TE Vwgh Erkenntnis 2008/2/20 2007/08/0241

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Veröffentlicht am 20.02.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
25/02 Strafvollzug;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §14 Abs1;
AlVG 1977 §66a;
StVG §44;
VwGG §59;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des J O in Wien, vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Rotenturmstraße 13, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 6. August 2007, Zl. 2007-0566-9-000059, betreffend Zuerkennung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 331,75 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein am 19. Februar 1986 geborener Staatsangehöriger von Guinea, der in Österreich um Asyl angesucht hat, stellte am 23. Mai 2007 einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Im Antragsformular gab er Beschäftigungszeiten vom 22. November 2006 bis zum 15. Mai 2007 in der Justizanstalt (JA) Linz an. Dem Antrag schloss er eine Bestätigung gemäß § 66a AlVG der JA Linz über während seiner Anhaltung vom 28. Oktober 2006 bis zum 15. Mai 2007 erworbene Versicherungszeiten vom 22. November 2006 bis zum 15. Mai 2007 an.

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien, Regionale Geschäftsstelle Dresdner Straße, vom 29. Mai 2007 wurde sein Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte darin aus, dass die belangte Behörde bei der Bemessung der Anwartschaft nicht berücksichtigt habe, dass er erst 21 Jahre alt sei.

Mit Schreiben vom 3. Juli 2007, durch Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am 9. Juli 2007 zugestellt, teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass die Anwartschaft nach § 14 Abs. 1 AlVG (erstmalige Inanspruchnahme vor Vollendung des 25. Lebensjahres) dann erfüllt sei, wenn innerhalb der Rahmenfrist von 12 Monaten vor Geltendmachung des Anspruchs (im Falle des Beschwerdeführers vom 23. Mai 2006 bis 23. Mai 2007) 26 arbeitslosenversicherungspflichtige Wochen (dies entspricht 182 Tagen) vorlägen. In diesem Zeitraum sei der Beschwerdeführer nur 175 Tage in der Justizanstalt Linz (vom 22. November 2006 bis zum 15. Mai 2007) arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Er werde aufgefordert, der belangten Behörde mitzuteilen, ob eventuell auch Dienstverhältnisse im Ausland oder Dienstverhältnisse, die noch nicht berücksichtigt worden seien, vorliegen würden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab und führte begründend im Wesentlichen aus, dass in der Rahmenfrist vom 23. Mai 2006 bis zum 23. Mai 2007 nur 175 Tage arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung (in der Justizanstalt Linz) vom 22. November 2006 bis zum 15. Mai 2007 vorliegen würden. Der Beschwerdeführer habe trotz Aufforderung, weitere Dienstverhältnisse bekannt zu geben, nichts vorgebracht. Da die für die Erfüllung der Anwartschaft notwendigen 182 Tage arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigungszeiten nicht vorgelegen seien, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 7 Abs. 1 AlVG lautet:

"(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer

1.

der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,

2.

die Anwartschaft erfüllt und

3.

die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat."

§ 14 AlVG lautet auszugsweise:

"(1) Bei der erstmaligen Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes ist die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 52 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Handelt es sich jedoch um einen Arbeitslosen, der das Arbeitslosengeld vor Vollendung des 25. Lebensjahres beantragt, ist die Anwartschaft erfüllt, wenn

1. der Arbeitslose in den letzten zwölf Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 26 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war, wobei höchstens 16 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtige Zeiten nach § 35 Abs. 2 des Arbeitsmarktservicegesetzes, BGBl. Nr. 313/1994, herangezogen werden dürfen, und

2. ihm das Arbeitsmarktservice auch unter weitestmöglichem Einsatz von Förderungsmitteln binnen vier Wochen weder eine Arbeitsaufnahme noch den Eintritt in eine geeignete arbeitsmarktpolitische Maßnahme ermöglicht.

...

(4) Auf die Anwartschaft sind folgende im Inland zurückgelegte oder auf Grund inländischer Rechtsvorschriften erworbene Zeiten anzurechnen:

a) Zeiten, die der Arbeitslosenversicherungspflicht unterlagen, sowie Zeiten der Selbstversicherung in der Arbeitslosenversicherung;

b) die Zeit des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes, wenn innerhalb der Rahmenfrist mindestens 13 Wochen sonstige Anwartschaftszeiten liegen;

c) Zeiten des Bezuges von Wochengeld oder Krankengeld aus einer Krankenversicherung auf Grund eines arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses;

d) Zeiten einer krankenversicherungspflichtigen Beschäftigung als Lehrling;

e) Zeiten, für die ein Sicherungsbeitrag gemäß § 5d AMPFG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 148/1998 entrichtet wurde;

f) Zeiten einer gemäß § 1 Abs. 2 lit. e von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommenen krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit.

