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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AMG 1983 §84 Abs1 Z2 idF 2002/I/033;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Köhler und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des Mag. AB in Feldkirch, vertreten durch Dr. Richard Bickel, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Marktplatz 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Vorarlberg vom 2. Juni 2004, Zl. 1- 0218 bis 0223/03/E5, betreffend Übertretungen des Apothekengesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 330,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Der Beschwerdeführer betreibt eine tierärztliche Praxis mit Sitz in Liechtenstein und übt den Beruf des Tierarztes teilweise im Wege von Hausbesuchen in Österreich aus.
Mit dem die Berufung des Beschwerdeführers gegen ein erstinstanzliches Straferkenntnis teils abweisenden, ihr teilweise stattgebenden angefochtenen Bescheid erkannte die belangte Behörde den Beschwerdeführer schuldig, er habe (unter anderem)
5. näher angeführte Arzneimittel zu einem näher genannten Zeitpunkt in Verkehr gebracht, obwohl dass Verfalldatum überschritten war;
16. näher angeführte Apothekenwaren zusammen mit Lebensmitteln im Kühlschrank in einem Haus in Vorarlberg aufbewahrt, wodurch er als diplomierter Tierarzt eine tierärztliche Hausapotheke ohne eigene tierärztliche Praxis in Österreich gehalten habe, obwohl die Tierärzte nur zur Haltung von Hausapotheken für den Bedarf der eigenen tierärztlichen Praxis berechtigt seien;
17. näher angeführte Apothekenwaren zusammen mit Lebensmitteln im Kühlschrank in einem Haus in Vorarlberg aufbewahrt, obwohl die zur Aufbewahrung von Apothekenwaren bestimmten Betriebsräume tierärztlicher Hausapotheken zu Wohn- und Haushaltungszwecken nicht verwendet werden dürfen.
Als verletzte Rechtsvorschriften wurden zu Punkt 5. § 84 Z 2 Arzneimittelgesetz, zu Punkt 16. § 41 Abs. 1 in Verbindung mit § 34 Apothekengesetz in Verbindung mit § 13 Tierärztegesetz und zu Punkt 17. (durch den angefochtenen Bescheid neu formuliert) "§ 41 Abs. 1 Apothekengesetz in Verbindung mit § 18 Abs. 5 und § 2 Abs. 2 Apothekenbetriebsordnung" bezeichnet.
Es wurden Geldstrafen von EUR 300,-- (Spruchpunkt 5) bzw. je EUR 450,-- (Spruchpunkte 16. und 17.) verhängt.
1.2. Gegen die oben genannten Punkte dieses Bescheides richtet sich die zur hg. Zl. 2004/10/0181 protokollierte Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Soweit sich die Beschwerde gegen die mit dem angefochtenen Bescheid ebenfalls erfolgte Bestrafung wegen Übertretungen des Tierärztegesetzes richtete, wurde ihre Behandlung mit Beschluss des hiefür zuständigen Senates vom 23. Mai 2006, Zl. 2004/11/0187, abgelehnt.
1.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde und der Zuspruch der Kosten für die Erstattung der Gegenschrift beantragt wird.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Zu Punkt 5. des erstinstanzlichen Strafbescheides:
§ 84 Z 2 Arzneimittelgesetz, BGBl. Nr. 185/1983 in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2002, lautete:
"§ 84. Wer
...
2. Arzneimittel herstellt oder in Verkehr bringt, die den Qualitätsanforderungen des § 4 Abs. 1 und 2 nicht entsprechen, deren Haltbarkeit nicht mehr gegeben ist, deren Verfalldatum überschritten ist oder deren Handelspackungen einen nachteiligen Einfluss auf die Qualität des Arzneimittels haben können,
...
macht sich, wenn die Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 7 260 Euro, im Wiederholungsfalle bis zu 14 530 Euro zu bestrafen."
