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L82000 Bauordnung;Norm
BauO Tir 2001 §26 Abs6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der G Vermietungs GmbH in I, vertreten durch Dr. Herbert Kofler und Dr. Edgar Pinzger, Rechtsanwälte in 6500 Landeck, Innstraße 1, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 11. Jänner 2006, GZ. Ve1-8-1/276-1, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde I, vertreten durch den Bürgermeister), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Kostenersatz findet nicht statt.
Begründung
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde erteilte mit Bescheid vom 29. Juni 2005 der Beschwerdeführerin die Baubewilligung für die beantragte Errichtung und Änderung des Parkhauses zu einem Geschäfts- und Parkhaus auf den Grundstücken Nr. 2808 und 2809, beide KG I., gemäß § 26 Abs. 6 und 7 Tir. Bauordnung 2001 (TBO 2001) unter Vorschreibung von bautechnischen Auflagen und Bedingungen. In Auflage Nr. 47 dieses Baubescheides wurde angeordnet, dass zwischen dem bestehenden Geschäfts- und Kinozentrum und dem neuen Geschäftshaus im Erdgeschoß und im ersten Obergeschoß keine räumlichen Verbindungen entstehen dürften, um eine betriebsorganisatorische Verbindung zu verhindern.
Der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde wies die gegen die angeführte Auflage erhobene Berufung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 27. Oktober 2005 als unbegründet ab. Dies wurde insbesondere damit begründet, dass für das Kinozentrum bzw. das angrenzende Park- und Geschäftshaus unterschiedliche Betriebstypen von Einkaufszentren (nämlich einmal Betriebstyp V und einmal Betriebstyp IV) gewidmet worden seien, weshalb baurechtlich darauf Bedacht zu nehmen gewesen sei, dass zwischen diesen beiden Gebäudeeinheiten keine betriebsorganisatorische Einheit vorliegen würde. Das sei der Grund für die Auflage Nr. 47 der bautechnischen Vorschreibungen.
Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Im vorliegenden Beschwerdeverfahren teilte die belangte Behörde dem Verwaltungsgerichtshof mit Telefax vom 29. Oktober 2007 mit, dass mittlerweile der Flächenwidmungsplan (Beschluss des Gemeinderates vom 27. März 2007, genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 31. Mai 2007, Kundmachung an der Amtstafel der Stadtgemeinde Imst vom 5. Juni bis 20. Juni 2005) und der ergänzende Bebauungsplan (Beschluss des Gemeinderates vom 27. März 2007, genehmigt mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 31. Mai 2007, Kundmachung an der Amtstafel der Stadtgemeinde Imst vom 5. Juni bis 20. Juni 2007) so geändert worden seien, dass gestützt darauf mit Bescheid vom 28. Juni 2007 der Beschwerdeführerin sämtliche bisher nicht genehmigten Änderungen und Zubauten im Bereich des Alt-Fachmarktzentrums bzw. des verfahrensgegenständlichen Geschäfts- und Parkhauses auf den Grundstücken Nr. 2809 (dieses Grundstück umfasst nun auch das frühere Grundstück Nr. 2808), 2843/100 und 2843/89, KG I., baurechtlich bewilligt wurden.
Im vorliegenden Beschwerdeverfahren wird nur die angeführte Auflage Nr. 47 des angefochtenen Bescheides bekämpft.
Gegenstandslosigkeit wird gemäß der hg. Judikatur angenommen, wenn durch die Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit (insbesondere Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG) gewähren einer Partei nicht den Anspruch auf verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit an sich, sondern nur auf die Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei (sozusagen fortwirkend) eingreifen (siehe den hg. Beschluss vom 30. September 2002, Zl. 2001/10/0232, und die dort angeführt hg. Vorjudikatur).
Mit der angeführten Flächenwidmungsplanänderung erfolgte an Stelle der beiden getrennten Einkaufszentrums-Widmungen eine einheitliche Widmung für das gesamte Fachmarktzentrum-Areal. Mit dem angeführten Bebauungsplan wurde der auf dem Baugrundstück nicht genehmigte Bestand berücksichtigt und genehmigungsfähig gemacht.
Die Beschwerdeführerin äußerte sich zu der Frage der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde dahingehend, dass sie die entsprechende Änderung des Flächenwidmungsplanes bzw. des Bebauungsplanes und die mittlerweile erfolgte Erteilung der Baubewilligung insbesondere für die Baumaßnahmen zwischen dem Alt-Fachmarktzentrum und dem Park- und Geschäftshaus bestätigte. Ihrer Ansicht bestehe aber nach wie vor ein Rechtsschutzinteresse an der Entscheidung über die vorliegende Beschwerde, weil es ohne weiteres möglich wäre und nicht ausgeschlossen ist, dass es gegen Organe der Beschwerdeführerin auf Grund der seinerzeit getätigten Baumaßnahmen trotz erfolgter Einstellungen und Untersagung der weiteren Bauführung und trotz der mittlerweile erteilten Baugenehmigung vom 28. Juni 2007 zu weiteren Strafverfahren kommen könnte.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im Besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).
§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 9. April 1980 darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat.
Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Beschwerdefall gegeben. Mit der rechtskräftig gewordenen Baubewilligung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 28. Juni 2007 wurden der Beschwerdeführerin zwischen dem Alt-Fachmarktzentrum und dem Park- und Geschäftshaus u.a. räumliche Verbindungen im Bereich des Erdgeschoßes und des ersten Obergeschoßes bewilligt. Im Hinblick auf diese zeitlich später erlassene Baubewilligung, die nunmehr räumliche Verbindungen entgegen der angeführten Auflage im Erdgeschoß und im 1. Obergeschoß zulässt, kommt der zeitlich früher erteilten Auflage 47 der Baubewilligung vom 29. Juni 2005 keine normative Wirkung mehr zu. Was die Möglichkeit von Verwaltungsstrafverfahren wegen Nichterfüllung dieser Auflage gemäß § 55 Abs. 1 lit. b TBO 2001 betrifft, ist festzustellen, dass nach Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Imst kein derartiges Verwaltungsstrafverfahren anhängig ist. Mit der Erlassung des Baubewilligungsbescheides vom 28. Juni 2007 am 29. Juni 2007 kommt aber eine Bestrafung wegen Nichterfüllung dieser Auflage nicht mehr in Betracht. Für die Zeit vor der Erlassung dieses Bescheides ist nunmehr auch die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 2 VStG abgelaufen. Es besteht daher auch in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht kein Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin mehr.
Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 56 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist. Da im vorliegenden Fall die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, ist über die Kosten unter Heranziehung des im § 58 Abs. 1 VwGG verankerten Grundsatzes zu entscheiden, nach dem - soweit die §§ 47 bis 56 nichts anderes bestimmen - jede Partei dem ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 2005, Zl. 2005/05/0098).
Wien, am 31. Jänner 2008
Schlagworte
Auflagen BauRallg7 Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006060067.X00Im RIS seit
02.06.2008Zuletzt aktualisiert am
01.10.2008