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L92052 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Kärnten;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der IS in E, vertreten durch Dr. Herwig Jasbetz, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 3/II, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 13. September 2006, Zl. 13-AHAL- 439/24/06, betreffend Schließung einer Einrichtung nach dem Kärntner Heimgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 13. September 2006 wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 19 Abs. 4 und 5 Kärntner Heimgesetz aufgetragen, die von ihr in E, U. Nr. 14 betriebene Pflegeeinrichtung binnen zwei Wochen zu schließen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine unangemeldete Überprüfung in der Pflegeeinrichtung am 11. Juli 2006 habe ergeben, dass sich fünf familienfremde Personen in den Pflegestufen 4 bis 7 zur Betreuung und Pflege in dieser Einrichtung befunden hätten. Es handle sich bei der von der beschwerdeführenden Partei betriebenen Pflegeeinrichtung somit nicht um eine so genannte "Familienpflegestelle" (iSd § 18a Kärntner Heimgesetz, idF LGBl. Nr. 9/2003), sondern um ein Pflegeheim iSd § 1 Abs. 1 lit. b Kärntner Heimgesetz. In einer "Familienpflegestelle" dürften nämlich nicht mehr als drei familienfremde Personen, die überwiegend der Betreuung und Hilfe bedürfen, untergebracht werden. Eine Pflegeeinrichtung im Ausmaß eines Pflegeheimes gemäß § 1 Abs. 1 lit. b Kärntner Heimgesetz dürfe aber nur mit behördlicher Bewilligung betrieben werden, über eine solche Betriebsbewilligung verfüge die beschwerdeführende Partei jedoch nicht. Sie habe im Zuge des Parteiengehörs um die Bewilligung von fünf Pflegeplätzen angesucht und mitgeteilt, dass die Überbelegung nur durch eine vorübergehende Aufnahme von drei Bewohnerinnen zustande gekommen sei. Dies ändere am bewilligungslosen Betrieb eines nach dem Kärntner Heimgesetz bewilligungspflichtigen Heimes allerdings nichts.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Kärntner Heimgesetz, LGBl. Nr. 7/1996, idF. LGBl. Nr. 81/2005, gilt dieses Gesetz
a) für Einrichtungen, die volljährigen Personen, die vorübergehend, dauernd oder während eines Teiles des Tages der Betreuung und Hilfe bedürfen, eine Wohnmöglichkeit sowie die entsprechenden Hilfs- und Betreuungsleistungen während des gesamten Zeitraumes der Aufnahme anbieten (Heime), wie insbesondere Wohnheime für alte Menschen nach § 27 Abs. 2 lit. e des Kärntner Sozialhilfegesetzes 1996, oder sonstige Wohnheime;
b) für Wohnheime für behinderte Menschen sowie für Pflegeheime und Pflegestationen (§ 27 Abs. 2 lit. e und f des Kärntner Sozialhilfegesetzes 1996), und zwar unabhängig vom Alter ihrer Bewohner und unabhängig davon, ob diese Wohnheime auch zur Eingliederung Behinderter bestimmt sind, sowie für Einrichtungen zur Eingliederung Behinderter und zwar unabhängig von ihrem Alter, die den Bedürfnissen der Bewohner entsprechende Betreuungs- und Hilfeleistungen während des gesamten Zeitraumes der Aufnahme anbieten.
Das Kärntner Heimgesetz findet gemäß seinem § 1 Abs. 2 keine Anwendung
a)
auf Krankenanstalten nach der Krankenanstaltenordnung 1999;
b)
wenn in Familien Hilfsbedürftige bis zum dritten Grad (§ 3 Abs. 7 Kärntner Sozialhilfegesetz 1996) durch Verwandte oder Verschwägerte gepflegt werden.
Gemäß § 16 Abs. 1 Kärntner Heimgesetz bedürfen Einrichtungen gemäß § 1 Abs. 1 zum Betrieb einer Bewilligung der Landesregierung.