§ 2 Abs. 11 AMG in der Fassung BGBl. Nr. 379/1996, lautete:
"'Inverkehrbringen' ist das Vorrätighalten, das Feilhalten oder die Abgabe von Arzneimitteln. Ein Inverkehrbringen liegt nicht vor, wenn durch geeignete Maßnahmen sichergestellt ist, dass ein Arzneimittel, das dem Gesetz nicht entspricht, nicht zum Verbraucher oder Anwender gelangt."
Die Beschwerde wendet sich im Zusammenhang mit der Bestrafung nach § 84 Abs. 1 Z 2 Arzneimittelgesetz insbesondere gegen die Annahme der belangten Behörde, es sei von einem "Inverkehrbringen" der Arzneimittel auszugehen. Sie trägt (sinngemäß) vor, "Inverkehrbringen" liege nicht vor, wenn durch geeignete Maßnahmen, wie beispielsweise Aussortieren, klare Kennzeichnung und dementsprechend getrenntes Aufbewahren sichergestellt werde, dass die abgelaufenen Arzneimittel nicht mehr zum Verbraucher oder Anwender gelangen könnten. "Inverkehrbringen" setze die Absicht voraus, die Mittel zu verwenden "und andererseits sind die Mittel auch tatsächlich zu verwenden".
Damit verkennt die Beschwerde die Rechtslage. Gemäß § 2 Z 10 AMG fällt auch das Vorrätighalten unter den Begriff des Inverkehrbringens; ein solches wird nur durch die im zweiten Satz der Bestimmung genannten Vorkehrungen ausgeschlossen. Dass derartige Vorkehrungen getroffen worden wären, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.
Die geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor.
2.2. Zu Punkt 16. des erstinstanzlichen Strafbescheides:
§ 34 Apothekengesetz lautet:
"Tierärztliche Hausapotheken
§ 34. (1) Die diplomierten Tierärzte sind zur Haltung von Hausapotheken für den Bedarf der eigenen tierärztlichen Praxis berechtigt."
§ 41 Abs. 1 Apothekengesetz, RGBl. Nr. 5/1907 in der Fassung
BGBl. I Nr. 98/2001, lautet:
"Strafen
§ 41. (1) Wer den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder einer auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, begeht, wenn die Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 4 360 Euro zu bestrafen."
Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Auslegung der belangten Behörde, die Haltung der Hausapotheke sei nur am Sitz des Tierarztes zulässig. Im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit sei der Beschwerdeführer berechtigt, in Österreich ein entsprechendes Lagerdepot zu halten. Bei den angeführten Positionen handle es sich um in Österreich zugelassene Impfstoffe. Die Lagerung in Österreich sei deshalb erfolgt, weil dem Beschwerdeführer untersagt worden sei, Impfstoffe über die Grenze zu führen.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Die belangte Behörde ist in Übereinstimmung mit der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 7. Juli 1992, Zl. 88/08/0134) davon ausgegangen, dass das Apothekengesetz die Tierärzte nur zur Haltung einer Hausapotheke an ihrem Berufssitz (§ 15 Tierärztegesetz), nicht aber zur Haltung dislozierter Zubereitungs-, Lagerungs- und Abgabestellen von Heilmitteln berechtige.
Diese Auslegung steht auch nicht im Widerspruch zu Gemeinschaftsrecht. Die Hinweise der Beschwerde auf zollrechtliche Vorschriften sind nicht geeignet, einen Widerspruch des (insoweit nicht zwischen in- und ausländischen Tierärzten differenzierenden) Apothekenrechts zu Gemeinschaftsrecht aufzuzeigen (vgl. auch die in Erwägungsgrund 56 der bis zum 28. Dezember 2009 umzusetzenden Dienstleistungs-Richtlinie der Gemeinschaft, 2006/123/EG, bezogene Rechtsprechung des EuGH).
