Index
L34007 Abgabenordnung Tirol;Norm
BAO §80 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des WG in Innsbruck, vertreten durch Dr. Michael Goller, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Edith-Stein-Weg 2, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 11. Oktober 2007, Zl. I-Präs-00164e/2007, betreffend Haftung nach §§ 7 und 60 TLAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 29. März 2006 wurde der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der I GmbH zur Haftung für rechtskräftig vorgeschriebene Abgaben (Erschließungs- und Gehsteigbeitrag, jeweils fällig am 1. März 2005, und Säumniszuschläge) von insgesamt EUR 55.219,60 herangezogen und aufgefordert, die Abgaben binnen eines Monates zu entrichten.
Begründend wurde neben der Darlegung der Uneinbringlichkeit der Abgaben ausgeführt, die Einbringlichkeit sei dadurch wesentlich erschwert bzw. unmöglich gemacht worden, dass sich die I GmbH auf Vorladungen nie gemeldet habe und die mit den einzelnen Vertretern der I GmbH vereinbarten Zahlungen nicht geleistet worden seien.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, bereits 2004 habe ein erheblicher Schuldenstand zu Gunsten der R Bank bestanden. Zum Zeitpunkt der gegenständlichen Vorschreibungen (Bescheide vom 25. Jänner 2005) hätte der Beschwerdeführer keine Möglichkeiten gehabt, die gegenständliche Abgabenschuld auch nur teilweise zu begleichen, weil die Hausbank keinen Kredit mehr gewährt hätte. Diese finanzielle Notsituation sei aus Gründen entstanden, welche zur Gänze nicht im Einflussbereich des Beschwerdeführers gelegen gewesen seien. Bereits einige Zeit vor Fälligkeit der Abgaben habe am Immobilienmarkt eine katastrophale Situation geherrscht, bei welcher der Quadratmeterpreis für Wohnflächen unter der Herstellungskostengrenze gelegen gewesen sei. Auch Forderungen anderer Gläubiger hätten nicht mehr bedient und geplante Bauprojekte nicht mehr realisiert werden können. Der Beschwerdeführer habe der Abgabenbehörde keine verbindlichen Zahlungsversprechungen gemacht. Ein Verschulden des Beschwerdeführers sei auch deshalb nicht gegeben, weil dieser bereits zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenschuld gesundheitlich angegriffen und in der Folge immer wieder krankheitsbedingt beeinträchtigt gewesen sei. Er lebe nunmehr am Existenzminimum.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, laut Firmenbuchauszug vom 12. Juli 2007 sei der Beschwerdeführer seit 19. September 1995 handelsrechtlicher Geschäftsführer der I GmbH und vertrete diese selbstständig. Fest stehe, dass die Abgaben bei der Schuldnerin I GmbH nicht einbringlich seien.
Der Beschwerdeführer sei aufgefordert worden, seine Behauptungen über die fehlende Möglichkeit zur Begleichung der Abgabeschuld zu konkretisieren und durch Arztberichte, Befunde usw. Nachweise zu erbringen, dass er krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Der Beschwerdeführer habe mehrmals um Fristerstreckung zur Vorlage der geforderten Unterlagen angesucht. Da er diese jedoch in der Folge nicht vorgelegt habe, sei er seiner Behauptungs- und Konkretisierungspflicht nicht nachgekommen. Darüber hinaus seien die gegenständlichen Abgaben der Primärschuldnerin im Zuge der Errichtung einer Wohnanlage auf einer Liegenschaft vorgeschrieben worden, welche in weiterer Folge an verschiedene Miteigentümer verkauft worden seien. Der Geschäftsführer hätte bereits beim Verkauf der Miteigentumsanteile wissen müssen, dass für die Bebauung Anliegerabgaben zu entrichten seien und dementsprechend Vorsorge treffen müssen, dass aus den im Zuge des Verkaufes erzielten Einnahmen die betreffenden Abgaben entrichtet würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der TLAO, LGBl. Nr. 34/1984, lauten auszugsweise:
"§ 7
(1) Die in den §§ 60 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
(2) ..."