Werden solche Einrichtungen ohne Bewilligung oder abweichend von der Bewilligung betrieben, so hat die Landesregierung gemäß § 19 Abs. 4 Kärntner Heimgesetz die Schließung der Einrichtung mit Bescheid zu verfügen.
Nach den Übergangsbestimmungen des Art. II der Novelle zum Kärntner Heimgesetz LGBl. Nr. 96/2005,
gelten Einrichtungen im Sinne des § 18a Abs. 1 lit. a des Kärntner Heimgesetzes, LGBl. Nr. 7/1996 idF LGBl. Nr. 9/2003, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle LGBl. Nr. 69/2005 rechtmäßig betrieben wurden, als bewilligte Einrichtungen iSd § 16 Abs. 2 idF des Art. I Z. 10 dieses Gesetzes (Abs. 2), und
dürfen Einrichtungen im Sinne des § 18a Abs. 1 lit. b des Kärntner Heimgesetzes, LGBl. Nr. 7/1996 idF LGBl. Nr. 9/2003, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle LGBl. Nr. 69/2005 rechtmäßig betrieben wurden, ab diesem Zeitpunkt nach Maßgabe der Bestimmungen des Kärntner Heimgesetzes, LGBl. Nr. 7/1996 idF LGBl. Nr. 9/2003, noch längstens fünf Jahre weiter betrieben werden (Abs. 3).
§ 18a Abs. 1 Kärntner Heimgesetz idF der Novelle LGBl. Nr. 9/2003 sieht vor, dass Einrichtungen nach § 1 Abs. 1 zur Unterbringung von
a) nicht mehr als fünf familienfremden Personen in Familien überwiegend zu Wohnzwecken und
b) nicht mehr als drei familienfremden Personen, die überwiegend der Betreuung und Hilfe bedürfen, in Familien,
vor ihrer Inbetriebnahme bei der Landesregierung anzuzeigen sind.
Untersagt die Behörde die angezeigte Tätigkeit innerhalb von sechs Wochen nach Einlangen der Anzeige durch Bescheid nicht oder nimmt sie die Anzeige vorher zur Kenntnis, so darf gemäß § 18a Abs. 4 Kärntner Heimgesetz (in der Fassung LGBl. Nr. 9/2003) mit der Ausübung der angezeigten Tätigkeit begonnen werden.
Die beschwerdeführende Partei wendet gegen die Auffassung der belangten Behörde, es handle sich bei der in Rede stehenden Pflegeeinrichtung nicht um eine (bloß) anzeigepflichtige "Familienpflegestelle", sondern um eine nach dem Kärntner Heimgesetz bewilligungspflichtige Einrichtung, weil fünf familienfremde Personen der Pflegestufen 4 bis 7 zur Pflege und Betreuung untergebracht seien, im Wesentlichen ein, es sei zum Einen nie ihre Absicht gewesen, fünf Personen ständig zu pflegen. Vielmehr seien zwei Bewohner lediglich auf Grund einer Notsituation in ihrer als Familienpflegestelle gemäß § 18a Abs. 1 lit. b Kärntner Heimgesetz (idF. LGBl. Nr. 9/2003) ordnungsgemäß angezeigten und betriebenen Einrichtung vorübergehend aufgenommen worden. Zum Anderen habe es die belangte Behörde unterlassen, unter Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen zu prüfen, ob es sich bei den bei der beschwerdeführenden Partei untergebrachten Personen tatsächlich um Personen handle, die "überwiegend" der Betreuung und Hilfe bedürfen. Zwei der betreuten Personen seien nämlich solche der Pflegestufe 4 gewesen, dieser Personenkreis könne allerdings nicht zu den Personen gezählt werden, die "überwiegend" der Betreuung und Hilfe bedürften. Pflegestufe 4 bedeute einen Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 180 Stunden monatlich. Gehe man von 30 Tagen pro Monat aus, ergebe sich ein täglicher Pflegebedarf von sechs Stunden. Bei einem derartigen Pflegebedarf könne aber noch nicht gesagt werden, dass die