Index
E000 EU- Recht allgemein;Norm
31976L0207 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Berufsbildung Art6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Schilhan, über die Beschwerde der HJ in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 30. September 2005, Zl. 133.052/7-I/1/e/05, betreffend Ersatzanspruch nach § 15 des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes (B-GBG), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Gruppeninspektorin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ihre Dienststelle ist das Landespolizeikommando Wien.
Die Beschwerdeführerin bewarb sich mit Schreiben vom 9. Dezember 2001 auf Grund einer Ausschreibung des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich um die Funktion der Sachbearbeiterin und Stellvertreterin des Kommandanten des Gendarmeriepostens W. (Bewertung E2a/3). Unbestritten ist, dass diese Funktion mit Wirkung vom 1. März 2002 mit dem männlichen Mitbewerber H. besetzt wurde.
In einem über Antrag der Beschwerdeführerin ergangenen Gutachten der Bundes-Gleichbehandlungskommission (B-GBK) vom 21. Juni 2002 wurde festgestellt, dass die erfolgte Besetzung der ausgeschriebenen Stelle mit einem männlichen Mitbewerber eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes gemäß § 3 Z 5 B-GBG und des Frauenförderungsgebotes gemäß § 43 B-GBG darstellen würde.
Mit Eingabe vom 29. Oktober 2002 beantragte die Beschwerdeführerin die Zuerkennung eines "angemessenen Ersatzes des Schadens" der daraus resultiere, dass sie auf Grund einer vom Bund zu vertretenen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 3 Z 5 B-GBG nicht mit der Planstelle einer Sachbearbeiterin und Stellvertreterin des Kommandanten des Gendarmeriepostens W. betraut worden sei. Im Zeitpunkt der Bewerbung habe sie einen Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe E2a, Funktionsgruppe 1 innegehabt, allerdings eine Funktionszulage der Funktionsgruppe 3 nach § 113e GehG bezogen. Die angestrebte Planstelle sei ein Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe E2a, Funktionsgruppe 3. Als Grundlage für die Bemessung des Schadenersatzes ergebe sich somit (ab Wegfall der nach § 113e GehG gewährten Funktionszulage) die Bezugsdifferenz zwischen den Funktionsgruppen 1 und 3 der Verwendungsgruppe E2a.
Mit Bescheid des Landesgendarmeriekommandanten für Niederösterreich vom 29. Jänner 2004 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführerin gemäß § 15 Abs. 2 Z 2 B-GBG ein monatlicher Ersatzanspruch von EUR 34,20 brutto für drei Monate zustehe. Dieser Betrag errechne sich aus der Bezugsdifferenz von drei Monaten zwischen jenem Monatsbezug, den die Beschwerdeführerin bei erfolgter Betrauung mit der ausgeschriebenen Funktion erhalten hätte, und ihrem tatsächlichen Monatsbezug.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung an die belangte Behörde. Begründend führte sie aus, dass hinsichtlich ihres Ersatzbegehrens nicht § 15 Abs. 2 Z 2 B-GBG, sondern vielmehr Z 1 dieser Bestimmung zur Anwendung gelangen hätte müssen. Dies ergebe sich aus dem Gutachten der B-GBK. In diesem sei festgestellt worden, dass bei diskriminierungsfreier Auswahl die Beschwerdeführerin mit der ausgeschriebenen Funktion hätte betraut werden müssen.
Zur Höhe des ihr zustehenden Ersatzanspruches führt die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung aus, dass in ihrem Fall von einer Ruhestandsversetzung mit Vollendung des 65. Lebensjahres auszugehen sei. Somit ergebe sich ein finanzieller Schaden im Ausmaß der Differenz zwischen Funktionsgruppe 3 und Funktionsgruppe 1 der Verwendungsgruppe E2a für den Zeitraum 1. April 2003 bis 30. April 2027. Ausgehend von den im Jahr 2003 bzw. 2004 gültigen Gehaltsansätzen belaufe sich der entstandene Schaden auf einen Betrag von EUR 29.240,20. Durch die gesetzwidrige Vorgangsweise entstünde nämlich auch ein "Pensionsschaden" in nicht unbeträchtlichem Ausmaß.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung in Abänderung des Erstbescheides insoweit stattgegeben, als der Beschwerdeführerin ein Ersatzanspruch gemäß § 15 Abs. 2 Z 1 B-GBG, in der Fassung, "die bis zum Inkrafttreten des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 65/2004 in Geltung gestanden ist", in Höhe von insgesamt EUR 602,70 zuerkannt wurde. Das darüber hinausgehende Begehren wurde als unbegründet abgewiesen.