"§ 60
(1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
(2) ..."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung anzunehmen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2001, Zl. 2001/15/0187). Den Vertreter trifft dabei eine qualifizierte Behauptungs- und Konkretisierungslast (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 18. Juli 2001, Zl. 2001/13/0078, mwN). Nur der Vertreter wird nämlich in der Regel jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung des Vertretenen haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Beweise ermöglicht (vgl. auch die bei Ritz, BAO3, Tz 22 zu § 9 genannte hg. Rechtsprechung).
Reichen die zur Verfügung stehenden Mittel nicht aus, so muss der Vertreter die ihm zur Verfügung stehenden Mittel anteilig für die Begleichung aller fälligen Verbindlichkeiten verwenden. Der Abgabengläubiger darf gegenüber anderen Gläubigern nicht benachteiligt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2001, Zl. 2000/16/0575, mwN). Er hat die Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen (Gleichbehandlungsgrundsatz).
Wird eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat, so verletzt der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Dezember 2000, Zl. 2000/16/0601).
Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass die der I GmbH vorgeschriebenen Abgaben (Gehsteig- und Erschließungsbeitrag samt Säumniszuschlägen) uneinbringlich waren und dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der I GmbH für deren ordnungsgemäße Entrichtung zu sorgen gehabt hätte. Strittig ist ausschließlich, ob dem Beschwerdeführer eine schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten vorzuwerfen ist.
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, die belangte Behörde sei nicht auf sein Vorbringen eingegangen, wonach im Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld bzw. in den vorangegangenen Jahren zum Teil nur Immobilienpreise unter den Herstellungskosten zu erzielen gewesen seien, was die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der I GmbH verursacht hätte. Dabei übersieht er aber, dass es für die Haftung nach § 7 TLAO ohne Bedeutung ist, ob den Beschwerdeführer ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der I GmbH trifft (vgl. das zur WAO ergangene hg. Erkenntnis vom 20. September 1996, Zl. 94/17/0420, mwN). Die belangte Behörde war deshalb nicht verhalten, Feststellungen über die Ursachen der Zahlungsunfähigkeit treffen.
Für das Haftungsverfahren ist vielmehr entscheidungswesentlich, ob der Geschäftsführer bei oder nach Fälligkeit der Abgabenverbindlichkeiten Mittel zur Bezahlung - gegebenenfalls nach gleichmäßiger Aufteilung der Zahlungsmittel auf alle Verbindlichkeiten - zur Verfügung hatte und für die (anteilige) Abgabentilgung Sorge getragen hat. Das Fehlen solcher Mittel wird vom Beschwerdeführer aber auch in seiner Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof ebenso wenig behauptet wie die gleichmäßige Bedienung der Verbindlichkeiten der I GmbH. Er tritt auch der Feststellung der belangte Behörde, wonach er seiner Behauptungs- und Konkretisierungspflicht nicht entsprochen und trotz ausdrücklicher Aufforderung keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt habe, nicht entgegen.
Die Rüge, die belangte Behörde habe es unterlassen, in Unterlagen, die sich wegen einer "noch andauernden Prüfung der I GmbH durch die Finanzbehörden" bei dieser befänden, Einsicht zu nehmen und ihren Bescheid "vor Entscheidungsreife der Sache und auf Grund einer unvollständigen Stoffsammlung erlassen", vermag der Beschwerde schon deswegen nicht zu einem Erfolg zu verhelfen, weil der Beschwerdeführer jegliches Vorbringen dahingehend unterlässt, um welche konkreten Unterlagen es sich gehandelt habe und welche Ermittlungsergebnisse auf Grund der Einsichtnahmen zu erwarten gewesen seien. Weshalb es ihm selbst nicht möglich gewesen sei, Einsicht in die genannten Akten zu nehmen, legt der Beschwerdeführer im Übrigen nicht dar.
Es kann somit nicht als rechtswidrig erachtet werden, wenn die belangte Behörde von einer schuldhaften Verletzung der Vertreterpflichten ausgegangen ist und mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung gegen die Haftungsinanspruchnahme des Beschwerdeführers abgewiesen hat.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. Februar 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007170214.X00Im RIS seit
10.04.2008Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008