betroffenen Personen "überwiegend der Betreuung und Hilfe bedürfen". Es gebe genügend Personen der Pflegestufe 4, die allein lebten und lediglich zeitweise (durchschnittlich sechs Stunden pro Tag) Hilfe in Anspruch nähmen. Hätte die belangte Behörde daher das Gutachten eines medizinischen Sachverständigen eingeholt, hätte sich ergeben, dass durch die beschwerdeführende Partei zwar fünf Personen betreut worden seien, dass aber nicht alle diese Personen "überwiegend" der Betreuung und Hilfe bedürften. Die belangte Behörde habe der beschwerdeführenden Partei auch keine Möglichkeit eingeräumt, sich im Rahmen des Parteiengehörs zur beabsichtigten Schließung der Pflegeeinrichtung zu äußern. Wäre dies geschehen, hätte die beschwerdeführende Partei vorgebracht, dass der im Zuge der behördlichen Überprüfung festgestellten Mangel der Überbelegung durch den Auftrag zu dessen Beseitigung hätte aus der Welt geschafft werden können und dass es daher nicht der Schließung der Pflegeeinrichtung bedurft hätte. Mangels Information über die Absicht der belangten Behörde habe die beschwerdeführende Partei dies aber nicht vorbringen können. Sie sei auch nicht iSd § 13a AVG belehrt worden. Sie habe daher "keine Ahnung" gehabt, was die Behörde von ihr wolle, als sie sie mit dem pflegemedizinischen Bericht konfrontiert habe. Schließlich hätte die belangte Behörde auf die Pflegeeinrichtung der beschwerdeführenden Partei nicht § 19 Kärntner Heimgesetz anwenden dürfen, zumal eine Anwendung dieser Bestimmung auf Familienpflegestellen iSd § 18a Kärntner Heimgesetz nicht vorgesehen sei. Vielmehr hätte die belangte Behörde, wie dies aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 2003, Zl. 2002/10/0226, zu entnehmen sei, nach dem Kärntner Sozialhilfegesetz vorgehen müssen. Die Voraussetzungen für eine Untersagung der Unterbringung Hilfsbedürftiger nach diesem Gesetz seien jedoch - wie näher dargelegt - nicht erfüllt. Schließlich werde angeregt, beim Verfassungsgerichtshof einen Gesetzesprüfungsantrag gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG betreffend den nach Auslaufen der Übergangsbestimmungen vorgesehenen Entfall der Berechtigung, eine Familienpflegestelle zu betreiben, zu stellen.
Mit diesem Vorbringen zeigt die beschwerdeführende Partei keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
Zunächst ist der auf den hg. Beschluss vom 27. Jänner 2003, Zl. 2002/10/0226, gestützten Auffassung der Beschwerde, es hätte nicht das Kärntner Heimgesetz, sondern das Kärntner Sozialhilfegesetz angewendet werden müssen, entgegenzutreten. Anders als in dem Fall, der dem zitierten Beschluss zu Grunde lag, unterliegt seit der Novelle des Kärntner Heimgesetzes LGBl. Nr. 9/2003, die Unterbringung von drei familienfremden Personen, die überwiegend der Betreuung und Hilfe bedürfen, in einer Familie ebenso dem Kärntner Heimgesetz wie die Unterbringung von fünf familienfremden Personen überwiegend zu Wohnzwecken. Diese Unterbringung war vor dieser Novelle zufolge des § 1 Abs. 2 lit. b und c des Kärntner Heimgesetzes (in der Stammfassung LGBl. Nr. 7/1996) vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Mit dem Hinweis auf den zitierten hg. Beschluss ist für den Standpunkt der beschwerdeführenden Partei daher nichts zu gewinnen.
