TE Vwgh Erkenntnis 2008/2/29 2007/20/1425

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Veröffentlicht am 29.02.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §15 Abs2;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs3;
AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
AVG §67d;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak sowie die Hofräte Dr. Berger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hahnl, über die Beschwerde des S in Wien, geboren am 1. Jänner 1977 (auch 1979), vertreten durch Dr. Marcella Zauner-Grois, Rechtsanwältin in 1130 Wien, St. Veitgasse 5, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 20. August 2007, Zl. 313.850-1/2E-XVIII/58/07, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Asylsache (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit, beantragte am 26. November 2005 Asyl. Er habe sich im Februar 2004 bei der neuen irakischen Armee (Nationalgarde) als Soldat für die Dauer von zwei Jahren verpflichtet. Nach etwa drei oder vier Monaten hätten Terroristen begonnen, ihn und seine Schwester einzuschüchtern.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 24. Juli 2007 den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I.), erklärte aber die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in der Irak gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für nicht zulässig (Spruchpunkt II.) und erteilte dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 3 iVm § 15 Abs. 2 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.). Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei - aus näher dargestellten Gründen - nicht glaubwürdig.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Telefax vom 30. Juli 2007 Berufung. Hiezu verwendete er offenkundig ein Formular des "Flüchtlingsprojekts Ute Bock", in welchem lediglich die persönlichen Daten des Beschwerdeführers, Datum und Zahl des erstinstanzlichen Bescheides sowie das Datum der Berufungserhebung handschriftlich eingetragen sind. Der Formularvordruck lautet:

"Hiermit lege ich gegen den im Betreff genannten Bescheid innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Berufung ein.

Begründung

Der Bescheid ist rechtswidrig aufgrund von Verfahrensfehlern und Fehlern in der rechtlichen Beurteilung, auf denen die Ablehnung meines Asylbegehrens sowie die Feststellung, meine Abschiebung sei zulässig, beruhen.

Ich stelle daher den Antrag, dass der angefochtene Bescheid aufgehoben und meinem Asylgesuch antragsgemäß stattgegeben wird, sowie die Feststellung, dass meine Abschiebung unzulässig ist, da Abschiebungshindernisse nach § 57 FrG vorliegen.

Eine ausführliche schriftliche Begründung wird dieser Berufung in Kürze nachgereicht."

Mit Telefax vom 31. Juli 2007 teilte der Beschwerdeführer mit, er ziehe seine Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid zu "Spruchteil 2 und Spruchteil 3" zurück; er halte aber die Berufung gegen "Spruchteil 1" aufrecht.

Mit dem angefochtenen Bescheid (welcher auf seiner ersten Seite mit 20. Juli 2007, auf seiner letzten Seite hingegen mit 20. August 2007 datiert ist) wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurück.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat die Berufung des Beschwerdeführers zurückgewiesen, weil sie keinen begründeten Berufungsantrag gemäß § 63 Abs. 3 AVG enthalten habe. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung der Umstände (Rechtsmittelbelehrung im erstinstanzlichen Bescheid in einer dem Beschwerdeführer verständlichen Sprache; Unterstützung des Beschwerdeführers beim Verfassen der Berufung durch eine in der Beratung von Asylwerbern versierten Organisation; ausdrücklicher Hinweis in der Berufung darauf, es werde eine ausführliche Begründung nachgebracht werden) sei davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer bekannt gewesen sei, dass die von ihm einzubringende Berufung einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten habe. Der Beschwerdeführer sei daher nicht schutzwürdig, sodass kein Verbesserungsauftrag zu erlassen gewesen sei.

Damit hat die belangte Behörde aber das Unterbleiben einer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung geeigneten Konkretisierung der Berufungsgründe mit dem völligen Fehlen einer Berufungsbegründung gleichgesetzt, was die angefochtene Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet (vgl. zu einer gleich lautenden Berufungsbegründung das hg. Erkenntnis vom 24. August 2007, Zl. 2006/19/0563; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1994, Zl. 94/20/0091).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. In den dort angeführten Pauschbeträgen ist die Umsatzsteuer bereits enthalten, weshalb das diesbezügliche Begehren abzuweisen war.

Wien, am 29. Februar 2008

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Besondere RechtsgebieteVerbesserungsauftrag Nichtentsprechung Zurückweisung Berufung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007201425.X00

Im RIS seit

16.05.2008

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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