aber diese Gegenleistung (Anteil an der Pauschalvergütung) zu erhalten. Eine sachliche Rechtfertigung für diese Benachteiligung gegenüber jenen Rechtsanwälten, die aus der Erbringung von Leistungen im Rahmen der Verfahrenshilfe Versorgungsansprüche gewinnen, ist nicht zu ersehen.
Zwar hat der Beschwerdeführer als Verfahrenshelfer diese ihm als Verfahrenshelfer obliegenden Leistungen nicht zwingend persönlich zu erbringen, sondern kann auch einen anderen Rechtsanwalt substituieren, das ist aber nicht unentgeltlich.
Zusammenfassend ermöglicht die bestehende Rechtslage, nämlich § 46 Abs. 2 RAO iVm § 49 Abs. 3 Geo, beim gegebenen Sachverhalt eine Befreiung von der grundsätzlich gegebenen Verpflichtung, als Verfahrenshelfer bestellt zu werden, was die belangte Behörde zu Unrecht verneint hat. Damit belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenmehrbegehren (das betrifft den Schriftsatzaufwand) war abzuweisen, weil der Beschwerdeführer nicht tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG).
Wien, am 31. Jänner 2008
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007060132.X00Im RIS seit
28.02.2008