TE Vwgh Erkenntnis 2008/3/6 2007/09/0335

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Veröffentlicht am 06.03.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des M H in X, vertreten durch Dr. K. H. Plankel, Dr. H. Mayrhofer, Dr. M. Schipflinger, Mag. S. Ganahl, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, Am Rathauspark, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 13. Jänner 2006, Zl. UVS-1-036/E5-2004, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen und Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 11. Dezember 2003 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 5. Februar 2003 in X einen namentlich genannten rumänischen Staatsangehörigen als LKW-Lenker beschäftigt zu haben, obwohl hiefür weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung, Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Er habe daher gegen § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz verstoßen. Der Beschwerdeführer wurde hiefür mit einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) bestraft.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. Jänner 2006 wurde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch zu lauten habe:

"M. H. ist als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma  T

u. GmbH, X, Hstraße , dafür verantwortlich, dass diese Firma am 05.02.2003 um 09.45 Uhr den rumänischen Staatsbürger J. T. ... als Kraftfahrer beschäftigt hat, obwohl für diesen Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde."

Nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens und der in Anwendung gebrachten gesetzlichen Bestimmungen referierte die belangte Behörde im Begründungsteil ihres Bescheides die Verantwortung des Beschwerdeführers, wonach dieser vier eigenständige Unternehmen habe, wobei der Hauptsitz in X sei. Er sei Alleingesellschafter der  T GmbH in X, welche wiederum Eigentümerin zweier Tochterfirmen in Italien und zwar in A und R sei. Sämtliche Unternehmen würden eigenständig abrechnen und bilanzieren. Bei den italienischen Unternehmen seien Filialleiter eingesetzt, er selbst stehe über den Filialleitern als "Chef". Das gegenständliche Sattelfahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen ..., welches auf die  T GmbH in X zugelassen sei, sei nach dem vorgelegten Mietvertrag vom 9. Oktober 2002 an die italienische Tochterfirma in A vermietet und stehe in deren alleinigen Disposition. Die Mieterin zahle auch dafür einen monatlichen Mietzins. Der in Rede stehende rumänische Fahrer sei bei der  T GmbH in Albare beschäftigt und fahre ausschließlich im Auftrag seines italienischen Arbeitgebers, wobei die durchgeführten Transporte über die italienische Firma abgewickelt würden. Der rumänische Staatsangehörige sei in Italien wohnhaft, habe eine gültige italienische Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung, sei dort sozialversichert und werde auch von der italienischen Firma bezahlt.

Der betroffene ausländische LKW-Lenker habe ausgesagt, er sei damals am 4. Februar 2003 mit gegenständlichem Zugfahrzeug (...) von Italien nach X gefahren und habe dort Waren aufgeladen, um diese nach A zu bringen. In N sei er dann kontrolliert worden, wobei er dem Zollorgan alle Dokumente betreffend die Ware übergeben habe. Er habe in Italien eine Arbeitsbewilligung und sei dort sozialversichert, auch sein Gehalt beziehe er von der Firma in R.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens traf die belangte Behörde sodann die Feststellung, der rumänische Staatsangehörige sei zum "vorgeworfenen Tatzeitpunkt von der T GmbH in X als Fahrer beschäftigt worden".

Offenbar im Rahmen ihrer Erwägungen zur Beweiswürdigung setzte die belangte Behörde sodann fort, für diese Feststellung spreche insbesondere der vom Ausländer anlässlich der gegenständlichen Kontrolle des amtshandelnden Organs übergebene Frachtbrief Nr. 107985.00, wonach die  T GmbH in X als Frachtführer des gegenständlichen Transporters eingetragen worden sei. Der Behauptung des Beschwerdeführers, der gegenständlichen Fahrt seien zwei andere, ebenfalls im Verfahren vorgelegte Frachtbriefe zugrundegelegt worden, werde kein Glauben geschenkt, weil es sich bei dem oben erwähnten Frachtbrief (Nr. 107985.00) um jenen gehandelt habe, der bei der gegenständlichen Überprüfung vom Kontrollorgan der Anzeige beigelegt worden sei. Im Übrigen sei in den zwei weiteren Frachtbriefen in der Rubrik "Ladestelle/Datum" jeweils die Angabe "55606 kirn, 5.2.2003" eingetragen, der Ausländer sei aber nach dessen eigenen Angaben am 4. Februar 2003 von Italien nach X gefahren und habe von dort am 5. Februar 2003 um ca. 6.20 Uhr die gegenständliche Fahrt nach A angetreten. Auch habe der Beschwerdeführer auf Vorhalt des ersten Frachtbriefes nicht bestritten, dass dieser der gegenständlichen Fahrt zugrundegelegen sei. Er habe sich lediglich dahingehend geäußert, dass die Ware zurückgenommen bzw. zuvor von Deutschland nach X transportiert worden sei. Diese Erläuterungen seien aber nicht schlüssig und vermöchten nichts an der Tatsache ändern, dass nach dem erstgenannten Frachtbrief die  T GmbH in X als Frachtführer tätig gewesen sei. An der von der belangten Behörde auf Grundlage des bereits erwähnten Frachtbriefes Nr. 107985.00 vorgenommenen Beurteilung ändere auch das Vorbringen des Beschwerdeführers nichts, dass das gegenständliche Fahrzeug an die italienische Tochterfirma vermietet und der Ausländer ausschließlich für diese Firma tätig sei. Vielmehr sei davon auszugehen gewesen, dass zumindest für die gegenständliche Fahrt das vorliegende Sattelkraftfahrzeug samt Auflieger in der Disposition der  T GmbH in X gestanden und der Ausländer von dieser Firma beschäftigt worden sei. Nicht von Bedeutung seien in diesem Zusammenhang die Angaben des Ausländers, wonach er den Auftrag für gegenständliche Fahrt vom Filialleiter C. C. erhalten habe, dies deshalb, weil der Beschwerdeführer nach seiner eigenen Darstellung dessen "Chef" sei.

Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Strafbemessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG - erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung BGBl. I Nr. 160/2002, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis zu 10 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis zu 25 000 Euro.

Nach Abs. 7 dieser Bestimmung ist das Vorliegen einer nach diesem Bundesgesetz unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne weiteres anzunehmen, wenn ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen wird, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, und der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt

Als Begründungsmangel rügt der Beschwerdeführer zutreffend, die belangte Behörde habe keinerlei relevante Feststellungen getroffen, auf die sie ihre rechtliche Beurteilung hätte stützen können. Sie hätte sich insbesondere mit den von ihm vorgelegten Urkunden auseinandersetzen und darlegen müssen, warum sie den von ihm beantragten Zeugen nicht geladen oder einvernommen habe. Dazu reiche der Hinweis, der Beschwerdeführer sei der "Chef" des Zeugen, nicht aus. Wäre der Zeuge einvernommen worden, hätte sich herausgestellt, dass das gegenständliche Fahrzeug im Tatzeitpunkt im Auftrag der italienischen Tochterfirma seines Unternehmens unterwegs gewesen sei. Auch die Begründung für die Unterlassung des Eingehens auf die zwei weiteren vorgelegten Frachtbriefe sei nicht schlüssig. Das gesamte Verfahren sei mangelhaft geblieben.

Gemäß dem nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dabei ist die Behörde verpflichtet, in der Begründung des Bescheides in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise aufzuzeigen, von welcher konkreten Sachverhaltsannahme sie bei ihrem Bescheid ausgegangen ist und worauf sich die getroffenen Tatsachenfeststellungen im Einzelnen stützen. Dieser Rechtspflicht nicht entsprechend gestaltete Bescheide werden nicht nur dem Sinn und Zweck der §§ 58 und 60 AVG nicht gerecht, sondern hindern im Falle seiner Anrufung auch den VwGH, seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie im § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als nicht oder unzureichend begründete Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen. Die (wörtliche) Wiedergabe von Zeugenaussagen, die nicht erkennen lässt, welchen Sachverhalt die belangte Behörde tatsächlich als erwiesen annimmt, kann die im jeweiligen Fall erforderliche Tatsachenfeststellung nicht ersetzen (vgl. als Beispiel für viele das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2005/09/0007). Insbesondere genügt eine wörtliche Wiedergabe der Beschuldigtenverantwortung dort nicht, wo - wie hier - sie selbst von deren Unglaubwürdigkeit ausgeht. Die von der belangten Behörde getroffenen und oben wiedergegebenen Feststellungen

"dass T. (Anm.: der rumänische LKW-Lenker) zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt von der  T GmbH in X als Fahrer beschäftigt worden ist"

reichen für die rechtliche Beurteilung der vorliegenden Angelegenheit jedenfalls nicht aus.

Die belangte Behörde hätte insbesondere im Hinblick auf die bestreitende Verantwortung des Beschwerdeführers konkrete Feststellungen auch über jene Umstände treffen müssen, aus denen sich sodann die rechtliche Beurteilung einer Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG ergeben hätte, etwa dass das gegenständliche, auf das Unternehmen des Beschwerdeführers in B zugelassene Fahrzeug in Erledigung eines Frachtauftrages dieses Unternehmens trotz Vorliegens eines Mietvertrages mit dem italienischen Tochterunternehmen und trotz der zwei vom Beschwerdeführer vorgelegten, auf den Tattag lautenden Frachtbriefe unterwegs gewesen war. Dazu hätte die belangte Behörde sich im Einzelnen mit den vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden befassen müssen, was sie nicht getan hat. Zwar ging sie nicht soweit, den vorgelegten Mietvertrag über das Zugfahrzeug als Umgehungsgeschäft zu qualifizieren, sie hat ihre rechtliche Beurteilung aber ausdrücklich darauf gestützt, dass entgegen diesem Mietvertrag für den gegenständlichen Auftrag ausschließlich das Unternehmen in X und nicht das italienische Tochterunternehmen dispositionsbefugt gewesen sei. Dabei stützte sie sich ausschließlich auf den der Anzeige der Zollbehörde beigelegten Frachtbrief. Um eine solche Schlussfolgerung ziehen zu können, hätte sie sich aber auch näher mit den beiden anderen Frachtbriefen und die sich daraus allenfalls ergebende Fahrtroute befassen müssen sowie den vom Beschwerdeführer zu diesem Thema als Zeugen beantragten Filialleiter des italienischen Unternehmens einvernehmen müssen. Die Ansicht, dessen Einvernahme hätte nichts Entscheidungswesentliches gebracht, ist unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 13. September 1999, Zl. 98/09/0004). Dies alles hat sie aber unterlassen, was die Begründung des Bescheides als nicht nachvollziehbar erscheinen lässt.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 Abs. 1 EMRK wurde im Übrigen bereits durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2007, Zl. 2006/09/0041).

Aus den oben dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 6. März 2008

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Begründung Begründungsmangel Besondere Rechtsgebiete Beweiswürdigung Sachverhalt angenommener geklärter Beweismittel Zeugenbeweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007090335.X00

Im RIS seit

04.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

12.07.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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