TE Vwgh Erkenntnis 2008/2/29 2007/02/0357

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Veröffentlicht am 29.02.2008
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §19 Abs3;
AVG §51f Abs2;
AVG §58 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des DK in F, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 27/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 6. August 2007, Zl. uvs-2007/13/0976-7 und 1379-1, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht angesichts der vom Verfassungsgerichtshof anlässlich der Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakten folgender Sachverhalt fest:

Mit dem ersten Spruchpunkt (betreffend das Verwaltungsstrafverfahren zu der im Betreff genannten Aktenzahl) des im Instanzenzug ergangenen Bescheides der belangten Behörde vom 6. August 2007 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich am 2. Dezember 2006 um ca. 2.12 Uhr an einem näher bezeichneten Ort in F, nachdem er ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organs der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, dass er sich beim Lenken in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand befunden habe.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b iVm. § 5 Abs. 2 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.200,-- (im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 288 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 1. Dezember 2007, B 1841/07-6, ihre Behandlung ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Insoweit der Beschwerdeführer Unzuständigkeit der belangten Behörde behauptet, weil das zur Entscheidung berufene Mitglied nicht unabhängig und unparteilich sei, genügt es, zu diesem - im Hinblick auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im genannten Beschluss vom 1. Dezember 2007 und das zu den vergleichbaren Ausführungen des selben Beschwerdevertreters ergangene hg. Erkenntnis vom 7. September 2007, Zl. 2007/02/0191, bereits als mutwillig zu bezeichnende - Vorbringen (so wie der Verfassungsgerichtshof) auf die unbefristete Ernennung des zur Entscheidung berufenen Mitgliedes der belangten Behörde und die im genannten Beschluss vom 1. Dezember 2007 zitierte Judikatur hinzuweisen. Insofern der Beschwerdeführer dieses Vorbringen unter dem Gesichtspunkt der Verletzung "in seinem Recht auf ein faires Verfahren" gemäß Art. 6 MRK und auf "Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Artikel 7 B-VG)" erstattet, wird damit die Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes geltend gemacht. Da aber der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung, ob der Beschwerdeführer in einem solchen Recht verletzt wurde, nicht berufen ist (vgl. das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 7. September 2007, Zl. 2007/02/0191), ist darauf nicht einzugehen.

Insoweit sich die beschwerdeführende Partei gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Die Beschwerdeausführungen lassen aber Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde detailliert dargelegten und auf den Ergebnissen der durchgeführten mündlichen Verhandlung beruhenden Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen.

Denn der Beschwerdeführer behauptet bloß, dass er nicht "ordnungsgemäß" zur Durchführung eines "Alkotests" aufgefordert worden wäre und die "einschreitenden Organe" nicht über die "entsprechende Ermächtigung zur Durchführung eines Alkomattests" verfügten. Damit wird aber nur eine Behauptung den Feststellungen der belangten Behörde gegenübergestellt, ohne dass dargelegt würde, aus welchen Gründen die Beweiswürdigung der belangten Behörde unschlüssig, d.h. unzureichend, widersprüchlich oder unvollständig wäre. Einer solchen Darlegung bedürfte es aber, da die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht schon mit der Behauptung mit Erfolg angegriffen werden kann, dass auch ein anderes (gegenteiliges) Ergebnis schlüssig begründbar gewesen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof ist nämlich nicht befugt, an die Stelle einer schlüssigen Beweiswürdigung der belangten Behörde eine andere Beweiswürdigung zu setzen.

Sollte der Beschwerdeführer die von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck dem RI K erteilte Ermächtigung vom 5. Juli 2005 aus rechtlichen Gründen als ungültig ansehen, so ist er gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das ein gleichgelagertes Vorbringen des auch hier einschreitenden Beschwerdevertreters behandelnde hg. Erkenntnis vom 21. September 2006, Zl. 2006/02/0220, zu verweisen.

Der Beschwerdeführer rügt sodann, die belangte Behörde habe Zeugen nicht vernommen, die bestätigen hätten können, dass er "nur einen weiß Gespritzten" getrunken habe. Damit verkennt der Beschwerdeführer grundlegend den Inhalt des § 5 Abs. 2 StVO und der hiezu ergangenen Judikatur. Wie die belangte Behörde richtig ausführte, besteht die Berechtigung zur Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt schon dann, wenn eine Person bloß verdächtig ist, ein Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Die Vermutung des Vorliegens einer Alkoholbeeinträchtigung des Lenkers liegt schon dann vor, wenn dieser - wie hier - selbst angibt, vor der Beanstandung Alkohol konsumiert zu haben (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 29. August 2003, Zl. 2003/02/0033). Dass der Beschwerdeführer das Fahrzeug selbst zum Lokal K gelenkt hat, bestätigt er sogar in der Beschwerde. Damit ist der Verfahrensrüge der Boden entzogen.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, er habe sich bereits "zumindest 45 Minuten" im Lokal K nach dem Lenken seines Kfz's und vor der Aufforderung zur Atemluftalkoholuntersuchung befunden und vermisst auch hiezu die Durchführung beantragter Zeugeneinvernahmen. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Vorliegen eines Alkoholisierungsmerkmales zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Ablegung der Atemluftprobe und die nach § 5 Abs. 2 zweiter Satz StVO geforderte Vermutung ausreicht, der Aufgeforderte habe ein Fahrzeug zu einem allenfalls auch länger zurückliegenden Zeitpunkt gelenkt, auf den bezogen eine Rückrechnung des Atemalkoholgehaltes grundsätzlich noch möglich sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 2007, Zl. 2007/02/0153). Bei einer Zeit von 45 Minuten ist eine Rückrechnung leicht möglich.

Wenn der Beschwerdeführer als Verfahrensmangel rügt, die belangte Behörde habe die mündliche Verhandlung nicht verlegt, obwohl er sich mit "beruflicher Unabkömmlichkeit" entschuldigt habe, so ist er auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, dass die Entschuldigung mit "beruflicher Unabkömmlichkeit" keinen tauglichen Grund für die Rechtfertigung des Nichterscheinens zur mündlichen Verhandlung und dementsprechend auch keinen Grund für eine Verlegung der Verhandlung darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2007, Zl. 2005/03/0169).

Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers zu § 21 VStG ist, sofern es nicht auf der eben behandelten Verkennung der Rechtslage beruht, substanzlos.

Bereits der Inhalt der Beschwerde lässt erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gegen den angeführten Bescheid betreffend Übertretung der StVO 1960 gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war. Die Entscheidung über den zweiten Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides (Entziehung der Lenkberechtigung) wird durch den hiefür zuständigen Senat des Verwaltungsgerichtshofes erfolgen.

Wien, am 29. Februar 2008

Schlagworte

Alkotest VoraussetzungBegründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel AllgemeinFeststellung der Alkoholbeeinträchtigung StraßenaufsichtsorganFeststellung der Alkoholbeeinträchtigung genossene Alkoholmenge RückrechnungFeststellung der Alkoholbeeinträchtigung AlkomatFeststellung der Alkoholbeeinträchtigung AlkoholisierungssymptomeAlkotest StraßenaufsichtsorganFeststellung der Alkoholbeeinträchtigung Alkotest

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007020357.X00

Im RIS seit

07.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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