In Würdigung des von der Erstbehörde vorgenommenen Ermittlungsverfahrens und der Ausführungen der B-GBK kam die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu der Ansicht, dass die Beschwerdeführerin ebenso in der Lage gewesen wäre, die mit der ausgeschriebenen Funktion verbundenen Aufgaben zu erfüllen, wie der ihr vorgezogene männliche Mitbewerber.
Angesichts der Nichtbetrauung der Beschwerdeführerin mit der Funktion einer Sachbearbeiterin und Stellvertreterin des Kommandanten des Gendarmeriepostens W. wurde durch die belangte Behörde eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 43 B-GBG als gegeben erachtet. Es sei daher auf den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Ersatzanspruch die Bestimmung des § 15 Abs. 2 Z 1 B-GBG anzuwenden. Der Schaden, auf dessen Ausgleich der Bestimmung des § 15 B-GBG zufolge ein Anspruch bestünde, liege in der Differenz zwischen dem Bezug, den die Beamtin bei erfolgter Betrauung mit der Funktion erhalten hätte und dem tatsächlichen (niedrigeren) Monatsbezug.
Aktenkundig sei, dass die Beschwerdeführerin mit einer Funktionszulage der Funktionsgruppe 3 der Verwendungsgruppe E2a bis einschließlich 31. März 2003 besoldet worden sei. In der Zeit vom 1. April 2003 bis zum 31. März 2004 habe die Beschwerdeführerin sodann eine Funktionszulage der Funktionsgruppe 1 bezogen. In der Folge sei die Beschwerdeführerin mit 1. April 2004 zur Bundespolizeidirektion Wien versetzt und dort mit einem Arbeitsplatz der Wertigkeit E2a/Funktionsgruppe 3 betraut worden. Mit 1. April 2004 sei die Beschwerdeführerin somit nach der Funktionsgruppe 3 der Verwendungsgruppe E2a besoldet worden. Damit bestünde (ab diesem Zeitpunkt) eine Übereinstimmung mit jener Einstufung, die die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Betrauung mit der verfahrensgegenständlichen Planstelle (Sachbearbeiterin und Stellvertreterin des Kommandanten des Gendarmeriepostens W.) gehabt hätte. Nur für jenen Zeitraum, um welchen die Beschwerdeführerin diese Einstufung im Falle der Betrauung mit der Funktion am Gendarmerieposten W. früher erhalten hätte, gebühre ihr der Ersatz nach Maßgabe der damals gegebenen Differenz zu ihren tatsächlichen Bezügen. Die Versetzung zur Bundespolizeidirektion Wien hätte daher bewirkt, dass die Kausalität der diskriminierenden Nichtbetrauung mit der Funktion beim Gendarmerieposten W. für "allfällige besoldungsrechtliche Schäden bzw. Nachteile" völlig unterbrochen worden sei. Mit der Versetzung zur Bundespolizeidirektion Wien sei somit jede Ursächlichkeit der Diskriminierung im Jahre 2002 für nach dem Zeitpunkt des Wechsels zur Bundespolizeidirektion Wien liegende besoldungsrechtliche Einstufungen auszuschließen. Die diskriminierende Nichtberücksichtigung der Bewerbung der Beschwerdeführerin im Jahre 2002 bis zum Zeitpunkt ihres Wechsels zur Bundespolizeidirektion Wien habe nur in der Zeit vom 1. April 2003 bis einschließlich 31. März 2004 bezugsrechtliche Nachteile zur Folge gehabt. Dieser finanzielle Nachteil bestehe in der Bezugsdifferenz zwischen der Funktionszulage der Funktionsgruppe 3 zu der tatsächlich bezogenen Funktionszulage der Funktionsgruppe 1. Damit gebühre der Beschwerdeführerin eine Entschädigungssumme von EUR 602,70 (Berechnung wird näher ausgeführt). Die Zuerkennung dieser Entschädigungssumme stelle die Beschwerdeführerin besoldungsrechtlich so, als ob sie im gesamten Zeitraum ab der diskriminierenden Personalmaßnahme bezugsrechtlich durchgehend in der Verwendungsgruppe E2a, Funktionsgruppe 3 eingestuft gewesen wäre und eine Diskriminierung überhaupt nicht stattgefunden hätte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. In dieser beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. Rechtslage:
Die Richtlinie 76/2007/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zuganges zur Beschäftigung, zur Berufsausbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen lautet auszugsweise:
"Artikel 1
(1) Diese Richtlinie hat zum Ziel, dass in den Mitgliedstaaten der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, einschließlich des Aufstiegs, und des Zugangs zur Berufsbildung sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen und in bezug auf die soziale Sicherheit unter den im Absatz 2 vorgesehenen Bedingungen verwirklicht wird. Dieser Grundsatz wird im Folgenden als 'Grundsatz der Gleichbehandlung' bezeichnet.
