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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofrätin Dr. Pollak und den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des V, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 23. Juni 2005, Zl. 228.517/7-VI/18/04, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Republik Moldau, beantragte am 7. Dezember 2001 Asyl. Er werde von der transnistrischen Polizei verfolgt, da er sich für die Einheit Moldaus und die Einführung der rumänischen Sprache als offizielle Landessprache eingesetzt habe; er habe auch am Krieg 1992 teilgenommen.
Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 12. Oktober 2004 den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I.), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Moldau gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.). Begründend führte das Bundesasylamt im Wesentlichen aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei unglaubwürdig. Auch bestehe für den Beschwerdeführer eine inländische Fluchtalternative in der Republik Moldau. Die vom Beschwerdeführer behauptete Bedrohungssituation erstrecke sich lediglich auf einen Teil des Staatsgebietes (Transnistrien). Der Beschwerdeführer habe keinen Familienbezug zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine sonstige Integration im Bundesgebiet.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß "§§ 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG" ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Soweit sich die Beschwerde gegen die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid wendet, ist ihr zu entgegnen, dass die Erwägungen, aus denen die belangte Behörde den Behauptungen des Beschwerdeführers über seine Fluchtgründe nicht gefolgt ist, der auf eine Schlüssigkeitsprüfung beschränkten Kontrolle der Beweiswürdigung durch den Verwaltungsgerichtshof standhalten. Ermittlungsdefizite sind - auch unter Bedachtnahme auf die Beschwerdeausführungen - nicht zu erkennen.
Soweit die Beschwerde eine Befangenheit des Organwalters der belangten Behörde behauptet, ist zunächst darauf zu verweisen, dass der Umstand "allein" (so die Beschwerde), dass das Vorbringen eines Asylwerbers für nicht glaubwürdig erachtet wird, eine Befangenheit nicht begründen kann. Auch der Umstand, dass der Organwalter dem Asylwerber in der Berufungsverhandlung Widersprüche vorhält und dies mit einer Mimik begleitet habe, die die Meinung erkennen habe lassen, dass der Organwalter dem Vorbringen des Beschwerdeführers keinen Glauben schenke, könnte nur dann Befangenheit begründen, wenn der Organwalter zu erkennen gegeben hätte, dass er seine Ansicht nicht überprüfen und gegebenenfalls ändern würde (vgl. Ballon in Fasching, Kommentar2 § 19 JN Rz 10). Dass der Organwalter aber zu einer Änderung dieser Meinung bei Vorliegen weiterer Beweisergebnisse nicht bereit wäre, wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet und ist im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde in der Folge dem Beschwerdeführer auftrug, Urkunden vorzulegen, sowie selbst weitere Urkunden beischaffte, nicht ersichtlich. Auch aus einer kritischen Betrachtungsweise von Angaben von Asylwerbern (so im angefochtenen Bescheid; anders als in der Beschwerde behauptet: "von Haus aus kritisch eingestellt") ist eine Befangenheit nicht ableitbar.
Wenn in der Beschwerde kritisiert wird, die Entscheidung über den gegen ihn gestellten Ablehnungsantrag habe der Verhandlungsleiter selbst getroffen, so wird damit eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht aufgezeigt. Gemäß § 7 Abs. 1 AVG haben sich Verwaltungsorgane - in den dort bezeichneten Fällen - der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen. Den Parteien räumt § 7 AVG kein förmliches Antrags- oder Ablehnungsrecht ein. Das Verfahren ist daher nicht schon deshalb mangelhaft, weil die Behörde über den Antrag der Partei, den für die Behörde eingeschrittenen Beamten abzulehnen, nicht abgesprochen hat (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), E 18 zu § 7 AVG).
Soweit die Beschwerde Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend macht, geht sie nicht von dem von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt (§ 41 Abs. 1 VwGG) aus. Mangels Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers ist auch kein reales Risiko anzunehmen, dass der Beschwerdeführer in der Republik Moldau in Haft genommen werde, sodass es auf die dortigen Haftbedingungen nicht ankommt.
Die belangte Behörde ist daher zutreffend vom Fehlen einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr und eines Refoulementhindernisses für den Beschwerdeführer ausgegangen, sodass die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Bestätigung der Spruchpunkte I. und II. des erstinstanzlichen Bescheides richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Bei der unveränderten Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides) hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das - nach Erlassung des angefochtenen Bescheides ergangene - hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden (zur Ausweisungsentscheidung vgl. im Übrigen die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 2007, Zl. 2007/01/0479, und vom 17. Dezember 2007, Zlen. 2006/01/0216 bis 0219, je mwN).
Es war daher die Bestätigung des Spruchpunktes III. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Wien, am 4. März 2008
Schlagworte
Einfluß auf die SachentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006190409.X00Im RIS seit
13.05.2008Zuletzt aktualisiert am
01.10.2008