TE Vwgh Erkenntnis 2008/3/4 2006/19/0360

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Veröffentlicht am 04.03.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
VwGG §33a;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Josef Strasser, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, Roßmarkt 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 22. Februar 2005, Zl. 252.123/0-VI/17/04, betreffend §§ 7 und 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres),

Spruch

I. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Georgien, gelangte am 7. April 2004 in das Bundesgebiet und beantragte am 13. April 2004 Asyl. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 1. Juni 2004 gab der Beschwerdeführer an, dass er Ende September 2002 anlässlich einer Demonstration gegen einen namentlich genannten Gouverneur dessen Amtssitz im Rathaus von Rustavi bewacht habe. Da er einige Demonstranten gekannt habe, hätten er und ein zweiter Sicherheitsbediensteter diesen Einlass in das Rathaus gewährt, worauf es zu einem Handgemenge zwischen den Demonstranten und den Leibwächtern des Gouverneurs gekommen sei. Im Zuge dessen sei der Gouverneur auch geschlagen worden. Über diesen Vorfall existiere auch eine Fernsehaufnahme. Seit diesem Zeitpunkt hätten die Leibwächter des Gouverneurs ihn als Verräter betrachtet. Er sei von diesen "Mafiosen" nicht mehr in Ruhe gelassen worden.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 30. Juli 2004 den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I.), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Georgien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.). Begründend führte das Bundesasylamt aus, dass der Beschwerdeführer nicht sämtliche ihm möglichen und zumutbaren Schritte unternommen habe, um staatlichen Schutz vor privaten Übergriffen zu erlangen. Auch könne nicht festgestellt werden, dass der georgische Staat nicht willens sei, den Beschwerdeführer vor privaten Übergriffen zu schützen.

Nach der gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung führte die belangte Behörde am 14. Februar 2005 im Beisein eines länderkundlichen Sachverständigen für Georgien eine Berufungsverhandlung durch. In dieser Verhandlung führte der Sachverständige aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers keinen Hinweis auf eine staatliche Verfolgung enthalte. Bezüglich der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Verfolgung stehe diesem in Georgien der Rechtsweg offen, da staatliche Behörden willens und auch fähig seien, Schutz zu gewähren. Der vom Beschwerdeführer genannte Gouverneur sei überdies aus Georgien geflohen, da die Staatsanwaltschaft im Zuge des Kampfes gegen die Korruption Ermittlungen gegen diesen aufgenommen und einen Haftbefehl erlassen habe. Der Gouverneur sei von der Staatsanwaltschaft in 32 Fällen eines strafbaren Tatbestandes beschuldigt worden. In Georgien würden ihm insgesamt 15 Jahre Freiheitsstrafe drohen. Trotz intensiver Recherche habe keine mediale Berichterstattung des vom Beschwerdeführer geschilderten Vorfalls Ende September 2002 ausfindig gemacht werden können. Vielmehr hätten zwei Frauen im Jahr 2002 vergeblich unangemeldet in das Büro des Gouverneurs eindringen wollen, weil der Gouverneur durch seine Leibwächter für die Wahl im Juni 2002 Wahlzettel entwenden habe lassen.

Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 22. Februar 2005 die Berufung auf Grund unglaubwürdigen Fluchtvorbringens und hilfsweise wegen wesentlicher Lageänderung im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers gemäß "§§ 7 und 8 AsylG" ab.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zu I.:

Bei der unveränderten Bestätigung des erstinstanzlichen Ausspruches über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides) hat die belangte Behörde verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.

Es war daher die unveränderte Bestätigung von Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Zu II.:

Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG in Verbindung mit Art. 129c Abs. 1 B-VG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beschwerde wirft - soweit sie sich auf die Bestätigung der Spruchpunkte I. und II. des erstinstanzlichen Bescheides bezieht - keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfrage auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden, liegen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Bestätigung der Spruchpunkte I. und II. des erstinstanzlichen Bescheides richtet, abzulehnen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 4. März 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006190360.X00

Im RIS seit

13.05.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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