(2) Der Rat erlässt im Hinblick auf die schrittweise Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Bereich der sozialen Sicherheit auf Vorschlag der Kommission Bestimmungen, in denen dazu insbesondere der Inhalt, die Tragweite und die Anwendungsmodalitäten angegeben sind.
Artikel 2
(1) Der Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne der nachstehenden Bestimmungen beinhaltet, dass keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts - insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand - erfolgen darf.
(2) Diese Richtlinie steht nicht der Befugnis der Mitgliedstaaten entgegen, solche beruflichen Tätigkeiten und gegebenenfalls die tatsächlich jeweils erforderliche Ausbildung, für die das Geschlecht auf Grund ihrer Art oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine unabdingbare Voraussetzung darstellt, von ihrem Anwendungsbereich auszuschließen.
(3) Diese Richtlinie steht nicht den Vorschriften zum Schutz der Frau, insbesondere bei Schwangerschaft und Mutterschaft, entgegen.
(4) Diese Richtlinie steht nicht den Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen, insbesondere durch Beseitigung der tatsächlich bestehenden Ungleichheiten, die die Chancen der Frauen in den im Artikel 1 Absatz 1 genannten Bereichen beeinträchtigen, entgegen. (1) ABl. Nr. C 111 vom 20.5.1975, S. 14. (2) ABl. Nr. C 286 vom 15.12.1975, S. 8.
(3) ABl. Nr. C 13 vom 12.2.1974, S. 1. (4) ABl. Nr. L 45 vom 19.2.1975, S. 19.
Artikel 3
(1) Die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung beinhaltet, dass bei den Bedingungen des Zugangs - einschließlich der Auswahlkriterien - zu den Beschäftigungen oder Arbeitsplätzen - unabhängig vom Tätigkeitsbereich oder Wirtschaftszweig - und zu allen Stufen der beruflichen Rangordnung keine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts erfolgt.
(2) Zu diesem Zweck treffen die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen, um sicher zu stellen,
a) dass die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung unvereinbaren Rechts- und Verwaltungsvorschriften beseitigt werden;
b) dass die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung unvereinbaren Bestimmungen in Tarifverträgen oder Einzelarbeitsverträgen, in Betriebsordnungen sowie in den Statuten der freien Berufe nichtig sind, für nichtig erklärt oder geändert werden können;
c) dass die mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung unvereinbaren Rechts- und Verwaltungsvorschriften, bei denen der Schutzgedanke, aus dem heraus sie ursprünglich entstanden sind, nicht mehr begründet ist, revidiert werden; dass hinsichtlich der Tarifbestimmungen gleicher Art die Sozialpartner zu den wünschenswerten Revisionen aufgefordert werden.
...
Artikel 6
Die Mitgliedstaaten erlassen die innerstaatlichen Vorschriften, die notwendig sind, damit jeder, der sich wegen Nichtanwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Sinne der Artikel 3, 4 und 5 auf seine Person für beschwert hält, nach etwaiger Befassung anderer zuständiger Stellen seine Rechte gerichtlich geltend machen kann.
...