Bei ihrem weiteren Vorbringen, zwei der fünf untergebrachten Personen hätten (bloß) einen Pflegebedarf der Stufe 4 aufgewiesen und daher nicht als Personen angesehen werden dürfen, die iSd oben wiedergegebenen § 18a Kärntner Heimgesetz "überwiegend der Betreuung und Pflege" bedürfen, sondern als Personen, die sich überwiegend zu Wohnzwecken in der Einrichtung der beschwerdeführenden Partei aufhielten, übersieht sie, dass sie, wie sie selbst vorbringt, den Betrieb einer Familienpflegestelle gemäß § 18a Abs. 1 lit. b Kärntner Heimgesetz angezeigt hat. Im Grunde der Übergangsbestimmung des Art. II Abs. 3 der Novelle LGBl. Nr. 69/2005 zum Kärntner Heimgesetz wäre sie daher berechtigt, maximal drei familienfremde Personen, die überwiegend der Betreuung und Hilfe bedürfen, in ihrer Familienpflegestelle unterzubringen, nicht jedoch darüber hinaus weitere Personen überwiegend zu Wohnzwecken; behauptet die beschwerdeführende Partei doch selbst nicht, eine Familienpflegestelle gemäß § 18a Abs. 1 lit. a Kärntner Heimgesetz angezeigt bzw. in einer die Anwendbarkeit des Abs. 2 der zitierten Übergangsbestimmungen auslösenden Weise betrieben zu haben. Selbst wenn es daher zuträfe, dass die beiden Bewohner der Pflegestufe 4 - entgegen der Annahme der pflegemedizinischen Sachverständigen, die von einem "hohen Pflegebedarf" aller aufgenommenen Bewohner spricht - nicht "überwiegend" der Pflege und Betreuung bedürften, könnte die beschwerdeführende Partei eine Berechtigung zu deren Unterbringung (überwiegend zu Wohnzwecken) nicht auf die zitierten Übergangsbestimmungen stützen. Vielmehr wäre auch diesfalls eine Bewilligung erforderlich (vgl. insbesondere § 16 Abs. 2a Kärntner Heimgesetz).
Dass es - wie die beschwerdeführende Partei behauptet - zur Überbelegung nur vorübergehend und in einer Notsituation gekommen ist, ändert nichts daran, dass die Tatbestandsvoraussetzung des bewilligungslosen Betriebes einer nach dem Kärntner Heimgesetz bewilligungspflichtigen Einrichtung erfüllt wurde.
Bei ihrem Vorbringen, die belangte Behörde hätte nicht die Schließung der Einrichtung, sondern die Beseitigung des Überbelags verfügen müssen, übersieht die beschwerdeführende Partei, dass mit dem angefochtenen Bescheid nicht über den Betrieb einer - nach Maßgabe der Übergangsbestimmungen der Novelle LGBl. Nr. 69/2005 - zulässigen Familienpflegestelle abgesprochen, sondern die Schließung einer gemäß § 16 Kärntner Heimgesetz bewilligungspflichtigen, aber bewilligungslos betriebenen Einrichtung verfügt wurde. An der Zulässigkeit des Betriebes einer Familienpflegestelle gemäß § 18a Abs. 1 lit. b Kärntner Heimgesetz ändert der angefochtene Bescheid daher nichts. Schon aus diesem Grund besteht für den Verwaltungsgerichtshof auch kein Anlass, der Anregung der beschwerdeführenden Partei entsprechend beim Verfassungsgerichtshof einen Gesetzesprüfungsantrag betreffend die Regelungen über Familienpflegestellen zu stellen.
Gegenstand des Rechts auf Parteiengehör ist schließlich der maßgebliche Sachverhalt, nicht jedoch dessen rechtliche Beurteilung (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), S. 707 f, dargestellte Judikatur). Soweit die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei - wie diese behauptet - von der beabsichtigten Schließung der Pflegeeinrichtung nicht in Kenntnis setzte, liegt darin keine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör.
Beim Vorwurf, die beschwerdeführende Partei sei nicht iSd § 13a AVG belehrt worden, hat es die Beschwerde unterlassen, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels iSd § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG darzulegen.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 14. März 2008
Schlagworte
Parteiengehör Rechtliche BeurteilungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2008:2006100235.X00Im RIS seit
28.04.2008Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008