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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VVG §10 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der S in Wien, vertreten durch Dr. Rolf Schuhmeister und Dr. Walter Schuhmeister, Rechtsanwälte in 2320 Schwechat, Bruck-Hainburgerstraße 7, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 4. Oktober 2006, Zl. MA 64- 1100/2006, betreffend Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit rechtskräftigem Bescheid der MA 37 vom 21. Juni 2001 wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien verpflichtet, den auf dem Grundstück Nr. 386/1 EZ. 80 KG Stadlau ohne Baubewilligung errichteten Wintergarten in der Größe von ca. 7,50 m x 3,70 m zu entfernen.
Mit Verfahrensanordnung der MA 25 vom 2. Oktober 2003 wurde der Beschwerdeführerin die Ersatzvornahme angedroht.
Mit Bescheid vom 2. November 2005 ordnete die MA 25 gemäß § 4 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 (VVG) die zwangsweise Durchführung des behördlichen Auftrages durch Ersatzvornahme an.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, die sie damit begründete, dass zur Zeit die Prüfung einer Umwidmung des Gebietes von EklW auf GS durchgeführt werde. Im Sinne des Gesetzes sei daher der Abtrag des Wintergartens nicht das gelindest anzusehende Mittel, vielmehr sei aus ihrer Sicht das Ergebnis des Umwidmungsverfahrens abzuwarten. Die Chancen auf Umwidmung stünden nach Angaben näher genannter Vertreter der Stadt Wien bzw. der Bezirksvertretung sehr gut. Ein Abtrag des Wintergartens vor Abschluss des Verfahrens stelle eine ungebührliche Belastung dar. Es sei daher aus ihrer Sicht die Vollstreckung gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG unzulässig.
Die Magistratsabteilung 21B teilte in Bezug auf eine an sie gerichtete Anfrage über den Zeitpunkt einer allfälligen Umwidmung mit, dass eine Behandlung nur im Zusammenhang mit einer Klärung der Rechtsverhältnisse mit der Stadt Wien für den Gesamtbereich Industriestraße möglich sei. Darüber hinaus lägen die für das vorliegende Ansuchen notwendigen Abstimmungen innerhalb der Anlage bzw. des Vereins sowie die Zustimmung der Grundeigentümerin (Stadt Wien) noch nicht vor. Bemerkt werde, dass bereits für ein Teilgebiet des Gesamtbereiches Industriestraße mit Plan Nr. 7763 ein Entwurf zur Festsetzung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes in Ausarbeitung sei.
Aus einem Aktenvermerk der Vollstreckungsbehörde vom 18. September 2007 geht hervor, dass vom letztgenannten Planentwurf die Liegenschaft der Beschwerdeführerin nicht erfasst sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4. Oktober 2006 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Anordnung der Ersatzvornahme gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass noch nicht mit Gewissheit feststehe, ob eine Umwidmung erfolgen werde, die es der Beschwerdeführerin erlaube, eine nachträgliche Bewilligung für den konsenslosen Wintergarten zu erwirken. Der Umstand, dass unter Umständen zu einem nicht konkreten Zeitpunkt eine Umwidmung erfolgen könnte, hindere nicht die Weiterführung des Vollstreckungsverfahrens.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 26. Februar 2007, Zl. B 2078/06-4, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Die Beschwerde bedenke nicht ausreichend, dass der Flächenwidmungsplan in einem Verfahren, in dem es um die Vollstreckung bescheidmäßig aufgetragener Abbrucharbeiten gehe, gar nicht präjudiziell sei.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde und brachte vor, dass die belangte Behörde im Spruch und auch in der Begründung des Abbruchbescheides eine genaue Angabe dessen, was nunmehr entfernt werden müsse, schuldig geblieben sei. Auf Grund mangelhafter Sachverhaltsermittlung sei von der belangten Behörde nicht der Zustand des Objekts der Klägerin ermittelt worden, wozu sie jedoch berufen gewesen wäre. Auf der Terrasse, auf der der Wintergarten errichtet worden sei, habe bereits eine Mauer in der Höhe von ca. 40 cm bestanden, auf die der Wintergarten aufgesetzt worden sei. Auf Grund des undeutlichen Spruches sei für die Beschwerdeführerin nicht erkennbar, ob auch diese bereits vor der Errichtung des Wintergartens erbaute und genutzte Mauer entfernt werden müsse. Dies stelle allerdings einen unzulässigen und überschiessenden Eingriff in das Vermögen der Beschwerdeführerin dar und widerspreche auch § 2 VVG, da nur jeweils das gelindeste zum Erfolg führende Mittel angewendet werden dürfe.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 2 VVG kann die Berufung gegen eine nach diesen Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn die Vollstreckung unzulässig ist (Z. 1), oder die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt (Z. 2), oder die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen (Z. 3).
Eine Unzulässigkeit im Sinn des § 10 Abs. 2 Z 1 VVG liegt beispielsweise dann vor, wenn gar kein Titelbescheid vorliegt oder wenn dieser zu unbestimmt ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. April 2006, 2005/07/0137, mwN) oder wenn die Verpflichtung bereits erfüllt wurde.
Unter dem Aspekt mangelnder Bestimmtheit des Titelbescheides bringt die Beschwerdeführerin nun erstmals in der Beschwerde vor, der Titelbescheid umschreibe nicht genau, was unter dem abzutragenden Wintergarten zu verstehen sei, sodass die Gefahr bestehe, dass auch eine Mauer, die vor Errichtung des Wintergarten bereits konsensgemäß bestanden habe, vom Auftrag umfasst wäre.
Diesem Vorbringen der Beschwerdeführerin kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil es erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemacht wird und daher eine nicht zu beachtende Neuerung darstellt (vgl. § 41 VwGG).
Abgesehen davon ist dieses Vorbringen angesichts des Inhalts des Titelbescheides auch nicht verständlich. Der Spruch des Titelbescheides vom 21. Juni 2001 richtet sich auf die Entfernung eines Wintergartens in der Größe von ca. 7,50 m x 3,70 m. Aus der Begründung des Bescheides geht hervor, dass unter dem Wintergarten eine Kunststoff-Glas-Konstruktion in dem genannten Ausmaß zu verstehen ist. Davon, dass der Auftrag etwas anderes als diese Kunststoff-Glas-Konstruktion umfasse, also etwa auch die Mauer, auf deren Krone offenbar ein Teil dieser Konstruktion situiert ist, kann daher nicht ausgegangen werden.
Daraus folgt, dass sich der Spruch des Titelbescheides als ausreichend bestimmt erweist, sodass von keiner Unzulässigkeit der Vollstreckung im Sinne des § 10 Abs. 2 Z 1 VVG ausgegangen werden kann.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 4. März 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2007050068.X00Im RIS seit
27.03.2008Zuletzt aktualisiert am
03.10.2012