Artikel 9
(1) Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um dieser Richtlinie binnen dreissig Monaten nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen, und unterrichten hiervon unverzüglich die Kommission.
..."
Die im Beschwerdefall entscheidenden Bestimmungen des B-GBG, BGBl. Nr. 100/1993, (§ 1 Abs. 1 Z 1, § 2 Abs. 6, § 3 Z 5, § 19 Abs. 2, 4 und 5 in der Stammfassung; § 15 idF BGBl. I Nr. 132/1999) lauten:
"§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt wird, für
1. Bedienstete, die in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen,
...
§ 2. ...
...
(6) Diskriminierung ist jede benachteiligende Differenzierung, die ohne sachliche Rechtfertigung vorgenommen wird.
§ 3. Auf Grund des Geschlechtes darf im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis gemäß § 1 Abs. 1 niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht
...
5. beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen und der Zuweisung höher entlohnter Verwendungen (Funktionen),
...
Beruflicher Aufstieg von Beamtinnen und Beamten
§ 15. (1) Ist eine Beamtin oder ein Beamter wegen einer vom Bund zu vertretenden Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 3 Z 5 nicht mit einer Verwendung (Funktion) betraut worden, so ist der Bund zum angemessenen Ersatz des Schadens verpflichtet.
(2) Der Ersatzanspruch beträgt, wenn die Beamtin oder der Beamte
1. bei diskriminierungsfreier Auswahl auf Grund der besseren Eignung beruflich aufgestiegen wäre, die Bezugsdifferenz für mindestens drei Monate, oder
2. im Verfahren für den beruflichen Aufstieg diskriminiert worden ist, aber die zu besetzende Planstelle wegen der besseren Eignung des beruflich aufgestiegenen Bediensteten auch bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht erhalten hätte, die Bezugsdifferenz bis zu drei Monate
zwischen dem Monatsbezug, den die Beamtin oder der Beamte bei erfolgter Betrauung mit der Verwendung (Funktion) erhalten hätte, und dem tatsächlichen Monatsbezug.
§ 19. ...
(2) Ansprüche von Beamtinnen oder Beamten nach § 15 und nach § 18 gegenüber dem Bund sind binnen sechs Monaten mit Antrag bei der für sie zuständigen Dienstbehörde geltend zu machen. Ansprüche von Beamtinnen oder Beamten gegenüber der Belästigerin oder dem Belästiger nach § 18 sind binnen sechs Monaten gerichtlich geltend zu machen. Die Frist für die Geltendmachung des Anspruches nach § 15 beginnt mit Ablauf des Tages, an dem die Beamtin oder der Beamte Kenntnis von der Ablehnung der Bewerbung oder Beförderung erlangt hat.
...
(4) Das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, BGBl. Nr. 29, und die dazu ergangenen Verordnungen sind auf die Zuständigkeit der Dienstbehörden zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen durch Beamtinnen oder Beamte anzuwenden.
(5) Die Einbringung des Antrages auf Prüfung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes bei der Gleichbehandlungskommission bewirkt die Hemmung der Fristen nach Abs. 1 bis 3."
II. Beschwerdeausführungen und Erwägungen:
1. Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf gesetzliche Entschädigung wegen geschlechtsbezogener Diskriminierung bei Besetzung einer Planstelle nach den Bestimmungen des B-GBG, sowie "nach den einschlägigen EU-rechtlichen Bestimmungen (insbesondere Richtlinie 76/207/EWG des Rates) durch unrichtige Anwendung all dieser Normen, sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG, 37, 39, 60 AVG)" als verletzt.
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass ausgehend von der Betrachtungsweise der belangten Behörde die Berechnung des Schadenersatzes richtig vorgenommen worden sei.
Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde hätte jedoch die Weiterentwicklung der Laufbahn der Beschwerdeführerin ausgehend von der Fiktion der "Ernennung" auf den Arbeitsplatz der Sachbearbeiterin und Stellvertreterin des Kommandanten des Gendarmeriepostens W. erhoben und der Entscheidung zu Grunde gelegt werden müssen. Dies hätte zur Zuerkennung einer wesentlich höheren Ersatzleistung geführt. So hätte die belangte Behörde zu ihrer Annahme, die Beschwerdeführerin hätte ab der Versetzung zur Bundespolizeidirektion Wien keinen weiteren Schaden erlitten, dieser Parteiengehör zu gewähren gehabt. Im Zuge dessen hätte sie geltend machen können, dass der ihr vorgezogene männliche Mitbewerber bereits nach etwa einem halben Jahr, spätestens jedoch mit 1. Jänner 2003, zum Leiter des Gendarmeriepostens W. bestellt worden sei. Bei gleichen Voraussetzungen wie dieser hätte die Beschwerdeführerin im Falle ihrer "Ernennung" auf den verfahrensgegenständlichen Stellvertreterposten auch diesen Leiterposten erreicht und damit entsprechend höhere Bezüge erhalten, nämlich mindestens solche der Funktionsgruppe 4 der Verwendungsgruppe E2a. Zudem müsse das österreichische Recht "nach Möglichkeit EU-rechtskonform" interpretiert werden. Beim vorliegenden schadenersatzrechtlichen Anspruch wäre all das als Schaden zu werten und zu ersetzen, was insgesamt als Minderverdienst aus der gesetzwidrigen Schädigung resultiere. Den Maßstab habe dabei zu bilden, was als typischer Verlauf für den Fall anzunehmen wäre, dass es die Benachteiligung nicht gegeben hätte und eine Betrauung mit dem verfahrensgegenständlichen Posten erfolgt wäre. Bei objektiver Gestaltung der Personalbewirtschaftung wäre die Beschwerdeführerin nicht nur an Stelle ihres männlichen Mitbewerbers auf die verfahrensgegenständliche Planstelle zu "ernennen" gewesen, sondern hätte in weiterer Folge auch an seiner Stelle die Position eines Postenkommandanten des Gendarmeriepostens W. erreicht. Damit würden ihr jedoch die Bezüge nach E2a/4 gebühren. Diese wären der Berechnung des verfahrensgegenständlichen Ersatzbetrages zu Grunde zu legen gewesen.
2. Die Bestimmungen des B-GBG, BGBl. Nr. 100/1993 idF BGBl. I Nr. 132/1999 sind zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 30. September 2005 bereits außer Kraft getreten. Zu diesem Zeitpunkt galt das B-GlBG idF der Novelle BGBl. I Nr. 65/2004. Diese Novelle ist nämlich gemäß § 47 Abs. 12 B-GlBG idF BGBl. I Nr. 65/2004 am 1. Juli 2004 in Kraft getreten. Bei Ermittlung der maßgebenden Rechtslage ist beschwerdefallbezogen allein der "haftungsauslösende Tatbestand" der Betrauung des Mitbewerbers der Beschwerdeführerin maßgeblich. Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass die von der Beschwerdeführerin angestrebte Funktion mit Wirkung vom 1. März 2002 mit H. besetzt wurde. Die - aus Sicht der Beschwerdeführerin - "schädigende Handlung" ereignete sich daher im zeitlichen Anwendungsbereich des B-GBG, BGBl. Nr. 100/1993 idF BGBl. I Nr. 132/1999. Dies führt zur Maßgeblichkeit der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits außer Kraft getretenen Rechtslage (vgl. dazu im Einzelnen das hg. Erkenntnis vom 15. November 2007, Zl. 2004/12/0164, mwN).
3. Die Beschwerdeführerin beruft sich zur Begründung ihrer Rechtsansicht ausdrücklich auf die Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 und versucht damit ihren Ersatzanspruch auf Gemeinschaftsrecht zu stützen. Unter Verweis auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 5. Februar 2004, Rs C-380/01, Schneider, vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsansicht, dass das Amts- und Staatshaftungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten jene Funktion erfüllt, die nach
Artikel 6 der Gleichbehandlungs-RL 76/207/EWG vorgesehen ist. Damit ist es aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht jenes Verfahren, welches diskriminierende Auswirkungen auf Gemeinschaftsrecht und die Beeinträchtigung von dessen Effektivität hintanhalten soll. Dies entbindet den Verwaltungsgerichtshof von der Verpflichtung, das B-GBG im Lichte der Gleichbehandlungs-RL 76/207/EWG unter Zuhilfenahme jener Rechtsfiguren zu prüfen, die das Gemeinschaftsrecht in seiner Besonderheit kennzeichnen und für das Bestehen und Funktionieren der Gemeinschaftsrechtsordnung essenziell sind (Vorrang des Gemeinschaftsrechtes, dessen unmittelbare Anwendbarkeit und die Pflichten der Mitgliedstaaten, einen effizienten Vollzug des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten). Dies ungeachtet des Umstandes, dass das B-GBG einen Schadenersatzanspruch einräumt, der von seinem Selbstverständnis her die Umsetzung der Gleichbehandlungs-RL 76/207/EWG darstellen soll (vgl. dazu wiederum das hg. Erkenntnis vom 15. November 2007, Zl. 2004/12/0164, mwN).
