TE Vwgh Beschluss 2008/3/10 AW 2007/06/0103

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Veröffentlicht am 10.03.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
25/01 Strafprozess;

Norm

StPO 1975 §39 Abs3;
StPO 1975 §516 Abs4;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Dr. G, vertreten durch S D S & Partner, Anwaltssozietät, der gegen den Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 6. November 2007, Zl. BMJ-A904. 248/0002-III 4/2007, betreffend Streichung der Eintragung in die Verteidigerliste gemäß § 39 Abs. 3 StPO, erhobenen und zur hg. Zl. 2007/06/0333, protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom 27. Juni 2007 wurde der Beschwerdeführer aus der Verteidigerliste gestrichen.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde hat der Beschwerdeführer mit dem Antrag verbunden, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Der Beschwerdeführer begründet diesen Antrag insbesondere damit, dass seine Vermögensverhältnisse wieder geordnet seien, er gesundheitlich genesen sei und die letzten heranziehbaren disziplinarrechtlichen Verfahren (Verurteilungen) vier Jahre zurücklägen. Der offensichtliche Nachteil für den Beschwerdeführer sei, dass er sofort eine nicht unwesentliche Einnahmequelle verliere und nicht sicher sei, ob er nach Entscheidung in der Hauptsache wieder in den Beruf zurückkehren könne (zumal eine Änderung der Eintragungsmöglichkeit in die Verteidigerliste vom Gesetzgeber beschlossen sei). Der Beschwerdeführer verteidige derzeit in mehreren Verfahren. Ein Verteidigerwechsel würde für die betroffenen Klienten auf Grund des erheblichen Aktenumfangs erhebliche zusätzliche finanzielle Belastungen und Nachteile in der Verteidigung bedeuten.

Nach Ansicht der belangten Behörde stünden dem Aufschub des Vollzuges des angefochtenen Bescheides zwingende öffentliche Interessen entgegen. Hiefür spreche nicht nur der Umstand, dass über das Vermögen des Beschwerdeführers der Konkurs eröffnet worden sei, der schließlich in einem Zwangsausgleich geendet habe, sondern insbesondere die Tatsache, dass gegen ihn in der Vergangenheit mehrfach Disziplinarstrafen wegen Berufspflichtverletzungen verhängt worden seien. Viele der Vorwürfe ließen eine grobe Sorglosigkeit des Beschwerdeführers im Umgang mit den Interessen seiner Mandanten erkennen, beispielsweise seien Klientengelder nicht ordnungsgemäß abgerechnet worden, weshalb die Oberösterreichische Rechtsanwaltskammer aus dem Vertrauensschadensfonds insgesamt EUR 19.112,64 an frühere Mandanten des Beschwerdeführers leisten habe müssen. Auf Grund seines nunmehrigen Bestrebens, seinen Lebensunterhalt insbesondere mit der Strafverteidigung zu bestreiten, erscheine der Schutz von potenziellen Klienten des Beschwerdeführers unumgänglich.

Gemäß § 30 Abs. 1 VwGG kommt Beschwerden eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur ein zwingendes öffentliches Interesse dann angenommen, wenn bei nicht sofortigem Vollzug des angefochtenen Bescheides eine drohende Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen bzw. deren Eigentum gegeben ist (vgl. die in Dolp, Verwaltungsgerichtsbarkeit, S. 282 vorletzter Absatz angeführten hg. Erkenntnisse). Ein derartiges öffentliches Interesse tut die belangte Behörde nicht dar.

Bei einer Interessenabwägung zwischen diesem öffentlichen Interesse und den dem Beschwerdeführer drohenden Nachteilen (unter Berücksichtigung der nunmehr in bezug auf die Möglichkeit des Tätigseins als Strafverteidiger geänderten Rechtslage und der für früher bestellte Strafverteidiger vorgesehenen Übergangsbestimmung in § 516 Abs. 4 StPO) ist dem Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil bei sofortigem Vollzug des angefochtenen Bescheides zuzuerkennen.

Dem Antrag war daher stattzugeben.

Wien, am 10. März 2008

Schlagworte

Interessenabwägung Zwingende öffentliche Interessen Unverhältnismäßiger Nachteil

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:AW2007060103.A00

Im RIS seit

01.08.2008

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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