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19/05 Menschenrechte;Norm
MRK Art6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des I F in W, vertreten durch Widter Mayrhauser Wolf Rechtsanwälte OEG in 1220 Wien, Wagramerstraße 135, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. Jänner 2006, Zl. UVS- 07/A/38/8329/2004/23, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen und Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Jänner 2006 wurde der Beschwerdeführer in Erledigung seiner Berufung gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 30. September 2004 schuldig erkannt, als persönlich haftender Gesellschafter und somit als Vertretung nach außen Berufener der F & Co KEG dafür verantwortlich zu sein, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeber mit Sitz in W (...)
1. in der Zeit vom 30. September 2002 bis 17. Februar 2003 einen namentlich bezeichneten rumänischen Staatsangehörigen in M... mit KFZ-Instandsetzungsarbeiten (Reparaturen, Vorbereitungen wie z.B. Abkleben von Flächen für Lackiererarbeiten etc.) und am Wochenende auf diversen Flohmärkten in Wien mit dem Aufstellen und dem Abbau der Stände und dem Nachschlichten von Waren beschäftigt habe, wobei der Ausländer unter der Woche ca. 3 bis 5 Stunden und am Wochenende von 7 bis 17 Uhr gearbeitet habe, sowie
2. in der Zeit vom 15. November 2002 bis 17. Februar 2003 einen weiteren namentlich bezeichneten rumänischen Staatsangehörigen mit KFZ-Instandsetzungsarbeiten beschäftigt habe (Autositze ein- und ausbauen, Ölwechsel, Spengler- und Lackierungsarbeiten), wobei dieser seit dem 12. Februar 2003 ca. 4 bis 7 Stunden täglich an einem Audi gearbeitet habe (Spenglerarbeiten),
obwohl für keinen Ausländer eine gültige Beschäftigungsbewilligung oder eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein oder ab 1. Jänner 2003 eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Niederlassungsbewilligung ausgestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz verletzt und sei mit zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 4.200,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von je einer Woche 4 Tagen und 5 Stunden) gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 zweiter Strafsatz AuslBG zu bestrafen gewesen.
Nach ausführlicher Darlegung der Ergebnisse des bisherigen Verwaltungsstrafverfahrens traf die belangte Behörde auf Grund der von ihr durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung die Feststellung, dass der im erstinstanzlichen Straferkenntnis erstgenannte rumänische Staatsangehörige für den Beschwerdeführer in der Zeit vom 30. September 2002 bis zum 17. Februar 2003 in Mittergrabern Instandsetzungsarbeiten durchgeführt habe und vom Beschwerdeführer auf diversen Flohmärkten in Wien mit dem Aufstellen und dem Abbau der Stände und dem Nachschlichten von Waren beschäftigt worden sei. Für diese Tätigkeit habe er 300 bis 400 EUR netto monatlich erhalten. Der im erstinstanzlichen Straferkenntnis zweitgenannte rumänische Staatsangehörige habe für den Beschwerdeführer in der Zeit vom 15. November 2002 bis 17. Februar 2003 in Mittergrabern KFZ-Instandsetzungsarbeiten durchgeführt, wofür er mit 10 bis 15 EUR täglich entlohnt worden sei. Beide Ausländer hätten über keine arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen für die gegenständlichen Arbeiten verfügt.
Nach Darlegung ihrer beweiswürdigenden Überlegungen sowie Zitierung der in Anwendung gebrachten gesetzlichen Bestimmung führte die belangte Behörde fallbezogen rechtlich aus, die beiden Ausländer hätten Arbeiten durchgeführt, die üblicherweise im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geleistet würden. Die Ausländer seien für diese Tätigkeit auch entlohnt worden. Es lägen daher sämtliche Voraussetzungen für die Annahme einer Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. a AuslBG vor. Der Beschwerdeführer habe, indem er keine arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen für diese Beschäftigungen erwirkt habe, gegen § 3 Abs. 1 AuslBG verstoßen und daher Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG zu verantworten. Der Beschwerdeführer habe die beiden Ausländer in Kenntnis des AuslBG ohne arbeitsmarktbehördliche Bewilligungen beschäftigt, er habe sohin die Begehung der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen in Kauf genommen, weshalb von zumindest bedingtem vorsätzlichen Handeln auszugehen gewesen sei.
Im Übrigen legte die belangte Behörde unter Verweis auf die Anwendung des zweiten Strafsatzes des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG infolge einschlägiger Vorstrafen ihre Strafbemessungsgründe dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand, sondern beantragte lediglich die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe den Sachverhalt einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung unterzogen, weil vollkommen unzutreffend sei, dass er die beiden genannten rumänischen Staatsangehörigen im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. a AuslBG beschäftigt habe. Den beiden Ausländern sei vom Beschwerdeführer lediglich freundschaftlicherweise seine Liegenschaft in Mittergrabern, auf welcher sich ein leerstehendes Haus befinde, zur Übernachtung bei ihren Fernfahrten von Rumänien nach Österreich und retour zur Verfügung gestellt worden, dies stelle kein Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerähnliches Verhältnis dar. Der Beschwerdeführer selbst habe in dieser Zeit die Liegenschaft nicht genutzt oder aufgesucht, weil er auf Grund eigener beruflicher Beschäftigung als Marktfahrer in ganz Österreich unterwegs gewesen sei. Erst im Zuge des Verfahrens zur Bewilligung dieser Liegenschaft als weitere Betriebsanlage seines Unternehmens sei ihm zur Kenntnis gelangt, dass die beiden Rumänen auf diesem Grundstück Arbeiten in Eigenregie an fremden Autos durchgeführt hätten. Der Beschwerdeführer habe von diesen Arbeiten nichts gewusst und auch keinen Vorteil daraus gezogen.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe es unterlassen, den für die Erledigung maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln und festzustellen. Sie wäre dazu verpflichtet gewesen, zumal auch die Behörde erster Instanz nicht "in die für den Beschwerdeführer zuträgliche Richtung ermittelt" habe. Damit habe sie aber den Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit verletzt. In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer die Einvernahme der beiden rumänischen Staatsangehörigen beantragt. Erst durch die Einvernahme dieser Zeugen wäre es der Behörde möglich gewesen, festzustellen, ob den Aussagen dieser Zeugen gefolgt werden könne und diese tatsächlich glaubwürdig seien. Dadurch, dass die belangte Behörde dies unterlassen habe, liege ein wesentlicher Verfahrensmangel vor.
Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzulegen.
Nach § 2 Abs. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung BGBl. I Nr. 126/2002, gilt als Beschäftigung die Verwendung
a)
in einem Arbeitsverhältnis,
b)
in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,
c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,
d)
nach den Bestimmungen des § 18 oder
e)
überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.
Nach Abs. 4 dieser Bestimmung ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Nach § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.
Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG, in der Fassung BGBl. I Nr. 160/2002, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis zu 10 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis zu 25 000 Euro.
Insoweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides davon ausgeht, er habe den beiden Rumänen lediglich "freundschaftlicherweise" seine als weitere Betriebsanlage des von der von ihm vertretenen Personengesellschaft betriebenen Unternehmens angemeldete und eingetragene Liegenschaft - soweit die unbestrittenen Feststellungen der Behörde erster Instanz -, auf welcher sich ein leerstehendes Haus befindet, zur Übernachtung bereitgestellt, geht er von einem anderen als jenem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt aus. Die belangte Behörde hat vielmehr seiner diesbezüglichen Verantwortung keinen Glauben geschenkt. Insoweit er daher mit diesem Vorbringen in Wahrheit die Beweiswürdigung der belangten Behörde zu bekämpfen sucht, ist er darauf zu verweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Beweiswürdigung der belangten Behörde der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur in der Richtung unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig waren, d.h., ob sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen; hingegen ist es dem Gerichtshof verwehrt, die vorgenommene Beweiswürdigung darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen bzw. zu untersuchen, ob nicht auch andere Schlüsse aus den aktenkundigen Tatsachen hätten gewonnen werden können (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053 = Slg. Nr. 11.894/A, Aussage aus dem nicht veröffentlichten Teil, sowie das hg. Erkenntnis vom 6. November 2006, Zl. 2005/09/0128, mwN). Ausgehend von der in dieser Hinsicht eingeschränkten Kontrollbefugnis und den dargestellten Anforderungen an die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung vermag der Verwaltungsgerichtshof die von der belangten Behörde explizit dargelegten Überlegungen zur Beweiswürdigung nicht als unschlüssig zu erkennen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer demgegenüber seine Verantwortung lediglich wiederholt und den Sachverhalt anders als von der Behörde festgestellt darstellt, allein macht die Beweiswürdigung der Behörde noch nicht rechtswidrig. Insbesondere erklärt er nicht, warum die beiden Rumänen an Fahrzeugen, welche ihnen erwiesenermaßen nicht gehörten, hätten ohne Auftrag und ohne Nutzen Arbeiten vornehmen sollen.
Insoweit der Beschwerdeführer die Unterlassung der Vernehmung der beiden betroffenen - mittlerweile ins Ausland abgeschobenen - Rumänen geltend macht, ist er darauf zu verweisen, dass über beide rumänischen Staatsangehörigen ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren verhängt wurde und sie das Bundesgebiet ohne Hinterlassung einer neuen Anschrift verlassen haben; auch der Beschwerdeführer gab im Verfahren keine Anschrift der beiden im Ausland bekannt. Da die belangte Behörde aber nach § 19 AVG nicht in der Lage ist, das Erscheinen von im Ausland ansässigen Zeugen durchzusetzen oder mit ihnen mangels Adresse in Kontakt zu treten, war es nicht rechtswidrig, wenn sie die Niederschriften über die Vernehmung der in Rede stehenden Ausländer gemäß § 51g Abs. 3 VStG verlesen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0162, mwN).
Die Berücksichtigung der Aussagen der beiden betroffenen Rumänen im erstinstanzlichen Verfahren durch die belangte Behörde war im Übrigen auch im Lichte der Rechtsprechung zu Art. 6 EMRK zulässig; nach dieser Rechtsprechung wäre die genannte Bestimmung nur dann verletzt, wenn sich eine Verurteilung ausschließlich oder in wesentlichen Punkten auf die Aussagen von Zeugen stützt, die der Beschuldigte nie befragen konnte (vgl. so etwa im Fall des Erkenntnisses des EGMR von 14. Juni 2005, Zl. 69116/01, Mayali gegen Frankreich). Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides stützt sich die Beweiswürdigung der Behörde aber wesentlich auf Aussagen des einschreitenden Zollbeamten, ferner wurden auch andere Privatpersonen einvernommen.
Insoweit der Beschwerdeführer pauschal nicht näher spezifizierte Verfahrensmängel geltend macht, konnte mangels Konkretisierung darauf nicht eingegangen werden, abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer die Relevanz dieser behaupteten Mängel auch nicht konkret aufzeigt.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 6. März 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006090036.X00Im RIS seit
08.04.2008Zuletzt aktualisiert am
17.12.2009