Deshalb kann auch dahingestellt bleiben, inwieweit der im § 15 B-GBG normierte angemessene Ersatz des Schadens gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen gerecht wird, den "tatsächlich entstandenen Schaden gemäß den anwendbaren staatlichen Regeln in vollem Umfang auszugleichen" (vgl. dazu das Urteil des EuGH vom 2. August 1993, Rs C-271/91 - Marshall II, Slg. 1993, I-4367, Rn. 26, sowie bereits das Urteil des EuGH vom 10 April 1984, Rs C-14/83 - von Colson und Kamann, Slg. 1984, 1891, Rn. 23, und das Urteil des EuGH vom 22. April 1997, Rs C-180/95 - Draehmpaehl, Slg. 1997, I- 2195, Rn. 25).
Da der angefochtene Bescheid nach den Angaben der Beschwerdeführerin vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2002/73/EG (das war der 5. Oktober 2005) erlassen wurde (hier: 30. September 2005), war im Beschwerdefall auch nicht zu prüfen, ob die Neufassung des Art. 6 durch die genannte Richtlinie Auswirkungen auf die Auslegung des Schadenersatzanspruches nach § 15 B-GBG hat.
Für die Auslegung des § 15 B-GBG im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides spielt es auch keine Rolle, ob die Beschwerdeführerin einen Amts- und Staatshaftungsanspruch vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht hat oder nicht.
4. § 15 Abs. 2 Z 1 B-GBG legt dem Ersatzanspruch die Bezugsdifferenz für mindestens drei Monate zwischen dem Monatsbezug der angestrebten Verwendung (Funktion) und dem tatsächlichen Monatsbezug zu Grunde. Infolge dieses eindeutigen Wortlautes ist beschwerdefallbezogen die von der belangten Behörde vertretene Ansicht nicht zu beanstanden (zur Bedeutung des Wortlautes für die Grenze einer jedenfalls im Beschwerdefall gemeinschaftsrechtlich nicht gebotenen "richtlinienkonformen Auslegung" als eine Form der historischen Auslegung nationalen Rechts vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. November 2007, Zl. 2004/12/0164). Entscheidend ist demnach lediglich die Bezugsdifferenz zwischen angestrebter und tatsächlicher Verwendung (Funktion). Dass die Beschwerdeführerin durch die Zuweisung des Arbeitsplatzes bei der Bundespolizeidirektion Wien bezugsrechtlich genauso gestellt wurde, wie wenn sie die angestrebte Position beim Gendarmerieposten W. erhalten hätte, wird von ihr nicht bestritten. Damit ist jedoch - wie die belangte Behörde zutreffend ausführt - ab diesem Zeitpunkt eine besoldungsrechtliche Schlechterstellung nicht mehr gegeben. Damit kann auch keine Bezugsdifferenz im Sinne des § 15 Abs. 2 Z 1 B-GBG festgestellt werden. Nach dem - allein maßgebenden - Wortlaut dieser Bestimmung ist im Beschwerdefall ein Differenzschaden somit nicht mehr gegeben. Die Beschwerde bestreitet auch nicht, dass ausgehend von dieser am Wortlaut des B-GBG orientierten Betrachtungsweise die Berechnung durch die belangte Behörde richtig vorgenommen wurde.
5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 29. Februar 2008
Gerichtsentscheidung
EuGH 62001J0380 Schneider VORABSchlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2005120232.X00Im RIS seit
10.04.2008Zuletzt aktualisiert am
31.10.2011