(5) Ausländische Beschäftigungs- oder Versicherungszeiten sind auf die Anwartschaft anzurechnen, soweit dies durch zwischenstaatliche Abkommen oder internationale Verträge geregelt ist.

(6) Die in den Abs. 4 und 5 angeführten Zeiten dürfen bei der Ermittlung der Anwartschaft nur einmal berücksichtigt werden.

..."

§ 66a AlVG lautet auszugsweise:

"(1) Personen, die sich auf Grund eines gerichtlichen Urteils in Strafhaft oder in einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme nach den §§ 21 Abs. 2, 22 und 23 des Strafgesetzbuches befinden und ihrer Arbeitspflicht gemäß § 44 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, in der jeweils geltenden Fassung nachkommen, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert.

(2) Die Versicherungspflicht beginnt mit dem Tag, an dem der Strafgefangene oder Untergebrachte seiner Arbeitspflicht nachkommt, und endet mit dem Tag, an dem er seiner Arbeitspflicht letztmalig nachkommt. Die Arbeitspflicht gilt insbesondere auch dann als erfüllt, wenn der Strafgefangene oder Untergebrachte wegen des Besuches eines Lehrganges zur Berufsausbildung oder - fortbildung oder wegen Krankheit nicht gearbeitet hat.

...

(4) Die Bestätigung gemäß § 46 Abs. 4 ist von der Justizanstalt auszustellen und hat die Dauer der Freiheitsstrafe, die Dauer der Arbeitslosenversicherungspflicht und die Höhe der Beitragsgrundlage zu enthalten. Die Justizanstalt ist zur Ausstellung dieser Bestätigung verpflichtet. Die näheren Bestimmungen hierüber erlässt der Bundesminister für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz durch Verordnung.

..."

Der Beschwerdeführer rügt, dass die belangte Behörde den zu beurteilenden Sachverhalt unzureichend ermittelt habe und dieser in entscheidungswesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig sei, weil sie es unterlassen habe, bei der Justizanstalt Linz nachzufragen, warum keine Bestätigung für arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungstage für den Zeitraum vom 28. Oktober bis zum 22. November 2006 vorgelegt worden sei. Wenn die belangte Behörde dies getan hätte, hätte der Sachverhalt dahingehend ergänzt werden können, dass der Beschwerdeführer in der Zeit vom 28. Oktober 2006 bis zum 15. Mai 2007 auch arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungstage "gesammelt habe".

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Beschwerde damit nunmehr erstmals, dass er auch im Zeitraum vom 28. Oktober 2006 bis zum 22. November 2006 einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung im Rahmen seiner Strafhaft nachgegangen sei. Dies stellt jedoch eine Neuerung dar, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtlich ist.

Die belangte Behörde hatte im Verwaltungsverfahren keinen Grund anzunehmen, dass der Beschwerdeführer über die in der von ihm selbst vorgelegten Bestätigung gemäß § 66a AlVG angeführten Zeiten vom 22. November 2006 bis zum 15. Mai 2007 hinaus arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungen nachgegangen ist, insbesondere auch nicht im übrigen Zeitraum der Anhaltung in der JA Linz vom 28. Oktober bis zum 22. November 2006. Vielmehr hat der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld vom 23. Mai 2007 selbst nur den Zeitraum vom 22. November 2006 bis zum 15. Mai 2007 angegeben und auch von der Möglichkeit zur Stellungnahme, die ihm die belangte Behörde mit Schreiben vom 3. Juli 2007 eingeräumt hat, keinen Gebrauch gemacht. Mangels des Vorliegens widersprechender Anhaltspunkte - die Zeiträume von Anhaltung einerseits und Erfüllung der Arbeitspflicht gemäß § 44 Strafvollzugsgesetz andererseits müssen sich keineswegs zwangsläufig decken - durfte die belangte Behörde davon ausgehen, dass keine weiteren arbeitslosenversicherungspflichtigen Zeiten vorlagen. Die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld wegen Nichterfüllung der Anwartschaft erfolgte somit zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG 1985 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die belangte Behörde beantragte in ihrer Gegenschrift "gemäß § 59 VwGG 1965" den Ersatz des Vorlageaufwands in der Höhe von "S 565.--" und des Schriftsatzaufwands in der Höhe von "S 4000.--", sohin insgesamt ATS 4.565,-. Dies entspricht EUR 331,75. Da ziffernmäßig verzeichnete Kosten nur in der beantragten Höhe zuzusprechen sind, selbst wenn der Pauschbetrag nicht ausgeschöpft ist (vgl. die bei Mayer, B-VG, 4. Auflage, S. 883 zu § 59 VwGG wiedergegebene hg. Rechtsprechung), war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 20. Februar 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007080241.X00

Im RIS seit

07.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

12.07.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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