Auch mit den - im Übrigen zum Teil neuen - Hinweisen der Beschwerde auf Auskünfte von Zollbeamten, wonach die Verbringung von Impfstoffen über die Grenze unzulässig sei (und der Beschwerdeführer "verpflichtet" sei, die Impfstoffe in Österreich zu lagern), zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Eine das Verschulden des Beschwerdeführers ausschließende Rechtsauskunft läge nur vor, wenn die Auskunft von der für den betreffenden Verwaltungsbereich zuständigen Behörde erteilt worden wäre (vgl. zum Erfordernis von geeigneten Erkundigungen zum Ausschluss des Verschuldens die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, E 244b zu § 5 VStG zitierte Rechtsprechung und die hg. Erkenntnisse vom 30. November 1981, Zl. 81/17/0126, oder vom 23. April 2007, Zl. 2004/10/0030). Bei den behaupteten Äußerungen von Zollbeamten handelte es sich nicht um Auskünfte der für die Vollziehung des Apothekengesetzes zuständigen Behörde, die den Beschwerdeführer im Sinne der soeben referierten Rechtsprechung entschuldigen könnten.
Auch die unter diesem Spruchpunkt erfolgte Bestrafung des Beschwerdeführers war daher nicht rechtswidrig.
2.3. Zu Punkt 17. des erstinstanzlichen Strafbescheides:
Die von der belangten Behörde herangezogenen Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung, Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft vom 4. Juli 1934, BGBl. II Nr. 171/1934, lauteten:
§ 2 Abs. 2:
"(2) Die zur Herstellung und Aufbewahrung von Apothekerwaren bestimmten Betriebsräume dürfen zu Wohn- oder Haushaltungszwecken überhaupt nicht, zum Betrieb von Nebengeschäften aber nur mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde verwendet werden."
§ 18:
"Betriebsvorschriften für tierärztliche Hausapotheken
§ 18. (1) Tierärztliche Hausapotheken müssen vom Tierarzt selbst geführt und dürfen weder verpachtet noch von einer anderen Person betrieben werden. Hilfskräfte dürfen zum selbständigen Dispensieren von Arzneien nicht verwendet werden. Die Abgabe von Arzneien aus tierärztlichen Hausapotheken für andere als tierärztliche Zwecke ist verboten.
(2) ...
(3) Hinsichtlich der Betriebsräume und Einrichtung sind die Bestimmungen des Anhanges A, Abschnitt III, einzuhalten.
(4) ...
(5) Die Bestimmungen des § 2, Absatz 2, der §§ 3, 6, 7, 9, 10, 13, Absatz 2 und 3, und § 14 sind sinngemäß anzuwenden."
Die gemäß § 4 in Verbindung mit dem Anhang des Bundesrechtsbereinigungsgesetzes, BGBl. I Nr. 191/1999, auch nach Erlassung des Bundesrechtsbereinigungsgesetzes weiter geltende Apothekenbetriebsordnung aus dem Jahre 1934 ist (erst) mit Ablauf des 31. Dezember 2004 außer Kraft getreten. Sie hat damit zum Zeitpunkt der Verwirklichung des der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhalts (und im Beschwerdefall auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) noch gegolten.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Bestrafung nach diesem Bescheidpunkt ausschließlich mit der Behauptung, dass bei Hausapotheken die nach der Vorschrift geforderte Trennung in der Praxis nicht eingehalten werde und überdies der Beschwerdeführer "durch sein Verhalten nicht erheblich" dem Schutzzweck der Bestimmung, nämlich der "Wahrung der Gesundheit der Tiere", zuwider gehandelt habe. Die Behörde hätte daher in Anbetracht des geringen Verschuldens von der Verhängung einer Strafe absehen müssen.
Auch mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Der Beschwerdeführer hat weder im Verwaltungsstrafverfahren noch in der Beschwerde die Verwirklichung des Tatbestandes bestritten; die oben wiedergegebenen Ausführungen der Beschwerde zeigen nicht auf, dass der belangten Behörde bei der Beurteilung der Voraussetzungen eines Absehens von der Strafe nach § 21 Abs. 1 VStG eine Rechtswidrigkeit unterlaufen wäre.
2.4. Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 14. März 2008
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2004100181.X00Im RIS seit
28.04.2008Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008